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Veröffentlicht am 16.06.2020

Der Werwolf von Hannover, realistisch und nüchtern

Haarmann
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Von dem Serienmörder Fritz Haarmann, der als Werwolf von Hannover in den 1920er Jahren über 20 Jungen ermordete, hatte ich bisher noch nichts gehört. Umso neugieriger war ich da, einen Kriminalroman zu ...

Von dem Serienmörder Fritz Haarmann, der als Werwolf von Hannover in den 1920er Jahren über 20 Jungen ermordete, hatte ich bisher noch nichts gehört. Umso neugieriger war ich da, einen Kriminalroman zu lesen, der auf einem echten Kriminalfall basiert. In diesem Roman ist Polizist Robert Lahnstein dafür verantwortlich, den Fall um die vielen verschwundenen Jungen aufzuklären. Eine Mischung aus nicht immer regelkonformem Verhalten der Kollegen, wirtschaftlicher sowie politischer Unruhen und Lahnsteins Erinnerungen an seine Zeit im ersten Weltkrieg führt zu einer düsteren Atmosphäre, welche sich durch den kompletten Roman zieht. Einige Szenen aus der Sicht des Täters sowie eines seiner Opfer runden das Ganze gekonnt ab.
Die Schilderung der wirtschaftlichen sowie politischen Lage empfand ich als sehr gut greifbar, nichts wurde geschönt. Lahnsteins Erinnerungen an die Kriegszeit waren zwar ebenso erschütternd, dienten jedoch eher dazu, ihn als Charakter vielschichtiger darzustellen.
Was mir weniger gefiel, war der starke Schwerpunkt auf den homophilen Handlungen sowie der gleichzeitig im Roman immens vertretenen Homophobie. Gut, es gehört zum Fall Haarmann mit dazu, jedoch wirkte es durch seine hohe Gewichtung stellenweise so, als würde dieses Thema zu den Hauptinteressen der damaligen Bevölkerung zählen, was ich bezweifle.
Ebenfalls wurde ich mit dem Schreibstil nicht warm. Oftmals wirkt das Geschriebene aufzählend und regelrecht nüchtern, als hätte Polizist Lahnstein einen Bericht für die Akten geschrieben. Besonders die Personen wirkten dadurch stark distanziert, eher wie Darsteller. Wäre ich nicht am Fall selbst interessiert gewesen, hätte ich das Buch aufgrund dessen längst zur Seite gelegt. Entsprechend gebe ich dem Buch 3,5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.04.2020

Buch der tausend verpassten Möglichkeiten

Das Haus der tausend Welten
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Zuallererst: Vergesst den Klappentext! Der verspricht ein völlig falsches Bild von der Story. Es gibt nicht eine große Schatzsucher-Gruppe rund um Magierin Stern. Stattdessen machen sich drei Gruppen auf, ...

Zuallererst: Vergesst den Klappentext! Der verspricht ein völlig falsches Bild von der Story. Es gibt nicht eine große Schatzsucher-Gruppe rund um Magierin Stern. Stattdessen machen sich drei Gruppen auf, die verschlossenen oberen Etagen eines Hauses zu ergründen, in dessen unterem Bereich sich mittlerweile eine Kombination aus Spielhölle, Kneipe und Freudenhaus befindet. Warum die Gruppen durch das ansonsten magisch versiegelte Tor schreiten ist nicht immer klar, weder dem Leser noch den Beteiligten. Und auch die Welt selbst im Buch mit seinen verschiedenen Völkern, Tieren, Speisen und Getränken bleibt relativ undeutlich. Da werden Begriffe einfach in den Raum geworfen, welche man zwar in einem Glossar am Ende des Buches nachschlagen kann, aber auf weitere Beschreibungen hofft man meist vergebens.
Nachdem man die Hauptpersonen zunächst in ihrem eigenen Umfeld kennenlernt, treffen diese so nach und nach in dem Haus der tausend Welten aufeinander. Das Haus selbst macht sich allerdings nichts aus Raum und Zeit, ist trotz seiner langen Verschlossenheit besiedelt von merkwürdigen Kreaturen und früheren Neugierigen, die den Ausgang nicht mehr gefunden haben. Eine klare Linie konnte ich beim Erkunden und Überleben der vielen Räumlichkeiten nicht erkennen, das Ziel der Gruppen war in erster Linie, „nach oben“ zu gelangen. Durch die langen Kapitel, welche abwechselnd die Abenteuer der Gruppen beschreiben, hatte ich auch oftmals das Gefühl, den Faden verloren zu haben, wenn es erneut bei einer Gruppe weiterging.
Die Auflösung, was hinter dem Haus steckt, war interessant und ausgefallen, keine Frage. Aber der Weg dahin konnte mich nicht so recht packen. Dadurch, dass das Haus sich nicht an Linearität in Raum und Zeit hält, wurde es zudem zusehends unübersichtlicher. Und aus den Charakteren hätte man auch mehr herausholen können.
Die Idee hinter dem Haus der tausend Welten ist schon klasse, der Weg der Charaktere bzw. des Lesers bis zur Auflösung konnte mich über längere Strecken jedoch nur mäßig begeistern. Mehr Linearität in der Handlung, spannendere Momente und mehr Hintergründe zu den Charakteren und der Welt an sich hätten das Buch sicherlich positiv bereichert. 3,5 von 5 Sternen.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2020

