Profilbild von Sago

Sago

Lesejury Star
offline

Sago ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Sago über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.06.2020

Hinter dahinter

Die Spiegelreisende 4 – Im Sturm der Echos
0

Wahrhaft apokalyptisch und weltenumspannend wird es im vierten und letzten Teil der Spiegelreisenden-Saga.
Auch wenn die Autorin stets den Überblick behält und ihre komplex aufgebaute Geschichte ...

Wahrhaft apokalyptisch und weltenumspannend wird es im vierten und letzten Teil der Spiegelreisenden-Saga.
Auch wenn die Autorin stets den Überblick behält und ihre komplex aufgebaute Geschichte zu einem runden Abschluss bringt, hat mir der Charme, den vor allem die ersten beiden Bände aufwiesen, ein wenig gefehlt. Ophelias animierter Schal, ihr Verlobter und mittlerweile Ehemann Thorn, ein Protagonist, der mich auf fast unvergleichliche Weise sowohl abgestoßen als auch faszinzert hat... All das tritt nun immer mehr in den Hintergrund in Ophelias Kampf gegen den mysteriösen "Anderen", den sie einst auf einer Spiegelreise in ihrer Kindheit befreit hat. Denn die Archen beginnen sich aufzulösen und es droht nichts anderes als der Weltuntergang...

Bis zur finalen Auseinandersetzung muss sich Ophelia erneut auf der Arche Babel behaupten und in einem merkwürdgen Institut für Abweichungen einiges über sich ergehen lassen. Dieser Teil wies nach meinem Empfinden doch einige Längen auf. Die bewunderswerte Fantasie der Autorin brachte dort auch einige Ideen hervor, die für mich persönlich etwas zu kryptisch und nicht anschaulich genug waren. Als zum Schluss des Bandes Ophelias herrlich versponnene Familie noch einmal in den Fokus rückte, wurde mir klar, wie sehr ich solche Szenen vermisst hatte.

Dass das Ende etwas offen gestaltet wurde, ist ein gewagter Schachzug, lässt aber Leser mit Sehnsucht nach einem Happyend sicher enttäuscht zurück. Dennoch glaube ich nicht, dass hier ein Hintertürchen zu einer späteren Fortsetzung offengelassen wurde. Ich bleibe gespannt, mit welchem Werk Christelle Dabos als nächstes überraschen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.06.2020

Reisekatze

Einmal mit der Katze um die halbe Welt
0

Ich bin alles andere als eine Abenteuerreisende, aber als Katzenfreundin und Autorin im Katzenbereich war ich dennoch gespannt auf die Abenteuer dieser ungewöhnlichen Katze.

Katze Mogli wird als Kitten ...

Ich bin alles andere als eine Abenteuerreisende, aber als Katzenfreundin und Autorin im Katzenbereich war ich dennoch gespannt auf die Abenteuer dieser ungewöhnlichen Katze.

Katze Mogli wird als Kitten vom Autor gerettet und von früh auf an ein ganz untypisches Katzenleben mit vielen Ortswechseln gewöhnt. Doch nicht nur das, sie begleitet ihn auf seinem Motorrad um die halbe Welt. Das Buch ist illustriert mit einigen Fotos, die dokumentieren, dass Mogli die Reise erstaunlich gut verkraftet.

Die halbe Welt auf gut 270 Seiten - da wird schon deutlich, dass Martin Klauka jedes durchfahrende Land allenfalls oberflächlich streifen kann. Orte und Menschen sausen vorbei. Vor allem letztere konnte ich irgendwann kaum mehr auseinanderhalten. Immer wieder wird bei einem Wiedersehen Bezug genommen auf frühere Treffen. Oftmals wird nicht klar, ob diese im Buch schon Thema waren oder nicht. Schon allein aus Moglis Rettung als Kitten hätte man eine eigene Geschichte machen köönen. Die meisten Leser werden wohl das Buch vor allem ihretwegen zur Hand nehmen und hätte sich gefreut. Mir persönlich war es oft einfach zu wenig Katze, zu wenig Mogli.

