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Veröffentlicht am 19.12.2017

Dieses "Unwetter" ist nichts für schwache Nerven!

Die Perfekten
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Caroline Brinkmann - DIE PERFEKTEN

"Rain ist ein Ghost. Sie lebt außerhalb des Systems. Seit ihrer Geburt ist sie auf der Flucht vor den Gesegneten, einer perfekten Weiterentwicklung der Menschen, die ...

Caroline Brinkmann - DIE PERFEKTEN

"Rain ist ein Ghost. Sie lebt außerhalb des Systems. Seit ihrer Geburt ist sie auf der Flucht vor den Gesegneten, einer perfekten Weiterentwicklung der Menschen, die mit eiserner Hand regieren und das Volk unterdrücken. Rain weigert sich jedoch, sich ein Leben lang zu verstecken, und begeht einen fatalen Fehler. Sie bricht die wichtigste Regel der Ghosts:"
VERTRAUE NIEMANDEM!

Rain ist 16 und lebt als Schatten am Rande der Gesellschaft. Ihre Existenz bedroht all die Menschen, die an das Gesegneten-System glauben und von ihm abhängig sind. Die Gesegneten regieren, die Gesegneten sind perfekt.

Wer sich ohne Erlaubnis fortpflanzt, wird bestraft, ein solches Kind nennt man "Ghost", denn es dürfte es ja nicht geben. Rain ist ein solches Kind, immer auf der Flucht und "Hüterin" der 1000 Verstecke. Allein ihrer Mutter Storm vertraut sie, aber sollte sie das?
In einer 3 Klassen-Welt selektiert man die besten Gene und stuft nach unten ab. Einsen haben alle Chancen, Zweien müssen hart arbeiten und die meist kranken Dreien, werden als Belastung gesehen.
In einer Stadt wie Grey - der Name ist Programm - herrscht ein raues Klima. Der Smog der Industriestadt ist überall. Atemmasken verhindern nur das Schlimmste und manchmal nicht einmal das.
Dabei müssten die Gesegneten ihrer hart arbeitenden Bevölkerung von Grey nur ein Filtersystem installieren und keiner müsste krank werden. So werden Atemorgane, Haut und auch Augen verätzt. Auch eine "Eins" kann so eine "Drei" werden.
Rebellen erschüttern das Land, die Spines kenne auch keine Gnade, werden sie gefasst, erwartet sie die Hinrichtung.
Der Tag, an dem Rain ihre Mutter Storm aus den Klauen des Henkers befreit, verändert ihr Leben.
Storm und Rains Motto "Unwetter haben keine Angst" wird auf eine harte Probe gestellt. Nach Rains Festnahme bestimmt ein medizinischer Robot, "Med-Bot" genannt, ihre Gene und entdeckt eine Sensation.

"Sie ist Rain. Der Regen. Der Neuanfang."

Diese Dystopie ist an Spannung kaum zu überbieten, ein richtiger Trhriller, der an den Nerven zerrt. Selten habe ich 600 Seiten in so kurzer Zeit gelesen.
Die meisten Dystopien geht nach 100 Seiten die Luft aus, hier bietet der Fluss an kreativen Überraschungen einen Lese-Herzinfarkt. Atemberaubend und höchst hypertonisch. Tiefgründige und sehr gute Unterhaltung.

"Die Perfekten" von Caroline Brinkmann ist der erste Teil einer Dilogie - Ich kann es kaum erwarten, bis die Fortsetzung 2018 erscheint. Bis dahin erhole ich mich..
Leseempfehlung: All Age - Pageturner

Veröffentlicht am 19.12.2017

Caterina in der Suppenschüssel

Hotel du Barry oder das Findelkind in der Suppenschüssel
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Lesley Truffle - Hotel du Barry oder das Findelkind in der Suppenschüssel

London, 1919
Als das Stubenmmädchen und der Page sich gerade gegenseitig einen Dienst erweisen, wissen sie noch nicht, warum die ...

