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Veröffentlicht am 02.11.2022

Herrlich abgefahrenes Roman-Debüt

Der Boulevard des Schreckens
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Moritz Hürtgens "Boulevard des Schreckens" lässt sich gar nicht so leicht kategorisieren. Der Roman beginnt wie eine ganz normale Satire und entwickelt sich dann langsam, aber stetig zu einem der abgefahrenen ...

Moritz Hürtgens "Boulevard des Schreckens" lässt sich gar nicht so leicht kategorisieren. Der Roman beginnt wie eine ganz normale Satire und entwickelt sich dann langsam, aber stetig zu einem der abgefahrenen Romane, die ich je gelesen habe - eine wilde Mixtur aus Satire, Gesellschaftskritik, Krimi, Fantasy und Horror. Und obwohl diese Mischung total wild ist, funktioniert sie wundersamer- und wunderbarerweise.

Moritz Hürtgen kenn ich vor allem durch Twitter. Dort bin ich ihm einige Zeit gefolgt, bis ich Twitter verließ. Er ist aber vor allem Chefredakteur der Satirezeitschrift "Titanic". Zumindest war er das bisher. Er scheint seinen Job bei der Titanic (zumindest laut Klappentext des Romans) abzugeben, um sich auf seine Schriftsteller-Karriere zu konzentrieren.

Tatsächlich war für mich Hürtgens Roman-Debüt nicht wegen seines Bekanntheitsgrades interessant, sondern deshalb, weil es beim Kunstmann-Verlag, den ich sehr schätze, erschienen ist. Dadurch, dass er bei Kunstmann erschienen ist, war mir klar, dass der Roman definitiv lesenswert ist.

Wie gesagt beginnt der Roman in ziemlich normalen Bahnen: Martin Kreutzer ist Volontär bei einer großen Tageszeitung. Die Einladung zu einer Redaktionskonferenz nutzt er, ein Interview mit dem bekannten Künstler Lukas Moretti zu versprechen. Es kommt, wie es kommen muss: Moretti will Martin Kreutzer natürlich kein Interview geben, so dass dieser sich gezwungen sieht, ein gefälschtes Interview abzuliefern. Dummerweise stirbt Moretti, während Kreutzer, das Interview ersinnt und abschickt. Was danach folgt, ist die oben bereits erwähnte wilde Mischung.

Mir hat Moritz Hürtgens Roman sehr gefallen. Man kann da natürlich viel reininterpretieren. Das dürfte Hürtgen auch ziemlich bewusst so gestaltet haben. Mich hat der Roman aber vor allem - auch ganz ohne ständige Interpretation - unterhalten. Vor allem hat mich bis zum Ende beschäftigt, was genau da eigentlich passiert. Träumt Kreutzer? Ist es eine Fieberphantasie? Steht er unter dem Einfluss von Drogen? Was zum Teufel geht da ab? Das alles ist auf ungewöhnliche Weise unterhaltsam und spannend.

Tatsächlich ist "Boulevard des Schreckens" aber auch eine ziemlich bissige Gesellschaftskritik, dabei wenig subtil in ihren Verweisen auf bekannte Zeitungen und Zeitschriften bzw. die dazu gehörigen Medienhäuser, Querdenker und "besorgte Bürger" tauchen ebenso auf wie koksende Chefredakteure, korrupte (bayrische) Politiker und fliegende verbrannte Forellen.

Ich habe nicht die leiseste Ahnung, ob Hürtgen sich eine Verfilmung des Romans erhofft, anbieten würde sich "Boulevard des Schreckens" definitiv. Einige von Hürtgen beschriebene Szenen sind so prägnant, dass ich sie gerne auf der großen Leinwand sehen würde.

Wie dem auch sei, "Boulevard des Schreckens" ist bissig, unterhaltsam und von meiner Seite empfehlenswert für all jene, für die Gesellschafts- und Medienkritik spaßig-irr sein darf.

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Veröffentlicht am 20.10.2022

Teilweise sehr witzig, sehr gute Unterhaltung

Dog Donator
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"Dog Donator - Kein Fux im Kaninchenkittel" von Fritz Schneider hat mich prächtig unterhalten.

Auch wenn ich der Einordnung in die Kategorie "Thriller" (ein bisschen versteckt auf dem Cover des Buches) ...

"Dog Donator - Kein Fux im Kaninchenkittel" von Fritz Schneider hat mich prächtig unterhalten.

Auch wenn ich der Einordnung in die Kategorie "Thriller" (ein bisschen versteckt auf dem Cover des Buches) nicht zustimme - ich stufe das Werk eher als Kriminalkomödie ein -, hatte ich von Anfang an meinen Spaß.

Schon das Cover stimmt super auf den Inhalt des Buches ein: Wer nach Betrachtung des Bildes auf Vorder- und Rückseite des Buches noch an einen bierernsten Thriller glaubt, der wird dann wahrscheinlich enttäuscht werden. Alle anderen bekommen aber das, was das Bild schon andeutet: Eine unterhaltsame, teilweise skurrile Kriminalkomödie, die zwar nicht besonders subtil ist, aber eine Menge Spaß bereitet.

