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Veröffentlicht am 11.05.2020

Reihenauftakt um einen Bro-Buchclub

The Secret Book Club – Ein fast perfekter Liebesroman
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Profisportler Gavin Scott ist zu Hause ausgezogen, weil seine Ehe in der Krise steckt. Allerdings bereut er diesen Schritt schon bald, denn er will seine Frau unbedingt zurück. Thea ist seine große Liebe ...

Profisportler Gavin Scott ist zu Hause ausgezogen, weil seine Ehe in der Krise steckt. Allerdings bereut er diesen Schritt schon bald, denn er will seine Frau unbedingt zurück. Thea ist seine große Liebe und auch auf seine süßen Zwillingsmädels möchte er nicht verzichten. Gavin und Thea geben einander die Schuld, wie es so oft bei Streitigkeiten ist. Der eigentliche Auslöser, der die Probleme zutage fördert, ist eigentlich banal, aber häufig reicht ja ein Tropfen, um das Fass zum überlaufen zu bringen.
Gavins Freunde versuchen ihn aufzurichten und nehmen ihn in ihren geheimen Buchclub auf. Die Männer lesen Liebesroman, um die Frauen besser verstehen zu können, so haben sie wohl schon einige Beziehungen gerettet bzw. neu belebt.
Nach und nach lässt Gavin sich auf die Sache ein und versucht seine Frau neu zu umwerben, um sie zurückzubekommen.
Der Liebesroman, den er dabei vom Club bekommt und auch häufig zu Rate zieht, entwickelt sich parallel zu seiner Ehe und kann durch die eingefügten Ausdrucke mitgelesen werden.

Eigentlich lese ich nicht gerne Liebesromane, aber hier hat mich die Idee des Männerbuchclubs tatsächlich sehr neugierig gemacht. Dieser Club ist tatsächlich zum Schmunzeln, gerne hätte ich mehr von ihm gelesen, aber er kommt eher am Rande vor.

Im Fokus der Geschichte stehen Gavin, seine Frau Thea und ihre Schwester Liv, um die es im nächsten Teil gehen wird. Alle Protagonisten wurden gut entworfen, man konnte sie sich gut vorstellen und hatte einen Eindruck von ihrer Persönlichkeit, das galt auch für die wichtigeren Nebencharaktere. Thea und Liv fand ich leider zunehmend anstrengend, geprägt durch die Eheprobleme ihrer Eltern haben sie diverse Male einfach überreagiert. Die kleinen Zwillinge wirkten viel reifer, als sie alt waren, das war nicht sehr realistisch.
Gavin gibt sich wirklich viel Mühe und versucht viel, um seine Familie zurück zu bekommen, seinen Charakter und seinen Weg fand ich am nachvollziehbarsten und sympathischsten. Das Eheproblem an sich fand ich tatsächlich eher banal, eigentlich kein Grund für eine Scheidung, aber die Menschen sind bei ihren Lösungswegen halt sehr unterschiedlich.

Kurze Kapitel, breite Ränder und eine einfache Sprache lassen die Seiten schnell dahinschwinden. Eine nette Unterhaltung für zwischendurch ist dies Buch allemal. Meiner Meinung nach hätte man aus der Geschichte mehr machen können, hätte der Fokus auf dem Club gelegen.

Für mich ein typischer Liebesroman, mit kleinen Schwächen.

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Veröffentlicht am 10.05.2020

unendlich gut

Die unendliche Geschichte
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Mit der unendlichen Geschichte hat Michael Ende einen märchenhaften Fantasieroman geschaffen, der zeitlos alle Generationen zu begeistern weiß.

Die Hauptfigur Bastian Balthasar Bux erlebt ein phantasievolles ...

Mit der unendlichen Geschichte hat Michael Ende einen märchenhaften Fantasieroman geschaffen, der zeitlos alle Generationen zu begeistern weiß.

