Profilbild von Ritja

Ritja

Lesejury Star
offline

Ritja ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Ritja über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.08.2019

Lesenswerte Geschichte

Die Farben des Feuers
0

Es gibt Bücher und Geschichten, die fordern mehr Aufmerksamkeit als andere. Sie sind anfangs sperrig zu lesen, weil der Autor einen Schreibstil hat, der recht hölzern und altmodisch wirkt, jedoch gut zu ...

Es gibt Bücher und Geschichten, die fordern mehr Aufmerksamkeit als andere. Sie sind anfangs sperrig zu lesen, weil der Autor einen Schreibstil hat, der recht hölzern und altmodisch wirkt, jedoch gut zu seiner Geschichte und in die Zeit passt. Es gibt in dieser Geschichte einen Erzähler, der nicht so richtig einzuordnen ist. Er agiert nicht in der Geschichte mit, sondern ist eher ein Beobachter. Es werden zwei große Handlungen ineinander verwoben und das so geschickt, dass man aufpassen muss, dass man nicht den Faden verliert.

Ich habe einige Seiten gebraucht, um mich in die Geschichte einzulesen und den Schreibstil zu verinnerlichen. Auch die Hauptfigur Madeleine machte es mir am Anfang nicht leicht, sie richtig einzuschätzen. Doch im Laufe der Geschichte bekommt sie ihre Chance, sich zu entwickeln und zu zeigen, dass sie sich vieles von ihren Gegnern abgeschaut hat.
Sie muss kämpfen und geschickt agieren und sehr strategisch vorgehen. Dies alles traut man ihr nicht wirklich zu und doch passieren Dinge, die nur sie hervorgerufen haben kann.
Sie nutzt Situationen und Menschen aus, spielt mit ihnen und setzt sie für sich ein. Sie macht aus ihrer Wut und Verzweiflung einen geschickten Rachefeldzug, der den Leser am Ende überraschen wird.

Es gibt einige Wendungen, seien sie von ihr gewollt oder durch die Wirtschaftskrise hervorgerufen, die der Geschichte immer wieder Spannungsmomente liefern. Am Ende hat man den Eindruck, dass man gerade einem Krimi gelesen hat.

Für mich ein lesenswertes Buch, auch wenn es etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit verlangt. Es liefert dafür einige einzigartige und interessante Charaktere (vorallem Paul und Madeleine), einen guten Einblick in die Zeit der Weltwirtschaftskrise und einen klaren Blick auf die Gier und Sucht nach Macht der Menschen und hier im Besondern der männlichen Widersacher von Madeleine.

Veröffentlicht am 27.07.2019

Berlin in den 40iger Jahren aus der Sicht eines jüdischen Nachtclubbesitzers

Café Berlin
0

"Café Berlin" hat mir sehr gut gefallen.
Harold Nebenzal hat einen wunderbaren und leicht zu lesenden Schreibstil, der dem Leser das Gleiten durch die Seiten sehr vereinfacht. Das Abtauchen in diese ...

"Café Berlin" hat mir sehr gut gefallen.
Harold Nebenzal hat einen wunderbaren und leicht zu lesenden Schreibstil, der dem Leser das Gleiten durch die Seiten sehr vereinfacht. Das Abtauchen in diese Geschichte gelang mir ohne Probleme und mit Daniel Saporta hatte ich auch einen klugen, gerissenen und charmanten Mann an der Seite, der das Leben in der Vorkriegszeit zu leben wusste. Schöne exotische Frauen, Live-Musik und sein guter Geschäftssinn haben ihn und seinen Club "Kaukasus" zu einer kleinen Berlinberühmtheit gemacht.

Trotzdem hatte sein Leben in Damaskus, Syrien keinen leichten Start und er musste schnell lernen auf sich zu achten, sich zu behaupten und seinem Instinkt zu folgen. Viele Male spielte er mit dem Feuer und begab sich in Gefahren, die schon für andere tödlich waren.

