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Veröffentlicht am 28.08.2019

Ein Buch prall wie das Leben, voll hinreißender Beobachtungen und interessanter Charaktere. Toller Lesestoff!

Der Sprung
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"Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben."

Manche Bücher sind wohltuende Überraschungen und "Der Sprung" gehört unbedingt dazu. Da ich Simone Lapperts Erstling "Wurfschatten" nicht kenne ...

"Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben."

Manche Bücher sind wohltuende Überraschungen und "Der Sprung" gehört unbedingt dazu. Da ich Simone Lapperts Erstling "Wurfschatten" nicht kenne (was ich nach dem Genuss von "Der Sprung" zu ändern gedenke!), wusste ich nicht, was ich von ihr zu erwarten hatte. Die Prämisse des Romans jedenfalls klang interessant, auch wenn mir die Doppeldeutigkeit des Titels erst im Verlauf des Romans bewusst wurde. Aber ich greife vor.

"Der Sprung" beginnt mit... dem Sprung, der genau genommen kein Sprung, sondern ein Schritt über die Dachkante ist. Insofern ist von Anfang an klar, dass es im Roman nicht darum geht, OB gesprungen wird. Eher stellt sich die Frage nach dem Warum. Aber schnell wird klar, dass es letztlich auch nicht um das Warum geht - auch wenn ich mich das natürlich immer wieder gefragt habe, während ich das Buch las. Der Fokus liegt vielmehr auf den Geschichten um den Sprung herum, auf einigen Menschen, in deren Leben und Denken Simone Lappert uns einen kurzen, aber intensiven Einblick gewährt, während wir gleichzeitig dem Sprung entgegen lesen.

Da gibt es Felix, ein junger Polizist, dessen Frau ein Kind erwartet, der aber die Schwangerschaft nicht genießen kann, weil ihn die Vergangenheit im Griff hat. Da ist Maren, die mit Hannes zusammen lebt und sich von ihm verraten fühlt, seit er dem Genuss abgesagt hat und sich exzessiv um seine Gesundheit kümmert - und sich mehr und mehr von ihr abwendet. Da ist Theres, die mit ihrem Mann Werner ein kleines Geschäft führt, einstmals erfolgreich, aber durch die Konkurrenz von Supermärkten vor der Pleite steht - was Werner so gut wie möglich verheimlicht wird. Wir lernen Winnie, ein Schulmädchen, das ständig geärgert wird, kennen, und Henry, den Obdachlosen, Egon, der einst Hüte herstellte und verkaufte und nun als Vegetarier auf dem Schlachthof arbeitet. In seiner Freizeit sitzt er in Roswithas Café und beobachtet durch einen Feldstecher das Handygeschäft, das sich in den ehemaligen Räumen seines Hutgeschäfts befindet. Wir lernen Edna kennen, die den Ball ins Rollen bringt, als sie Manu auf dem Dach entdeckt und die Polizei ruft. Und es gibt Finn, der in Manu verliebt ist, und Roswitha, deren Café von allen besucht wird. Astrid, Manus Schwester, die mitten im Wahlkampf steckt und mit ihrem Mann ein Haus auf Usedom kaufen möchte - dafür aber die finanzielle Hilfe ihrer Schwiegermutter benötigt. Alle Personen des Romans haben Brüche in ihrer Biografie, alle sind sie unglücklich - manche mehr, manche weniger.

Es fällt mir schwer festzumachen, was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat, denn es kommen so viele Faktoren zusammen. Zum einen die Charaktere. Sie gefallen mir - von wenigen Ausnahmen abgesehen - durchweg. Und obwohl jedem Charakter kein ganzer Roman zur Verfügung steht, sind sie alle so gut gezeichnet, dass wir am Ende das Gefühl haben, sie zu kennen.

Ich mag es, dass Simone Lappert manchmal kurz davor steht, ins Klischee- oder Märchenhafte abzugleiten (das gilt vor allem für Egons Erzählstrang), ehe sie sich wieder besinnt. Ich mag es, dass Manus Verhalten gar nicht so eindeutig ist, wie es anfangs den Anschein hat. Ich mag es, dass die Brotkrumen gelegt werden, die Leser*innen diese durchaus übersehen können, am Ende aber alles Sinn ergibt.

