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Veröffentlicht am 29.04.2018

Eine Familientragödie und ein Krimi.

Sommernachtstod
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Sommer 1983.
Auf der Jagd nach einem Kaninchen verschwindet der kleine Billy Nilsson im Garten seiner Eltern kurz vor seinem fünften Geburtstag spurlos.
Eine ausführliche Suchaktion endet im Leeren und ...

Sommer 1983.
Auf der Jagd nach einem Kaninchen verschwindet der kleine Billy Nilsson im Garten seiner Eltern kurz vor seinem fünften Geburtstag spurlos.
Eine ausführliche Suchaktion endet im Leeren und muss eingestellt werden, auch weitere Untersuchungen bleiben ergebnislos. Ein einziger Verdächtiger muss aus Mangeln an Beweisen freigelassen werden, Billy bleibt verschwunden, der Fall wird zu den Akten gelegt.
Billys Familie zerbricht am Verlust des kleinsten Sohnes, die Mutter begeht Selbstmord, die verbliebenden zwei Geschwister entfremden sich und der Vater bleibt alleine im Haus zurück.

Zwanzig Jahre später.
Vera, Billys Schwester, arbeitet zwischenzeitlich als Trauertherapeutin - auch, um ein Ventil für ihre eigene, nicht bewältige Vergangenheit zu haben.
Ein neuer Patient berichtet verstörende Details über ein vor zwei Dekaden verschwundenes kleines Kind - Veras alte Wunden reissen auf und sie versucht herauszufinden, ob dieser Patient etwas mit dem Verschwinden ihres Bruders zu tun haben könnte.
Kann es sogar sein, dass Billy noch lebt?

Vera kehrt zurück in ihren Heimatort und versucht auf eigene Faust herauszufinden, was damals mit ihrem kleinen Bruder geschah.

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Der Kriminalroman „Sommernachtstod“ spielt auf zwei Ebenen in zwei Zeiten. Er springt zwischen den Ereignissen zum Zeitpunkt des Verschwindens des kleinen Billys und Veras aktueller Situation knapp zwanzig Jahre später.
Klug ineinander geflochten entwickelt sich so eine Handlung, die im Verlauf immer mehr an Spannung zunimmt.
Ein bisschen dauert es zu Beginn, bis die Geschichte wirklich „startet“, aber dann wird es auf keiner Seite mehr langweilig.
Absolut nicht vorhersehbar entwickelt sich die Handlung in Richtungen, die einen immer wieder überraschen.

Die Charaktere sind glaubhaft und niemand ist plakativ gut oder böse. Jeder hat seine Facetten, seine Vergangenheit und seine Gründe für das jeweilige Handeln.
Durch die Erzählung in der dritten Person bleibt man als Leser immer etwas distanziert, kann sich aber relativ gut hineinfinden in die emotionale Lage der einzelnen Protagonisten, insbesondere Vera.

Besonders interessant im Fall von „Sommernachtstod“ - hier gibt es keinen klassischen Detektiv, keinen Ermittler, sondern wir haben eine Schwester, die ihre Familiengeschichte aufarbeitet und mit ihrer Vergangenheit abschliessen möchte. Dadurch gibt es keine „Ermittlungsarbeit“, sondern emotional bedingtes Vorgehen, was den Fall um den verschwundenen Billy besonders berührend macht.
Effektiv macht es das Buch fast mehr zu einer Familientragödie denn zu einem Kriminalroman, ist aber vom Erzählstil her ein fast klassischer Schwedenkrimi, sehr abgeklärt, pragmatisch, teils düster.

Eine spannende Geschichte mit einem unvorhersehbaren Ende.

Veröffentlicht am 28.04.2018

Sie dürfen nicht vergessen werden.

Die Vergessenen
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2013: Manolis Lefteris, ein Mann „für besondere Fälle“, erhält den Auftrag, für einen Klienten alte Akten zu beschaffen, die sich im Besitz einer alten Dame befinden. Für ihn eigentlich ein Routineauftrag ...

