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Veröffentlicht am 09.08.2024

Pass auf, wem du vertraust!

Er will nicht gehen
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Lucy und Sam führen eine tolle Beziehung und fühlen sich in ihrem Haus rundum wohl. Leider können sie es sich finanziell nicht mehr leisten und suchen daher einen Käufer. Als die Besichtigung näher rückt, ...

Lucy und Sam führen eine tolle Beziehung und fühlen sich in ihrem Haus rundum wohl. Leider können sie es sich finanziell nicht mehr leisten und suchen daher einen Käufer. Als die Besichtigung näher rückt, geht es Lucy umso schlechter. Ihre Panikattacken schränken sie ein und ihr ist unwohl dabei, jemand Fremdes ins Haus zu lassen. Da ihr keine andere Wahl bleibt, überwindet sich Lucy und merkt schon kurz darauf, dass sie einen großen Fehler begangen hat. Der Mann stellt Fragen über Lucys Vergangenheit, rückt ihr immer mehr auf die Pelle und verschwindet plötzlich im Keller. Für Lucy beginnt ein Martyrium, denn sich ihrer Angst zu stellen, bringt sie fast um den Verstand…

Der Autor beginnt die Handlung rasant, und wir begleiten abwechselnd Lucy sowie ihren Freund Sam. Während Lucy sich zur Besichtigung in der Wohnung befindet, hält Sam eine seiner Selbsthilfegruppen für Menschen mit Panik und Phobien ab. Ich mochte beide Handlungsorte sehr, und spätestens als herauskommt, dass unter Sams Patienten ein Komplize des Hausinteressenten von Lucy zu sein scheint, nimmt die Story so richtig an Fahrt auf. Für mich gab es ab diesem Punkt kein Halten mehr und ich war gespannt wie ein Flitzebogen, wie das ganze Drama wohl endet.

Vom Schreibstil her hat Ewan mich direkt gepackt. Flüssig, dynamisch und düster erzählt er hier eine Geschichte, die mich schier gefesselt hat. Gerade die Parts von Lucy gingen mir besonders nahe, da ich total nachvollziehen konnte, wie sie sich mit ihren Ängsten fühlen musste. Ich hätte es auch mit der Angst zu tun bekommen, wenn dieser Besucher bei mir aufgetaucht wäre. Aber auch Sams Perspektive war spannend und energiegeladen. Die Stimmung war stets geheimnisvoll, was mich von Sekunde zu Sekunde neugieriger auf den Ausgang gemacht hat. Jedoch hätte ich mit der Wendung, mit der Ewan im Schlussteil um die Ecke kommt, nie und nimmer gerechnet. Verblüfft, fasziniert und voller Emotionen habe ich das Finale aufgesogen und bin immer noch ganz geflasht von dieser unglaublich einnehmenden Geschichte.

Fazit: Ein wendungsreicher Thriller über Ängste, Phobien und düstere Gedanken. Die Story hat mir oft Gänsehaut beschert und mich am Ende vor allem eins gelehrt: Pass auf, wem du vertraust!

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Veröffentlicht am 09.08.2024

Spannender Auftakt einer rundum gelungenen Familiensaga

Im Nordwind
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Familiensagas, dann auch noch historisch angehaucht, stehen eigentlich nicht auf meiner Interessenliste. Miriam Georgs Roman „Im Nordwind“ hat mich dann beim Lesen der Inhaltsangabe aber doch neugierig ...

Familiensagas, dann auch noch historisch angehaucht, stehen eigentlich nicht auf meiner Interessenliste. Miriam Georgs Roman „Im Nordwind“ hat mich dann beim Lesen der Inhaltsangabe aber doch neugierig gemacht. Und was soll ich sagen? Es hat sich gelohnt!

