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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.01.2024

Zwischen Manipulation und Blitzlicht

Austrian Psycho Jack Unterweger
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"Aber als ich ihm das erste Mal auf einer Lesung gegenüberstand, da waren es seine Augen, die zu mir sprachen. Die Augen, heißt es, sind das Fenster zur Seele. Aber seine Augen waren keine Fenster, sondern ...

"Aber als ich ihm das erste Mal auf einer Lesung gegenüberstand, da waren es seine Augen, die zu mir sprachen. Die Augen, heißt es, sind das Fenster zur Seele. Aber seine Augen waren keine Fenster, sondern Spiegel."

Jack Unterweger, verurteilter Frauenmörder, wird 1990 auf Druck der Kulturszene Österreichs aus dem Gefängnis entlassen. Zahlreiche Prominente unterstützen ihn, er gilt als rehabilitiert. Doch er mordet weiter. Wie schafft es ein Serienmörder so viele Menschen von sich zu überzeugen?

Der deutsche Journalist und Autor Malte Herwig fungiert hier nicht selbst als Autor, sondern Herausgeber. Der Autor des Textes bleibt anonym und schildert die Geschehnisse aus eigener Sicht und Unterstützer von Unterweger. Herwig konfrontiert den Autor mit Akten, Briefen und Texten aus dem Gerichtsprozess. Trotz allem verteidigt der Autor einen verurteilten Serienmörder und versetzt sich nicht in die Angehörigen der Opfer, was mich wirklich schockiert hat. Das zeigt aber auch, wie ein Mensch es schaffen konnte, zahlreiche Personen als der Literaturszene auf seine Seite zu ziehen.

Insgesamt war mir der Blickwinkel des Verfassers zu einseitig. Ich hätte mir einen tieferen Einblick in den Fall und im Nachwort auch gern andere Meinungen gewünscht. Für Fans von True Crime dennoch empfehlenswert.
Vielen Dank an den Molden Verlag, der mir in Kooperation mit Vorablesen ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

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Veröffentlicht am 26.11.2023

Ein wahrhaft außergewöhnlicher Roman

Die sieben Monde des Maali Almeida
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"Magie ist weder böse noch gut. Weder schwarz noch weiß. Sie ist wie das Universum, wie jeder abwesende Gott. Mächtig und ganz und gar gleichgültig."

Maali Almeida, spielsüchtiger Fotograf, erwacht verwirrt ...

"Magie ist weder böse noch gut. Weder schwarz noch weiß. Sie ist wie das Universum, wie jeder abwesende Gott. Mächtig und ganz und gar gleichgültig."

Maali Almeida, spielsüchtiger Fotograf, erwacht verwirrt an einem fremden Ort. Tot. Doch so einfach ist der Weg ins Jenseits nicht, denn zuerst muss er Fragen und Untersuchungen einer Art Einwanderungsbehörde überstehen. Maali will jedoch nur eines wissen: Wer hat ihn umgebracht? Als Fotograf im Bürgerkrieg, mitten in einem zerrissenen Land, ist die Liste erschreckend lang.

Der Hauptcharakter ist nicht gerade der geborene Held. Vielmehr ist Maali ein Spieler und Lügner, der sich nach dem Tod den verschiedenen Fragen seines Lebens stellen muss. Auf welcher Seite steht er in diesem Krieg? Warum hat er seinen Freund betrogen und wie kann er seine Lieben vor dem Kriegsterror beschützen? Doch gerade hierdurch schafft es der Autor einen vielschichtigen, äußerst interessanten Charakter zu erschaffen. Der Schreibstil strotzt nur so vor Sarkasmus und Galgenhumor, was das Ganze zu einer wirklich unterhaltsamen Reise macht.

Ich wusste bisher nicht wirklich viel über Sri Lanka. Neben Maalis Weg zeigt der Autor ein wirklich erschreckendes Bild des Bürgerkriegs, der Zerrissenheit der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und der Korruption der politischen Akteure. Auch mehr über die Mythenwelt zu erfahren, hat mir gut gefallen. Es passiert wirklich viel. Wer hier mehr Vorwissen hat als
ich, ist sicherlich im Vorteil.

Eine absolute Leseempfehlung! Vielen Dank an den Rowohlt Verlag, der mir in Kooperation mit Vorablesen ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

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Veröffentlicht am 08.11.2023

Die Reise einer mutigen Frau

Atalanta
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"Ich bin wild, ich bin frei. Ich bin Atalanta."

Vom König auf einem Berg ausgesetzt, wird Atalanta von Bären großgezogen. Die Göttin Artemis nimmt sie in ihren heiligen Hain auf und lehrt sie das Jagen. ...

"Ich bin wild, ich bin frei. Ich bin Atalanta."

Vom König auf einem Berg ausgesetzt, wird Atalanta von Bären großgezogen. Die Göttin Artemis nimmt sie in ihren heiligen Hain auf und lehrt sie das Jagen. Schließlich soll sie als schnellste Läuferin und beste Jägerin im Namen von Artemis mit den Argonauten auf die Reise gehen, um das Goldene Vlies zu erringen.

