Profilbild von Seitenseglerin

Seitenseglerin

Lesejury Star
offline

Seitenseglerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Seitenseglerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.09.2024

Gelungener Fantasy-Auftakt – mit starker Protagonistin und kleinen Schwächen

One Dark Window - Die Schatten zwischen uns
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Der hochinfektiöse Nebel in Blunder breitet sich immer weiter aus und droht, den ganzen Landstrich zu verschlingen. Um ihn zu stoppen, muss die bereits infizierte Elspeth ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Der hochinfektiöse Nebel in Blunder breitet sich immer weiter aus und droht, den ganzen Landstrich zu verschlingen. Um ihn zu stoppen, muss die bereits infizierte Elspeth mit dem scheinbar grausamen Hauptmann der königlichen Garde zusammenarbeiten und gemeinsam mit ihm die zwölf Karten eines magischen Decks wiedervereinen. Doch Elspeth hat ihre ganz eigenen Geheimnisse – wie zum Beispiel, dass ein finsteres Wesen in ihrem Geist wohnt, das immer stärker wird…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/2
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Inhaltswarnung: Gewalt (auch gegen Frauen und Kinder), Blut, Krankheiten, Alkoholmissbrauch, Selbstverletzung für magisches Ritual, Mobbing (erwähnt)
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Weib

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- originelle Magiesysteme
- gute Mischung aus Fantasy und Liebesgeschichte (= Romantasy)
- Slow-burn-Geschichte
- männlicher Love Interest = Green Flag
- Consent wird thematisiert
- düsteres Setting (Nebel, Wälder, Krankheiten)
- Leben der adeligen/königlichen Familien
- Erwachsenwerden
- Geheimnisse
- Found Family (Trope)
- Enemies to Lovers (Trope)
- starke Frauen
- Freundschaft
- Familie

Lieblingszitate

„Widmung: Auf die stillen Mädchen mit Geschichten in den Köpfen. Auf ihre Träume – und ihre Albträume. “ E-Book, Position 55

„Die Infektion hatte mich nicht verschont. Ich besaß Magie. Absonderliche, grauenvolle Magie.“ E-Book, Position 347

„Die Herrin, die nun keine Verehrung mehr erfuhr, verfiel in Rachedurst und Heimtücke. […] Sie erschuf den Nebel, um die Menschen zurück in den Wald zu locken.“ E-Book, Position 508

„Mit ihren schmutzigen Fingernägeln und den Krähenfüßen in den Augenwinkeln wirkte Opal Whitebeam längst nicht so kultiviert und grazil wie die anderen Damen von Blunder. […] Ich liebte die wilde Schönheit meiner Tante.“ E-Book, Position 541

Meine Rezension

Ohne @mariekekessler (Bookstagram), die mich auf diese Neuerscheinung aufmerksam gemacht hat, hätte ich „One Dark Window“ vermutlich gar nicht entdeckt – also danke dafür! Der Klappentext hat mich aufgrund des düsteren Settings sofort an „Wie man einen Prinzen tötet“ von T. Kingfisher erinnert, das 2023 sogar eines meiner Jahreshighlights war. Dass das Buch eine Bewertung von 4,30 auf Goodreads hatte, machte mich nur noch neugieriger…

Doch war es auch hier wieder Liebe auf den ersten Blick (bzw. ersten Satz)? Nicht wirklich, tatsächlich hätte der Start in die Geschichte besser sein können, denn am Anfang passiert sehr wenig und die Handlung kommt nur langsam in Schwung. Außerdem hatte ich meine Probleme mit dem Schreibstil. Dieser lässt sich zwar sehr flüssig und schnell lesen, ist aber leider auch sehr einfach gehalten und glänzt nicht gerade mit Wortgewandtheit und Abwechslungreichtum. Was ich damit meine: ständig gleiche (simple) Satzstrukturen, ständig gleiche Satzanfänge, ständig „Ich“ und „Er“ als erstes Wort. Seit ich Deutsch-Lehrerin bin, bin ich davon sehr schnell genervt, weil ich mir dann immer denke: Meinen Schüler:innen würde ich das nicht durchgehen lassen, sondern ordentlich Punkteabzug beim Ausdruck geben – aber erwachsene Autor:innen veröffentlichen sogar Bücher in solch einem Stil? Die gute Nachricht: Mein Eindruck war, dass die Sprache im Laufe der Geschichte besser wird und die Autorin dazugelernt hat – aber vielleicht habe ich mich auch einfach nur daran gewöhnt… Gestört hat mich auch, dass sich Elspeth nicht immer nachvollziehbar, sondern an ein, zwei Stellen (zum Glück nur selten) sogar ziemlich unlogisch verhält.

