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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2019

Gemächlichkeit

Mozarts Friseur
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Ein Friseursalon in Wien, eingerichtet wie ein Basar. „Wer hier eintritt, betritt ein Zauberreich.“ Der Friseur selbst kommt aus der Wüste, arm, Eltern unbekannt, von Matrosen aufgegriffen, mitgenommen. ...

Ein Friseursalon in Wien, eingerichtet wie ein Basar. „Wer hier eintritt, betritt ein Zauberreich.“ Der Friseur selbst kommt aus der Wüste, arm, Eltern unbekannt, von Matrosen aufgegriffen, mitgenommen. Das Geld seiner Frau bringt den Laden. Skurrile Dekostücke, ein Stuhl unter Palmen, Grafitti, kaputte Uhren. Hier erlebt man Zeitgeschichte, Hippies, merkwürdige Styles, Glatzen, die witzigerweise Zero Zero heißen, eigenartige Lebensgeschichten. Die Erzählung spiegelt die „Gemütsruhe, mit der der Friseur dem Weltuntergang eine Pause verordnet.“ Endlose Tiraden über die Farbe Schwarz, die drei Sperrmülluhren oder ausgewalzte kleine Ereignisse der Besucher bestimmen das Tempo.
Selten blitzen interessante Begebenheiten auf: Karottes Kamera, die Prüfung von Mozarts Perücke haben Potenzial.
Wolf Wondratschek hat es nicht geschafft, mich für dieses Buch zu begeistern. Zu langatmig, zu ausgeleiert. Die witzigen Gespräche, die unterhaltsamen Anekdoten, die ich erwartet hatte, fand ich nicht.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Mami kann auch anders

Mami muss mal raus. (Die Mami-Reihe 2)
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Sie hat es wieder getan! Wie schon in dem Vorgängerbuch hat Gill Sims den stressigen Alltag einer berufstätigen Mutter mit zwei Satansbraten von Kindern und einem, nun ja, etwas altmodischen Ehemann geschildert. ...

Sie hat es wieder getan! Wie schon in dem Vorgängerbuch hat Gill Sims den stressigen Alltag einer berufstätigen Mutter mit zwei Satansbraten von Kindern und einem, nun ja, etwas altmodischen Ehemann geschildert. Im neuen Job erfolgreich, aber stark gefordert, kämpft Ellen gegen machohaftes Verhalten von Mann und Kollegen nach besten Kräften, oft bis an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Dazu kommen eine besserwisserische Schwester, eine herablassende Mutter, ein aufwändiger Posten im Schulausschuss und noch einiges mehr. Ellen ist wirklich nicht zu beneiden. Die Autorin legt ihr die herzhaftesten Schimpfworte in den Mund und lässt sie ungeschönte Wahrheiten lauthals verkünden. Nicht immer taktisch klug. Zum Glück gibt es da noch einige sympathische Freunde, Pubs und Wein, zur Not auch Gin.
Herrlich zu lesen und gut nachzuempfinden wird der ganz alltägliche Wahnsinn einer Mami beschrieben. Mit viel Ironie und Humor zeigt Gill Sims, welche unrealistischen Fähigkeiten von frau erwartet werden und wie sie sich erfolgreich wehrt.
Ein Volltreffer aus dem Eisele Verlag, übersetzt aus dem Englischen von Ursula C.Sturm.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Verändern mysteriöse Wesen die Welt?

Ein wirklich erstaunliches Ding
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Plötzlich ist er da: Carl. Übermannsgroß, stumm, faszinierend, aus unbekanntem Material. April, 23, ambitioniert und aufgeweckt, entdeckt ihn als Erste. Das Video, dass sie mit einem guten Freund dazu ...

Plötzlich ist er da: Carl. Übermannsgroß, stumm, faszinierend, aus unbekanntem Material. April, 23, ambitioniert und aufgeweckt, entdeckt ihn als Erste. Das Video, dass sie mit einem guten Freund dazu dreht, geht viral. April wird zu Talkshows eingeladen, ihre Clickzahlen in den Social Accounts steigen, Interviews werden gut bezahlt. Alle wollen wissen: Wer/ was ist Carl, was ist sein Zweck? April wird Carl-Expertin. Geschickt gemanagt, unterstützt von Freunden, ändert sich ihr Wesen. Sie wird süchtig nach Anerkennung und Bedeutung. Sogar die Regierung mischt sich ein, möchte, dass April kooperiert und hilft.
Und die inzwischen 64 Carls? Sie geben den Menschen Rätsel auf, senden mysteriöse Aufgaben in Träumen, die sich wie Viren ausbreiten. Um die Aufgaben zu lösen, müssen Menschen unterschiedlichster Interessen und Kenntnisse kooperieren. Können sie das? Und wozu wollen die Carls das?
Hank Green hat ein interessantes Erstlingswerk mit einer spannenden Idee geschrieben. Die Ich-Erzählerin bezieht die Leser direkt in ihre Erlebnisse ein, macht die Geschichte durch ungewisse Voraussagen spannend. Ihr Verhalten und ihre Entwicklung wirken authentisch, das macht die Story lebendig und erschreckend realistisch.

