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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.04.2019

Die Welt scheint mir fremd

Mein Leben als Sonntagskind
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So eine Ahnung, was im Kopf eines Kindes mit Asperger-Syndrom abläuft, hatte ich. Aber bei weitem nicht so, wie Jasmijn das schildert.
Die schmerzhafte Reizüberflutung, das Nicht-reagieren-können, ihr ...

So eine Ahnung, was im Kopf eines Kindes mit Asperger-Syndrom abläuft, hatte ich. Aber bei weitem nicht so, wie Jasmijn das schildert.
Die schmerzhafte Reizüberflutung, das Nicht-reagieren-können, ihr Unverständnis für Gegebenheiten mitzuerleben, tut weh. Auch das Nichtverstehen von Metaphern, Witzen, Andeutungen, die Angst vor fremden Situationen ist schwer vorstellbar. Die heftigen Migräneattacken, die auf unbekannte Situationen folgen, zeigen, wie sehr Jasmijn beeinträchtigt ist. Schwer, fast unmöglich ist ein Leben entsprechend den Normen. Grelle Lampen, sich überlagernde Stimmen - alles wirft sie aus der Bahn, überfordert sie.
Jasmijns Eltern sind liebenswert, stellen sich stets schützend vor sie, nehmen enorm viel Rücksicht, versäumen es aber, sie zu fördern. Sie wissen es nicht besser.
Jasmijn schafft sich ihre eigene Welt, aber kann sie in der realen bestehen?
Judith Visser schildert aus eigenem Erleben sehr eindrucksvoll, welche Erfahrungen, Empfindungen und Eindrücke ihre Kindheit und Jugend prägten.
Dieses Buch aus dem HarperCollins-Verlag sollte dazu beitragen, Verständnis für Menschen zu wecken, die „eben so sind“ und sich nicht immer erwartungsgemäß verhalten. Ein emotionaler Anstoß, über fremd anmutende Verhaltensweisen nachzudenken.

Veröffentlicht am 10.04.2019

Ich will mich nicht erinnern

Die verborgenen Stimmen der Bücher
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Peinlich, schmachvoll, demütigend, schmerzhaft waren alle diese Ereignisse. Gut, wenn ich das aus meinem Gedächtnis löschen könnte. Kann man: Buchbinder lesen diese Geschehnisse und binden sie in Bücher, ...

Peinlich, schmachvoll, demütigend, schmerzhaft waren alle diese Ereignisse. Gut, wenn ich das aus meinem Gedächtnis löschen könnte. Kann man: Buchbinder lesen diese Geschehnisse und binden sie in Bücher, die weggeschlossen werden. Emmet, ein kräftiger Farmerssohn, schwere körperliche Arbeit gewöhnt, wird krank und erwacht geschwächt und kraftlos. Seine Aufgaben auf dem Bauernhof kann er nicht mehr bewältigen. Welch Glück, dass eine Buchbinderin ihn in die Lehre nimmt und in die handwerkliche Kunst des Buchfertigens einweist. Aber etwas Dunkles umgibt sie, verstörte Besucher kommen und sind, wenn sie sie verlassen, völlig verändert. Ihr Geheimnis allerdings nimmt sie mit ins Grab. Ein neues Kapitel für Emmet beginnt. Bridget Collins beschreibt faszinierend, welchen Stellenwert Erinnerungen haben können. Ist man erleichtert, wenn Schlimmes aus dem Gedächtnis schwindet? Aber wo sind dann die ganzen Besonderheiten, die einen ausmachen? Man kann manipuliert werden. Das eigene Ich verändert sich, im Unterbewusstsein weiß man, dass etwas fehlt. Man fühlt sich leer. Für geldgierige Binder entsteht ein lukrativer Markt, weil die Ärmsten ihre Erinnerungen verkaufen, damit reiche Voyeure sich in ihrem Elend ergötzen können, oder sie sogar erpressen, weil eben doch keine Verschwiegenheit garantiert ist. Auch die, die selber für die Löschung ihrer Gedanken zahlen, werden angreifbar. Welch schrecklicher Gedanke! Es gibt auch gefälschte Erinnerungen, sehr ironisch nennt die Autorin sie „Romane“. Aber die liest man nicht so gerne in der beschriebenen Welt. Elend, moralische Verkommenheit und schmutzige Geheimnisse ziehen sogenannte Sammler ganz besonders an. Ein neuartiges Thema, was in „Die verborgenen Stimmen der Bücher“ aufgegriffen wird. Nie langweilig zu lesen, liebevolle Beschreibungen von Bucheinbänden und Materialien verzaubern. Und natürlich wird der Liebe ausreichend Raum eingeräumt, jeweils aus anderer Perspektive. Das Sujet ist originell, regt zum Nachdenken an, versetzt den Leser in eine interessante Fantasiewelt, die der realen Welt mit Manipulation, Korruption und Ausbeutung gar nicht so fern scheint. Klare Leseempfehlung, ich mochte es. Roman von Bridget Collins, übersetzt aus dem Englischen von Ulrike Seeberger, Aufbau-Verlag.

Veröffentlicht am 08.04.2019

Eine Hütte im Wald

Liebes Kind
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Lena ist nicht Lena, nicht wirklich. In Wahrheit heißt sie Jasmin, entführt, um die gekidnappte Lena zu ersetzen. Mit ihr eingesperrt sind Hannah und Jonathan, 13 und 11 Jahre alt. Beide sind die Kinder ...