Ich mag es, dass sie es schafft, sich auf die einzelnen Personen zu konzentrieren, ohne dabei die übrigen Bewohner des fiktiven Städtchen - und damit uns, die Gesellschaft - aus den Augen zu verlieren. Die erschreckendsten Momente sind die, in denen die Bürger des Städtchens sich auf dem Marktplatz wie bei einem Happening versammeln und dem bevorstehenden Sprung hoffnungs- und erwartungsvoll entgegenfiebern.

Ich mag im Gegensatz dazu Simone Lapperts Beobachtungsgabe und ihre Fähigkeit, ihre Beobachtungen in tolle Sätze zu packen. Ich mag ihren Schreibstil, ihre Fähigkeit zitatereife Sätze aneinanderzufügen, ohne prätentiös zu wirken.

Vor allem aber feiere ich Simone Lappert dafür, dass sie zwar die Geschichte zu Ende erzählt hat, aber nicht jeden einzelnen Lebensweg bis zum Erbrechen erläutert. Ich mag es, dass einige Stränge, wenn auch zu Ende erzählt, dennoch offen sind. Wir wissen nicht, ob Felix mit Monique über seine Vergangenheit sprechen wird. Wir wissen nicht, ob Finn sich einen Ruck geben wird. Denn so ist das Leben: Wir wissen nicht, was noch kommen wird. Und es zeugt von Cleverness, dass Simone Lappert an genau den richtigen Stellen aufhört, weiterzuerzählen. Wir sind mitten im Leben der Personen eingestiegen, wir steigen mit in deren Leben wieder aus - aber die Geschichte selbst, die ist erzählt.

(Und nebenbei bemerkt: Ich feiere Maren! Und Winnie!)

Veröffentlicht am 26.08.2019

Ein tolles Krimi-Debüt und ganz großes Kino! Sehr zu empfehlen!

Bis ihr sie findet
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Als ich gestern das eBook zuklappte, dachte ich nur: Wow! Seitdem überlege ich, wie ich dem Buch mit meiner Rezension gerecht werden kann.

Gytha Lodge hat mit "Bis ihr sie findet" ihr Krimi-Debüt ...

Als ich gestern das eBook zuklappte, dachte ich nur: Wow! Seitdem überlege ich, wie ich dem Buch mit meiner Rezension gerecht werden kann.

Gytha Lodge hat mit "Bis ihr sie findet" ihr Krimi-Debüt vorgelegt, aber während des Lesens hatte ich nie das Gefühl, einem Debüt beizuwohnen. Dazu hat Lodge ein viel zu gutes Buch vorgelegt, das - und das hat mich besonders gefreut - ohne billige Effekte auskommt. Sie verzichtet genauso auf sinnlose Gewalt wie auf zwanghaft falsche Fährten (was nicht bedeutet, dass es nicht falsche Fährten gibt, es gibt sie nur nicht auf Teufel kommt raus). Zudem ist Gytha Lodge bereits mehrfach für ihre Arbeiten als Theaterautorin ausgezeichnet worden, eine Erfahrung, die beim Schreiben des Krimis sicher geholfen hat.

Herausgekommen ist ein Krimi, der sich auf die Ermittlungen konzentriert. Dass sich diese 30 Jahre nach dem Verschwinden Auroras nicht leicht gestalten, ist klar. Im Fokus der Ermittlungen befindet sich die Gruppe (ehemaliger) Jugendlicher, die damals mit Aurora zelten war - und noch immer in Freundschaft verbunden ist. So wie Jonah Sheens - der leitende Ermittler und Protagonist des Romans - im Dunkeln tappt, tappen auch wir Leserinnen im Dunkeln. Lodge widersteht erfreulicherweise immer wieder der Versuchung, das Tempo vorzeitig anzuziehen. Dadurch bietet sie zwar keinen Pageturner im klassischen Sinne, sie präsentiert aber ein Rätsel, das so verworren ist, dass sowohl Jonah als auch wir Leserinnen es erst ganz zum Ende lösen. Und was für eine Auflösung das ist! Sie ist großartig - zumal die Hinweise die ganze Zeit da waren und am Ende alles Sinn ergibt, ohne dass ich das Gefühl hatte, dass es zu konstruiert war oder mir Informationen vorenthalten wurden. Im Gegenteil! Ich saß da und verfluchte meine Blindheit! Es war ganz ehrlich herrlich!