Lesley Truffle - Hotel du Barry oder das Findelkind in der Suppenschüssel

London, 1919
Als das Stubenmmädchen und der Page sich gerade gegenseitig einen Dienst erweisen, wissen sie noch nicht, warum die Wäscheleine so fröhlich hin und herschaukelt. Hausdame Bertha Brown platzt in die Szene hinein und findet daran ein "aufgeknüpftes" Baby vor, welches kunstvoll in eine beige Funktionsunterhose drapiert wurde.
Dank Form und Farbe des "Liebestöters" kann man sicher gehen, dass deren ehemalige Besitzerin nicht für den quiekenden Inhalt verantwortlich ist. Im biblischen Sinne jedenfalls nicht. Das Kleine hat zwei herausragende Merkmale, es trägt ein goldenes Armband und seine Augen sind violett.
Während der Saison beherbergt das Hotel du Barry viele übermütige Debütantinnen.
Im allgemeinen Verdrängungstaumel, der nach dem Krieg herrscht, wird ausschweifend gefeiert, besonders die Reichen lassen es krachen, als gäbe es kein Morgen mehr. Die Suche nach der leiblichen Mutter wird diskret sein müssen.
Bertha ruft Sean und Mary zur Ordnung und ein herbeigeeilter Doc Ahearn bestätigt die Gesundheit des kleinen Kuckucks und der Hoteldedektiv Jim Blade beginnt sofort mit der Bestandsaufnahme:

"Ausgesetztes Baby. Lebendig und wohlauf. Zwei oder drei Monate alt.
07:02 Uhr, 14 Juni, 1919.
Fundort, Wäscheleine des Hotel du Barry, hintere Waschküche.."

Hausdame Bertha will nie wieder ein ausgesetztes Kind dem Waisenhaus überlassen, für ein namenloses Kind, ist dies so ziemlich der unfreundlichste Ort, an dem es aufwachsen könnte. Berthas Entschluss steht, sie werden das Baby behalten und gemeinsam aufziehen. Die "Führungsetage" darf nichts davon erfahren.

Der Säugling wird in eine mit Nerz ausgelegte silberne Suppenterrine gebettet und die edlen bestickten Servietten sind als "Windel" gerade gut genug. Vom Pagen bis zum Kammerdiener, teilen sich die Angestellten die Betreuung des Babys.

Während der turbulenten Arbeitszeit wird ein Servierwagen verwechselt und das darin schlummernde Baby, landet bei Daniel du Barry höchstpersönlich.
Auch der Besitzer des mondänen Hotels kann sich dem glucksenden Charme des kleinen Mädchens nicht entziehen. Er benennt sie nach seinem Lieblingschampagner: Caterina Anastasia Lucinda.
Und somit ist das Hotelbaby offiziell.
Jahre vergehen und "Cat" - wie sie von jedem genannt wird - wächst in schwelgenden Luxus auf, der ihr nichts bedeutet, im Vergleich zu ihrer Hotel-Familie. Ihren Adoptiv-Vater, Daniel du Barry liebt sie hingebungsvoll.

"Du bist jetzt alt genug, um dir in meiner Bibliothek selbst auszusuchen, was du lesen willst. Denke darüber nach, wie du deinen Geist formen und was für ein Mensch du sein möchtest, wenn du groß bist."

Eine wundervolle "Upstairs/Downstairs-Romanze", ein ganzes Hotel liegt einem ausgesetztem Säugling zu Füßen. Ein spannendes Gesellschaftsportrait der Bohème der Nachkriegsjahre, ironisch warmherzig, berührend und sehr unterhaltsam.
Das soziale Netzwerk der Patchwork-Family birgt natürlich auch jede Menge Intrigen, leichte Frivolitäten und humorvolle Turbulenzen.
Nichts für Moralaposteln, daher meine Empfehlung für dieses kleine Juwel!

Veröffentlicht am 19.12.2017

Weihnachtswünsche: Eine neue Mami und ein Welpe

Ein Weihnachtslicht über Sylt
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Ines Thorn - Ein Weihnachtslicht über Sylt

Westerland/Sylt

Geschichte aus der Sicht einer 8jährigen Halbwaisen, die sich nichts sehnlicher wünscht als eine neue Mami..wenn es nicht gerade die junge Nachbarin ...