Insgesamt hat mich Rachel Gillig mit ihrem Fantasy-Auftakt aber trotzdem überzeugt, denn es gab viele Dinge, die mir hier richtig gut gefallen haben: Das Setting ist vielleicht nicht so düster und atmosphärisch wie bei „Wie man einen Prinzen tötet“, aber zusammen mit dem gelungenen Worldbuilding und dem originellen Magiesystem entsteht hier eine interessante Welt, die ich als Leserin sehr gerne erkundet habe. Die meisten Figuren werden zudem sehr liebevoll gezeichnet und machen eine glaubwürdige Entwicklung durch. Manche wachsen einem sogar richtig ans Herz, wie zum Beispiel der sarkastische Prinz Elm (mein heimlicher Favorit ♥). Wer übrigens die Trope „Found Family“ (dt. Wahlfamilie) mag, kommt hier voll auf seine:ihre Kosten!

„One Dark Window“ bietet Leser:innen eine stellenweise humorvolle, spannende und wendungsreiche Geschichte mit einer unglaublich süßen und „wholesomen“ Lovestory, die sich angenehm langsam entwickelt. Besonders schön fand ich aus feministischer Sicht nicht nur die starken Frauenfiguren, sondern auch, dass der Love Interest eine echte Green Flag ist, der sich von einer starken Frau (die ihm bei der ersten Begegnung gleich mal die Nase blutig schlägt, haha) nicht einschüchtern lässt und sehr viel Wert auf Consent legt. Für all das gibt es natürlich auch aus feministischer Sicht einen Daumen nach oben. Außerdem werden die Liebesszenen (ins Detail gehen diese nicht, also zur Abwechlsung mal kein wirklicher Spice vorhanden – erfrischend!) sehr schön und voller Wärme und Emotionen be- und umschrieben – man erkennt hier deutlich den Female Gaze (dt. weiblichen Blick), lieben wir! Während Verhütung leider nicht thematisiert wird (schade!), wird uns hier dafür ein sehr selbstbestimmtes erstes Mal ohne Schmerzen und das längst überholte Konzept vom gerissenen Jungfernhäutchen präsentiert. Auch das gefällt!

Das Ende fand ich dann sehr konsequent, düster und gelungen (mehr wird hier natürlich nicht verraten!) und es macht sehr neugierig auf Band 2, der Ende Oktober auch schon auf Deutsch erscheint. Da mir „One Dark Window“ so gut gefallen hat, steht natürlich fest, dass ich auch die Fortsetzung (= Abschluss der Dilogie) lesen werde – ich MUSS nämlich einfach wissen, wie die Geschichte weitergeht und schlussendlich endet...

Mein Fazit

Mich hat „One Dark Window“ nach einem eher holprigen Einstieg doch noch überzeugt – das lag hauptsächlich am innovativen Magiesystem, am düsteren Setting, der liebevollen Figurenzeichnung, den unterwarteten Wendungen, der Spannung und der sehr süßen, gesunden Liebegeschichte. Von mir gibt es eine Empfehlung für alle, die bei Wortwiederholungen am Satzanfang und gelegentlich unlogischem Verhalten der Hauptfigur ein Auge zudrücken können. Wer demnächst anfängt, sollte dann auch pünktlich zum Erscheinungstermin von Band 2 (Ende Oktober) fertig und bereit für das Finale sein. Also – worauf wartet ihr noch?

Bewertung (in Schulnoten)

Cover / Aufmachung: 1+ ♥
Idee: 1-2
Inhalt, Themen, Botschaft: 2
Umsetzung: 2
Worldbuilding: 2
Einstieg: 3
Ende: 1+ ♥
Schreibstil: 3
Protagonistin: 1+ ♥
Figuren: 1
Spannung: 2
Pacing/Tempo: 2-3
Wendungen: 1+ ♥
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 1-2
Feministischer Blickwinkel: 1-2
Einzigartigkeit: 2

Insgesamt:

Note 2+

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.08.2024

Langsamer Start, berührendes Ende – und dazwischen sehr schön illustriert!

The Many Deaths of Laila Starr
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eines Tages wird der Todesgöttin einfach gekündigt. Ihre Arbeit passe nicht mehr ins Konzept, außerdem wird ein Mann in Zukunft die Unsterblichkeit erfinden. Sie soll ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Eines Tages wird der Todesgöttin einfach gekündigt. Ihre Arbeit passe nicht mehr ins Konzept, außerdem wird ein Mann in Zukunft die Unsterblichkeit erfinden. Sie soll stattdessen als Sterbliche leben und so die Menschheit besser verstehen lernen. Eines steht fest: Diesen Mann, der den Tod abschaffen wird, wird sie vorher töten, immerhin hat sie schon so viele Leben genommen, da macht das doch keinen Unterschied mehr. Oder?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Sammelband 1 einer Comic-Serie (Hefte 1-5)
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: männliche + weibliche Perspektive + aus Sicht von Gegenständen + Tieren
Kapitellänge: Einteilung in Kapitel bzw. in die einzelnen Comic-Hefte, die in diesem Band enthalten sind
Triggerwarnung: Tod, Alkoholmissbrauch, Trauer, Verlust, Krankheit, Krebs, psychische Krankheiten, Suizid, Geburt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden, aber nur sehr knapp!