2013: Manolis Lefteris, ein Mann „für besondere Fälle“, erhält den Auftrag, für einen Klienten alte Akten zu beschaffen, die sich im Besitz einer alten Dame befinden. Für ihn eigentlich ein Routineauftrag ohne besonderen Hintergrund.

1944: Kathrin Mändler tritt eine Stelle als Krankenschwester im Pflegeheim Winkelberg an und beginnt eine Affäre mit dem leitenden Arzt der Klinik, Dr. Karl Landmann. Zu spät erst bemerkt sie das Lebensbedrohende, das hinter den Kulissen der Klinik und unter Kontrolle des Arztes geschieht.

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„Die Vergessenen“ ist ein Kriminalroman, der mich nicht losgelassen hat. Ich wollte eigentlich nur ein bisschen lesen, anfangen mit dem Buch - und habe es dann an einem Tag ausgelesen. Weglegen war nicht möglich.

Es gibt viele Bücher und Filme über die NS-Zeit, aber ich glaube, ich habe noch nichts über diese „Vergessenen“ gelesen - Menschen, die durch Behinderungen oder andere „Untauglichkeiten“ durchs Raster der Herrenmenschen fielen und buchstäblich aussortiert wurden.
Aber nicht offiziell in den Gaskammern, sondern leise und klammheimlich sterben gelassen wurden, in Hungerhäusern oder durch Krankheiten. Und das in Krankenhäusern oder Pflegeheimen, Orten, an denen sie geschützt und versorgt werden sollten.
Der Roman geht nicht in die detaillierte Tiefe des gesamten Geschehens, beispielhaft werden drei Schicksale herausgesucht, die mit der Protagonisten Kathrin in Verbindung stehen.
Eine Krankenschwester, die nach und nach erkennt, dass sie in einem Pflegeheim arbeitet, in dem Behinderte und psychisch erkrankte Soldaten sterben gelassen werden und die zusammen mit einem Kollegen drei Leben und drei Tode protokolliert, um nach Kriegsende die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können.

Dazu jedoch wird es erst viele Jahrzehnte später kommen und das unter Umständen, die so vermutlich nicht geplant waren.

Der Roman verknüpft gekonnt und vielschichtig 1944 und die Gegenwart (2013) anhand von direkt mehr als einer Handvoll Personen, die alle irgendwie miteinander verbunden und in ihrer Familiengeschichte und ihren Vergangenheiten traumatisiert sind.

Zu Beginn ist es nicht immer leicht sich reinzufuchsen in das, was einem da präsentiert wird. Viele Personen und ihre Stimmen prasseln auf einen ein und man muss sich erst einmal zurechtfinden in dem Durcheinander an Zeiten, Situationen und Gegebenheiten.
Ist man einmal drin in der Geschichte kommt man nicht mehr raus. Möchte es auch gar nicht.

Sprachlich wunderbar geschickt konstruiert baut sich eine große Spannung auf, die sich quasi bis zur letzten Seite weiterzieht - bis man nach und nach für sich selber erkennt, was eigentlich passiert ist und wer mit wem etwas zu tun hat.

Und niemand ist der Held. Das finde ich persönlich besonders beachtlich. Kathrin Mändler erkennt das große Unrecht, was den Patienten angetan wird und setzt ihr eigenes Leben aufs Spiel, um während der Morde zu protokollieren und später etwas gegen dieTäter tun zu können.
Als ihr die Möglichkeit gegeben wird, stehen ihr ihre Gefühle Dr. Landmann gegenüber im Wege und sie schweigt.
Bis die Wahrheit und ihre mutigen Taten erst Jahrzehnte später ans Licht kommen. Und das mittels einem „Mann für die besonderen Fälle“, Manolis, dessen eigene tragische Familiengeschichte ihn eng verbindet mit der Historie von Kathrin Mändler - und dessen Weste, wenn er auch viel Moral und Empathie besitzt, nicht unbedingt eine der weissesten ist.