Veröffentlicht am 11.03.2019

Kartoffeln, geldgierige Erben und ein Ring

Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel
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Mr. Doubler lebt einsam auf einem Kartoffelhof, den er nie verlässt. Mrs. Millwood macht seine Besorgungen, kümmert sich um den Haushalt. Ihre Unterhaltungen geben ihm eine Zuhörerin, wenn er über seine ...

Mr. Doubler lebt einsam auf einem Kartoffelhof, den er nie verlässt. Mrs. Millwood macht seine Besorgungen, kümmert sich um den Haushalt. Ihre Unterhaltungen geben ihm eine Zuhörerin, wenn er über seine geliebte Kartoffelzucht und die Suche nach dem perfekten, krankheitsresistentem Exemplar forscht. Auch zu anderen Dingen hat er eine feste Meinung, die er als allgemeingültig erachtet. Mr. Doubler ist entsetzt, als seine treue Zuhörerin krank wird. Nun muss er sich dem Leben außerhalb seines Hofes stellen. DIE Gelegenheit für seinen Sohn, an sein Erbe heranzukommen, indem er ihm vorschlägt, den wertvollen Landbesitz zu verkaufen und in eine kleine, pflegeleichte Behausung umzuziehen.
Tägliche Telefongespräche mit Mr. Millwood werden zum Höhepunkt seiner Tage, geben wertvolle Denkanstöße, praktische Lebenshilfe. Zudem bittet sie darum, sie im Tierheim zu vertreten. All das ist verwirrend, der Druck durch den gierigen Nachbarn wird größer. Und Sohnemann schmiedet finstere Pläne.
Seni Glaister hat einen warmherzigen Roman über die Einsamkeit älterer Menschen, die Selbstverleugnung vieler Eltern, die Leere im Leben ohne sinnvolle Tätigkeiten geschrieben. Aber man kann Vieles verändern, sich um seine Mitmenschen kümmern und Lebensfreude genießen. Das Thema scheint zunächst traurig, aber „Mr. Doubler und die Kunst der Kartoffel“ ist ein optimistisches Buch aus dem Harper Collins Verlag mit liebenswerten Menschen, die auch den weniger sympathischen Zeitgenossen erfolgreich Grenzen aufzeigen.

Veröffentlicht am 09.03.2019

Zeitreise in die Gemütlichkeit

Ein Tropfen vom Glück
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Das möchte ich auch: das Paris der 50-er Jahre erleben, das Flair der noch nicht gar so hektischen Zeit fühlen, berühmten Leuten begegnen.
Genau das passiert Julien, dem Barkeeper, Magalie, der Porzellanrestauratorin, ...

Das möchte ich auch: das Paris der 50-er Jahre erleben, das Flair der noch nicht gar so hektischen Zeit fühlen, berühmten Leuten begegnen.
Genau das passiert Julien, dem Barkeeper, Magalie, der Porzellanrestauratorin, Bob, dem Amerikaner und Hubert, dem Hausverwalter eines Pariser Mietshauses. Nach dem gemeinschaftlichen Genuss einer speziellen Flasche Rotwein finden sie sich im Jahr 1954 wieder. Was zunächst wie die Kulisse eines historischen Spektakels wirkt, ist das Paris von vor 63 Jahren. Aus monetären Schwierigkeiten helfen Bobs amerikanische Dollars, die gern getauscht werden. Im Gegensatz zu den europäischen Euro, die für Spielchips durchgehen. Problemlos fügt sich das Quartett in die Situation, erlebt ganz authentisch die Vergangenheit, trifft Verwandte und Berühmtheiten. Sogar Audrey Hepburn, Jean Gabin und andere.
Aber natürlich soll das nicht von Dauer sein, es gibt nur ein kleines Problem: Wie gelangt man zurück?
Antoine Laurain hat eine Geschichte voll Poesie und Romantik verfasst. Eine angenehm zu lesende Zeitreise, in der auch der Humor nicht zu kurz kommt. Besonders gefallen Szenen, die im „Roten Wiesel“ oder im Zug stattfinden.
Lektüre zum Träumen, Abschalten, Entspannen. Gefällt mir.