Lieblingszitate

„Ich werde da runter gehen und sterblich sein. Ich werde alt werden und Wehwehchen kriegen. Ich werde Leuten trauen, denen ich nicht trauen sollte. Ich werde Leute enttäuschen, die an mich glauben. Mein Herz wird gebrochen werden.“ Seite 15

„Wir sind stark, wir menschlichen Wesen. Wir leben, weil wir es wirklich wollen. […] Jeder Herzschlag, jeder Atemzug… weist den Tod zurück.“ Seite 115

Meine Rezension

Graphic Novels haben eine ganz eigene Art, Geschichten zu erzählen – und genau das fasziniert mich an ihnen. Deshalb greife ich immer wieder gerne zu diesem Genre. Als ich das Cover von „The Many Deaths of Laila Starr“ – übersetzt von Jörg Faßbender – gesehen habe, hat mir der Zeichenstil sofort gefallen und mich sehr neugierig gemacht.

Tatsächlich hat dieser Comic-Sammelband es geschafft, mich zu überzeugen – und das obwohl ich mich eigentlich für Götter und Göttinnen und deren Probleme nicht wirklich interessiere. Doch da die Todesgöttin hier recht schnell keine Göttin mehr ist, ging es. ;) Hauptverantwortlich für die Comics zeigt sich der indische Autor Ram V, der bereits einige Preise für seine Werke erhalten hat und sogar für den hochkarätigen amerikanischen Eisner-Award nominiert war.

Im Fokus der während der Corona-Pandemie entstandenen Geschichte stehen Menschlichkeit, Vergänglichkeit, Tod und Trauer bzw. der Umgang damit. Mir hat die Themenwahl sehr gut gefallen – und auch wenn die Handlung nur langsam ins Rollen kommt und es ein paar Seiten dauert, bis man ins Buch gefunden hat, wachsen einem die Figuren doch nach und nach irgendwie ans Herz. Das Ende empfand ich als sehr gelungen und berührend – auch wenn es mir eigentlich zu offen war und zu viele Fragen unbeantwortet bleiben. Unklar ist, ob die Comicreihe noch weitergeht – im Internet habe ich dazu keine eindeutigen Informationen gefunden, auch wenn es aufgrund der großen Pause seit der letzten Folge (die immerhin 2021 veröffentlich wurde) leider unwahrscheinlich scheint.

Interessant fand ich auch die verschiedenen Perspektiven: Eine Szene wird sogar aus der Sicht einer brennenden (und somit sterbenden) Zigarette erzählt, wie originell ist das denn!? Noch besser haben mir nur Filipe Andrades liebevoll angefertigte Illustrationen gefallen, die wirklich sehr schön anzuschauen sind. Die außergewöhnliche Farbpalette ähnelt einem Sonnenuntergang – Orange, Lila, Pink, Violett, Blau – und kombiniert kräftige Farben mit Pastelltönen.

Aus feministischer Sicht bin ich im Großen und Ganzen ebenfalls zufrieden – immerhin steht eine starke und mächtige Frau im Mittelpunkt –, auch wenn mir das Geschlechterverhältnis zu unausgeglichen war. Denn fast alle anderen wichtigen Figuren im Buch sind männlich. Da geht noch mehr! Die visuelle Darstellung der weiblichen Charaktere ist ebenfalls in Ordnung, würde ich sagen, sie werden hier weder stark s_xualsisiert noch objektifiziert. Trotzdem ist hie und da ein leichter Male Gaze (dt. männlicher Blick) vorhanden (z. B. unrealistische / perfekte weibliche Körper im Gegensatz zu denen der Männer, eher knappe Kleidung, „verführerisches“ Auftreten), der aber zum Glück nicht allzu störend für mich war.

Für fünf Sterne hat es am Ende aber trotzdem nicht gereicht: Für meinen Geschmack kommt die Geschichte ZU langsam ins Rollen, es hat viele Seiten gedauert, bis sie mich auch emotional erreicht hat. Zudem fehlen sowohl der Story als auch den Figuren (durch die vielen Perspektivwechsel und Handlungsstränge) Tiefe. Auch die Hauptfigur Laila Starr lernt man nicht gut und vor allem lange genug kennen, um wirklich eine starke Bindung zu ihr aufzubauen und mit ihr mitzufühlen. Außerdem habe ich aus irgendeinem Grund nicht das Gefühl, dass mir diese Graphic Novel allzu lange in Erinnerung bleiben wird…

Mein Fazit

„The Many Deaths of Laila Starr” ist für mich eine Graphic Novel, an die ich keine hohen Erwartungen hatte, die mich (trotz kleiner Schwächen) aber positiv überrascht, mit ihren Illustrationen verzaubert und am Ende sogar berührt hat. Von mir gibt es deshalb eine Empfehlung für alle, die sich von ernsten Themen wie Tod, Trauer und Vergänglichkeit nicht abschrecken lassen.

