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Veröffentlicht am 29.08.2021

Nervenkitzel garantiert!

Ausweglos
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Tatort Hamburg. Schon allein das hat mich auf das Buch aufmerksam gemacht. Ich liebe Hamburg, habe dort gelebt und finde es toll, wenn ich die Schauplätze der Story auch real kenne. Lokalkolorit beherrscht ...

Tatort Hamburg. Schon allein das hat mich auf das Buch aufmerksam gemacht. Ich liebe Hamburg, habe dort gelebt und finde es toll, wenn ich die Schauplätze der Story auch real kenne. Lokalkolorit beherrscht allerdings nicht jeder Autor, daher bereits an dieser Stelle ein großes Lob an den Autor.

Henri Faber hat einen Schreibstil, der mich einfach mitgerissen hat. Dabei verzichtet er auf unnötige Ausschweifungen und hat ein Gespür für perfect timing. An den richtigen Stellen entstand eine Atmosphäre, die zum Fingernägelkauen animierte. Immer wieder hat Faber mich auf eine falsche Fährte geführt und miträtseln lassen. Bis zum Schluss war ich auf der falschen Spur, und das Ende hat mich de facto total überrascht.

Elias Blom, der nach einem Medienskandal strafversetzt wurde, bekommt einen Tipp zu einem Mordfall. Sofort macht er sich auf den Weg und der Tatort erinnert ihn an seinen letzten Fall. Offenbar hat der Ringfinger-Mörder wieder zugeschlagen. Doch so klar scheint die Sachlage zunächst nicht zu sein...

Zitat Pos. 205:

„Der Killer bleibt sich treu, zieht jedes Mal die gleiche Nummer ab. Zwei blutige Fingerabdrücke, direkt über dem U. Und das Wort…...immer und immer und immer wieder dieses Wort. LÜGENWEIB.“

Blom kommen Zweifel. Erst recht als man versucht, ihm jede Menge Steine in den Weg zu legen. Doch zum Aufgeben ist es zu spät - und Blom auch nicht der Typ, der sich in die Karten schauen lässt. Auf den Leser warten viele coole Twists und temporeiche Szenen, die das Kopfkino so richtig auf Trab bringen.

Fazit: Mit „Ausweglos“ ist Henri Faber ein spannender Thriller gelungen, der sich locker-leicht von der Hand lesen lässt und für ordentlich Nervenkitzel sorgt. Wer auf der Suche nach einem Pageturner ist, kann gern zu diesem Werk greifen.

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Veröffentlicht am 27.08.2021

Cooles Storytelling mit Insiderwissen kombiniert

Tote schweigen nie
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Sektionsassistentin Cassie Raven ist so gar nicht das, was der geübte Thrillerleser gewohnt ist: die Londonerin mit polnischen Wurzeln ist der neue Star der Gerichtsmedizin, hat Piercings, Tattoos und ...

Sektionsassistentin Cassie Raven ist so gar nicht das, was der geübte Thrillerleser gewohnt ist: die Londonerin mit polnischen Wurzeln ist der neue Star der Gerichtsmedizin, hat Piercings, Tattoos und redet mit den Toten. Und trifft damit voll ins Schwarze. Eben weil sie so erfrischend anders ist, hat sie sich in mein Herz geschlichen. Irgendwie hat sie mich an die exzentrische und unkonventionelle Abby aus »Navy CIS« erinnert.

Der neue Pathologe ist genau das Gegenteil von ihr: geschniegelt, mit Anzug und ziemlich eingebildet. Cassie findet ihn auf Anhieb unsympathisch - und ich auch. Gelingt es den beiden trotzdem, ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen? Es war auf jeden Fall spannend, das berufliche Techtelmechtel zwischen ihnen mitzuverfolgen.

Auch der Fall hat es ordentlich in sich. Als Cassie ihre erste „bekannte Leiche“ auf den Tisch bekommt, ist sie zuerst erschrocken. Es ist Mrs. E. - eine Lehrerin, die Cassie damals aus den Sumpf geholt und zum Abitur überredet hat. Ihr hatte Cassie viel zu verdanken. Und nun liegt die einstige Mentorin tot auf ihrem Sektionstisch. Die Todesursache ist unklar; es wird zunächst vermutet, dass Mrs. E. alkoholisiert in der Wanne ertrunken ist. Aber Cassie kann und will das nicht glauben und beginnt nachzuforschen.