Georg greift verschiedenste gesellschaftskritische Themen und Missstände auf, die sie wunderbar zu einer schlüssigen, spannenden Story verwebt. Zudem bahnt sich in diesem ganzen Wahnsinn eine verbotene Liebesgeschichte an, die gleich in mehrerlei Hinsicht unschicklich und aussichtslos scheint: Alice, eine junge Fabrikarbeiterin, teilt mit ihrer kleinen Tochter Rosa ein wunderbares Talent, mit dem sie Menschen faszinieren können. Gleichzeitig zieht sie damit regelmäßig die Wut ihres Mannes Henk auf sich. Es ist also nicht verwunderlich, dass Alice aus ihrem Elend voller Dreck und Gewalt fliehen will. Jedoch ist es zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur unüblich, es ist auch aussichtslos. In John findet sie einen Anwalt, der den Kampf mit ihr gemeinsam aufnehmen will. Was zunächst erfolgsversprechend aussieht, gerät durch tief verborgene Geheimnisse ins Wanken.

Miriam Georg hat eine wunderbare Art zu erzählen. Die ständigen Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart in der Erzählzeit lockern die Handlung auf und bringen zu gleich einen erfrischenden Schwung Spannung ins Spiel. Denn lang ist nicht klar, was die Rückblicke mit der Story im Hamburg des Jahres 1913/14 zu tun haben. Und einige Geheimnisse bleiben ganz geschickt auch zum Ende des ersten Teils ungelüftet.

Auch ihre Figuren zeichnet die Autorin wunderbar. Alice, eine wahre emanzipierte Powerfrau, die kein leichtes Leben hat, sich aber eben auch nicht einfach ihrem Schicksal fügt, hat mich sofort mit ihrer Art eingenommen. Aber auch Henk, Rosa, John und alle anderen Charaktere sind unglaublich realistisch und glaubwürdig gezeichnet.

Das i-Tüpfelchen verleiht Tanja Fornaro dieser Story. Ich hätte ihr noch stundenlang zuhören können. Ihre Stimme strahlt eine unfassbare Ruhe und Wärme aus und hat mich als Hörerin sofort gefesselt. Mit feinsten Nuancen erweckt sie jede Figur zum Leben und macht das Gesamtbild dieser Story einfach rund. Es hätte keine passendere Sprecherin für diesen wunderbaren Roman geben können!

Letztlich verging die Zeit des Hörens viel zu schnell. Miriam Georg setzt im richtigen Moment den Schlusspunkt und macht so Lust auf mehr! Glücklicherweise erscheint bereits im Oktober die Fortsetzung. Das Warten hat also in absehbarer Zeit ein Ende.

Fazit: Ich werde jetzt vermutlich doch noch zum Fan historischer Romane. Was für ein Auftakt. Tolle Story, brillant erzählt, großartig gelesen. Mir bleibt nur eines zu sagen: Unbedingt reinhören!

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Veröffentlicht am 30.07.2024

Rasant, emotional, überraschend

Keiner liebt mich so wie du
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Reporterin Kiki Holland wird von ihrem Chef mal wieder zu Gericht beordert. Diesmal soll sie über das Verfahren gegen Peter W berichten, der sein Opfer gestalkt und letztendlich erstochen haben soll. Kiki ...

Reporterin Kiki Holland wird von ihrem Chef mal wieder zu Gericht beordert. Diesmal soll sie über das Verfahren gegen Peter W berichten, der sein Opfer gestalkt und letztendlich erstochen haben soll. Kiki saugt die Informationen begierig auf und versucht auf eigene Faust, noch mehr über den Fall und Peters Leben zu erfahren. Als sie ein Foto des Opfers sieht, stellt Kiki fest, diesem sehr ähnlich zu sehen. Das scheint noch jemandem aufgefallen zu sein, denn plötzlich erhält Kiki Liebesbotschaften an ihrem Auto und über anonyme SMS. Es bricht zudem jemand in ihre Wohnung ein und installiert eine Kamera. Kiki bekommt es mit der Angst zu tun, denn je näher sie dem Stalker kommt, umso mehr gerät sie in Lebensgefahr...

Der Schreibstil des Autorenduos ist flüssig und überaus mitreißend. Wie auch im ersten Justiz-Krimi „Mutterliebe“ wird die Story hauptsächlich aus Kikis Sicht erzählt. Ich hatte sie ja damals schon ins Herz geschlossen und mich daher umso mehr auf ein Wiedersehen mit ihr gefreut. Dass Kiki diesmal ungewollt zur Hauptperson der Story wird, hat mir richtig gut gefallen und mich ihr noch näher gebracht. Ich habe enorm mitgefiebert und wäre am liebsten ins Buch gehüpft, um bei der Suche nach ihr zu helfen.

Spannungsmäßig wird dem Leser einiges geboten - gerade weil Kiki selbst in Gefahr war. Dieses nervenaufreibende Katz-und-Maus-Spiel hat mich ordentlich in Schach gehalten und mich die teils langen Kapitel in einem Rutsch verschlingen lassen. Dafür wurde ich dann im Schlussteil mit einer fulminanten Auflösung belohnt. Hier haben beide Autoren all ihr Können gezeigt und für mich den perfekten Abschluss dieser emotionalen Achterbahnfahrt geschaffen.

Fazit: Ein weiterer Justiz-Krimi, der mich überzeugen und bestens unterhalten konnte. Rasant, emotional und voller Überraschungen greifen Silke Porath und Sören Prescher das Thema Stalking auf und hätten es meiner Meinung nach nicht besser umsetzen können.

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Veröffentlicht am 12.07.2024

Detailliert und schonungslos

SpurenElemente
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Krimiautorin Franziska Franz hat sich alten, teil ungelösten Kriminalfällen in und um Frankfurt angenommen. Diese historischen Fälle arbeitet sie zusammen mit dem Direktor der Frankfurter Rechtsmedizin ...

Krimiautorin Franziska Franz hat sich alten, teil ungelösten Kriminalfällen in und um Frankfurt angenommen. Diese historischen Fälle arbeitet sie zusammen mit dem Direktor der Frankfurter Rechtsmedizin Dr. Marcel A. Verhoff in ihrem Podcast auf und gibt dabei Einblicke, die wir auf normalen Wegen niemals erfahren hätten. Für alle, die lieber lesen als hören, hat sich Franz für die Veröffentlichung dieses Buches entschieden. Was bin ich ihr dankbar dafür!

Insgesamt neun Fälle werden von den beiden neu beleuchtet, deren Taten zwar variieren, aber an Grausamkeit alle nicht zu überbieten sind. So zum Beispiel steht der bis heute ungeklärte Mord an der Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt aus dem Jahr 1957 im Fokus.
Auch über den Hammermörder Arthur Gatter wird berichtet, der 1990 acht Menschen tötete - meist waren es schlafende Obdachlose, denen er den Schädel einschlug, weil innere Stimmen es ihm befahlen.
Im Jahr 1994 treibt Eugen Berwald sein Unwesen und erdrosselt auf eiskalte Art in einem Bordell sechs Menschen mit Stromkabeln.
Der historischste alle Morde geht auf Karl Hopf ins Jahr 1914 zurück. Der sogenannte Giftmörder tötete seine Eltern und zwei seiner Ehefrauen aus Habgier. Dafür wurde er noch im selben Jahr durch das Handbeil hingerichtet.

Die Erzählung der Geschehnisse ist direkt und brutal. In drei Teilen berichtet das Duo zunächst über den Fall an sich, dann über die Herangehensweise und die Ergebnisse der Rechtsmedizin, sowie im finalen Teil über die Gespräche mit Zeugen und Sachverständigen. Die Autorin und auch Professor Verhoff nehmen dabei kein Blatt vor den Mund und ich musste zwischendurch eine Pause machen, weil mich vor allem die detaillierten Beschreibungen total mitgenommen haben. Es wird tief in die Psyche der Täter geblickt, was mich gleichzeitig fasziniert und erschrocken hat. Meist liegt eine schwere Kindheit hinter den Tätern, die natürlich niemals diese abscheulichen Taten rechtfertigt, jedoch nachvollziehen lässt, wie es zu ebenjenen kam.

Franziska Franz lässt den Leser aktiv an ihren Interviews teilhaben und so noch tiefer in die Tathergänge blicken. So erfahren wir nicht nur private Sachen aus dem Umfeld der Opfer, sondern auch bisher verborgene Informationen zum Tatort selbst sowie zu den Zuständen der aufgefundenen Leichen. Besonders interessant fand ich dabei die Tatsache, wie stark sich die Forensik im Vergleich zum Jahr 1957 zu heute verändert hat. Professor Verhoff spricht zudem offen über die wichtige und anspruchsvolle Arbeit der psychiatrischen Gutachter, die für die Einschätzung der Schuldfähigkeit der Täter zuständig sind.

„Prognosegutachten sind extrem schwer. Da kann man beinahe nur verlieren. Denn wenn man ihn für gefährlich einstuft, kommt ein solcher Mensch in Sicherungsverwahrung und bleibt für immer im Gefängnis. Wenn man die positiven Seiten des Patienten im Betracht zieht, es aber nicht funktioniert, liegt die Schuld am Ende beim Psychiater.“ (Professor Verhoff, Zitat Seite 28)

Fazit: Ein faszinierender und erschreckender Einblick in die historischen Mordserien Frankfurts. Detailliert und schonungslos berichtet Franz von den grausamen Fällen, ohne dabei despektierlich zu wirken. Geeignet für alle Leser, die sich für wahre Verbrechen interessieren.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Grandios gelungene Fortsetzung

Die falsche Patientin
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Judith Lennard wacht in einer Psychiatrie auf und kann sich nicht daran erinnern, wie sie dort hingelangt ist. Angeblich hat ihr Freund sie nach einem Selbstmordversuch eingewiesen. Keiner will ihr glauben, ...

Judith Lennard wacht in einer Psychiatrie auf und kann sich nicht daran erinnern, wie sie dort hingelangt ist. Angeblich hat ihr Freund sie nach einem Selbstmordversuch eingewiesen. Keiner will ihr glauben, dass hier offenbar ein Missverständnis vorliegt.

Zeitgleich wird die Ermittlerin Evelyn Holm zu einem Tatort gerufen. Eine junge Frau wurde ermordet aufgefunden. Alle Indizien weisen auf eine bestimmte Person hin. Doch die ist wie vom Erdboden verschwunden.

„Die falsche Patientin“ ist der zweite Teil der Evelyn-Holm-Reihe von Saskia Calden. Ich war neugierig, ob die Autorin es schafft, die anhaltende Spannung, die sie in ihren bisherigen Stand-alones aufbrachte, auch in einer Reihe aufrechtzuerhalten. Meine Skepsis war unbegründet. Bereits auf den ersten Seiten lief es mir eiskalt den Rücken herunter bei der Vorstellung, (ungewollt) in einer Psychiatrie festzusitzen - und niemand glaubt dir. Wie hilflos muss man sich da fühlen?!

Zitat Pos. 63:
"Irritiert sehe ich an mir hinab. Meine Hände sind zu beiden Seiten mit weißen Riemen fixiert und ein Gurt drückt gegen meinen Bauch."

Evelyn Holm hat nicht nur mit den Mordermittlungen jede Menge zu tun, sondern bekommt auch noch einen neuen Kollegen, der aufgrund seiner arroganten Art zu unterhaltsamen Dialogen verhilft. Auch privat erfährt man einiges über Evelyn, u.a. wie es für sie und das Opfer aus „Der Puppenwald“ (Teil 1) weiterging. Sehr clever eingebaut!

Abwechselnd springt man von Judith zu Evelyn und kann keinen Zusammenhang finden. Vor allem die Passagen von Judith gingen mir dabei extrem unter die Haut.

Zitat Pos. 2849:
"Ich will leben, unbedingt, doch wenn man hier so liegt, stundenlang in der immer gleichen Position, eingesperrt im eigenen Körper, gibt es Momente, da wünscht man sich, man wäre tot."

Zum Ende hin vernetzen sich die Fäden und es wird authentisch und lückenlos aufgedeckt, welch perfides Spiel hier tatsächlich getrieben wurde. Mit Nervenkitzel und schockierenden Zuständen hat die Autorin hier jedenfalls nicht gegeizt.

Fazit: Sehr spannend, emotional und mitreißend! Eine grandios gelungene Fortsetzung, deren Thema mich aufgrund der Authentizität schockiert und betreten zurücklässt. Ich bin gespannt, wie Saskia diesen Titel jemals toppen will. Das ist der Stoff, der uns nachts nicht schlafen lässt!

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