Bewertung (in Schulnoten)

Idee: 2
Inhalt, Themen, Botschaft: 1+ ♥
Umsetzung: 2
Worldbuilding: 2
Einstieg: 3
Ende: 1-2
Schreibstil: 2
Illustrationen: 1-2
Figuren: 2-3
Spannung: 4
Wendungen: 2-3
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 2
Feministischer Blickwinkel: 2-
Einzigartigkeit / Chance, dass ich das Buch nie vergessen werde: 4

Insgesamt:

Note 2

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.08.2024

Das geht besser! Außerdem: Warum fast nur Zitate von Männern?

Niksen
0

Inhalt

„Niksen“ ist ein kleines Geschenkbuch zu den Themen Nichtstun, Entschleunigung und Achtsamkeit…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Altersempfehlung: ---
Erzählweise: Zitate, Sprüche ...

Inhalt

„Niksen“ ist ein kleines Geschenkbuch zu den Themen Nichtstun, Entschleunigung und Achtsamkeit…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Altersempfehlung: ---
Erzählweise: Zitate, Sprüche und Fotos
Inhaltswarnungen: ---

Dieses Buch solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge gut gefallen:

- Entschleunigung
- Nichtstun als Chance
- Leben genießen
- Achtsamkeit
- inspirierende Zitate
- ästhetische Bilder
- gemütliche Vibes
- Geschenkbücher mit Botschaft

Lieblingszitate

„Der Schlüssel zum Glück steckt von innen.“ Anonym, E-Book, Seite 12

„Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran als eine Pause.“ Elizabeth Barrett Browning, E-Book, Seite 38

Meine Rezension

Als Lehrerin ist man eigentlich ständig auf dem Sprung, dauernd im Stress, hat permanent eine Liste mit gefühlt 1000 Dingen im Kopf, die man erledigen muss. Abschalten und längere Zeit einfach einmal nichts tun – Fehlanzeige (zumindest während des laufenden Schuljahrs)! Nur in den Sommerferien ist das wirklich möglich, weswegen genau jetzt der perfekte Moment für das Geschenkbuch „Niksen – Die Kunst des Nichtstun“ gekommen war.

Viel gibt es über das dünne Büchlein mit den inspirierenden Sprüchen und optisch ansprechenden Bildern eigentlich nicht zu sagen. Für mich ist es eben ein typisches Geschenkbuch! Darin geht es um das niederländische „Niksen“, die Kunst des Nichtstun – um Entschleunigung, Achtsamkeit und darum, sich der Kostbarkeit des Lebens bewusst zu werden und seine Zeit auf Erden so gut es geht zu genießen. „Niksen“ will uns ermuntern, das Nichtstun als etwas Wertvolles, Schönes, als Chance und nicht als bloße Faulheit zu begreifen. Daher ist das kleine Buch als Geschenk für alle, denen ihr mal durch die Blume sagen möchtet, dass sie mal mehr auf SICH schauen und ein paar Gänge zurückschalten sollten, mit Sicherheit gut geeignet. ;)

Begeisterungsstürme bleiben aber leider aus, denn ich habe schon viele ähnliche Bücher gelesen und bei den meisten fand ich die Zusammenstellung der Fotos und die Auswahl der Zitate deutlich liebevoller, inspirierender und schöner. Es gab hier zumindest keinen Satz, den ich mir ausdrucken, auf den Kühlschrank kleben und an den ich mich für immer erinnern wollte. Das geht besser!

Mein größter Kritikpunkt kommt aber erst jetzt: Aus feministischer Sicht fand ich die „Kuration“ mehr als fragwürdig – denn obwohl sich das Buch scheinbar (durch die vielen auf den Fotos abgebildeten Frauen und die „Vibes“) an ein weibliches Publikum richtet, stammen NUR 2 der 16 abgedruckten Zitate von berühmten Frauen (Lucy Maud Montgomery, Elizabeth Barrett Browning), der Rest kommt von Männern wie Oscar Wilde, J. R. R. Tolkien und Wolfgang Amadeus Mozart. (Ja, ich habe mir die Mühe gemacht, das genau zu zählen und auszurechnen.) Das entspricht einer Frauenquote von 12,5 % und zeigt, wie schnell Frauen übersehen werden, wenn man sich das Geschlechterverhältnis nicht bewusst anschaut – was man auch hier tun hätte sollen, um genau so ein Ergebnis zu vermeiden. Auch das muss bei zukünftigen Geschenkbüchern des Verlags (die Person, die das Buch zusammengestellt hat, wird leider nicht namentlich genannt) besser werden!