Zitat: Jetzt beugte sich Cassie zu ihr herab, während sie vorgab, den Rücken der Frau nach Hämatomen abzutasten, und flüsterte: „Wir finden raus, was mit ihnen passiert ist, Mrs. E.“

Als eine Leiche in der Pathologie verschwindet, greift eine weitere Figur ins Geschehen ein: DS Phyllida Flyte. Sie und Cassie sind völlig unterschiedliche Charaktere, was zu zwischenmenschlichen Spannungen führt. Letztendlich machen sie die Story in meinen Augen aber erst authentisch, denn im realen Berufsleben ist auch nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Man versteht sich nicht zwangsläufig mit jedem Kollegen, das ist doch völlig normal.

Der Schreibstil der Autorin entwickelt einen gewissen Sog und lässt sich locker lesen. Man driftet gänzlich ab und kann sich super in die Story einfinden. Ohne Schnörkel, ohne Ausschweifungen, einfach auf den Punkt gebracht.

Persönliches Fazit: „Tote schweigen nie“ ist der Auftakt zu einer neuen Forensik-Thriller-Reihe von A. K. Turner. Mir hat dieser erste Teil unglaublich gut gefallen, insbesondere der Hauptprotagonistin wegen, die absolut nicht ins klassische Bild einer Ermittlerin oder Rechtsmedizinerin passt. Hier wurde gut konstruiertes Storytelling mit coolem Insiderwissen kombiniert. Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 27.08.2021

Tiefgründig und bizarr

Shame
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Bei “Shame: Tochter Des Bösen“ handelt es sich um ein modernes Erwachsenenmärchen, das von Mutter Tugend und ihrer Tochter Schande erzählt. Mutter Tugend wird vom Dämon Spott verflucht und gebärt dessen ...

Bei “Shame: Tochter Des Bösen“ handelt es sich um ein modernes Erwachsenenmärchen, das von Mutter Tugend und ihrer Tochter Schande erzählt. Mutter Tugend wird vom Dämon Spott verflucht und gebärt dessen Tochter Schande. Um von ihrem böswilligen Abkömmling nicht manipuliert zu werden, lässt die Mutter ihre Tochter zurück, denkt jedoch ständig voller Liebe an sie. Die jedoch nährt aus ihrer Einsamkeit mehr und mehr den Hass und schafft es bald, ihren Vater ausfindig zu machen.

In Märchen gibt es oft keine großen Überraschungen und keine charakterlichen Entwicklungen oder gar Wandlungen. Dies ist hier anders. Entstellte Geschöpfe, Gewalt und Sex dominieren die Handlungen, die Bilder werden freizügiger, so dass irgendwann mehr nackte Haut zu sehen ist als verdeckte. Ein Spiel mit moralischen Grundsätzen, mit der Fantasie des Lesers und der Faszination des Unbekannten. Ein Stück weit spiegeln der Mutter-Tochter-Konflikt und die Nacktheit den Kampf zwischen Schuld und Unschuld wider, zwischen Gut und Böse, Schönheit und Hässlichkeit, Chaos und Liebe. Die Figuren erzeugen dabei unterschiedliche Emotionen, binden den Leser gekonnt an die Story und verleiten dazu, in eine Welt einzutauchen, die erschreckend und faszinierend zugleich ist.

John Bolton verleiht der Geschichte von Lovern Kindzierski mit seinen Zeichnungen das gewisse Etwas. Seine Charaktere sind bizarr und grotesk dargestellt, lassen keine Wünsche offen und regen sogar zum Nachdenken an. Zwar brauchte ich etwas, um mich mit diesem doch speziellen Stil anzufreunden, war danach aber restlos begeistert. Selbst beim zweiten Lesen habe ich immer wieder Kleinigkeiten entdeckt, die mir beim ersten Mal entgangen sind. Insbesondere die Darstellung der Dämonen im Vergleich zu den Hauptfiguren gefiel mir gut. Hier wurde das Thema Ästhetik geschickt eingearbeitet und gesellschaftskritische Normen deutlich hervorgehoben.

Persönliches Fazit: Sehr gut bebilderte Graphic Novel, die auch storytechnisch überzeugt. Tiefgründig, bizarr und erfrischend anders. Viel Spaß beim Schmökern und Entdecken!

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Veröffentlicht am 25.08.2021

Kommt nicht an andere Werke heran

Billy Summers
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Mit Spannung habe ich dieses Buch erwartet, denn nach wie vor stehe ich den Werken des „Kings“ skeptisch gegenüber. Zwar gab es einige Bücher, die mich überzeugt haben, aber leider genauso viele, die mich ...

Mit Spannung habe ich dieses Buch erwartet, denn nach wie vor stehe ich den Werken des „Kings“ skeptisch gegenüber. Zwar gab es einige Bücher, die mich überzeugt haben, aber leider genauso viele, die mich nicht so angesprochen haben. Da ich kein großer Fan von Geschichten bin, die Übersinnliches beinhalten, jedoch gerne Action/Thriller lese, hörte sich „Billy Summers“ perfekt an!