Ines Thorn - Ein Weihnachtslicht über Sylt

Westerland/Sylt

Geschichte aus der Sicht einer 8jährigen Halbwaisen, die sich nichts sehnlicher wünscht als eine neue Mami..wenn es nicht gerade die junge Nachbarin ist, die in letzter Zeit ihren Vater so anhimmelt, dann doch lieber den ersehnten Hundwelpen.

Cornelia kann nichts mit Kindern anfangen, ihre Geduld dementsprechend begrenzt. Vater Malte merkt von alledem natürlich nichts, denn irgendwie fühlt er sich zu dem blonden Quirl hingezogen.
Jedes Jahr zu Weinachten besuchen Malte und seine Kinder, Mina und Ben, die "Mami" auf dem Friedhof. In dem alten Friesenhaus jedoch, lebt Helena weiter. Die roten Sofakissen, die selbstgenähten Vorhänge und das von ihr ausgesuchte Frühstücksgeschirr..

Manchmal ist die Sehnsucht übermächtig und so schreiben Mina und Ben einen ganz speziellen Brief an den Weihnachtsmann. Auf Westerland erledigt Ole, der Briefträger die Weihnachtspost. Der "Mami-Wunsch" rührt ihn zutiefst und so heckt er einen Plan aus.

Er vertauscht zwei Päckchen und so lernen sich Malte und Svea kennen. Die Kinder verlieben sich sofort in die bodenständige und hübsche Tierärztin, bei Malte und Svea macht der Funke einen Umweg.

Solide Weihnachtsmagie, anrührend und warmherzig. Für Ines Thorn, ungewohnt zahme Töne. Ein nettes Adventsgeschenkbüchlein.

Veröffentlicht am 19.12.2017

Valerie Lane.1

Der kleine Teeladen zum Glück
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Manuela Inusa - Der kleine Teeladen zum Glück - blanvalet

Oxford/England
Vor mehr als 100 Jahren lebte die großzügige Valerie Bonham, sie betrieb einen Gemischtwarenladen und bedachte immer den Armen ...

Manuela Inusa - Der kleine Teeladen zum Glück - blanvalet

Oxford/England
Vor mehr als 100 Jahren lebte die großzügige Valerie Bonham, sie betrieb einen Gemischtwarenladen und bedachte immer den Armen und jedem, dem etwas auf dem Herzen lag. Valerie wurde dadurch zur Legende und nach ihr wurde eine romantische Geschäftsstraße, die Valerie-Lane, benannt.

Diese Tradition wird von den 5 Freundinnen im Alter von 23-34 Jahren fortgesetzt, sie haben ihre Lädchen in der malerischen Valerie-Lane.
Keira betreibt eine Chocolaterie, Susan ein Wolle-Paradies, Orchid hat einen Geschenkeladen, Ruby hütet Antiquitäten und Laurie, um die es hier geht, hat den Teeladen an der Ecke, den Tea-Corner.
Alle Läden in den heimeligen Backsteingebäuden bis auf einen sind besetzt.
Die Freundinnen spekulieren schon, ob wieder, wie vorher, eine nette Frau die kleine Gasse mit ihren Angeboten bereichern wird.
Jeden Mittwoch treffen sich die Freundinnen bei Laurie im Tea-Corner, alles wird beredet, geweint, gelacht und wenn mal jemand an so einem Abend an die Tür klopft, so bekommt er ein heißes Getränk und liebe Worte.

Neuerdings ist auch der Dienstag ein "Fix-Punkt" für Laurie. Seit einigen Monaten kommt Vormittags ein äußerst netter Teelieferant, doch Laurie bringt es auch in Zeiten der Emanzipation nicht fertig, ihn um um ein Date zu bitten.

Nicht nur in Geschäftsdingen sind sich die 5 Ladies eine Hilfe, auch wer in seelischer Not oder von Sehnsucht geplagt ist. So ist es also fast selbstverständlich, dass ein Plan ausgeheckt wird um der schüchternen Laurie auf die Sprünge zu helfen.

Warmherziger, aber ruhiger Roman für kalte Novembertage. Ein bisschen mehr Pfeffer zum Ingwer hätte der Romanze gut getan. Eine schöne Idee, die noch ausbaufähig ist.

