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Veröffentlicht am 19.02.2023

Super recherchiert, gut geschrieben

Putins Netz. Wie sich der KGB Russland zurückholte und dann den Westen ins Auge fasste
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"Putins Netz" liest sich wie ein Krimi und ich musste mich während der Lektüre immer wieder daran erinnern, dass Catherine Belton leider nicht Erdachtes zu Papier gebracht hat, sondern Reales. Das Ergebnis ...

"Putins Netz" liest sich wie ein Krimi und ich musste mich während der Lektüre immer wieder daran erinnern, dass Catherine Belton leider nicht Erdachtes zu Papier gebracht hat, sondern Reales. Das Ergebnis ist erschreckend.

Catherine Belton beschreibt das System Putin, seinen Werdegang, seine Einflüsse und eben "das Netz", in dem er sich befindet. Sie hat offensichtlich akribisch und über Jahre hinweg recherchiert. Das Ergebnis der Recherchen, mit zahlreichen Belegen im Anhang versehen, kann man nun am Stück nachlesen.

Und was man da liest, ist in der Tat erschreckend. Einiges war mir bereits bekannt, das Ausmaß des Systems Putin, die Kriminalität, die damit einhergeht, die sind mir allerdings neu gewesen.

Was mir an Betons Buch besonders gefallen hat, ist, dass sie nicht nur das System Putin beschreibt, sondern auch das Versagen des Westens thematisiert. Warum hat der Westen so lange weggeschaut? Auch das wird - wenn auch nicht so ausführlich wie der Rest (natürlich) - eindrücklich ausgearbeitet.

Ebenfalls hat mir gut gefallen, dass Belton Passagen, in denen sie oder ihre Interviewpartner Mutmaßungen anstellen, auch als solche präsentiert werden und nicht als Fakten. Da sie aber vor allem Fakten präsentiert, sind Mutmaßungen eher die Ausnahme, auch das spricht für das Buch.

Alles in allem ist Putins Netz ein herausragendes Buch, das akribisch recherchiert ist und so geschrieben ist, dass ich es kaum beiseite legen konnte.

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Veröffentlicht am 17.02.2023

Tolle SprecherInnen, klischeebeladenes Drehbuch

Monster 1983: Tag 1-Tag 5
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Die Sprecher/Innen sind quasi das Who is Who der deutschen Synchronsprecher/Innen - und sie liefern entsprechend einen tollen Job ab.

Leider hat ich das Drehbuch nicht überzeugt: Die Story ist überfrachtet ...

Die Sprecher/Innen sind quasi das Who is Who der deutschen Synchronsprecher/Innen - und sie liefern entsprechend einen tollen Job ab.

Leider hat ich das Drehbuch nicht überzeugt: Die Story ist überfrachtet mit Klischees, die Dialoge haben mich irgendwann genervt und zu allem Überfluss ist mir alles zu zäh und zu vorhersehbar gewesen.

Staffel 2 werde ich mir ersparen, obwohl das Quasi-Cliffhanger-Ende geradezu schreit, dass man doch bitte weiter hören soll.

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Veröffentlicht am 20.01.2023

Super recherchiert und geschrieben, sehr empfehlenswert

Die letzten Männer des Westens
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Tobias Ginsburg hat sich in die Höhle des Löwen gewagt und berichtet in seiner Reportage eingehend darüber. Nun ist vieles für Interessierte bekannt und trotzdem ist dieses Buch sehr empfehlenswert, denn ...

Tobias Ginsburg hat sich in die Höhle des Löwen gewagt und berichtet in seiner Reportage eingehend darüber. Nun ist vieles für Interessierte bekannt und trotzdem ist dieses Buch sehr empfehlenswert, denn es ist nicht nur sorgfältig recherchiert, sondern auch nachvollziehbar geschrieben.

Schön herausgearbeitet ist der Weg, den Ginsburg genommen hat. Angefangen bei deutschen Burschenschaften über die so genannte Neue Rechte rein in die "Mitte der Gesellschaft". Frauenhass bildet eine Basis, die eben - leider - nicht nur Rechtsextreme vereint, sondern eine Brücke bildet, durch die sich der Diskurs nach rechts verschiebt.