Dabei ist die Thematik eigentlich bierernst: Der so genannte Dog Donator entführt Hunde von vermögenden Sylt-Besucher/innen und erpresst diese. Allerdings will er das Geld nicht für sich, sondern fordert die Erpressten auf, das Lösegeld für die Hunde an NGOs zu spenden, die er selbst ausgesucht hat. Die jeweils Erpressten haben reichlich (Umwelt-) Dreck am Stecken, was durch die bezahlten Summen wenigstens ein bisschen kompensiert werden soll, wenn es nach dem Dog Donator geht. Allerdings ufert alles aus, als ein Pärchen sich quer stellt und das Lösegeld nicht zahlt.

So ernst die Thematik ist, so unterhaltsam und oft witzig wird sie präsentiert. Die Sympathien sind eindeutig verteilt. Die Charaktere sind teilweise stark klischeehaft, wobei mich das nicht im Geringsten gestört hat, weil der Roman an sich so überzogen ist, dass mich differenziert ausgearbeitete Charaktere wahrscheinlich eher gestört hätten. Es hätte nicht gepasst.

Für einen Thriller hat mir letztlich die Spannung gefehlt, das Mitfiebern, obwohl Schneider es geschafft hat, ziemlich lange offen zu lassen, wer denn nun der Dog Donator ist. Das ist eine Leistung, die nicht viele schaffen.

Obgleich Fritz Schneider von Anfang an ein gutes Erzähltempo an den Tag legt, schafft er es im Finale tatsächlich, das Tempo noch einmal anzuziehen. Auch das hat mir gefallen.

Wichtig ist mir auch, dass mich "Dog Donator" sprachlich überzeugt hat. Es macht Spaß, das Buch zu lesen, weil Fritz Schneider nicht versucht, sprachlich zu imponieren. Dafür hat das Buch eine Häufung von Wortspielen und popkulturellen Verweisen, die ihresgleichen sucht. Und wie der Rest des Buches sind auch die nicht unbedingt subtil, machen aber Laune.

Warum reicht es nicht für die volle Punktzahl? Zum einen schreibt Fritz Schneider zwar super, es gab aber einzelne Stellen, die doch etwas holprig wirkten. Zum anderen war es das Ende des Romans, das mich zwar nicht runtergezogen hat, das mir aber zu unrealistisch war. Da sind die Sympathien mit Fritz Schneider durchgegangen. Es sei ihm gegönnt, denn es ist sein Buch, es ist seine Geschichte und er kann darin tun und lassen, was und wie es ihm gefällt. Mich persönlich hat das Ende nicht überzeugt.

Der Epilog dagegen hat mich gepackt. Er ist wunderbar herzlich geschrieben; eine kurze Bitte an die Leser/innen und ein knackiges Statement, wenn man so will.

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Veröffentlicht am 10.05.2021

Sehr interessante und unterhaltsame Streitschrift

Antisemitismus in der Sprache
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Es handelt sich bei dem Büchlein - so gibt der Autor Ronen Steinke selbst zu - um eine Streitschrift.

8 Euro für 64 Seiten. Das klingt erst einmal nach viel Geld. Ist es ja auch. Aber die 8 Euro lohnen ...

Es handelt sich bei dem Büchlein - so gibt der Autor Ronen Steinke selbst zu - um eine Streitschrift.

8 Euro für 64 Seiten. Das klingt erst einmal nach viel Geld. Ist es ja auch. Aber die 8 Euro lohnen sich. Denn obwohl ich daran arbeite, eine bessere - weil weniger diskriminierende, rassistische und/oder antisemitische - Sprache zu verwenden, so bin ich natürlich nicht allwissend. Und da sind solche Büchlein wie dieses von Herrn Steinke ungemein hilfreich.

Die Streitschrift ist kurz, man kann sie schnell gelesen. Da bleibt viel Raum, über das Gelesene nachzudenken. Dass das Buch so dünn ist, ist auch hilfreich, um es immer mal wieder in die Hand zu nehmen.

Das Buch lädt zum Nachdenken ein, aber eben auch dazu, sich mit den Inhalten auseinander zu setzen und gegebenenfalls zu widersprechen. Mich hat es vor allem eingeladen, meine Wortwahl in Teilen noch einmal zu überdenken und zu ändern. Ich lerne gerne dazu, ich möchte meinem Gegenüber respektvoll begegnen - und das beginnt eben ganz oft mit Sprache.

Was ich an dem Büchlein noch bemerkenswert finde, ist die unterhaltsame Art, mit der Steinke es geschrieben hat. Ich denke, selbst jemand, der sich sonst nicht unbedingt mit (politisch korrekter) Sprache befasst, wird "Antisemitismus in der Sprache: Warum es auf die Wortwahl ankommt" einiges abgewinnen können.