Die Geschichte von Daniel wird von ihm selbst als Tagebuch aufgeschrieben. Daniel sitzt zu diesem Zeitpunkt auf einem Dachboden und muss sich vor den Nazis versteckt halten. Um sich abzulenken und nicht vor Angst, Kälte und Hunger irre zu werden, schreibt er seine Geschichte auf. Es gibt demnach immer wieder ein paar Sprünge von der Vorkriegszeit zu der aktuellen Zeit (1943-1945). Harold Nebenzal verliert sich manchmal etwas zu sehr in den Details, aber nie so lange, dass man das Interesse an dieser Geschichte verlieren könnte.

Langeweile kam tatsächlich nie auf (wurde auf dem Cover versprochen). Im Gegenteil, am Ende der Geschichte war man fast schon etwas traurig, adieu sagen zu müssen.


Veröffentlicht am 14.07.2019

Auf der Spur...

Hannah und ihre Brüder
0

Das Buch habe ich vom Aufbau Verlag per Mail als Rezensionsexemplar angeboten bekommen. Gott sei Dank ließen sich die Bilddateien nicht direkt öffnen, so dass ich zuerst den Covertext gelesen habe.
Warum ...

Das Buch habe ich vom Aufbau Verlag per Mail als Rezensionsexemplar angeboten bekommen. Gott sei Dank ließen sich die Bilddateien nicht direkt öffnen, so dass ich zuerst den Covertext gelesen habe.
Warum Gott sei Dank?
Nun, das Coverbild ist leider ein Standardbild, welches man seit einigen Monaten auf zig Büchern wiederfindet. Gefühlt jedes dritte Buch, welches den ersten oder zweiten Weltkrieg verbunden mit einer Frauen- bzw. Familiengeschichte zum Thema hat, wird mit dieser Art von Bild beworben. Schade, denn dadurch geht das Individuelle einer Geschichte verloren. In einem Buchladen wäre ich an diesem Buch wohl vorbeigegangen. Aus meiner Sicht hat das Cover auch nur wenig mit dem Inhalt zu tun. Auch der Titel ist irreführend und passt nicht so richtig.

So, nun genug gemeckert, denn die Geschichte ist gut und wunderbar geschrieben.
Die Charaktere wurden schön ausgearbeitet und man konnte sich bestimmte Szenen auch gut bildlich vorstellen.
Es treffen zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite ist es Ben, ein hochbetagter Mann, der einen jüdischen Bürger bedroht und ihn auffordert endlich die Wahrheit zu sagen. Auf der anderen Seite ist eine junge Anwältin Catherine Lockhart, die in Arbeit erstickt und unglücklich mit der Situation ist. Sie fühlt sich wie in einem Hamsterrad und kann beim besten Willen keinen weiteren und vorallem unrentablen Fall benötigen. Und doch treffen sie sich und reden miteinander. Es braucht eine Weile bis beide im Einklang sind.

Die Geschichte von Ben, Hannah und Otto spielt in der Zeit des zweiten Weltkrieges in Polen und zeigt, wie die Menschen in Polen noch lange an den Frieden geglaubt haben und den Hass der Deutschen und die Verfolgung der Juden in Deutschland nicht glauben wollten und dabei verdrängten, dass es auch sie treffen könnte. Interessant war die Entwicklung von Otto und wie er sich nach dem Krieg verhalten hat.

Der Autor ist Jurist und somit werden auch viele juristische Aspekte eingeschoben, was ich besonders interessant fand. Denn häufig wird die Verfolgung der NS-Verbrechen nicht in dieser Art von Familiengeschichten mit eingebaut.

Die Geschichte ist absolut vorhersehbar, aber sie ist interessant aufgebaut und lässt sich sehr gut lesen. Ich hätte gern auf die kitschigen Momente zwischen Catherine und Liam verzichten können, aber für Liebesgeschichtenfans gibt es also auch einen Grund dieses Buch in die Hand zu nehmen.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Große Geschichte

Im Schatten des Berges
0

Wer "Shantaram" gelesen hat, wird in diesem Buch schnell die Charaktere wiedererkennen und einen leichten Einstieg haben. Ohne die Vorkenntnisse wird es wahrscheinlich etwas schwerer die Verknüpfungen ...