Die Hauptfigur Bastian Balthasar Bux erlebt ein phantasievolles Abenteuer, in das der Leser mit eintauchen kann. Der 10jährige leidet unter dem Tod der Mutter, der Vater ist keine Stütze, da er selber in Trauer versunken ist. Auf der Flucht vor seinen mobbenden Klassenkameraden flüchtet er sich eines Tages in einen Buchladen. Dort entwendet er das Buch „Die unendliche Geschichte“ vom Ladeninhaber, da ihn der Titel begeistert. In einem Versteck auf dem Dachboden der Schule beginnt Bastians Reise nach Phantasien. Dort herrscht die Kindliche Kaiserin in einem Elfenbeinturm über das Land, das vom Untergang bedroht ist. Alles verschwindet allmählich im Nichts. In ihrer Not hat sie den Knaben Atréju auf die Suche nach einem Gegenmittel losgeschickt. Bastian verfolgt dessen Reise atemlos und lernt mit Atréju viele besondere Einwohner und den Glücksdrachen Fuchur kennen. Er erfährt, dass die Kindliche Kaiserin einen neuen Namen benötigt, den sie von einem Menschenkind erhalten muss. Es dauert eine Weile, bis Bastian erkennt, dass er der Retter Phantasiens ist. Schließlich gelangt Bastian selber nach Phantasien und erhält dort den Auftrag das Land neu nach seinen Vorstellungen und Wünschen zu erschaffen. Für Bastian eine Möglichkeit sein altes Leben hinter sich zu lassen und auch sich selber so zu erschaffen, wie er gerne wäre. Eine Weile erschafft er neue Gegenden und erlebt tolle Abenteuer, aber dann gewinnt eine Magierin Einfluss auf ihn, der nicht gut ist. Er möchte selber über das neue Reich herrschen. Atréjus und Fuchurs Freundschaft und Hilfe begegnet er nun mit Misstrauen. Letztendlich kommt Bastian in die Alte Kaiser Stadt und begegnet dort Menschen, die den Weg zurück in die eigene Welt nicht mehr gefunden haben.

An diesem Punkt beginnt Bastian zu begreifen, dass man immer einen Preis für sein Handeln zahlen muss, dass alles Handeln Konsequenzen trägt. Er muss sich entscheiden, wie es für ihn weitergehen soll.

Ein tolles Buch, wunderschön zweifarbig gestaltet, dass ich nach langer Zeit mit einem ganz anderen Blickwinkel gerne noch einmal gelesen habe. Michael Ende hat mit diesem Buch ein wunderbares Plädoyer für die Fantasie geschrieben. Fernab der Realität kann man sich in eine spannende Welt träumen und eine Auszeit vom Alltag genießen.
Man kann es bei der guten Unterhaltung belassen oder Deutungen und Allegorien suchen. Das es nicht auf Äußerlichkeiten ankommt und Mut und Kraft in jedem stecken können, ist eine schöne und zeitlose Botschaft. Die Kraft an die eigenen Träume zu glauben, sie umzusetzen und dazu Durchhaltewillen aufzubringen, die Macht der Freundschaft, die Erkenntnis, dass sowohl Höhen als auch Tiefen zum Leben gehören, kann man hier erfahren.

In einer materiell geprägten Zeit innezuhalten und die schöpferische Kraft als eine besondere und bereichernde Gabe zu schätzen, mag manchen schwerfallen, aber wer sich auf dieses Buch einlassen kann, hat diese Erkenntnis sicher.
Für mich ein Schatz im Regal, den ich nicht missen möchte und immer wieder gerne zur Hand nehme.

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Es gibt keine einzige Wahrheit

Die drei Leben der Hannah Arendt
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Ken Krimstein ist eigentlich ein Cartoonzeichner. Mit dem Buch „Die drei Leben der Hannah Arendt“ hat er erfolgreich Neuland betreten und eine biografische Fiktion über das Leben der großen Denkerin geschaffen. ...