"Wenn dir kalt ist, wird Tee dich erwärmen,
Wenn du erhitzt bist, wird er dich abkühlen,
Wenn du bedrückt bist, wird er dich aufheitern,
Wenn du erregt bist, wird er dich beruhigen."

William Ewart Gladstone

Veröffentlicht am 19.12.2017

Von Spatzen und Menschen

Das Leben und Sterben der Flugzeuge
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Heinrich Steinfest - Das Leben und Sterben der Flugzeuge

Die unglaubliche Geschichte eines blinden Golfspielers, der das "Grün" in seiner Erinnerung, als Klimt-Skizze einer liegenden Frau sieht und zu ...

Heinrich Steinfest - Das Leben und Sterben der Flugzeuge

Die unglaubliche Geschichte eines blinden Golfspielers, der das "Grün" in seiner Erinnerung, als Klimt-Skizze einer liegenden Frau sieht und zu einem "Hole in One" anlegt. Man hat keineZweifel, dass er trifft.
Philosophische Betrachtungen eines Spatzes, der lieber Fastfood-Reste isst, als selber zu jagen und zu töten. Er wird mit seiner eigenen Unfähigkeit, sich artgerecht zu ernähren, konfrontriert, er versinkt in trotzige Scham, als er es versucht und versagt.
Ein folgenschwerer Zusammenstoß mit einem explodierenden Sperling, schickt ihn auf eine geheime Mission nach Wien. Der Spatz von Paris wird zum gefiederten James Bond, zur Rettung der Sperks soll er den "Dritten" Spatz aufsuchen, den legendären Pinesits. Dazu muss er nur noch den Tautropfenmaler Arthur Engel finden, der gegenüber eines Friedhofs wohnt und den Kontaktspatz beherbergt.
Im Nachtzug Wien/Budapest, erliegt er einem seltsamen Traum. Er ist im Körper eines blinden Mannes, der gerade ein Tennis-Match gewonnen hat..
Führt der Spatz ein surreales Doppelleben?
In Wien angekommen, wird er von einem Killer mit einem Streifschuss verletzt.
Der Junge aus dem Zug, der eine Limo bei einem Inder bestellte, aber einen Apfelsaft bekam, tritt in die Schusslinie, bevor er erneut anlegen kann. Der Spatz entkommt.
Durch Zufall, landet er in einem Blumenbouquet einer Frau, die zum Friedhof fährt..
Das Kennenlernen der beiden Spatzen und deren phantastisch anmutende Geschichte, hat mich sehr berührt, sie hat mir einige tiefe Friedensmomente verschafft.
Nach der charmanten Geschichte, wie Arthur Engel dem Methusalem aller Spatzen das Leben gerettet hat, geht es weiter nach Belfast.

Spatz Paris zu Spatz Wien:
"Das ist doch die Stadt, wo die Christen aufeinander sauer sind!"

"Es ist keine geringe Wahrheit, wie sehr jede Lebensrettung eine Verantwortung und Bindung nach sich zieht. Eine halbe Rettung erscheint daher schlimmer, als gar keine."

"Der Sinn ihrer Ehe war mysteriös, doch mysteriös sinnlose Ehen scheinen zu den wenigen Dingen der Menschen zu gehören, die so gerecht über die gesellschaftlichen Milieus verteilt sind, wie eigentlich sonst nur noch der Tod."

Die vielen kleinen Geschichten greifen ineinander, man kann nicht aufhören zu lesen.
Eines ist klar, ich werde nie wieder einen Spatz mit den gleichen Augen sehen können.

Heinrich Steinfest kappt die Grenzen jenseits der Vorstellungen des Lesers. Es ist eine bizarre Welt, in die man eintaucht, weil man anhand der detailverliebten Erzählung, alles logisch nachvollziehen kann und sich gleichsam königlich unterhält. Spannend mit einem Hauch "Noir".

Nicht für jeden Vergleich kann man Kafka herzitieren, aber sagen wir mal so:
Es hätte ihn verwirrt und pfadlos zurückgelassen.
Ein Buch, wie es einem John Irving gefallen würde. Klug, bizarr und abseits vom Wege.

Dafür eine uneingeschränkte Empfehlung!