Ich hatte ja bereits erwähnt, dass Lodge keinen klassischen Pageturner geschrieben hat. Tatsächlich ist das Tempo über weite Strecken - gemessen an heutigen Thriller-Standards - eher gemächlich. Merklich angehoben wird das Tempo erst im letzten Viertel, wo es aber auch Sinn ergibt. Mir hat die zunächst ruhige Herangehensweise und das anfangs nur unauffällige Anziehen des Tempos sehr zugesagt. Die Charaktere, die Puzzleteile werden nach und nach präsentiert und die Leserinnen dadurch zum Rätseln eingeladen. Das Finale ist dagegen rasant, ohne dass Lodge es unnötig aufblasen muss - wenn man davon absieht, dass sie hier den Leserinnen das einzige Mal im Roman eine Information nur des Effektes wegen vorenthält - was ich ein bisschen schade fand, weil das aus meiner Sicht ein unnötiger Kniff war. Trotzdem ist das Finale alles in allem gelungen und vor allem sehr spannend!

Aber mehr noch: Gytha Lodge schaffte es, dass das Finale nicht nur spannend ist, sondern auch zu Herzen geht, obwohl Lodge ihrem unprätentiösen Schreibstil treu bleibt und nicht in Gefühlsduselei abgeglitten ist. Es sind schlicht die Umstände von Auroras Tod, die mich mitgenommen haben. Auch das macht diesen Krimi aus: dass die Autorin sich ihrer Sache sicher ist und die gewünschte Wirkung erzielt, während sie sich ganz auf die Geschichte verlässt.

Ich kann "Bis ihr sie findet" allen Krimi-Fans, die ein gut durchdachtes und unaufgeregt präsentiertes Rätsel zu schätzen wissen, ans Herz legen. Gytha Lodge ist ein großartiger Kriminalroman gelungen, der mich von Anfang bis Ende überzeugt hat!

Veröffentlicht am 14.08.2019

Achtsamkeit meets Mafia- bzw. Bäh-Anwalt = Beste Unterhaltung

Achtsam morden
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"Ich hatte doch nicht meinen nervigsten Mandanten zersägt, um mich sofort von allen möglichen Idioten wieder in Beschlag nehmen zu lassen!"


Karsten Dusse, seines Zeichens Rechtsanwalt, Autor für verschiedene ...

"Ich hatte doch nicht meinen nervigsten Mandanten zersägt, um mich sofort von allen möglichen Idioten wieder in Beschlag nehmen zu lassen!"


Karsten Dusse, seines Zeichens Rechtsanwalt, Autor für verschiedene Fernsehformate und von verschiedenen Sachbüchern zu juristischen Themen, hat seinen ersten Roman veröffentlicht. Um es kurz zu machen: Ich habe mich prächtig amüsiert.

Ich kann nicht genau sagen, was genau ich erwartet hatte, denn Dusse war mir vorher gänzlich unbekannt. Immerhin ließen der Titel und die Inhaltsangabe darauf schließen, dass mich kein 08/15-Krimi erwartet. Tatsächlich hat mich Karsten Dusses Björn und damit "Achtsam morden" ein kleines bisschen an Jeff Strands Andrew Mayhem erinnert, auch wenn der Vergleich zunächst hinken mag. Björn ist erfolgreicher Anwalt, Andrew dagegen ein Versager vor dem Herrn. Immerhin aber sind beide Väter und haben Ehefrauen, mit denen nicht zu spaßen ist. Vor allem aber geraten beide mehr oder weniger unverschuldet in aberwitzige Situationen, die sie zu lösen versuchen und dadurch immer aberwitziger gestalten. Oh, und beide Protagonisten sind Ich-Erzähler. Das sind doch ein paar Gemeinsamkeiten! Die wichtigste Gemeinsamkeit aber ist: Ich kam aus dem Gackern kaum raus (auch wenn mir Andrew mehr liegt).