Ken Krimstein ist eigentlich ein Cartoonzeichner. Mit dem Buch „Die drei Leben der Hannah Arendt“ hat er erfolgreich Neuland betreten und eine biografische Fiktion über das Leben der großen Denkerin geschaffen. Das (mittlerweile preisgekrönte) Werk ist laut Autor keine Biografie im wissenschaftlichen Sinn, sondern eine Interpretation ihres Lebens, das auf Faken aufgebaut ist.
Auf rund 230 Seiten stellt er ihr Leben dar, die Zeichnungen sind in schwarz-weiß gehalten, die Formate der Bilder wechseln sich ab. Einzig Hannahs Kleidung ist in grün gehalten, so kann man sie immer gut erkennen, auch die obligatorische Zigarette fehlt selten. Obwohl die Bilder auf den ersten Blick wie leichte, provisorische Skizzen wirken, haben sie eine große Ausdruckskraft. Zur Akzentuierung sind ein paar Fotos eingefügt, die sich aber nicht in den Vordergrund drängen.
Hannahs Lebensweg wird nur sehr grob skizziert, anfangs scheint der Fokus mehr auf den vielen bekannten Männern zu liegen, die sie kannte und von denen einige sie sehr prägten. Teilweise dachte ich, dass hier wirkliche jede Berühmtheit der Zeit vertreten ist. Ein hilfreiches Personenverzeichnis zur Orientierung ist am Ende des Buches finden. Zunehmend geht es aber um Hannah und im letzten Drittel werden ihre Werke und Theorien vorgestellt, so dass man einen ersten Eindruck über ihr Schaffen erhält.

Hannah Arendt wurde in 1906 in Deutschland geboren und fiel früh durch ihre Wissbegier und ihren Charakter auf. Sie studierte in Marburg, traf auf Heidegger, der sie prägte, ging dann nach Berlin und floh 1933 vor den Nazis über Tschechien und verschiedene Stationen nach Paris. Nach einer Zeit der Staatenlosigkeit gelangte sie über Portugal in die USA. Hier konnte sie nach einer Durststrecke Fuß fassen, wurde erste weibliche Professorin in Princeton. Ihre Werke zu Totalitarismus und später zu Natalität und Pluralität machen sie bekannt. Später polarisierte sie mit ihren Veröffentlichungen über den Eichbergprozess, fast alle Freunde wandten sich danach von ihr ab. Sie wurde geliebt und auch angefeindet. Von ihrem ureigenen Weg hat sie sich bis zu ihrem Tod 1975 nicht abbringen lassen.
In dem vorliegenden GN wird vieles nur angesprochen, zur Vertiefung bietet diese Form keinen Raum. Der Zweite Weltkrieg, seine Gräuel und Folgen haben Hannah Arendt stark beeinflusst, schließlich war sie selber davon betroffen. Die Frage nach dem Warum, den Werten und was es heißt Mensch zu sein, trieben sie zu immer neuen Denkansätzen.
Das Buch gab mir einen ersten Überblick zu der Biografie einer großen Frau und zu ihrem Werk, das mir Lust gemacht hat, mich weitergehend damit zu beschäftigen.

Krimstein selber sagt, er wollte Leser einladen, sich direkt mit dem Denken Hannah Arendts auseinanderzusetzen, da dies helfen kann unsere fortwährende, niemals endende Gegenwart besser zu verstehen. Bei mir ist dies aufgegangen und ich bedanke mich herzlich für die Einladung.

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Veröffentlicht am 02.05.2020

drastische Familiengeschichte

Das wirkliche Leben
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Der Autorin ist ein sehr berührender, realistischer und packender Roman über die Verhältnisse innerhalb einer Familie gelungen.
Die 10-jährige Tochter erzählt von dem gewalttätigen Vater, dessen Attacken ...