Falls jemand Sorge hat, das Buch sei womöglich langweilig oder moralinsauer, den kann ich beruhigen. Ich habe es gern gelesen. Es ist kurz, es ist super und verständlich geschrieben und es ist auf Augenhöhe mit seinen LeserInnen geschrieben. Man muss keine AkademikerIn sein, um dem Buch etwas abgewinnen zu können.

Aber natürlich: Man kann sich am Ende der Lektüre - wenn man unbedingt will - über das Gendersternchen empören (wie es einige Amazon-Rezensenten tun), statt sich mit den Inhalten zu beschäftigen. Ist ja viel einfacher, als die eigene Sprache zu hinterfragen.

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Veröffentlicht am 03.05.2021

Informatives und schön gestaltetes Buch, das man immer wieder in die Hand nehmen kann

naturverbunden
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Mit dem Buch "naturverbunden: Entdecke dein Gespür für die Natur" ist der Kosmos-Verlag auf der Höhe der Zeit. Das Buch richtet sich vor allem na jene Menschen, die altes Wissen zu Wild- und Heilpflanzen ...

Mit dem Buch "naturverbunden: Entdecke dein Gespür für die Natur" ist der Kosmos-Verlag auf der Höhe der Zeit. Das Buch richtet sich vor allem na jene Menschen, die altes Wissen zu Wild- und Heilpflanzen neu entdecken möchten. Garniert wird das Ganze mit sehr schönen, aber auch informativen Bildern.

Das Buch ist gut geschrieben und es macht Lust, es immer mal wieder in die Hand zu nehmen und durchzublättern. Man muss das Buch gar nicht von vorne nach hinten lesen, sondern kann sich die Orte oder Pflanzen aussuchen, die einen interessieren. Das Inhaltsverzeichnis und das Buch sind super gegliedert.

Aufgelockert wird das Buch aber nicht nur durch die tollen Bilder, sondern auch durch verschiedene Info-Kästchen, die immer wieder Interessantes bieten.

Vieles von dem, was in dem Buch steht, wussten noch meine Großeltern. Einiges konnten sie mir noch vermitteln, aber ich habe das Bisschen, das ich von ihnen gelernt habe, wieder vergessen. Für mich ist das Buch eine tolle Sache.

Mit fehlt bei aller Naturverbundenheit allerdings der Hinweis, dass der Gang zum Arzt dennoch sinnvoll sein kann bzw. ist. Vielleicht habe ich den Hinweis auch nur übersehen.

Ansonsten ist "naturverbunden" ein wie immer feines Buch aus dem Hause Kosmos.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Gute Geschichte über Freundschaft, Gerechtigkeit und Tierwohl

Sofabanditen oder Die verrückte Befreiung der Hühner
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Ich habe lange überlegt, was ich zu dem Buch schreiben soll, denn es ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach.

Zum einen hat mich das Buch gut unterhalten - und meinen Sohn auch. Die Charaktere sind nachvollziehbar. ...

Ich habe lange überlegt, was ich zu dem Buch schreiben soll, denn es ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach.

Zum einen hat mich das Buch gut unterhalten - und meinen Sohn auch. Die Charaktere sind nachvollziehbar. Die achtjährige Ada bietet eine Identifikationsfigur und Lilli das Schaf ist unglaublich witzig und sympathisch.

Vor allem am Anfang wartet das Buch mit unglaublich viel Witz auf, was im Verlauf der Erzählung aber leider ein bisschen verloren geht. Witzige Momente bleiben, aber ich hatte während der Lektüre oft den Eindruck, dass Judith Kleinschmidt ab der Mitte des Buchs die Ideen ausgingen. So hat die Geschichte insgesamt etwas Unausgegorenes an sich, was sehr schade ist.

Symptomatisch ist der Titel des Buchs und dessen Umsetzung im Buch: "Sofabanditen oder Die verrückte Befreiung der Hühner" weckt Erwartungen. Am Ende ist die "verrückte Befreiung der Hühner" eine Randerscheinung, ziemlich schnell abgehakt und ist ehrlich gesagt wenig verrückt.

Es ist schade, denn das Buch hat echt Potenzial, das aber leider ab ungefähr der Mitte komplett verschenkt wird. Zwar gibt es immer noch ein paar schöne und witzige Einfälle, aber das Pulver wurde im Grunde genommen in den ersten Kapiteln verschossen.

Schön sind natürlich die Themen: Freundschaft, Gerechtigkeit und Tierwohl sind gerade für Kinder von großem Interesse und für sie ansprechend. Mein Sohn fand diese Themen jedenfalls spannend und hat natürlich auch über weite Strecke mitgefiebert, wie es weitergehen würde. Am Ende war aber auch er ein bisschen enttäuscht.

Die Bilder von Barbara Jung sind sehr schön und kindgerecht. Es hätten aber ruhig ein bisschen mehr Farbbilder sein dürfen, sagt mein Sohn.

Alles in allem ist "Sofabanditen oder Die verrückte Befreiung der Hühner" ein durchwachsenes Buch, von dem ich persönlich mir mehr erhofft hatte.

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