Was wichtig ist: Von "Achtsam morden" sollten die geneigten Leserinnen kein allzu realistisches Szenario erwarten. Realistisch sind letztlich nur die in dem Buch eingearbeiteten Achtsamkeits-Lektionen. Jedes Kapitel hat nicht nur eine Überschrift, sondern eine passende Achtsamkeits-Übung, die teilweise im Kapitel wiederholt werden, teilweise ergänzt. Und auch wenn Dusse sie nutzt, um die Handlung voranzutreiben und Björns Reaktionen auf die Geschehnisse rund um ihn herum, weiter ins Absurde zu steigern, sind sie doch beachtenswert und tatsächlich auch für uns hilfreich. Das ist das Schöne an diesem Buch: Dass die Leserinnen zwar aus dem Lachen nicht herauskommen, aber trotzdem etwas mitnehmen (können), was nicht nur witzig ist. Wenn sie denn unbedingt wollen.

Der Rest des Romans ist dermaßen überzogen bzw. überspitzt und spielt derart mit Klischees, dass es teilweise schreiend komisch ist. Um es ganz klar zu sagen: Für feinsinnige Geister ist dieser Roman nichts. Für Leserinnen, die Realismus erwarten, ebenfalls nicht. Wer allerdings Galgenhumor liebt, dem kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen. Ist jeder Gag ein Treffer? Mitnichten! Aber es reihen sich dermaßen viele komische Szenen aneinander, dass die wenigen Gags, die nicht zünden, schnell vergessen sind.

Am Ende bleibt vor allem Atemlosigkeit, denn das Tempo zieht im Verlauf der 37 Kapitel stetig an. Bis zum ersten Mord dauert es ein bisschen, aber Dusse nutzt die Zeit, um die wichtigsten Figuren und vor allem dem ironisch-naiven Ton Björns einzuführen. Aber dann geht's los und wie das so ist: Ein "Missgeschick" führt zum anderen und Björn gerät immer tiefer in einen Strudel der ihm aber, so viel sei verraten, irgendwann tatsächlich dank seiner neu gefundenen Achtsamkeit durchaus gelegen zu kommen scheint. Irgendwann geht's für uns Leser
innen gar nicht mehr um's 'Wer ist verantwortlich?", sondern nur noch um das "Wie kommt er aus der Situation wieder raus?"

Mir hat das einen Riesenspaß bereitet und ich hoffe, dass das Buch viele Leser*innen finden wird, die ebenso ihren Spaß haben werden wie ich.

Veröffentlicht am 06.08.2019

Sehr unterhaltsam - Super Mischung aus Sci-Fi, Humor und Gesellschaftskritik

Der Metropolist
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"Typisch. Der erste Kollege, mit dem ich mich anfreundete, und es war ein trinkender Supercomputer."

"Der Metropolist" hat mich vor allem angesprochen, weil der Protagonist "Henry" heißt, was mich spontan ...

"Typisch. Der erste Kollege, mit dem ich mich anfreundete, und es war ein trinkender Supercomputer."

"Der Metropolist" hat mich vor allem angesprochen, weil der Protagonist "Henry" heißt, was mich spontan an Tom Sharpes "Henry Wilt" denken ließ. Dass Henry ein pflichtbewusster, leicht neurotischer Beamter einer amerikanischen Verkehrsbehörde ist, dem eine künstliche Intelligenz zur Seite gestellt wird, um einen Angriff auf ebenjene Behörde aufzuklären, ließ mich gute Unterhaltung und einigen Witz erwarten. Ich wurde im Großen und Ganzen nicht enttäuscht.