Die Geschichte springt zwischen den Charakteren, den Orten und den Zeiten ohne verwirrend zu werden.
Vielschichtig und detailliert entwickelt sich eine Geschichte, die klug konstruiert ist, in sich schlüssig und zum Ende keine Fragen mehr offen lässt.

Ausser natürlich, wie so etwas wirklich passieren konnte, der wahre Hintergrund dieser Geschichte.

Veröffentlicht am 24.04.2018

Wenn alle Katzen verschwinden würden - was wäre dann?

Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden
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Ein junger Briefträger erfährt, dass seine vermeintliche Grippe ein Hirntumor ist und er nicht mehr lange leben wird.
Zuhause erwartet ihn der Teufel persönlich, der ihm einen Pakt anbietet:
Für jede Sache, ...

Ein junger Briefträger erfährt, dass seine vermeintliche Grippe ein Hirntumor ist und er nicht mehr lange leben wird.
Zuhause erwartet ihn der Teufel persönlich, der ihm einen Pakt anbietet:
Für jede Sache, die von dieser Welt verschwindet erhält er einen weiteren Tag Leben.
Entscheiden darüber, was verschwindet, wird er, der Teufel.

Der Briefträger willigt ein - und am ersten Tag verschwinden alle Telefone von dieser Welt. Am zweiten Tag lässt der Teufel alle Filme verschwinden, am dritten die Uhren.

Als er am vierten Tag alle Katzen von dieser Welt verschwinden lassen möchte weigert sich der Briefträger und trifft eine überraschende Entscheidung.

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„Wenn alle Katzen von dieser Welt verschwänden“ ist ein kleines Buch, ein kurzes Buch. Unter 200 Seiten und doch wird wesentlich mehr gesagt, als so mancher dicke Wälzer es schafft.

Was passiert, wenn Dinge von der Welt verschwinden? Was ändert sich für den Einzelnen und die Allgemeinheit?
Wird es besser oder schlechter ohne Telefone, Filme, Uhren für uns?
Was genau bedeuten uns diese Dinge?

Diesen Fragen geht das Buch philosophisch, aber dennoch sehr pragmatisch aus der Sicht des jungen Briefträgers nach.

Er geht den Deal ein - denn sein Leben ist ihm wichtiger als jedes Telefon. Er versucht sich zu erklären, schließlich sind die Menschen doch mehr als abhängig von den Smartphones, stehen wie Zombies in der Gegend rum und starren auf ihre Displays.
Aber er selber, er war immer unfähig, seine Emotionen auszudrücken - ausser am Telefon. Das Verschwinden der Telefone lässt ihn Revue passieren, was damals das Telefon für ihn bedeutet hat. In der Beziehung mit seiner damaligen Freundin, die er als letztes Telefonat noch einmal anruft - und wieder sieht.

Auch die Filme, die lässt er verschwinden. Und die Uhren.
Und spätestens hier geht es philosophisch richtig in die Tiefe, sind die Menschen durch ihre Gebundenheit an Stunden, Minuten und Sekunden doch eigentlich Gefangene der Zeit - und das selbst verschuldet, denn schliesslich haben sie die Uhren erfunden.

Bei den Katzen dann hört der Spaß auf. Wo sich schon bei den ersten verschwundenen Sachen für unseren Briefträger teils sehr persönliche Bezüge aufgetan haben sind es die Katzen - allen Voran Weißkohl, seine eigene Katze - die ihn verbindet, mit seiner verstorbenen Mutter, der sie gehört hat. Die ihn erinnert, an den letzten Urlaub mit seiner Familie, an seinen entfremdeten Vater.
Die Katze ist seine Verbindung zur Liebe, zur Menschlichkeit.
Wie kann er die Katzen verschwinden lassen? Welches Recht hat er zu entscheiden, was auf der Welt gebraucht wird und was nicht?

Er entscheidet sich für die Katzen und damit gegen sein eigenes Leben. Und schreibt einen Brief an seinen Vater, den er Jahre nicht gesehen hat - um am Ende zu verstehen, dass er ihm nicht schreiben, sondern ihn sehen muss.