Der Autorin ist ein sehr berührender, realistischer und packender Roman über die Verhältnisse innerhalb einer Familie gelungen.
Die 10-jährige Tochter erzählt von dem gewalttätigen Vater, dessen Attacken und Launen das Familienleben dominieren; von der Mutter, die zur Amöbe wurde vor lauter Angst und von dem kleinen Bruder Gilles mit dem süßen Milchzahnlächeln. Hier gibt es keine elterliche Liebe oder Fürsorge, die Kinder versuchen aber, sich dies gegenseitig zu geben.
Ein schlimmes Ereignis verändert das Leben der Kinder und beeinflusst ihre Entwicklung und ihre Zweisamkeit. Beide gehen sehr unterschiedlich damit um. Das Mädchen möchte ausbrechen und sucht seine Wege, der Junge nähert sich dem Vater an. Über fünf Jahre kann man das Leben in der Familie mitverfolgen. Der Erzählstil nimmt einen gefangen und lässt einen das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Drastische Dinge passieren und der Spannungsbogen steigt zunehmend. In sehr kurzen Kapiteln lässt die Autorin die Icherzählerin bewegend berichten, wie es ihr ergeht. Sie versteht es den Leser einzufangen und große Betroffenheit auszulösen, auch weil diese Geschehnisse so real wirken und es vermutlich auch sind.
Dass sich das Mädchen seine Menschlichkeit bewahren möchte und wie sie darum kämpft sich und den Bruder zu retten, ist herzzerreißend. Man möchte die Kinder einfach in den Arm nehmen, sie trösten und ihnen helfen. Das Mädchen entwickelt sich trotz des Umfelds erstaunlich gut, entwickelt für die Naturwissenschaften eine außerordentliche Begabung, kann viele Situationen gut einschätzen und bleibt bei einigen Themen ungewöhnlich naiv.

Dem Vater ist daran gelegen, ihren Intellekt zu unterdrücken, als Frau hat sie zu dienen, ist ein Opfer oder die Beute, mehr nicht. Ihr Antrieb zur Gegenwehr ist stets die Liebe zu dem Bruder, den sie davor bewahren möchte, wie der Vater zu werden. Das Ende mit Knalleffekt kann einen Wendepunkt in dem Familienleben bedeuten, die gesamte Entwicklung ist erschütternd.
Ein tolles und berührendes Buch, mit spannenden Wendungen, dass ich gerne gelesen habe und weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 28.04.2020

Im Visier der Nazis

Zeus und Goldenberg
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1936 treffen im Ruhrgebiet zwei sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander, die durch die Verfolgung der Nazis geeint werden. Zeus ist ein Kommunist, der sich aufgrund eines Beschäftigungsverbots durchschlagen ...

1936 treffen im Ruhrgebiet zwei sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander, die durch die Verfolgung der Nazis geeint werden. Zeus ist ein Kommunist, der sich aufgrund eines Beschäftigungsverbots durchschlagen muss, der Arzt Goldenberg muss aufgrund seines jüdischen Glaubens untertauchen. Beide treffen in einer katholischen Gemeinde in Hamm aufeinander. Der Pfarrer beschäftigt Goldberg als Bibliothekar und Zeus als Küster. Dies geht eine ganze Zeit gut, als der Pfarrer verhaftet wird, müssen die Beiden sich jedoch nach anderen Möglichkeiten umsehen. Sie sind getrennt unterwegs, treffen sich wieder und trennen sich erneut. Die Kriegszeiten sind hart und gefährlich, nicht alles nimmt ein gutes Ende.



Der Autor erzählt sehr nüchtern und distanziert die bewegte Geschichte der Beiden durch einen Schüler von Zeus, denn dieser ist später Lehrer geworden. Er möchte den jungen Menschen Geschichte nahebringen, aber vor allem erreichen, dass sie selber denken und hinterfragen können. Ein gutes Mittel, um eine Wiederholung der Geschehnisse zu verhindern und für die Nachkriegsgeneration sicher nicht üblich.



Die Geschichte dieser Zeit wird durch die beiden fiktiven Schicksale erlebbar und spürbar gemacht. An mancher Stelle hätte ich mir noch ausführlichere Informationen gewünscht, aber insgesamt ist es ein gutes Buch, um sich über die Zeit zu informieren. Durch die persönlichen Schicksale lässt es sich diese Kapitel der düsteren deutschen Geschichte besser lesen, verstehen und nachvollziehen als durch ein Sachbuch.

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