Mein Fazit

Um ehrlich zu sein, habe ich schon bessere und liebevoller zusammengestellte Geschenkbücher gesehen, die länger in Erinnerung blieben und die ich mir auch gerne mehrmals angesehen habe – dieses Potential sehe ich hier leider nicht. Außerdem wurde bei der Auswahl der Zitate fast vergessen, dass die Menschheit nicht nur aus Männern besteht –enttäuschend, das geht besser! Von mir gibt es deshalb leider keine Empfehlung.

Bewertung (in Schulnoten)

Idee: 2
Ausführung: 4 Sterne
Fotos: 3 Sterne
Rollenbilder/Feminismus: 4

Insgesamt:

Note 4

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.08.2024

Witzig und kurzweilig, wenn auch zu oberflächlich und zu viele Klischees

Pi mal Daumen
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Unerwarteterweise trifft der 16-jährige adelige und hochbegabte Autist
Oscar bei einer Mathematik-Einführungsvorlesung auf Moni, eine über 50-jährige Großmutter mit ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Unerwarteterweise trifft der 16-jährige adelige und hochbegabte Autist
Oscar bei einer Mathematik-Einführungsvorlesung auf Moni, eine über 50-jährige Großmutter mit vielfältigen familiären Aufgaben und mehreren Jobs, die sich heimlich an der Universität eingeschrieben hat, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Für Oscar steht fest: Diese Frau ist hier eindeutig fehl am Platz. Oder? Es ist der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Inhaltswarnung: psychische Krankheiten, Autismus, Misogynie, S+xismus, Klassismus, Tod, toxische Beziehung, Mutterschaft, Trauer, Diskriminierung
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: B+tch

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Universität & Leben als Studierende:r
- Autismus & Hochbegabung
- Mathematik
- Gegensätze ziehen sich an
- ungewöhnliche Freundschaft
- Milieustudie („Ober- und Unterschicht“)
- LGBTQAI+-Repräsentation (M|M)
- Mental Load & Care-Arbeit (als Großmutter)
- strukturelle Diskriminierung an der Uni
- Familie
- Humor

Lieblingszitate

„Im Mathestudium mit Schulwissen anzukommen war, als wollte man mit einer Sandkastenschaufel versuchen, einen See auszugraben.“ Seite 12

„In der U-Bahn wusste ich sofort wieder, warum ich öffentliche Verkehrsmittel mied. Es waren nicht nur die seltsamsten Leute darin, sie schauten mich auch noch an, als hätten sie noch nie eine Person mit Gummihandschuhen gesehen.“ Seite 58

„‘Wenn ich jetzt auch noch anfange, Ansprüche zu stellen…‘
[…]
„‘Es geht nicht um Ansprüche, sondern um Lebensrealitäten.‘“ Seite 67

„Irgendwann hörte ich auf, den Fliederduft wahrzunehmen. Was nur bedeuten konnte, dass ich dabei war, mich an sie zu gewöhnen.“ Seite 31

Meine Rezension

Eigentlich hatten mich Titel und Klappentext auf den ersten Blick gar nicht angesprochen, doch als ich in die Leseprobe hineinlas, war es um mich geschehen und mein Interesse geweckt! Und wenn mir der Schreibstil gefällt, stimmt für mich schon einmal viel bei einem Buch – aber war auch der ganze Rest überzeugend?

Ja, durchaus! Für mich war es das erste Buch von Alina Bronsky und ich war sofort begeistert und sehr angetan von ihrer leichtfüßigen, unglaublich angenehm lesbaren Sprache voller treffender, schöner und witziger Vergleiche. Die Autorin ist definitiv eine sehr gute Geschichtenerzählerin und hat das Schreibprinzip „show, don’t tell“ verstanden! Zu sagen, dass die Mathematik nie zu meinen großen Leidenschaften gehört hat, wäre eine maßlose Untertreibung – trotzdem empfand ich die hier geschilderten und meiner Einschätzung nach (vielleicht liege ich aber auch vollkommen daneben!) gut recherchierten mathematischen Probleme und Themen als faszinierend und interessant, sodass SOGAR ICH ihnen etwas abgewinnen und die Begeisterung für dieses Fach nachvollziehen konnte. In den Beschreibungen des Uni-Lebens habe ich mich (zumindest teilweise, die enge Beziehung zu den Professor:innen ist etwas unglaubwürdig) wiedergefunden und mich an meine eigene Zeit als Studentin zurückerinnert. Nach der Lektüre habe ich übrigens auch so viel Lust wie nie zuvor auf ein Zweistudium!