Die Geschichte von Atalanta startet ohne viel Einführung mit ihrer Reise in die Stadt, um sich den griechischen Helden auf der Fahrt der Argo anzuschließen. Im Wald aufgewachsen, hat sie nicht viel Erfahrungen mit Menschen. Schon gar nicht mit Männern. Dass Misstrauen dieser gegenüber einer Frau und ihre eigene Unsicherheit sind authentisch beschrieben. Trotzdem lässt sich Atalanta nicht unterkriegen und geht ihren eigenen Weg, wobei sie vielen bekannten Helden aus dieser Zeit begegnet. Eine interessante Geschichte einer mutigen Frau, die sich durch den schlichten Schreibstil hervorragend lesen lässt.

Eine absolute Empfehlung an alle Leser:innen, die sich für griechische Mythologie interessieren. Vielen Dank an den List Verlag, der mir in Kooperation mit Vorablesen ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

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Veröffentlicht am 24.10.2023

Willkommen auf dem Amt

Da bin ick nicht zuständig, Mausi
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Ich folge Amtsfluencerin Conny schon seit längerem und kenne ihre Charaktere mittlerweile ziemlich gut. Natürlich wollte ich auch unbedingt ihr Buch lesen und wurde nicht enttäuscht. Die typischen Klischees ...

Ich folge Amtsfluencerin Conny schon seit längerem und kenne ihre Charaktere mittlerweile ziemlich gut. Natürlich wollte ich auch unbedingt ihr Buch lesen und wurde nicht enttäuscht. Die typischen Klischees über Beamte kennen wir alle: Früh im Büro erscheinen, erstmal Kaffee kochen, ausgiebig Frühstückspause machen und bloß nicht ans Telefon gehen, wenn ein Bürger anruft. Selbstverständlich ist pünktlich Feierabend und Freitag ab 13:00 Uhr erreicht man ohnehin niemanden mehr.

Conny war selbst lange Beamtin und nimmt uns mit in den "typischen" Alltag in einer Berliner Behörde. Wer jetzt denkt, das ist total langweilig, dem ich empfehle ich das Buch herzlich. Sie schafft es unfassbar humorvoll alltägliche Situationen darzustellen. Natürlich ist dabei auch viel Ironie im Spiel. Trotzdem klingt auch immer wieder die Realität durch. Der Personalmangel durch jahrelange Einsparungen, fehlende Motivation und die Hürden der Digitalisierung hinterlassen ihre Spuren. Und dennoch Überraschung: Auch in Ämtern arbeiten motivierte Menschen, denen nicht alles egal ist.
Vielen Dank an den dtv Verlag, der mir in Kooperation mit Vorablesen ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Berlins 13. Bezirk

Dreizehnfurcht
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Die Idee der Geschichte hat mich sofort fasziniert. Ein 13. Bezirk in Berlin, der nur von Menschen mit einem besonderen Talent gefunden werden kann. Die Menschen dort lehnen Elektrizität und sämtlichen ...

Die Idee der Geschichte hat mich sofort fasziniert. Ein 13. Bezirk in Berlin, der nur von Menschen mit einem besonderen Talent gefunden werden kann. Die Menschen dort lehnen Elektrizität und sämtlichen Fortschritt einer modernen Welt ab. Dazu kommt eine Verschwörung, eine Widerstandsbewegung der Schwestern und eine radikale Legion. Klingt total spannend oder?

Der Hauptcharakter Moritz, genannt Momme, hat panische Angst vor der Zahl 13. Sein Zwang, u.a. Zählen und Klopfen, beeinflusst ihn stark im Alltag. Die Darstellung fand ich sehr gelungen, man liest nicht oft von Zwängen in Büchern. Das war für mich aber auch schon alles Interessante an diesem Charakter. Obwohl er in eine völlig neue Welt gerät, bleibt er stets passiv. Er stellt keine Fragen, nimmt alles hin und wird teilweise wie ein Spielball von den anderen Figuren durch die Geschichte geschoben.

Auch die anderen Charaktere bleiben für mich blass. Gerade Elise und die Widerstandsbewegung der Schwestern hat mich sehr interessiert. Auch hier erfahren wir nur wenig, z.B. wie die Bewegung zustande gekommen ist. Die Ideologie von Dreizehneichen habe ich auch nach Beenden des Buches nicht verstanden. Warum wird die 13. Stunde feierlich begangen? Die im Klappentext angekündigte Verschwörung kam wenig überraschend. Insgesamt hat es mir hier an der Spannung gefehlt.

Gut gefallen hat mir die Karte im Buch, so konnte ich mir die Lage der Orte besser vorstellen. Alle Seitenzahlen, die eine 13 enthalten, sind nicht nummeriert. Ein wirklich gut durchdachtes Detail. Das größte Problem hat mir wohl der Schreibstil bereitet. Gerade die Kapitel des Dichters haben meinen Lesefluss extrem verlangsamt. Die Sprache war sehr ungewohnt für mich. Oft musste ich Sätze noch einmal lesen, um auch alle Details zu verstehen.

Insgesamt für mich eine tolle Idee, die Angst vor dem Wandel und Fortschritt in einer Parallelwelt mitten in Berlin darzustellen. Leider fehlte es mir an Spannung und auch am Worldbuilding. Vielen Dank an den Klett-Cotta Verlag, der mir in Kooperation mit Lovelybooks ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

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