Und dann endet das kleine Buch. Auf dem Weg zu seinem Vater.
Erreicht er ihn noch? Stirbt er vorher? Stirbt er überhaupt?
Das bleibt offen und ich muss ehrlich gestehen: ich empfinde es als etwas unbefriedigend.

Ähnlich wie die Sprache des Buches. Ich habe mich ab und an schwer getan mit meiner Beziehung zum Protagonisten - denn ich konnte keine aufbauen. Es gab kaum Möglichkeiten für mich, wirklich mitzuempfinden, immer blieb eine Distanz.

Natürlich ist es hier nicht zwingend nötig, sich mit dem Postboten identifizieren zu können, ist er doch eigentlich nur der Aufhänger, um grundlegende philosophische Bezüge der Menschlichkeit besprechen zu können.
Und das hat natürlich gut funktioniert und es ist schlau gemacht, anhand von simplen Dingen wie Filmen oder Telefonen einmal aufzuarbeiten, was sie eigentlich für uns bedeuten und wie sie uns verbinden - oder auseinanderhalten - mit den anderen Menschen.

Ein Buch, das in jedem Fall zum Nachdenken anregt über das Leben, das Miteinander und das „Warum“ hinter so vielen Dingen, die wir für selbstverständlich ansehen.
Auch Katzen.

Veröffentlicht am 23.04.2018

Packender und intelligenter Psychothriller

Was ihr nicht seht
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Kate ist Kriegsreporterin und berichtet von den Brennpunkten der Kriege dieser Welt
Als ihre Mutter stirbt kehrt sie zurück an den Ort ihrer eigenen Dämonen.
Um sich von ihr zu verabschieden stellt sie ...

Kate ist Kriegsreporterin und berichtet von den Brennpunkten der Kriege dieser Welt
Als ihre Mutter stirbt kehrt sie zurück an den Ort ihrer eigenen Dämonen.
Um sich von ihr zu verabschieden stellt sie sich nach Jahren der Abwesenheit wieder dem Ort ihrer Kindheit, verbringt einige Tage in ihrem Elternhaus.

Dem Ort, an dem sie mit ihrer Schwester Sally nach dem Tod des gemeinsamen Bruders alleine Jahre voller Gewalt und Angst erlebt hat.
In denen sie zusehen musste, wie ihr alkoholkranker Vater ihre Mutter und sie selbst misshandelte.

Kate leidet durch ihren Job an einer posttraumatischen Belastungsstörung und hat Albträume.
Der Ort ihrer Kindheit verschlimmert ihren Zustand, sie hört Stimmen, hat vermutlich sogar Wahnvorstellungen, ist angewiesen auf Schmerz- und Schlaftabletten.

Eines Nachts hört sie Schreie, sieht im Nachbargarten einen kleinen Jungen, der augenscheinlich Hilfe braucht.
Niemand glaubt ihr, dass dieser Junge nicht ihren Albträumen entsprungen ist und so macht sie sich selber auf, herauszufinden, was in diesem Haus geschieht.

——

„Was ihr nicht seht“ ist ein unglaublich packender Psychothriller, der von Seite eins an fesselt. Weglegen und pausieren eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Sprachlich faszinierend pragmatisch, einfach und eindringlich erzählt gliedert sich der Roman in drei Teile, erzählt einmal aus der Perspektive Kates und einmal aus der Sicht von Sally.
Durch den perspektivischen Wechsel bekommt der Leser die Chance, beide Frauen zu verstehen, die Emotionen und Gedanken beider Personen nachvollziehen und miterleben zu können.

Unglaublich real beschrieben die Szenarien aus Syrien, aus Aleppo.
Die Beschreibungen der Kriegsmomente verursachen Gänsehaut und auch als Aussenstehender einfacher Leser dieser Geschichte lässt sich ahnen, dass es ohne Belastungsstörung für Kate gar nicht ausgehen kann. Was sie dort miterlebt sprengt die Vorstellungskraft aller, die in friedlichen Ländern leben.