„Pi mal Daumen“ handelt von einer ungewöhnlichen Freundschaft, von Familie und Gegensätzen, die sich anziehen, aber die Autorin traut sich auch noch an ein weiteres, sehr wichtiges Thema heran: Chancengleichheit und fehlende Familienfreundlichkeit im Studium. Denn leider werden durch das jetzige, oft „lernfeindliche“ System jene benachteiligt, die in einer Familie die Care-Arbeit leisten, Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder nebenher noch andere Verpflichtungen (z. B. einen Vollzeitjob) haben. So müssen viele dieser Leute (meist leider immer noch Frauen) trotz Potential und Interesse irgendwann aufgeben und abbrechen und können nicht das leisten, wozu sie eigentlich fähig wären – wodurch uns als Gesellschaft viele kluge Köpfe verloren gehen.

Großartig fand ich die schlagfertigen, schnellen Dialoge, den Humor und die Situationskomik, die genau meinen Geschmack getroffen und mich immer wieder zum Lachen gebracht haben – und das will schon etwas heißen, denn ich bin diesbezüglich sicher ein schwieriges Publikum. Überzeugt haben mich auch der Spannungsbogen, durch den mir nie langweilig wurde, und die teilweise doch ziemlich unerwarteten Wendungen. Positiv überrascht war ich davon, dass es im Buch sogar eine LGBTQAI+-Repräsentation (M|M) gibt. Am Ende wird es dann sogar noch etwas übernatürlich und rätselhaft – muss man mögen, aber mich hat es nicht wirklich gestört.

Für fünf Sterne und den Lieblingsbuchstatus hat es dann aber doch nicht gereicht. Dafür blieb die Geschichte, die stellenweise durchaus als Milieustudie gesehen werden kann, insgesamt doch ein wenig zu oberflächlich, waren mir die Figuren zu überzeichnet (wodurch sie weniger „echt“ und dreidimensional wirkten) und die Darstellung sowohl der privilegierten, reichen, gebildeten „Oberschicht“ als auch der sozial benachteiligten, armutsgefährdeten, ungebildeten „Unterschicht“ zu klischeehaft. Deutlich kritischer ist hier natürlich Letzteres zu betrachten, weil so natürlich diverse Vorurteile befeuert werden und neue Nahrung bekommen: Monis Familie wird überwiegend als laut, chaotisch, ungebildet bis dumm, schlecht gekleidet, faul, dick (Fatshaming inklusive!) und überfordert von der eigenen (großen) Kinderschar dargestellt.

Auch aus feministischer Sicht haben mich die vielen Klischees gestört: Moni studiert zwar als Frau Mathe, ja, aber sie ist AUCH der INBEGRIFF der „multitaskenden“, sich selbst für alle aufopfernde, sich um alle kümmernde Großmutter (die laut Buch alle Leute sofort „adoptiert“), auch sonst sind es in diesem Buch fast immer die weiblichen Figuren, die für die Care-Arbeit und Mental Load zuständig sind, die Matheprofessoren sind natürlich männlich, die Schulsekretärin weiblich, es wird auch der Eindruck vermittelt, dass eine Frau im mittleren Alter ohne Make-up unerträglich anzusehen sei usw. Eine gewisse unterschwellige Kritik an dieser ungleichen Verteilung der unbezahlten Arbeit kann man herauslesen, wenn man will, aber sie ist so subtil, dass die meisten Leser:innen (die dafür nicht sensibilisiert sind und sich mit dem Thema noch nie näher beschäftigt haben) drüberlesen und nicht weiter darüber nachdenken werden. Das ist schade, hier hätte ich mir klarere Worte gewünscht!

Außerdem hatte der Protagonist ein paar Seiten an sich, die mich abgestoßen haben: Er ist zwar irgendwie sympathisch, aber gleichzeitig auch unendlich privilegiert, teilweise sehr egozentisch (was sich auch im Schreibstil durch die stellenweise gehäufte Verwendung von „Ich…“ am Satzanfang spiegelt) und arrogant (anderen Studienrichtungen und Menschen gegenüber) und äußert immer wieder s+xistische und misogyne Sätze, ohne es zu merken. Beispiel: Monika spricht in einer Szene mit einer anderen Mathestudentin und er vermutet, dass sie wohl über ein Kuchenrezept reden – denn über was sonst sollten zwei Frauen sich unterhalten? Ihr hört mich seufzen. Auch sonst sind Frauen im Mathestudium wenig sichtbar – es mag aktuell noch der Realität entsprechen, aber hier sollte man doch zumindest in der Literatur gegensteuern und nicht vorhandene Geschlechterstereotype weiter zementieren (was hier passiert), oder? Man merkt, dass der 46-jährigen Autorin teilweise noch das Bewusstsein für schädliche Rollenklischees, Stereotype und S_xismus fehlt, dass sie vieles einfach nicht hinterfragt, sondern als gegeben hinnimmt. Dass sie sich dieses Bewusstsein vor dem nächsten Buch aneignet, würde ich mir wünschen!