Lena ist nicht Lena, nicht wirklich. In Wahrheit heißt sie Jasmin, entführt, um die gekidnappte Lena zu ersetzen. Mit ihr eingesperrt sind Hannah und Jonathan, 13 und 11 Jahre alt. Beide sind die Kinder Lenas und des Entführers, Jasmin soll ihre neue Mutter sein. Unvorstellbar: der Kidnapper spielt Gott: bestimmt alle Regeln, legt sogar Toilettenzeiten fest, reguliert die Luftzufuhr und verhindert jeden Kontakt zur Außenwelt.
Dort versuchen Lenas Eltern und die Polizei seit 14 Jahren, Spuren der Entführten zu finden. Vergeblich, bis eines Tages Jasmin die Flucht gelingt, sie von einem Auto angefahren und zunächst für Lena gehalten wird. Damit ist der Horror für sie jedoch noch lange nicht vorbei.
Sehr bewegend und emotional werden die Geschehnisse aus Sicht der „Ersatz“-Lena und auch von Matthias, Lenas Vater, erzählt. Erschütternd, zu welchen seelischen und körperlichen Grausamkeiten Jemand fähig ist, bewundernswert, das auszuhalten und den Gedanken an Befreiung nie aufzugeben.
Bemerkenswert ist es Romy Hausmann gelungen, die Figur der Hannah darzustellen. Mit autistischen Zügen, sich stets an vorgegebene Regeln haltend, kann sie alles druckreif erklären. Die meisten Menschen sind für sie kleine Trottel, Gefühle Anderer kann sie nur schwer erfassen. Und doch arbeitet sie zielstrebig auf ein überraschendes Ziel hin.
Ein gelungener Thriller, der einen Blick in zutiefst gestörte Seelen offenbart und zeigt, zu welchen Abartigkeiten normal scheinende Menschen fähig sind.
Spannend zu lesen!

Veröffentlicht am 03.04.2019

Anhaltende Spannung

Wer sich umdreht oder lacht ...
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Mandy ist geschockt: ein gleichaltriges Mädchen wird ermordet. Aufnahmen ihrer letzten Minuten werden auf Snapchat veröffentlicht. Sie ist ohnehin in einem emotionalen Ausnahmezustand: ihre Mutter liegt ...

Mandy ist geschockt: ein gleichaltriges Mädchen wird ermordet. Aufnahmen ihrer letzten Minuten werden auf Snapchat veröffentlicht. Sie ist ohnehin in einem emotionalen Ausnahmezustand: ihre Mutter liegt sterbend im Krankenhaus, ihre Schwester benimmt sich unausstehlich, ihre Freundin verhält sich merkwürdig.
Kurz darauf wird ein weiterer Teenager getötet und wieder werden Bilder ihres Sterbens online gestellt. Die Situation macht Mandy schwer zu schaffen, einziger Lichtblick ist die Bekanntschaft mit Axel, den sie im Krankenhaus kennenlernt. Sie verliebt sich, sucht Trost.
Dann wird nach dem selben Tatmuster ein weiteres Mädchen grausam getötet, wieder gibt es makabre Videos auf Social Media- Kanälen. Der anwesende Freund wird verletzt. Und das war nicht der letzte Mord.
Mel Vallis de Vries hält die Spannung konstant hoch.
Das gelingt ihr, indem stets die Situation und die letzten Gedanken der Mädchen aus deren Perspektive beschrieben werden. Viele Spuren werden gelegt, viele Personen machen sich verdächtig. Es knistert regelrecht. Wer ist der Mörder, welche Motive hat er, warum stellt er die Opfer sogar noch nach ihrer Ermordung bloß, wie gelingt es ihm, lange unerkannt zu bleiben?
Ein absoluter Pageturner mit viel Thrill. Klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 28.03.2019

Kling, Glöckchen, kling

Dark Call - Du wirst mich nicht finden
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Holly Wakefield, forensische Psychiaterin, entdeckte als Erste den Zusammenhang : an jedem Tatort findet sich ein Glöckchen. Ein Serienmörder treibt also sein Unwesen. Einer? Zwei? Mann oder Frau? Nun, ...

Holly Wakefield, forensische Psychiaterin, entdeckte als Erste den Zusammenhang : an jedem Tatort findet sich ein Glöckchen. Ein Serienmörder treibt also sein Unwesen. Einer? Zwei? Mann oder Frau? Nun, Holly ist die Beste, deshalb wurde sie auch von der Polizei hinzu gebeten. Sie lässt ihre Umwelt gern an ihrem Wissen teilhaben, äussert oft ‚Auszüge aus Killer- Enzyklopädien.‘ Aber sie selbst hat ein Geheimnis.
Bestimmte Zeichen an den grausam hingerichteten Opfern zeigen, dass es noch mehr Ermordete geben muss. Ein Muster zeichnet sich ab, aber das hilft nicht weiter. Holly und ihr sympathischer Polizeikollege Bishop müssen viele Spuren verfolgen, weit in die Vergangenheit zurück gehen, Misserfolge kassieren und kommen in gefährliche Situation.
Der zweite Teil des Titels „Du wirst mich nicht finden“ scheint in Erfüllung zu gehen.
Mark Griffin hat einen soliden Thriller geschrieben, der gut und spannend geschrieben wurde. Wie oft erweist sich Überraschendes als Lösung.
Lesenswerte Spannung aus dem Harper Collins Verlag.