Ginsburg hat sich direkt zu den Akteuren gewagt, hat sich mit ihnen verbrüdert, um an Informationen zu gelangen, hat versucht, die Ursachen des (Frauen-) Hasses herauszufinden, ist verzweifelt, hat sich vor sich selbst geekelt, hat immer wieder auch die Menschen hinter dem Hass gesehen und sich gefragt, wie der damit umgehen soll. Das sind ganz menschliche Regungen und ich bin froh, dass er sie auch in seinem Buch beschreibt, denn dadurch wird es erlebbar.

Allerdings stehen die Fakten im Vordergrund und die sind erschreckend. Wird von Politikern und Sicherheitsbehörden gern immer wieder auf "Einzelfälle" verwiesen, findet Ginsburg ein (teilweise lose verbundenes) Netzwerk vor, dessen Ziel es ist, nicht nur den Diskurs nach rechts zu verschieben, sondern auch viele gesellschaftliche Errungenschaften rückgängig zu machen. Das fängt bei Abtreibungsrechten an, hört da aber noch lange nicht auf.

Interessant ist diesbezüglich auch, wie willig sich insbesondere Konservative vor diesen reaktionären und hasserfüllten Karren spannen lassen. Und hasserfüllt, das wird klar herausgearbeitet von Tobias Ginsburg, sind die Menschen, die von der insbesondere konservativ-christlichen Politik gerne mal als "besorgte Bürger" bezeichnet werden.

Wie dem auch sei: Was das Buch auch sehr gut herausarbeitet, ist der Kampf, der sich aus dem Frauenhass ergibt: Einerseits der Angriff auf die bereits errungenen Fortschritte (Frauenrechte, queere Rechte, Rechte der Menschen mit Behinderungen und so weiter), andererseits die Verteidigung seitens derer, denen die errungenen Rechte wieder genommen werden sollen.

Tobias Ginsburgs Buch ist auch dann erschreckend, wenn man sich bereits mit der Thematik beschäftigt hat. Und auch wenn es keine leichte Lektüre ist, empfehle ich das Buch dringend weiter, denn es ist nicht nur gut recherchiert und gut geschrieben, sondern arbeitet wie gesagt heraus, wie scheinbar grundverschiedene Strömungen ineinanderfließen.

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Veröffentlicht am 30.11.2022

Emotional mitreißende Dystopie

Unsre verschwundenen Herzen
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Der Roman, der mich dieses Jahr am meisten mitgenommen hat, stammt von Celeste Ng. Ihr Werk "Kleine Feuer überall" stand schon lange auf meiner Wunschliste, gelesen habe ich nun aber ihren aktuellen Roman ...

Der Roman, der mich dieses Jahr am meisten mitgenommen hat, stammt von Celeste Ng. Ihr Werk "Kleine Feuer überall" stand schon lange auf meiner Wunschliste, gelesen habe ich nun aber ihren aktuellen Roman "Unsre verschwundenen Herzen".

Es gibt einiges, was man an dem Roman - der als Dystopie eingestuft wird - kritisieren kann. "Warum handelt Margaret so und nicht anders, warum nimmt sie dieses und nicht jenes?" "Mir ist das zu konstruiert." Und so weiter. Klar, kann man machen. Und ich würde den jeweils genannten Punkten sogar zustimmen. Nur ist das für mich nicht der Kern des Romans. Oder anders gesagt: Wenn man den Roman nicht an sich ranlässt, wird man diese Punkte derart kritisieren, dass man am Ende nichts mit ihm anfangen können.

Wer sich emotional auf Bird und Margaret einlässt - und mich haben beide schon auf den ersten Seiten in ihren Bann gezogen -, der wird auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt.

Dabei ist die Dystopie, in der Bird und Margaret leben, gar nicht so weit weg. Rassismus (in diesem Roman gegen Chinesen im besonderen und asiatisch-stämmige Personen im allgemeinen) ist nicht nur in den USA seit Jahrzehnten ein ernstzunehmendes Problem.

Ng präsentiert die USA als eine Nation, die im Zuge einer mehrjährigen Krise Chinesen als das Problem herbeigeredet bzw. -geschrieben hat und mit PACT eine Art "Patriotismus-Gesetz" zum Kampf gegen unpatriotische Umtriebe erlassen hat. Gar nicht so weit weg von der Realität, nicht wahr? Auch nicht weit von der Realität entfernt: Wie der Rassismus gegen asiatisch gelesene Menschen immer offener und brutaler ausgelebt wird, wie die Berechtigungen der Behörden im Kampf gegen "unpatriotische Umtriebe" immer mehr ausgeweitet werden, wie irgendwann selbst subtile Kritik an PACT hart bestraft wird.