Schnitzeljagd für junge Codeknacker

Code: Orestes - Das auserwählte Kind
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Ein mysteriöser Fremder drückt der jungen Malin eines Abends einen Brief in die Hand, welchen sie dem Kind geben soll, welches in 100 Tagen bei ihnen auftauchen wird. Tatsächlich zieht 100 Tage später ...

Ein mysteriöser Fremder drückt der jungen Malin eines Abends einen Brief in die Hand, welchen sie dem Kind geben soll, welches in 100 Tagen bei ihnen auftauchen wird. Tatsächlich zieht 100 Tage später Orestes mit seiner Mutter ins Haus gegenüber ein. Allerdings ist der Junge so ganz anders, als Malin ihn sich erhofft hat, und für den Brief interessiert er sich zunächst ebenfalls nicht. Nach einer Weile versuchen beide jedoch, den Brief zu enträtseln und begeben sich dabei auf eine Schnitzeljagd voller Kryptographie und Geheimverstecke.
Die Kinder und ihre Eltern sind auf ihre Art etwas ausgefallen, aber jeweils noch glaubhaft gestaltet und dadurch mal erfrischend anders. Der verschlüsselte Brief stellt die beiden Kinder vor immer neue Rätsel und verschlüsselte Nachrichten. Dabei lernt der Leser einige Verschlüsselungstechniken kennen, die im Buch anschaulich erklärt werden, was ich als recht spannend empfand. Leider ging mir zum Ende hin ein wenig die Spannung verloren, die Handlung hing mir zu sehr in der Schwebe, statt weiterhin wie vorher voran zu schreiten. Zudem blieb mir der große Bösewicht, welcher nach einiger Zeit hinzu kam, zu blass und unspektakulär, obwohl Potential vorhanden gewesen wäre. Und was es nun genau mit dem Brief und den vielen Rätseln auf sich hat, ob es für alles eine logische Erklärung gibt oder doch eine gewisse Magie im Spiel war, bleibt am Ende ein wenig offen. Da hoffe ich, dass es einen weiteren Band gibt, welcher auch die restlichen Rätsel lösen wird. Ansonsten ist das Buch zu großen Teilen spannend und unterhaltsam.

  • Einzelne Kategorien
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.02.2019

Von süßen Seehundbabies und süßen Tierpflegern

Whispering Blue
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Der 18-jährige Adrian wird zur Sozialarbeit in der Seehundstation Norddeich verdonnert. Schuld daran ist ein Streich der Clique, mit welcher er rumhängt und zu der auch der Bruder seiner Freundin gehört. ...