Im Laufe des Buches wurde meine Sorge um Mogli zudem immer größer. So viele Gefahren, so oft ist sie verschwunden, so häufig wird so viel Glück benötigt, damit alles gut ausgeht. Da am Ende des Buches der Rückweg der Reise noch aussteht, kann ich nur das Beste hoffen. Immer wieder habe ich mir gesagt, ohne den sympathischen Autor hätte Mogli eventuell schon ihre Jugend nicht überlebt. Aber berechtigt einen das, ein Tier um der eigenen Abenteuerlust willen immer wieder in Gefahr zu bringen?

Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.06.2020

Etwas zerfasert

Der Knochengarten
0

Der Thriller wird wohl in erster Linie für Fans von Carol Jordan und Tony Hill interessant sein. Schwierig ist nur, dass Carol ja bei der Polizei gekündigt hat und Tony eine Haftstrafe verbüßt. ...

Der Thriller wird wohl in erster Linie für Fans von Carol Jordan und Tony Hill interessant sein. Schwierig ist nur, dass Carol ja bei der Polizei gekündigt hat und Tony eine Haftstrafe verbüßt. So ist es an Carols Team, im aktuellen Mordfall zu ermitteln. Auf einem ehemaligen Klostergelände und Kinderheim werden viele Mädchenskelette gefunden. Und in einem Hochbeet nebenan die Überreste einiger junger Männer. Stehen die Verbrechen in einem Zusammenhang?
Die Lösung wird ziemlich bald mitgeliefert, so dass die Leser nur noch dabei zusehen, wie auch die Polizei das Rätsel löst. Während Tony verzweifelt Sinn und Beschäftigung im Gefängnis sucht und dabei in Gefahr gerät, wird Carol vom Projekt In Dubio angeheuert, das sich zum Ziel gesetzt hat, unschuldig Inhaftierte zu rehabilitieren. Birgt etwa auch ihr Fall eine Verbindung zu den Skelettfunden?
Zu viele gewollte Verknüpfungen, Tony und Carol eigentlich abwesend, ein Tony, der nach einem kurzen Bericht den Fall mal eben im Vorbeigehen aufgrund eines einzigen Hinweises löst: An das Niveau der frühen Fälle kann das Buch meiner Meinung nach leider nicht ganz anknüpfen. Wäre ich kein Fan des Ermittlerduos, hätte es vielleicht nur für drei Sterne gereicht. Aber gerade deswegen fand ich die Konstruktion des Thriller, der wenig Fahrt aufnimmt, auch schwierig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.06.2020

Facettenreicher Familienroman

Das Holländerhaus
0

Ein wenig erinnert dieser Familienroman an das Märchen von Aschenputtel. Danny und Maeve könnten eigentlich behütet aufwachsen. Ihr Vater Cyril ist mit Immobilien zu Reichtum gekommen und hat für seine ...

Ein wenig erinnert dieser Familienroman an das Märchen von Aschenputtel. Danny und Maeve könnten eigentlich behütet aufwachsen. Ihr Vater Cyril ist mit Immobilien zu Reichtum gekommen und hat für seine Familie das Holländerhaus erworben, eine ganz außergewöhnliche, extravagante Villa. Doch Cyrils Frau ist eines Tages einfach auf und davon, um nach Indien zu gehen. Die Kinder können es kaum begreifen. Die ältere Schwester Maeve erkrankt kurz darauf sogar an Diabetes. Nach einer Weile nimmt Cyril sich mit Andrea eine neue Frau, die zwei Mädchen mit ins Holländerhaus bringt. Es dauert nicht lange und Maeve verliert ihr Zimmer an eine der Stiefschwestern. Nach Cyrils Tod bringt Andrea Maeve und Danny nicht nur um das Holländerhaus, sondern um ihr gesamtes Erbe.
Das alles schildert uns der inzwischen erwachsen gewordene Danny rückblickend als Ich-Erzähler. Der Wunsch nach Rache an Andrea bestimmt nun Maeves Leben und damit auch Dannys. Allein auf Maeves Wunsch hin studiert er sogar Medizin, um noch möglichst lange den einzigen zur Verfügung stehenden Treuhandfonds zu schädigen.
Der Klappentext verrät, dass eines Tages die Karten ganz neu gemischt werden. Ich hatte eine ganz bestimmte Vorstellung davon, wie das geschehen würde, doch Ann Patchett hat mich raffiniert in die Irre geführt und die Geschichte auf für mich vollkommen unerwartete Weise zu einem Ende geführt.
Die Autorin hat plastische Figuren geschaffen, die mir noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Einzig Maeves und Dannys Mutter ist mir ein Rätsel geblieben, deren Motive ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Von den Hausangestellten wird sie als eine Heilige gerühmt. Schon immer war es mir ein schleierhaft, warum ausgerechnet Heiligen verziehen wird, ihre Kinder im Stich zu lassen, um sich Fremder anzunehmen. Nicht umsonst wird auch im Roman die Geschichte von Buddha angeführt, der ebenso gehandelt hat.
Das Buch ist wirklich wunderschön aufgemacht. Das Bildnis auf dem Umschlag illustriert genau das Gemälde, das von der jungen Maeve angefertigt wurde. Rückseite und Innenseiten des Umschlags zieren Delfter Kacheln, passend zum Holländerhaus.
Fazit: Ein leiser tiefgründiger Roman, der noch lange nachwirkt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.05.2020