Mein Fazit

„Pi mal Daumen“ ist ein kurzweiliger, witziger, leichtfüßiger Roman, der zwar wichtige Themen anspricht, aber dabei etwas zu oberflächlich bleibt und nicht frei von (schädlichen) Klischees und Geschlechterstereotypen ist – dafür ziehe ich einen Stern ab. Wenn man weiß, was man hier erwarten darf (und was eben nicht), kann mensch mit diesem Buch aber trotzdem (wie ich) ein paar unterhaltsame Lesestunden verbringen. Von mir gibt es daher eine Empfehlung!

Bewertung (in Schulnoten)

Cover / Aufmachung: 3 ♥
Idee: 1+ ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 2
Umsetzung: 2
Worldbuilding: 1+ ♥
Einstieg: 1+ ♥
Ende: 2-3
Schreibstil: 1+ ♥
Protagonist: 2-3
Figuren: 2
Spannung: 2
Pacing/Tempo: 2
Wendungen: 1
Atmosphäre: 2
Emotionale Involviertheit: 2
Feministischer Blickwinkel: 3-4
Einzigartigkeit: 2

Insgesamt:

Note 2

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.08.2024

Starke Frauenfiguren, aber leider klischeehaft, oberflächlich und insgesamt enttäuschend

Belle Morte - Rot wie Blut
0

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Renies Schwester ist spurlos verschwunden – und zwar nicht irgendwo, sondern in einem der berühmten Vampir-Häuser namens „Belle Morte“, deren Bewohner:innen wie Stars ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Renies Schwester ist spurlos verschwunden – und zwar nicht irgendwo, sondern in einem der berühmten Vampir-Häuser namens „Belle Morte“, deren Bewohner:innen wie Stars gefeiert und bewundert werden. Kurz entschlossen bewirbt sie sich selbst als Blutspenderin -auch wenn sie Vampire eigentlich verabscheut. Doch um ihre geliebte Schwester zu finden, würde Renie alles tun…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/3
Erzählweise: Ich-Erzählweise und figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive im Wechsel
Kapitellänge: mittel

Inhaltswarnung: Blut, Gewalt, s+xualiserte Gewalt gegen Frauen, Trauer, Verlust, Krieg, Alkoholmissbrauch, Tod, Tierquälerei, Tod von Tieren
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: n+ttig (Kleidung)

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Romantasy mit Vampiren
- Leben als Teil der High Society (Reichtum, Bälle, Kleider im Überfluss)
- verbotene Liebe
- starke Frauen
- Insta-Love (= Liebe auf den ersten Blick)
- Geheimnisse
- Geschwisterliebe
- Freundschaft

Lieblingszitate

„Ich blickte in seine Augen und war verloren.“ Seite 272

„[Seine Stimme] hatte etwas beinahe Intimes an sich, ein einlullendes Schnurren, das mich an Geflüster im Dunkeln erinnerte, an raunende Stimmen unter zerwühlten Decken.“ Seite 26

„Da war dieses seltsame Gefühl der Enge in meiner Brust, ein Schrei oder ein Schluchzen, das feststeckte und sich anfühlte, als hätte ich einen Stein verschluckt.“ Seite 133

Meine Rezension

Wenn es um Vampirbücher geht, kann ich einfach nicht nein sagen – jedes Mal ist da die Hoffnung, dass mir etwas richtig Gutes in die Hände fällt, das mich begeistert und fasziniert wie damals (auch heute noch mein Guilty Pleasure, bitte verurteilt mich nicht!) „Twilight“. „Belle Morte“ klang modern und vielversprechend, daher musste ich es haben! Aber konnte es mich auch begeistern?

Lasst es uns kurz und schmerzlos machen: nein. Für mich war „Belle Morte“ leider eine ziemliche Enttäuschung. Das Romantasy-Buch ist mir über weite Strecken echt auf die Nerven gegangen und ich habe mehrmals überlegt, ob ich es abbrechen soll! Nicht überzeugt haben mich zum Beispiel der oberflächliche, uninspirierte Schreibstil (gefühlt beginnt jeder zweite Satz mit „Ich…“) und die „Insta-Love“ zwischen Renie und Edmond. Von Anfang an sind da scheinbar heftige Gefühle da – für mich (als Fan von sich ganz langsam entwickelnden Liebesgeschichten) überhaupt nicht nachvollziehbar… Dazu kommt, dass ich die meisten Figuren ziemlich blass und wenig greifbar fand – auch wenn sie von der Autorin teilweise eine Vorgeschichte bekommen, die hunderte von Jahre in die Vergangenheit zurückreicht. Sie fühlten sich für mich trotzdem nie wie echte Personen mit einer Persönlichkeit und Ecken und Kanten an (bis auf wenige Ausnahmen). Gestört hat mich auch, dass die Protagonistin Renie sich stellenweise wenig nachvollziehbar (manche würden es leichtsinnig nennen, andere dumm) verhält und sich mehrmals ohne guten Grund in große Gefahr bringt bzw. ohne Sinn und Verstand rebelliert.

