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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.07.2017

Raum

Raum
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Wahrhaft erschütternd, faszinierend, packend - dieses Buch legt man nicht beiseite! Wie kann ein Mensch einem anderen so etwas nur antun - auf knapp 16² m jahrelang eingesperrt sein, ohne Hoffnung, total ...

Wahrhaft erschütternd, faszinierend, packend - dieses Buch legt man nicht beiseite! Wie kann ein Mensch einem anderen so etwas nur antun - auf knapp 16² m jahrelang eingesperrt sein, ohne Hoffnung, total abhängig von der Gnade eines Monsters, zusammen mit einem Kind.... Ma ist unglaublich stark, sie lebt ihr Leben für ihren Sohn, lehrt ihn, schützt ihn, gibt nicht auf. Bewundernswert. Die Hauptperson, Jack, berichtet von seinem fünften Geburtstag an über sein Leben. Er kennt nichts Anderes als "Raum" und seine Ma. Für ihn ist das also normal, Sport macht er auch, es wird viel gebastelt, das Geschehen im Fernsehen ist für ihn eine erfundene Welt, Sonntagsguttis sind ein Höhepunkt. Er muss in einem Schrank schlafen, hungern, frieren, unsichtbar für Old Nick bleiben. Gerade, dass alles so normal für Jack ist, macht fassungslos. Was entgeht dem Jungen, wie tapfer ist seine Mutter, die zudem ständig unter Zahnschmerzen und einem gebrochenen Handgelenk leidet. Aber als der Junge jetzt \ geworden ist, ändert sich einiges, die Situation spitzt sich zu. Ich habe es nicht für möglich gehalten, aber Jack gelingt die Flucht und seine Mutter wird nach sieben Jahren befreit. Happy End? Bei weitem nicht. Für Jack ein ganz großer Schock. Trotz "Entlügens" seiner bisherigen Welt durch die Mutter als Vorbereitung auf die Flucht ist alles fremd, laut, ungewohnt, anders. Auch seine Ma, die zusammenbricht und einen Selbstmordversuch unternimmt. Aber Jack ist mutig, wissbegierig, er wird betreut und von Verwandten umsorgt, auch wenn diese teilweise gedankenlos und unüberlegt handeln oder überfordert sind. Verständlich, wenn er vertraute Dinge wie den stinkigen Teppich aus "Raum" vermisst. Unglaublich, was dieser kleine Kerl durchmacht. Zu seinem Glück stößt er aber auch auf viel Verständnis, seine Ma erholt sich, sie nehmen das Leben in Angriff. Man kann hoffen, dass sie ihren Frieden finden. Emma Donoghue hat ein großartiges Buch geschrieben. Wie sie Jack erzählen lässt, einfach nur erzählen ohne Wertung, ist absolut packend. Jack registriert ohne Kritik, ohne Verurteilung, ganz sachlich. Er erfindet Worte wie Mungst, zusammengesetzt aus Mut und Angst. Dinge sind seine Freunde. Man steigt ein in seine Welt und ist erschüttert. Ich habe selten ein so tolles Buch gelesen. Absolut empfehlenswert.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Irgendwann werden wir...

Irgendwann werden wir uns alles erzählen
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Eine große Liebe im Sommer 1990...

Marie ist 17, DDR- Kind, lebt ein wenig planlos in einem kleinen Dorf, in dem die Zeit irgendwie stehen geblieben scheint. Sie wohnt mit Johannes bei seiner Familie ...

Eine große Liebe im Sommer 1990...

Marie ist 17, DDR- Kind, lebt ein wenig planlos in einem kleinen Dorf, in dem die Zeit irgendwie stehen geblieben scheint. Sie wohnt mit Johannes bei seiner Familie auf einem Hof, hilft in der Landwirtschaft, schwänzt die Schule - kurz: sie ist auf der Suche nach sich selbst.

Und dann passiert ihr: Henner. 40-jährig, eigenbrötlerisch, leicht verwahrlost, aber mit starker Anziehungskraft. Marie verfällt ihm. Haben sie eine Chance?

Sehr gefühlvoll beschreibt Daniela Krien Maries Weg vom Mädchen zur Frau, schildert das Gefühlschaos des sensiblen Teenagers, ihren Zwiespalt, wählen zu müssen zwischen Norm und dem Brechen der gesellschaftlichen Regeln, zwischen Loyalität und Lüge, zwischen Verträumtheit und Realität.

Man kann sich sowohl Marie als auch Henner sehr gut vorstellen, sie sind klar sensibel, / verletzlich / kantig beschrieben. Die anderen Personen bleiben ein wenig blass, aber vermutlich ist das gewollt.

Was aber außer anfänglicher Neugier und später dem Verlangen nach dem Einen Grundlage der Liebe bleiben könnte, ist ungewiss.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Blutsommer

Blutsommer
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Ungewöhnlich: nicht unbedingt die Opfer, sondern ein besonders perverser Mörder und seine "Jäger" stehen im Mittelpunkt dieses Thrillers.