Faszinierend verwoben der große militärische Konflikt unserer Zeit mit den persönlichen Kriegen, die Kate und Sally in ihrer Vergangenheit führen mussten. Eine schreckliche Familiensituation, aus der sich beide Frauen nicht vollends befreien konnten.
Während Kate geflohen ist aus ihrer Vergangenheit und ihre Dämonen durch die anderer ersetzt hat ist Sally im Ort ihrer Familie geblieben und betäubt sich mit Alkohol.

Die Beziehung der beiden Frauen ist kompliziert und von Erinnerungen überschattet, die nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.

Rasante Sprünge und vollkommen unvorhersehbare Wendungen machen „Was ihr nicht seht“ zu einem atemlosen Thriller.
Immer wenn man denkt, man könne jetzt verstehen oder sogar vorhersehen, was geschehen wird schlägt die Geschichte einen Haken und alles, was man bis dato zu wissen glaubte wird ungeschehen gemacht.

Bis zur letzten Seite ist man gefesselt von der Geschichte - intelligent konstruiert, in sich schlüssig und faszinierend im Aufbau bleibt dieser Psychothriller uneingeschränkt spannend.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Spannender und mitreißender Mittelalterroman.

Unter einem Banner
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Reykan, einer der höchsten Offiziere unter der Flagge des Königs Renard kämpft eine aussichtslose Schlacht um das Ansehen der Krone. Seine Truppen unterliegen dem Reich Notia und Reykan verliert nicht ...

Reykan, einer der höchsten Offiziere unter der Flagge des Königs Renard kämpft eine aussichtslose Schlacht um das Ansehen der Krone. Seine Truppen unterliegen dem Reich Notia und Reykan verliert nicht nur den Krieg, sondern auch seinen Gefährten, dem seit fast zwanzig Jahren sein Herz gehörte.
Er fängt an zu trinken, verfällt in Depressionen und hadert mit seiner Berufung, Soldat zu sein.

Renard aber befördert ihn zu einem seiner Leibwächter und Reykans Pflichtbewusstsein kettet ihn an eine Aufgabe, die er so nicht ausführen wollte.
Als die Königsstadt Arlis überfallen wird und ein Putsch stattfindet wird König Renard getötet und nimmt Reykan das Versprechen ab, seinen Sohn Benrik zu beschützen und in Sicherheit zu bringen.

Eine Aufgabe, die Reykan mehr als widerstrebt, ist der offen homosexuell lebende Benrik doch ein selbstgefälliger und verwöhnter junger Prinz, weltfremd und voller Allüren.

Die beiden machen sich auf eine Reise, die sie überraschend immer näher zusammenbringt. Während Gefahren und Intrigen an jeder Ecke lauern und sie mehr als einmal um ihr Leben bangen müssen fangen sie an, sich mehr und mehr zu verstehen, aufeinander verlassen zu können und voneinander zu lernen.

Jedoch steht Benrik die große Aufgabe bevor, das Reich seines Vaters von den Putschisten zurückzuerobern - wird er es schaffen? Wie wird es weiter- und ausgehen für ihn und Reykan?




Für mich ein sozusagen halb-neues Genre. Mittelalter und Fantasy immer gerne - Gay Romance in diesem Zusammenhang noch Neuland für mich.
Und ich bin wirklich begeistert.
Vom Buch, vom Aufbau, von den Charakteren - und auch von der „mal ganz anderen“ Liebesgeschichte.

Man fällt mit dem Buch in die Schlacht sozusagen, ohne großen Firlefanz steht man zwischen den brennenden Zelten und sterbenden Soldaten. Es bleibt keine Zeit, sich zurecht zu finden, man ist kurz überfordert und ist dann mittendrin im Kampfgetümmel. So wie es den Soldaten vermutlich selber auch geht. Und man kämpft und leidet mit, man friert und fühlt mit ihnen. Der Schreibstil zieht einen hinein in eine wirklich dramatische Situation - und auf einmal ist man auch im Bilde über Reykans sexuelle Orientierung.
Und auch hier wird man nicht blumig und romantisch an die Hand genommen und zum blondgelockten Gefährten gezogen, sondern sie küssen sich einfach. Ende. Ohne Vorrede. Ach so. Ok, die beiden sind also zusammen. So ist das halt. Ist eben einfach selbstverständlich, dass sich zwei mögen. Ob Mann und Frau oder Mann und Mann.
Und dann ist er schon tot, Reykans große Liebe. Und auch hier, zum Dritten: ohne letzte Worte, ohne Liebesschwüre mit dem letzten Atemhauch, er ist einfach tot. Gestorben in der großen Schlacht und ohne Vorbereitung ist Reykan alleine.