Der 18-jährige Adrian wird zur Sozialarbeit in der Seehundstation Norddeich verdonnert. Schuld daran ist ein Streich der Clique, mit welcher er rumhängt und zu der auch der Bruder seiner Freundin gehört. In der Seehundstation gerät er in Streit mit Marc, einem gut aussehenden Mitarbeiter. Und dennoch knistert es zwischen den beiden - obwohl Adrian eine Freundin hat?
Neben wirklich niedlichen Seehunden hat dieser Manga Themen wie homofeindliches Mobbing sowie Coming Out aufgegriffen. Alles rund um die Seehunde gefiel mir ganz gut, im Anhang sind sogar noch ein paar interessante Facts zu den knuffigen Tieren, ebenso wie zur Homophobie. Thematisch kamen mir ein paar zuviele Klischees vor, auch wenn dadurch Mobbing und Homophobie etwas verdeutlicht wurden. Was mir eindeutig fehlte war etwas mehr Spannung, da hätte es ruhig stärker knistern können zwischen Marc und Adrian. Auch das Thema Boys Love selbst war doch eher nur subtil vorhanden, da wären ein paar mehr romantische Momente ganz schön gewesen.
Stilistisch ist der Manga gut gezeichnet, wenn auch nicht immer übersichtlich. Thematisch kamen die Seehunde voll auf ihre Kosten, die Boy Romance hingegen fiel mir zu kurz aus.

Veröffentlicht am 07.08.2018

Entscheide dich zwischen Gut und Böse

Das Feuer in mir
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Als bei einem Forschungseinsatz Leannes Schwester Maya ums Leben kommt, bricht für sie eine Welt zusammen. Doch statt Mitleid erhält sie lediglich die Anweisung, den nächsten Auftrag zu übernehmen. Natürlich ...

Als bei einem Forschungseinsatz Leannes Schwester Maya ums Leben kommt, bricht für sie eine Welt zusammen. Doch statt Mitleid erhält sie lediglich die Anweisung, den nächsten Auftrag zu übernehmen. Natürlich ist sie da empfänglich für Damions Mitgefühl, als sie und ihr Bruder in dessen Lebensgemeinschaft eingeladen werden. Eine auf den ersten Blick lebensfrohe Gruppe in der Nähe des großen, verbotenen Waldes, die sich um Menschen in Not kümmert. In den Städten wird jedoch vor ihnen gewarnt, sie seien eine Sekte der Schwarzen Magie und beten Zantul an, den Gott der Finsternis. Und tatsächlich sind im verbotenen Wald Spuren erhöhter Schwarzer Magie spürbar. Doch Damion stellt Zantul als den Gott der Güte dar, und Leanne weiß bald nicht mehr, was sie noch glauben soll.
Die Grundstimmung des Romans ist düster. Es geht um Religion, Manipulation, Macht und Lügen, kombiniert mit Magie. Leanne wächst in einer Welt auf, in welcher es unter Strafe verboten ist, die gängige Religion in Frage zu stellen. Bis jemand in ihr Leben tritt, der eine völlig andere Sicht der Dinge hat, ihre bisherige Weltsicht durcheinander bringt und sie schon bald nicht mehr weiß, was der Wahrheit entspricht und wer wirklich die Guten sind. Und ich finde, diese innere Zerrissenheit hat Christian Milkus recht gut dargestellt. Leanne beginnt, ihren bisherigen Glauben in Frage zu stellen und langsam die Augen zu öffnen. Die Grenzen zwischen Gut und Böse scheinen zu verschwimmen und machen es ihr schwer, sich zu entscheiden, auf wessen Seite sie stehen will.
Wo ich mir mehr Tiefe gewünscht hätte wäre das Worldbuildung. Die einzelnen Mächte wie die Priester des Lichts, das Königshaus und die Gelehrten wurden kaum ausführlicher beschrieben, so dass der vorhandene Konflikt zwischen diesen Gruppen gar nicht richtig an die Oberfläche trat. Die magischen Tiere sorgte für angenehme Abwechslung, kamen für meinen Geschmack auch etwas zu kurz und hätten mit einem weiteren Auftritt vielleicht noch eine schöne fantastische Abwechslung ins Geschehen gebracht. Die vorgestellte Stadt wurde hingegen recht zauberhaft erdacht, die gefiel mir sehr.
Zusätzlich waren mir die Hauptcharaktere etwas zu oberflächlich beschrieben, da hätte ich mir mehr Emotionen gewünscht, mehr Interaktionen, welche das Geschehen lebendiger gestaltet hätten und die Liebesgeschichte zwischen Leanne und Damion glaubwürdiger.
Ein schöner, etwas düsterer Roman um Glaube und Manipulation, um das Erkennen von Lüge und Wahrheit, der mir leider nicht tief genug an der Oberfläche dieser interessanten Welt gekratzt hat.