Für den Auftragskiller Billy Summers ist es immer wichtig zu wissen, wer genau die Person ist, die er töten soll. Sein Grundsatz: nur Menschen zu töten, die es in seinen Augen verdient haben. Er nimmt einen letzten Auftrag an, bei dem es ihn als Schriftsteller getarnt in ein kleines Dorf verschlägt. Um die Zeit zu vertreiben, bis seine Zielperson eintrifft, beginnt er, eine Autobiografie zu schreiben. Nach einiger Zeit trifft er auf Alice, und die beiden verbindet mehr, als er auf den ersten Blick erkennt.

Der Wälzer ist nicht umsonst so dick. Stellenweise erinnerte mich der Erzählstil an Tolkien, der gefühlt über mehrere Seiten beschreibt, wie sich die Gräser im Wind bewegen. Man hätte die Story über den Auftragskiller auch um ein Drittel reduzieren können, ohne dass etwas Essenzielles verloren gegangen wäre. Auf der anderen Seite spiegelt die seitenweise Beschreibung von Billys Warten auf sein Opfer wahrscheinlich das wider, was er fühlt: Langeweile. Denn die Worte erscheinen mir im Nachhinein leer, nicht zu greifen. Zwar erfährt man einiges über Billy und wie er zu der Person wurde, die er heute ist. Trotzdem konnte ich keine Bindung zu ihm aufbauen, er blieb eindimensional und fremd. Und das, obwohl er ein interessanter Charakter ist, der in seinem Leben schon einiges erlebt hat und folglich viele spannende Geschichten zu erzählen weiß.

Dazu kommt, dass Kings persönliche Meinung zu vielen politischen Themen stark vertreten war. Trump und Umwelt sind sicherlich wichtige Aspekte, dennoch für meinen Geschmack etwas zu viel, vor allem weil ich beim Lesen oft das Gefühl hatte, die Einschübe passen gar nicht so recht zur Story.

Persönliches Fazit: Für King eher untypisch: keine Horroraspekte, kein Grusel und keine Gänsehaut, dafür viele Nebenstränge und stupides Rumgewusel. Alles in allem eine solide Story, die in meinen Augen allerdings nicht an etliche andere Werke von King herankommt. Schön, dass er #malwasanderes ausprobiert hat, aber ich denke da an einen Leitspruch: Schuster, bleib' bei deinen Leisten!

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Veröffentlicht am 25.08.2021

Tiefgründig und berührend

Home, sweet home
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Zitat Pos. 6683:
Eine von Bäumen gesäumte, hufeisenförmige Sackgasse mit fünf identischen zweistöckigen Häusern in unterschiedlichen Pastelltönen, jeweils mit einer Doppelgarage links neben der Haustür.

Es ...

Zitat Pos. 6683:
Eine von Bäumen gesäumte, hufeisenförmige Sackgasse mit fünf identischen zweistöckigen Häusern in unterschiedlichen Pastelltönen, jeweils mit einer Doppelgarage links neben der Haustür.

Es könnte kaum idyllischer klingen. Eine Siedlung im Staate Floridas, wo aber auch Waffenbesitz etwas völlig Normales ist und jeder der einzelnen Bewohner so seine eigenen Probleme hat. Als eines Nachts ein Schuss in der Nachbarschaft ertönt, könnte es folglich jeder gewesen sein.

Joy Fielding beginnt dieses Buch, in dem sie das Leben der Nachbarn kapitelweise erklärt und vorstellt. Während der eine mit Arbeitslosigkeit kämpft, gibt es woanders häusliche Gewalt. Familiendramen hinter verschlossenen Türen, die authentisch dargestellt werden. Die Autorin befasst sich mit alltäglichen Geschichten, die auch in der eigenen Nachbarschaft vorkommen könnten.

Zitat Pos. 1763:
Wer weiß, welches Böse in den Herzen der Menschen lauert, hört er seinen Vater flüstern.

Sollte man immer seine Augen und Ohren schließen? Die Protagonistin Maggie kann es nicht - auch wenn sie dafür jedes Mal in unangenehme Situationen gerät. Doch letztlich ist jeder auf sich gestellt und muss sich entscheiden, wie er sein Leben in die Hand nehmen möchte.
Erst am Ende erfährt der Leser, wo die Waffe tatsächlich zum Einsatz kam.

Persönliches Fazit: Ein ruhiger und äußerst tiefgründiger Roman über Familiendramen hinter verschlossenen Türen. Für LeserInnen geeignet, die gern zwischen den Zeilen lesen und berührende Geschichten mögen.

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