"Der Metropolist" spielt in nicht allzu ferner Zukunft in den USA und kommt schnell zur Sache. Der Ableger der Verkehrsbehörde in Suitland wird angegriffen und Henry auserkoren, gemeinsam mit OWEN, einer künstlichen Intelligenz, die Hintermänner in Metropolis ausfindig zu machen. OWEN ist ein eigenwilliges Programm, eitel, rauchend, saufend... und beim Anblick von Blut in Ohnmacht fallend.

Mir hat die Prämisse des Romans gefallen und Seth Fried hat einen sehr angenehmen Schreibstil, den ich als sehr natürlich empfunden habe. Er hat den Roman aus der Ich-Perspektive geschrieben, was zwar in einigen Szenen die Spannung etwas herausnimmt, weil offensichtlich ist, dass Henry da schon irgendwie rauskommen wird, andererseits ist immer wieder spannend, WIE er aus manchen Situationen herauskommt. Da die Geschichte aus Henrys Perspektive erzählt wird, wird - ganz dem Charakter entsprechend - eher trocken erzählt, was der Geschichte aber zuträglich ist.

Was genau "Der Metropolist" ist, lässt sich schwer sagen: Fried liefert eine herrliche Mischung aus Science-Fiction, Utopie bzw. Dystopie (je nachdem, wie man zu Städten wie Metropolis steht. ), Abenteuerroman und Gesellschaftskritik. Bei all der Unterhaltung, all dem Witz, den Fried immer wieder präsentiert, ist doch unterschwellig die Frage, wie wir eine "perfekte Welt" verstehen, wie wir sie sehen. Dabei ist interessant, dass Henry, obgleich stets korrekt und regelkonform - also ein Langweiler und Pedant vor dem Herrn -, trotzdem alles in allem positiv rüberkommt. Vielleicht liegt das daran, dass die Welt, in der er lebt, so überspitzt ist, dass einer wie er ein Anker ist, vielleicht liegt es aber auch schlicht daran, dass er "nur" eine Romanfigur ist und wir dank seiner Erzählungen auch wissen, worauf sein Verhalten und sein Denken zurückzuführen ist.

Apropos "Welt, in der er lebt": Mein einziger nennenswerter Kritikpunkt ist tatsächlich, dass Seth Fried den Roman so kurz gehalten hat, dass die Welt der Zukunft nur am Rande beschrieben wird. Eine echte Vorstellung davon, wie dieses zukünftige Amerika aussieht, bekommen wir nicht. Das ist ein bisschen schade. Die Leser*innen bekommen letztlich so wenig Anhaltspunkte geliefert, dass es schwer ist, die Leerstellen mit Phantasie zu überbrücken.

Gleichzeitig bedeutet dieser Verzicht auf ausführliche Beschreibungen aber auch, dass der Roman sehr straff erzählt ist, und an keiner Stelle in langatmige Beschreibungen ausartet. Dennoch wäre etwas mehr Detailfreudigkeit schön gewesen.

Insgesamt hat mich "Der Metropolist" blendend unterhalten. Seth Fried ist ein humorvoller und intelligenter Roman gelungen, der den Spagat zwischen Witz und Gesellschaftskritik hält.

"Seine Erklärung enthielt die ganze saubere Kausalität echter Logik - Politik war immer politisch, und mit Hilfe für die Armen verlor man Wahlen. Aber das hätte auch bedeutet, dass unsere Arbeit nichts veränderte, nur verstärkte, was bereits da war."

Veröffentlicht am 01.08.2019

Macht Lust auf's Reisen und Kochen! Tolles Buch!

Schwarzes Meer
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Ich bin nicht gerade eine begeisterte Köchin. Ich koche gut, aber eben nicht gern, gebe mir nur die Mühe, halbwegs anständig zu kochen, weil ich das Ergebnis liebe. Aber der Weg zum Ergebnis ist eine Qual. ...