Hommage an Gothic Novels

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
0

Dieses Buch wird sicherlich polarisieren. Wer einen knappen, modernen Stil bevorzugt, der nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne erfordert und eine actiongeladene Handlung erwartet, wird unweigerlich enttäuscht ...

Dieses Buch wird sicherlich polarisieren. Wer einen knappen, modernen Stil bevorzugt, der nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne erfordert und eine actiongeladene Handlung erwartet, wird unweigerlich enttäuscht werden. Stattdessen arbeitet die Autorin immer wieder mit raffinierten Schachtelsätzen, die zwar nicht Proustsche Länge erreichen, aber doch herrrlich an die brillianten Klassiker längst vergangener Zeiten erinnern. Sie schafft atmosphärisch-dichten, subtilen Grusel, der mit seinen Elementen bewusst immer wieder die Gothic Novels der Epoche der Schwarzen Romantik zitiert. Wer diese wie ich liebt, wird von diesem Buch dagegen genauso begeistert sein, wie ich es war.

Die junge Hetty führt ein ereignisarmes, einsames Leben in London Ende der Dreißiger Jahre. Sie geht auf in ihrem Beruf, bei dem sie die Säugetierabteilung eines Historischen Museums leitet. Dessen Exponate sind hauptsächlich ausgestopfte Tiere, mit denen Hetty jedoch lieber umgeht als mit ihren Kollegen.

Kriegsbedingt wird die Sammlung auf das herrschaftliche Lockwood Manor verlegt. Doch anscheinend ist sie dort weniger sicher als in London: Tiere wechseln auf geheimnisvolle Weise ständig die Plätze, verschwinden ganz oder werden gar verstümmelt. Ebenso seltsam wie diese Ereignisse sind die Bewohner von Lockwood Manor: der frisch verwitwete Major, dessen exotische Frau kürzlich auf mysteriöse Weise ums Leben kam, dessen Liebschaften, seine schöne, aber wenig belastbare Tochter Lucy und eine Heerschar von Dienstboten.

Während Hetty in Lucy eine Freundin findet, wird sie immer tiefer in die Rätsel des düsteren Herrenhauses hineingezogen, denn die Schatten der Vergangenheit reichen bis in die Gegenwart und bedrohen nicht nur Lucy, sondern auch Hettys geliebte Sammlung. Die ausgestopften Tieren werden dabei zu den titelgebenden stummen Wächtern von Lockwood Manor. Sie finden sich auch passenderweise auf dem wunderbar färbenprächtigen Cover, das sofort ins Auge fällt.

Verschwundene Räume, Spuk, Wahnsinn und menschliche Abgründe: Ich hatte große Lesefreude daran zu rätseln, ob sich alle Geheimnisse auf natürliche Weise aufklären würden oder echte Geister Lockwoods Flure unsicher machen. Ich werde auf jeden Fall nach weiteren Büchern von Jane Healey Aussicht halten.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere