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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2024

Eindringlich erzählt

Zur See
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"Alle Inseln ziehen Menschen an, die Wunden haben, Ausschläge auf Haut und Seele. Die nicht mehr richtig atmen können oder nicht mehr glauben, die verlassen wurden oder jemanden verlassen haben. Und die ...

"Alle Inseln ziehen Menschen an, die Wunden haben, Ausschläge auf Haut und Seele. Die nicht mehr richtig atmen können oder nicht mehr glauben, die verlassen wurden oder jemanden verlassen haben. Und die See soll es dann richten, und der Wind soll pusten, bis es nicht mehr wehtut."
Zur See - Dörte Hansen, S. 21

Es gibt Bücher, denen man genau zur richtigen Zeit im Leben begegnet. Bücher die tragen, trösten, unterstützen, beflügeln, inspirieren, begleiten. 2021 während unseres Umzugs mitten in der coronabedingten Lebensverzweiflung war dies "Ein Baum wächst in Brooklyn" von Betty Smith und "Zur See" von Dörte Hansen war dies Ende Oktober, als meine Oma im Sterben lag.
Mit berührenden und einfühlsamen Beschreibungen und Sprachbildern, die nur so vor Kreativität und Können strotzen, baut Hansen diese Geschichte auf, erzählt vom Inselleben und -sterben, den Inselmenschen, Touristen, Seebestattungen, verirrten Walen und Stürmen die immer und immer wieder im Inneren und Äusseren toben und ihren Tribut fordern.

Schreibstil und Aufbau:

"Die ältesten Patienten sterben oft am schwersten. In ihren letzten Tagen werden sie zu Vogelwesen, schon nicht mehr Mann und nicht mehr Frau, so dünnhäutig, dass man sie kaum noch zu berühren wagt. Man glaubt, sie hätten es geschafft, nimmt ihre Hände, wartet auf die letzten Atemzüge, und dann müssen sie noch einmal in die Schlacht."
Zur See - Dörte Hansen, S. 45

Vor etwa einem Jahr habe ich "Altes Land" der Autorin gelesen und auch wenn ich vom Erzählstil beeindruckt war, hat mich die Geschichte damals emotional nicht erreicht. "Zur See" aber zeigt ein sprachliches Können, das mitten ins Herz trifft, eine Familie, in der sich nach und nach Veränderungen einstellen, welche ganze Geschichten neu schreiben. Die heraufbeschworenen Bilder der rauhen See, der Winde, welche über die Insel hinwegfegen und dem Leben der Inselmenschen, die genau so hart und unbarmherzig sind - sein müssen - wie die sie umgebende Natur, haben mich nicht mehr losgelassen.
Und manchmal ist da doch ein weicher Kern, ein wenig Frieden und Liebe und wenn im Auge des Sturms alle ein wenig näher zusammenrücken, kann es doch noch Hoffnung geben.

Meine Empfehlung:
Ich bin so froh, dass ich der Autorin noch einmal eine Chance gegeben und mich auf diese Geschichte eingelassen habe. "Zur See" ist jetzt schon ein Jahreshighlight für mich und ich empfehle euch diese eindringlich erzählte und vor Sprachzauber nur so sprühende Geschichte von ganzem Herzen weiter.

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Veröffentlicht am 30.10.2024

Fürs Herz

Sterne sieht man nur im Dunkeln
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Inhalt:
Anni steht an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Eigentlich hat sie alles, was sie sich immer erträumt hat; einen liebevollen Freund, ihren Traumjob und ein schönes Zuhause. Nur fühlt sich dieses ...

Inhalt:
Anni steht an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Eigentlich hat sie alles, was sie sich immer erträumt hat; einen liebevollen Freund, ihren Traumjob und ein schönes Zuhause. Nur fühlt sich dieses Leben, das sie gerade führt, ein wenig aufgesetzt an und Anni beginnt, ihre Fühler nach neuen Herausforderungen und Zielen auszustrecken.

Meine Meinung:
Im Dezember vor einem Jahr habe ich die Fortsetzung dieses Romans gelesen, "Sterne glitzern auch im Schnee". Das Buch hat mir so gut gefallen, dass ich unbedingt viele weitere Bücher der Autorin lesen wollte und das habe ich nun endlich geschafft.
Ganz am Anfang von "Sterne sieht man nur im Dunkeln" befürchtete ich, eine ähnliche Handlung wie in "Wachstumsschmerz" von Sarah Kuttner anzutreffen und hätte das Buch fast weggelegt... Dann aber habe ich weitergelesen und entdeckte eine berührende Geschichte, welche ermutigt, die Chancen im Leben zu ergreifen, Fehler zu verzeihen und immer wieder neuen Träumen nachzujagen.
Besonders gefallen hat mir, dass Anni ihrer Freundschaft zu ihrer Jugendfreundin Maria noch einmal eine Chance gibt. Werkmeister gelingt es dabei - und generell beim Beschreiben aller Beziehungen und Familienkonstrukte - dass die Figuren Ecken und Kanten haben, dass sich Konflikte und Diskussionen anbahnen und dass auch einmal gestritten und getobt wird.

Schreibstil und Aufbau:
Erfrischend anders kommt auch die Entwicklung der Beziehung zwischen Anni und Thies daher. Für einmal haben wir es nämlich in diesem Buch nicht mit einer frisch getrennten/verwitweten Protagonistin zu tun, die vielleicht zufällig auch noch ganz unerwartet ein Café auf einer Insel/eine Bücherei/einen Blumenladen erbt, sondern wir begleiten Anni und Thies durch eine Beziehungs- und Lebenskrise, die viele Veränderungen und Entscheidungen mit sich bringt und die Figuren um so nahbarer und die Handlung authentischer macht.
Ein besonderes Plus sind dabei die vielen motivierenden und humorvollen Sprüche, welche sich im Buch und dann auch noch in bunter Ausführung im Anhang finden.

Meine Empfehlung:
"Sterne sieht man nur im Dunkeln" ist ein ermutigendes Buch fürs Herz und die Seele, das ganz viel Nordsee- und Sommerfeeling versprüht, authentische Beziehungen und Figuren beinhaltet und einfach nur schön erzählt ist. Von mir gibt es eine sehr herzliche Empfehlung.

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Veröffentlicht am 29.10.2024

Feinfühlig und klug erzählt

Die Unschärfe der Welt
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Inhalt:
Sieben Menschen, deren Biografien immer enger miteinander verwoben werden, alles überdauernde Freundschaften, kleine und grosse Liebschaften und eine lebensgefährliche Flucht vereinen sich in diesem ...

Inhalt:
Sieben Menschen, deren Biografien immer enger miteinander verwoben werden, alles überdauernde Freundschaften, kleine und grosse Liebschaften und eine lebensgefährliche Flucht vereinen sich in diesem äusserst klug und feinfühlig erzählten Roman zu einer Geschichte, die süchtig macht.

Meine Meinung:
Ohne zu lesen, wovon dieses Buch handelt, habe ich mich in die Geschichte gestürzt und auch wenn ich anfangs ein paar Orientierungsschwierigkeiten hatte, war ich sofort gefesselt von der einzigartigen Sprache, welche Stimmungen so wunderbar einfängt und die Figuren so einfühlsam beschreibt, dass ich sie mir sofort vorstellen konnte und mich ihnen und ihrem Schicksal nahe gefühlt habe.
Mehr und mehr habe ich historische und gesellschaftliche Zusammenhänge einordnen können und habe vor allem begonnen, mich nebenher in die Geschichte des Banats - einer Region, die mir bis dahin ziemlich unbekannt war - einzulesen.

Sprache und Aufbau:
Auf so wenigen Seiten belichtet Wolff die bewegte Geschichte einer Region über den Zeitraum eines Jahrhunderts hinweg und wird dabei erstaunlich tiefgründig. In sieben sich mehr und mehr ineinander verzahnenden Kapiteln - in denen jeweils eine andere der sieben Figuren in den Vordergrund gerückt wird - spinnt sie diesen Roman äusserst kunstvoll und lässt ihre Figuren immer wieder erfahren, was Freundschaft, Heimat, Liebe und Schicksal bedeuten und bewirken können.

Meine Empfehlung:
Ich bin so froh, dass sich der neuesten Roman dieser Autorin bereits auf meinem SuB befindet, da ich mir unbedingt weitere Geschichten von ihr erzählen lassen will.

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Veröffentlicht am 22.10.2024

Eine unerwartete Fortsetzung, ein riesiges Geschenk

Postscript - Was ich dir noch sagen möchte
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Inhalt:
Vor sieben Jahren ist Holly Kennedy zur Witwe geworden und hat sich seither mit Hilfe ihres Umfeldes aber auch dank Briefen, die ihr verstorbener Mann ihr hinterlassen hat, ein neues Leben aufgebaut. ...

Inhalt:
Vor sieben Jahren ist Holly Kennedy zur Witwe geworden und hat sich seither mit Hilfe ihres Umfeldes aber auch dank Briefen, die ihr verstorbener Mann ihr hinterlassen hat, ein neues Leben aufgebaut. Ein Gastauftritt im Podcast ihrer Schwester verändert ihr Leben von einem Tag auf den anderen und lässt sie die Briefe ihres Mannes rückblickend noch einmal ganz anders erleben und für sterbende Menschen, die ihren Liebsten auch etwas hinterlassen möchten, einstehen.
Meine Meinung:
Vor mehr als zehn Jahren habe ich ich "P.S. Ich liebe dich" gelesen und geliebt. Ich habe beim Lesen fast durchgehend geweint und mir auch den Film schon oft angesehen (es ist mittlerweile einer meiner Lieblingsfilme) und auch da ist kein Auge trocken geblieben. Vor einigen Monaten bin ich beim Stöbern in einem Bücherschrank über "Postscript" gestolpert. Ich wusste gar nicht, dass Ahern nach so vielen Jahren eine lose zusammenhängende Fortsetzung zu ihrem Weltbestseller geschrieben hatte. Sofort war ich wieder mitten in der Geschichte, habe mitgelitten, mitgefiebert und mitgeliebt und ja, vor allem auf den letzten hundert Seiten habe ich Träne um Träne vergossen. Was bleibt, wenn wir gehen? Was hinterlassen wir unseren Liebsten? Und wie nehmen wir Abschied, wenn wir diejenigen sind, welche zuerst sterben? Diese und weitere Fragen wirft Ahern auf und lässt ihre Protagonistin zweifeln, trauern, lernen und erleben und vielleicht sogar ein wenig Frieden finden.

Schreibstil und Aufbau:
Besonders gut hat mir gefallen, dass es Ahern schafft, nahtlos an "P.S. Ich liebe dich" anzuknüpfen und gleichzeitig in wenigen Worten zusammenzufassen, wo Holly jetzt steht und was sie bisher erlebt hat. So können die beiden Bücher unabhängig voneinander gelesen werden, wenn auch ich euch zuerst den ersten Band empfehle und zwar einfach, weil er so wunderschön erzählt ist.
Wer sich mit dem Sterben auseinandersetzt und dies mit Tiefgang machen will, setzt sich automatisch mit den existenziellsten Fragen und Ängsten der Menschheit auseinander und ich bewundere Aherns Fingerspitzengefühl, Respekt und zugleich Leichtigkeit, mit der sie sich diesen grossen Themen nähert. Hollys steiniger Weg voller Lichtblicke und Rückschläge wirkt äusserst realistisch, macht Mut und versöhnt zumindest ein wenig mit der Tatsache, dass jede Liebesgeschichte, jede Freundschaft, jedes Leben mit einem Abschied endet.

Meine Empfehlung:
Auch dieses mir so unerwartet begegnete Buch habe ich geliebt und zugleich schluchzend und hoffnungsvoll gelesen. Ja, dieses Buch geht euch nahe und ihr müsst sicher in Stimmung dafür sein, aber wenn ihr euch darauf einlassen wollt und könnt, empfehle ich es euch aus vollstem Herzen weiter.

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Veröffentlicht am 17.10.2024

Oberflächlich mit einzelnen Glanzmomenten

Wachstumsschmerz
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Inhalt:
Luise und Flo sind mittlerweile über dreissig, in ihrem Umfeld wird geheiratet, Familien werden gegründet, Lebensziele erfüllen sich und auch Luise und Flo entscheiden sich, dieses Spiel mitzuspielen ...

Inhalt:
Luise und Flo sind mittlerweile über dreissig, in ihrem Umfeld wird geheiratet, Familien werden gegründet, Lebensziele erfüllen sich und auch Luise und Flo entscheiden sich, dieses Spiel mitzuspielen und sich eine gemeinsame Wohnung zu suchen.
Obwohl sie sich nicht sicher sind, ob dies die richtige Entscheidung ist, lassen sie sich auf dieses neue Kapitel ein und beginnen, sich auseinanderzuleben, gegenseitig in Rollen zu drängen und einander nicht mehr zu verstehen.

Meine Meinung:
Mit Büchern von Sarah Kuttner habe ich bereits sehr unterschiedliche Leseerfahrungen gemacht. "Mängelexemplar" empfand ich als nichtssagend und oberflächlich, "Kurt" hat mich begeistert, positiv überrascht und berührt. Natürlich war ich sehr neugierig auf "Wachsstumsschmerz", bemerkte aber sehr bald, dass ich mich wieder fühlte, wie beim Lesen von "Mängelexemplar". Die Protagonistin benimmt sich wie eine Teenagerin und legt sich und ihrer Beziehung Steine in den Weg. Ihr Partner Flo macht alles nicht besser, er ist an Passivität kaum zu überbieten ist und hat mich damit richtig wütend gemacht.
Dies alles bleibt leider auch noch sehr oberflächlich, nur wenige Szenen lassen ein paar Gefühle aufkommen. Ich habe nämlich einen Unterschied zu Kuttners erstem Roman gemerkt und zwar hat sie es stellenweise wirklich geschafft, mich zu berühren. Vor allem am Anfang des Buches, in den Kapiteln, in denen die Protagonistin zurückblickt.
Je länger Luise sich aber im mitverschuldeten Scherbenhaufen suhlt, der irgendwie immer noch ihre Beziehung ist, desto schwerer ist es mir gefallen, weiterzulesen, Sympathie oder gar Verständnis für sie und ihre Situation zu empfinden.

Meine Empfehlung:
Dieser Roman ist kurzweilig, ehrlich und direkt. Gleichzeitig bleibt der Inhalt auch eher oberflächlich und die Sprache wirkt kühl, stereotyp und viel zu gewollt jugendlich. Gegen Ende konnte ich immer weniger mit dem Roman anfangen und das Buch wird sicher nicht in meinem Regal bleiben.

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