Wer "Shantaram" gelesen hat, wird in diesem Buch schnell die Charaktere wiedererkennen und einen leichten Einstieg haben. Ohne die Vorkenntnisse wird es wahrscheinlich etwas schwerer die Verknüpfungen zwischen den Charakteren zu verstehen.

Auch in dem zweiten Buch zu seinem Leben hat es Gregory Roberts geschafft mich einzufangen und mitzunehmen. Sein Schreibstil ist sehr gut und flüssig und so klar und deutlich, dass man das Gefühl hat, den Straßenlärm, die Gefahren und die Freude spüren und hören zu können. Es geht auch diesmal um seine große Liebe Karla, seine Freunde und sein Leben in Indien. Die Clankämpfe, die Morde, die Brände und die Korruption sind auch diesmal wieder ein Bestandteil der Geschichte. Trotzdem schaffte er es, dass auch der Humor bei dieser Geschichte nicht zu kurz kommt. Ich musste immer wieder über die Handlungen und Eigenheiten von Didier & Co. schmunzeln.

Einen größeren Raum gibt er den Gedankenflügen. Immer wieder wird es philosophisch und manchmal ziehen sich diese Diskussionen über mehrere Seiten. Teilweise fand ich dies zu langatmig und wenig spannend.

Phasenweise erinnerte mich leider die Geschichte an einen amerikanischen Blockbuster. Einer gegen alle. Ein Held, der alle rettet. Ein Mann, der von der bösen Seite zur guten Seite wechselt. Kann sich ein Mensch derart ändern? Es wirkte nicht echt und realistisch und leider litt die Geschichte etwas darunter.

Trotzdem:
Wer einfach nur eine spannende Geschichte, die in Indien spielt, lesen möchte, hat hier genügend Seiten (988) und Abenteuer, um abzutauchen.

Veröffentlicht am 08.06.2019

Good Feminist? Bad Feminist?

Bad Feminist
0

Roxane Gay hat mich mit ihren einzelnen Essays und ihren Gedanken zum Schmunzeln, zum Nachdenken und zum Kopfschütteln gebracht. Sie hinterfragt den aktuellen Trend "Feminismus" und hinterfragt die Absichten ...

Roxane Gay hat mich mit ihren einzelnen Essays und ihren Gedanken zum Schmunzeln, zum Nachdenken und zum Kopfschütteln gebracht. Sie hinterfragt den aktuellen Trend "Feminismus" und hinterfragt die Absichten und Ziele einiger Vertreter von dieser Bewegung. Ist es überhaupt eine Bewegung? Und was ist eigentlich Feminismus?

Es gab einzelne Essays, die mich stärker angesprochen haben wie z.B. "Nicht hier, um Freunde zu finden". Es geht u.a. darum, ob man sich stets anpassen muss oder seine eigenen Neigungen und Wünsche zurückstellen muss, um be- bzw. geliebt zu werden. Dies überträgt sich sogar auf das Lesen von Büchern, wenn man sich nicht mit der Protagonistin anfreunden kann, dann ist das Buch auch nicht gut.

"Mit Nora könnte ich mich nicht anfreunden. Sie etwa? Ihre Weltansicht ist mir einfach viel zu düster. Da ist es wieder: Die Leserin ist da, um sich mit der Figur im Buch anzufreunden, und was sie bekommt, gefällt ihr nicht. Messud (Anm.: Autorin des Buches) hatte eine scharfe Antwort parat: "....Wenn Sie lesen, um Freunde zu finden, kriegen Sie die größten Schwierigkeiten. Wir lesen, um das Leben zu finden, mit all seinen Möglichkeiten. Die relevante Frage ist nicht: Ist das ein potentieller Freund für mich?, sondern: "Ist diese Figur lebendig?" (S. 122)

Ich muss zugeben, dass auch ich so manches Buch nicht so gut fand, weil mir die Charaktere nicht so zugesagt haben. Nach dem Lesen des Beitrages muss ich wohl einiges noch einmal Überdenken und bei den nächsten Büchern anders herangehen.

Man findet viele Ansätze in diesem Buch, die einem die Augen öffnen und zum Nachdenken anregen. Nicht alles passt auf jeden Leser (ich war auch nicht immer einer Meinung mit der Autorin), aber darauf zielt die Autorin auch nicht ab.