Fallanalytiker Abel bekommt eine Kollegin zugewiesen, was ihm, ...

Ungewöhnlich: nicht unbedingt die Opfer, sondern ein besonders perverser Mörder und seine "Jäger" stehen im Mittelpunkt dieses Thrillers.

Fallanalytiker Abel bekommt eine Kollegin zugewiesen, was ihm, dem erfolgreichen Eigenbrötler, gar nicht behagt.

Lange tappt die Kölner Polizei im Dunkeln, bis Abel erste Hinweise geben kann. Seiner cleveren Partnerin gelingt es, ihn zu beeindrucken, man kommt sich näher. Aber: berufliche Rückschläge setzen alle unter Druck.

Dank intensiver Bemühungen wird die Zahl der Verdächtigen auf 51 eingegrenzt. Jedoch auch der Polizei unterlaufen Fehler und die Situation eskaliert.

Sehr spannend, logisch nachvollziehbar und Eindrücke in menschliche Abgründe gewährend ein gelungener Schocker für Gruselfans.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Frau Freitag, die II.

Voll streng, Frau Freitag
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Frau Freitag hat es nicht leicht; ihre 10. Klasse ist zwar lebhaft, originell, mode- und selbstbewusst, aber FAUL! Mit viel Engagement, Witz und Selbstironie steuert sie ihre Lieben durch das Schulleben ...

Frau Freitag hat es nicht leicht; ihre 10. Klasse ist zwar lebhaft, originell, mode- und selbstbewusst, aber FAUL! Mit viel Engagement, Witz und Selbstironie steuert sie ihre Lieben durch das Schulleben und versucht, sie auf die Zeit nach der 10. Klasse und aufs Leben vorzubereiten. Abgründe tun sich auf, sprachlich sowieso, aber besonders in Hinsicht auf die Selbsteinschätzung und Naivtät der Jugendlichen. Trotzdem gelingt es Frau Freitag, auch ihre guten Seiten zu sehen und sie sehr zu mögen.

Und dafür mag ich Frau Freitag, ihre endlose Geduld und ihren Einsatz für die von vielen schon abgeschriebenen Jugendlichen. Sogar Facebook wird dafür genutzt. Auch wenn die Schüler das noch nicht anerkennen (sehr traurig die Verabschiedung), positive Erinnerungen werden ihnen bleiben. Und Frau Freitag hat zum Glück gute Freunde, die ihr über Krisen hinweghelfen.

Das Schulmilieu ist mir nicht unbekannt, deshab schätze ich dieses Buch als sehr authentisch und realistisch ein, bin nicht immer mit Frau Freitag einer Meinung (Sprache), finde ihren Einsatz aber absolut toll. Jugendliche bräuchten viele Frau Freitags.

Eine sehr unterhaltsame und realistische Schilderung des Schulalltags (u.a. durch Schüler-Originalzitate), humorvoll geschrieben. Frau Freitag ermöglicht tiefe Einblicke in die Bildungslandschaft Deutschlands.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Das Schicksal hat es satt

Schicksal!
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Das Schicksal, Sergio mit Namen, hat die Nase voll. Schöne Idee, es zu personifizieren, seine Arbeit zu verfolgen - so viele Möglichkeiten, leider oft mit sexistischem Einschlag. Sergios Kollegen offenbaren ...

Das Schicksal, Sergio mit Namen, hat die Nase voll. Schöne Idee, es zu personifizieren, seine Arbeit zu verfolgen - so viele Möglichkeiten, leider oft mit sexistischem Einschlag. Sergios Kollegen offenbaren Schwächen: Bestimmung ist Nymphomanin, Glück hat ADS, Faulheit ist Narkoleptiker, Gerechtigkeit ein Soziopath, Gott (Jerry) machtbesessen usw. usw.

Jedenfalls ist Schicksal unsterblich, steckt in einem Menschenanzug und hat es satt, die Menschen dabei zu beobachten, wie sie ihren vorgegebenen Schicksalspfad zum Schlechteren verlassen. Einmischung seinerseits ist aber von Gott Jerry nicht erwünscht.

Sara tritt in Sergios Leben, er verliebt sich. Seine Gefühle verändern sich derart, dass er Menschen helfen möchte und anfängt, ihr Schicksal zu verändern. Und er offenbart sich Sara. Ob das gut geht?

Scott G. Browne gibt sich viel Mühe, sammelt fleißig abstrakte Nomen und versieht sie mit ihm passenden Eigenschaften. Bei den meisten Menschen wird ihre oft düstere Zukunft im kriminellen oder pornographischen Bereich vorausgesehen, aber sie sind ja selber schuld: "Sie sind auf Haben,Wollen und Kaufen programmiert."

Brownes Sprache ist klar und einfach, sich häufig wiederholende Satzmuster wirken nur anfänglich als gutes Stilmittel. Schicksal scheint mir mitunter als ein Mann mit eindeutigen Wunschvorstellungen gezeichnet.

Das Buchcover ist fröhlich und ansprechend.

Insgesamt ein durchaus andersartiger Roman.