unerwartet gut!
Spiel der Macht (Die Schatten von Valoria 1)Spiel der Macht von Marie Rutkoski ist der Auftakt der Die Schatten von Valorien - Trilogie. Erschienen ist das Jugendbuch Ende September 2019 im Carlsen Verlag.
Kestrel, die siebzehnjährige Tochter des ...
Spiel der Macht von Marie Rutkoski ist der Auftakt der Die Schatten von Valorien - Trilogie. Erschienen ist das Jugendbuch Ende September 2019 im Carlsen Verlag.
Kestrel, die siebzehnjährige Tochter des höchstrangigsten Generals von Valoria, hat in ihrem Land nur zwei mögliche Wege ihr Leben zu leben. Entweder sie tritt der Armee bei oder sie heiratet. Weder nach dem einen noch nach dem anderen steht ihr der Sinn. Als sie mit einer Freundin auf dem Markt unterwegs ist, weckt ein Sklave ihre Aufmerksamkeit. Aus einem Impuls hinaus kauft sie ihn und künftig arbeitet Arin in der Schmiede ihres Vaters. Kestrel freundet sich mit ihm an, aber sollte das Verhältnis zwischen Herrin und Sklave überhaupt so sein? Hinzu kommt, dass Arin ein Geheimnis birgt, das Kestrel am Ende mehr kosten wird, als ihr Herz.
Der Druck zu singen war zu stark, das Bedürfnis zu groß. Da bemerkte er, dass die Musik, die hinter seinen zusammengebissenen Zähnen eingesperrt war, die Melodie war, die Kestrel vor Monaten für ihn gespielt hatte. Er spürte die Empfindung nach, mit der sie ihm leise und lebendig auf der Zunge lag. Einen Augenblick lang stellte er sich vor, dass es nicht die Melodie war, die seine Lippen berührte, sondern Kestrel.
Bei diesem Gedanken hörte er auf zu atmen. Und zu singen. S. 184
Man kommt wirklich sehr gut ins Buch hinein und wird in eine mittelalterlich anmutende Fantasywelt katapultiert. Zu Beginn ist, trotz sehr detaillierter und schön illustrierter Karte, nicht klar welche Bevölkerungsgruppen miteinander verfeindet oder verbündet sind, warum welche Gruppe wen hasst oder warum jemand wie Arin nun versklavt ist. Ich hätte mir gerade am Anfang etwas mehr Hintergrundwissen dazu gewünscht und hätte einige Dinge wahrscheinlich auch besser verstanden. Stattdessen bekommt man über das ganze Buch verteilt diese Informationen und kann sich erst ab ca. 2/3 der Geschichte ein Gesamtbild machen.
Egal ob die Protagonisten oder die Nebendarsteller, alle Charaktere sind authentisch aufgebaut und haben ihre eigene Stimme erhalten. Aber natürlich stechen die Protagonisten hervor. Kestrel ist damit groß geworden, dass ihr Volk andere Länder erobert und die ehemalige Bevölkerung versklavt. Krieg und strategisches Denken ist ihr somit in die Wiege gelegt worden. Doch von der Sklaverei hält sie nichts und das Kämpfen liegt ihr auch nicht besonders. Stattdessen liebt sie die Musik.
Diesen Zwiespalt fand ich besonders interessant an diesem Buch. Wie soll man den Unterschied von Richtig und Falsch erkennen, wenn einem eine Seite etwas anderes sagt als eine andere? Ist Arin ein Feind oder ist er ein Freund? Kestrel und nArin fühlen sich zueinander hingezogen und nähern sich sehr langsam und vorsichtig an. Doch es ist nie klar ob sie einander wirklich vertrauen. Das beide auf verschiedenen Seiten stehen ist klar. Ich konnte mich jedoch weder auf Arins noch auf Kestrels Seite schlagen, denn beide haben gute Beweggründe für ihr Handeln. Am Ende müssen sich beide entscheiden ob sie ihrem Herzen oder der Pflicht gegenüber ihrem Land folgen.
Kestrel jagte durch das Parkviertel und lenkte Javelin auf Reitwegen Richtung Stadtmitte. Erst als sie fast die Lichter erreicht hatte, hörte sie einen zweiten Reiter in den Hügeln hinter sich.
Es lief ihr eiskalt den Rücken hinunter aus Angst, der Reiter könnte Arin sein.
Aus Angst über ihre plötzliche Hoffnung, dass er es war. S. 337
Der Erzählstil ist zwar sehr ruhig, sodass man das Gefühl hat, dass in manchen Passagen eigentlich nicht viel passiert. Es mag auch sein, dass rein physisch manchmal nicht viel passiert, dafür spielt sich umso mehr gedanklich und im Hintergrund ab. Nicht umsonst ist Kestrel eine Strategin und diese Gabe braucht sie ab der Hälfte des Buches mehr denn je. Wer lieber ein Freund von viel Action ist, sollte deshalb lieber die Finger von diesem Buch lassen. Ich mag diese Art von Geschichten, in denen viele Pläne geschmiedet werden und manchmal eine Art Kalter Krieg herrscht. Nur fehlt in diesem Buch an einigen Stellen doch ein bisschen mehr gedanklicher Tiefgang und etwas Raffinesse.
Fazit:
Spiel der Macht ist ein guter Auftakt der Jugendbuch - Trilogie. An einigen Stellen fehlt es etwas an Informationen und einem kontinuierlichem Spannungsbogen. Dennoch hat mich die Geschichte um Kestrel und Arin fesseln können und ich bin sehr auf Band 2 - Spiel der Ehre - gespannt. Deshalb gebe ich 4 Schmetterlinge.