Ich bin nicht gerade eine begeisterte Köchin. Ich koche gut, aber eben nicht gern, gebe mir nur die Mühe, halbwegs anständig zu kochen, weil ich das Ergebnis liebe. Aber der Weg zum Ergebnis ist eine Qual. Insofern bin ich auch kein großer Fan von Kochbüchern. Die setzen mich unter Druck. Ich sehe da tolle Gerichte, aber wenn ich mir die Rezepte ansehe, dann sehe ich immer nur, dass von mir viel Arbeit verlangt wird. Darauf habe ich keine Lust.

Durch Zufall bin ich auf "Schwarzes Meer: Ein Reise- und Kochbuch" gestoßen. Nachdem ich es nun gelesen habe, gestehe ich, dass dieses Buch genau das richtige für mich ist. Und zwar aus verschiedenen Gründen:

Zum einen ist der Autorin - Caroline Eden - ein tolles Reisebuch gelungen. Schon nach der ersten Etappe der Reise, die Caroline Eden nach Odessa führte, wollte ich am liebsten sofort meinen Koffer packen und mit der Bahn nach Odessa fahren. (Ist es überhaupt möglich, mit der Bahn nach Odessa zu reisen?) Caroline Eden beschreibt die Orte und Menschen, die sie besucht hat, nämlich so anschaulich und so liebevoll, dass man schon aus Stein sein muss, um nicht den Drang zu verspüren, das Gleiche erleben und sehen zu wollen wie sie. Es ist wunderbar!

Noch toller aber ist, dass Caroline Eden auch immer wieder auf das Essen der jeweiligen Region zu sprechen kommt. Dabei spricht eine Liebe für gutes Essen aus dem Text, der ich mich nicht entziehen konnte. Mehrmals lief mir im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Mund zusammen, während ich das Buch las. Dass die Autorin auch noch über einige literarische Tipps in ihre Texte einwob, macht für mich das Buch "rund".

Unterlegt wird der Reisebericht mit sehr schönen Fotos, die das jeweilige Ambiente untermalen. Zum einen werden dadurch Eindrücke zu den besuchten Regionen vermittelt, die Lust auf mehr machen, zum anderen werden natürlich einige der Rezepte dadurch ins rechte Licht gerückt. Mir hat das Lesen des Reiseberichts mindestens genauso viel Spaß gemacht wie das Betrachten der Bilder.

im Anhang gibt es noch Quellenangaben und - wofür ich sehr dankbar bin - weiterführende Literatur, der ich mich sicher auch beizeiten widmen werde. Den Abschluss bildet ein Register, wodurch sich einzelne Passagen leichter wiederfinden lassen.

Wichtig war mir aber auch, ob die Rezepte etwas taugen. Nachdem ich nun zwei Gerichte nachgekocht habe, kann ich sagen: Sie taugen etwas! Ich habe mir zwei tendenziell einfache Gerichte ausgesucht, beide haben einwandfrei funktioniert. Zu den Rezepten hat Caroline Eden immer eine kurze Einführung geschrieben, wodurch sie eine persönliche Note gewonnen haben. Rezepte gibt es zu allem möglichen: Vorspeisen, Nachspeisen, Hauptgerichte, Getränke etc. pp. Es ist wirklich für jeden Leserin etwas dabei. Vor allem hat mir aber gefallen, dass keines der Gerichte übermäßig kompliziert zu sein scheint. Das weckt selbst bei Kochmuffeln wie mir Lust, die Rezepte nachzukochen.

Ich gehe davon aus, dass ich "Schwarzes Meer" öfter in die Hand nehmen werde - sei es, um mir noch einmal einzelne Passagen durchzulesen, sei es um mir die tollen Bilder anzusehen... oder eben, um etwas zu kochen, was ich ohne dieses Buch nicht entdeckt hätte.

Übrigens ist auch das Cover ein echter Hingucker und haptisch sehr angenehm. Das farblich dunkel gehaltene Cover wird durch leicht glänzende Elemente in Wellenform durchzogen.

Fazit: Ein von vorne bis hinten sehr durchdachtes, liebevoll gestaltetes Buch, das Lust auf Reisen zu fremden Orten und gutes Essen macht. Da läuft mir das Wasser im Mund zusammen!