Vieles von dem, was Ng in dem Roman ersonnen hat, fußt auf der Realität. Das macht gute Romane und Dystopien aus. Sie lassen uns mitfiebern, lassen uns hoffen, der Roman möge ein gutes Ende nehmen, lassen uns nachvollziehbar werden, was da überhaupt vor sich geht.
Im Zentrum steht bei "Unsre verschwundenen Herzen" aber das emotionale Band zwischen Bird und Margaret - und all der Eltern zu ihren verlorenen Kindern und umgekehrt - und deshalb halte ich den Begriff Dystopie für irreführend, was diesen Roman betrifft.

Mich hat "Unsre verschwundenen Herzen" wie bereits erwähnt schon mit den ersten Seiten mitgenommen. Ich fühlte mich mit Margaret und Bird - mit ihrer Liebe zueinander - von Anfang an verbunden. Und wie Ng immer wieder PACT und dessen Auswirkungen bis in die engsten Winkel des Privaten beschreibt und wir so nach und nach das Puzzle und vor allem das Ausmaß des Ganzen begreifen, hat mir sehr gefallen. Der Blick Celeste Ngs ist auf Amerika gerichtet, aber ihre Geschichte ist universell und angesichts der weltweiten Entwicklungen sollte der Roman auch für uns in Europa eine Warnung sein.

Und dann ist da der Kern des Roman - zumindest meiner Meinung nach: den Menschen zu gedenken, die Opfer geworden sind sowie denjenigen, die sich gewehrt haben, im Kleinen wie im Großen. Das ist das, was ich mitgenommen habe: dass die Opfer und Wehrhaften unsere Stimmen und unsere Erinnerungen brauchen, dass sie nicht vergessen werden dürfen.

Für mich ist "Unsre verschwundenen Herzen" ein sehr intensives Erlebnis gewesen, das auch jetzt noch nachhallt und auch noch einige Zeit nachhallen wird.

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Veröffentlicht am 15.11.2022

Macht Lust auf mehr!

In 80 Büchern um die Welt
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"In 80 Büchern um die Welt" erschien ursprünglich in England, war also vor allem an ein englisches Publikum gewandt. Das macht sich bei der Wahl der gewählten Bücher durchaus bemerkbar. Da wären wir auch ...

"In 80 Büchern um die Welt" erschien ursprünglich in England, war also vor allem an ein englisches Publikum gewandt. Das macht sich bei der Wahl der gewählten Bücher durchaus bemerkbar. Da wären wir auch schon beim ersten Kritikpunkt: Ich hätte mir alles in allem mehr Diversität bei den ausgewählten Autor*innen gewünscht. Zwar fanden auch die Bücher asiatischer, südamerikanischer und afrikanischer AutorInnen Einzug, im Verhältnis sind sie aber - gerade bei den Klassikern - unterrepräsentiert.

Grundsätzlich ist die Auswahl aber gelungen. "In 80 Büchern um die Welt" behandelt Bücher, die sich ums Reisen drehen. Viele kennt man schon, hat einige sicherlich bereits schon gelesen - und doch ist dieses Buch definitiv eine Empfehlung wert.

Warum empfehle ich es? Zum einen ist natürlich der Ansatz schön, nur Bücher zu besprechen und vorzustellen, die in irgendeiner Form das Thema "Reise" behandeln. Zum anderen haben es die Texte zu den jeweiligen Büchern - so sachlich-trocken sie auch teilweise sein mögen - in mir immer wieder die Lust geweckt, sie (noch einmal) zu lesen. Wenn ein Sachbuch das schafft, dann ist es definitiv eine Empfehlung wert.

Zum anderen ist das Buch toll bebildert. Klassische Ausgaben werden genauso gezeigt wie historische Bilder (Fotos, Gemälde etc.), die zum besprochenen Roman passen. Mir haben somit nicht nur die Texte sehr gefallen, sondern auch die dazu sehr passende Bebilderung.

Der Preis ist mit 29 Euro verhältnismäßig hoch angesetzt, lohnt sich aber meiner Meinung nach, weil man ein fundiertes und interessantes Sachbuch erhält, das sich außerdem super als Geschenk eignet.

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