Und das gefällt mir alles wahnsinnig gut.
Das „es ist wie es ist“ in diesem Buch. Das „nimm es hin“. Es wird gekämpft, es wird gestorben, es wird geliebt. Punkt.
Nicht alles muss einem persönlich gefallen, aber die Fakten sind so wie sie sind.

Auch die Charaktere. Lange nicht Jeden muss man mögen - oder nicht sofort.
Benrik, der Prinz ist sicherlich auf den ersten Blick ein verwöhnter Schnösel, aber seine treffsicheren, ironischen Bemerkungen und seine oft offensichtliche Fassade machen ihn schneller sympathisch als ihm vielleicht selber lieb ist.
Er legt eine faszinierende Wandlung hin, vom weltfremden Königssohn zum Selbst-Gekrönten mit Sinn und Verstand. Viel Realismus legt er an den Tag und charmant klar sieht er sich und seine eigenen Fehler. König möchte er sein und wird er - aber er weiss um seine (noch) bestehenden fehlenden Qualifikationen, spricht sie offen an, nimmt Hilfe an und durchdenkt.
Ein schlauer Junge, der garantiert ein besserer und wesentlich menschlicherer König sein wird als sein Vater.

Auch mit Hilfe seiner vielleicht nicht unbedingt besseren, aber manchmal beruhigenden Hälfte Reykan.
Natürlich kommen sich die Beiden nicht nur auf „beruflicher Ebene“ näher, das ist schon Jedem klar. Spätestens wenn man die Herren bei ihrem ersten Trainingskampf und ihrem gegenseitigen Angezicke erlebt weiss man: da geht noch was.
Aber dieses eine Mal geht es nicht zackzack, sondern es entwickelt sich. Und das auch mit Stolpersteinen, trauert Reykan doch seinem verstorbenen Partner noch hinterher.

Und er trauert nicht nur um den Partner, sondern auch um sich selbst. Anstrengend ist er manchmal, der prinzipientreue Soldat, der … ist er denn der Held? Vieles macht er falsch durch seine Regelkonformitäten, sein „ich muss das machen obwohl es falsch ist“. Man kann ihm eigenständiges Denken gar nicht absprechen, denn er denkt ja durchaus drüber nach, dass König Renard gerne mal falsche Befehle gibt. Aber alles Denken hilft nichts wenn man doch brav salutiert und entgegen seiner eigenen Moralvorstellungen handelt.
Harrenstein, der große Putschist, der hats direkt erkannt. Und damit einen kurzen Moment im Buch, wo man ihn nicht ganz so furchtbar findet.
Vielleicht schafft Benrik ja, Reykan ein bisschen lockerer zu machen, ein bisschen davon abzubringen, nur zu folgen.

Immerhin ergänzen sich Beide hervorragend - wie man im Laufe der sehr spannenden Reise des Buches immer wieder feststellt. Langweilig wird es zu keiner Passage, viele kleine und große Dramen und Gefahren sorgen dafür, dass man immer und gerne am Ball der Geschichte bleibt, weiterlesen und wissen möchte, wie es ausgeht. Mit Reykan und Benrik, mit dem Königreich.

Ein in sich wunderbar harmonierender Aufbau der Geschichte, plastische und gut vorstellbare Charaktere mit teils spannenden Entwicklungen und ein schlüssiges Ende, das alle Fäden zusammenführt. Ein wirklich schönes Buch, ich würde mich freuen, wenn es noch weitergehen würde.