Auch beim Pacing (= Erzähldichte und Erzähltempo) gibt es noch viel Luft nach oben, da im Mittelteil wirklich nicht viel passiert (außer sehr, sehr langweiligen Modenschauen, Bällen und für ein Jugendbuch ab 14 etwas problematischen Saufgelagen), dann gegen Ende aber zu viel in zu kurzer Zeit (gemeiner Cliffhanger inklusive). Der Aufbau des Spannungsbogens hat also nur punktuell, aber nicht szenenübergreifend geklappt.

Mein größtes Problem waren aber die vielen Klischees, von denen das (recht vorhersehbare) Buch durchzogen ist und die mich quasi ständig die Augen überdrehen lassen haben. Einige Beispiele: uralter, wunderschöner Vampir verliebt sich in Teenager-Mädchen, die sein „versteinertes Herz“ erweicht, Protagonistin ist „anders als die anderen“, Love Interest rettet heldenhaft weibliche Hauptfigur vor s_xualisierter Gewalt durch einen anderen Mann usw. Gegen Ende wird es stellenweise auch noch einmal richtig schnulzig und kitschig – auch hiervon bin ich (gelinde gesagt) kein Fan. Diese Geschichte war ursprünglich eine Wattpad-Story (die Werke der Autorin wurden immerhin über 12 Millionen Mal gelesen) – und diese Herkunft merkt man ihr leider auch an (sowohl sprachlich als auch inhaltlich).

Dabei gab es durchaus gute Ansätze: Die Grundidee mit den modernen, gehypten Vampir:innen, den von Kameras begleiteten Events in den Häusern und dem vertraglich geregelten Blutspender:innen-System fand ich richtig cool und ich mochte auch den Humor und die eine oder andere gelungene Formulierung. Ebenfalls erwähnen sollte ich, dass sich dieses recht dialoglastige Romantasy-Buch trotz meiner Kritikpunkte unglaublich flüssig und schnell lesen lässt, was ein großer Pluspunkt ist. Außerdem bemüht sich die Autorin zumindest sichtlich, den Figuren vor allem in der weiten Hälfte der Geschichte mehr Tiefe zu verleihen (auch wenn dieses Vorhaben meiner Meinung nach nicht von Erfolg gekrönt ist).

Richtig gefeiert habe ich hingegen, dass „Belle Morte“ aus feministischer Sicht wirklich abliefert: Es gibt keinerlei frauenfeindliche Beleidigungen, dafür aber viele mächtige weibliche Figuren (z. B. wird das Vampirhaus von einer respekteinflößenden Herrin geleitet), eine unaufgeregte Einbindung von Diversität (z. B. LGBT-Repräsentation, verschiedene Hautfarben) und einen Love Interest, der Grenzen zu jeder Zeit respektiert und dem Consent sogar in Momenten größter Gefahr noch unglaublich wichtig ist. Dafür gibt es von mir natürlich einen Daumen nach oben! Mir hat es ebenfalls sehr gut gefallen, dass sowohl die Vampir:innen (= die Mächtigen im Buch) als auch die Blutspender:innen (= die Schutzbefohlenen) aus Männern UND Frauen bestehen – es ist also eine sehr gleichberechtigte Fantasy-Welt, bei dem zumindest kein Geschlecht benachteiligt oder unterdrückt oder ausgebeutet wird (Hinweis: Consent beim Bluttrinken ist im Buch stellenweise allerdings schon frag- bzw. diskussionswürdig). Auch bei den (übrigens ziemlich blutigen, brutalen) Kämpfen unter den Vampiren wird auf das Geschlecht keine Rücksicht genommen, weil Vampirinnen und Vampire schlicht gleich stark sind. Das fand ich sehr erfrischend! Einen halben Stern Abzug gibt es von mir hier nur für zwei bis drei Kleinigkeiten (vereinzelt leichter Male Gaze, Verwendung des Wortes „n+ttig“).

Mein Fazit

„Belle Morte“ ist ein Vampir-Jugendbuch, an das ich keine allzu hohen Erwartungen hatte, das mich aber leider trotzdem ziemlich enttäuscht hat (fehlende Tiefe bei Schreibstil und Figuren, sich zu schnell entwickelnde Liebesgeschichte, langsames Erzähltempo, viele Klischees, zu wenig Spannung) und mir über weite Strecken auch auf die Nerven gegangen ist. Eine Empfehlung gibt es LEDIGLICH aus feministischer Sicht – hier gibt es nämlich so gut wie gar nichts auszusetzen!

Bewertung (Note)

Cover / Aufmachung: 3
Idee: 1+ ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 3
Umsetzung: 3-4
Worldbuilding: 2
Einstieg: 3
Ende: 3
Schreibstil: 3-4
Protagonist:innen: 3
Love Interest: 3
Liebesgeschichte: 4
Figuren: 3-4
Spannung: 4
Pacing/Tempo: 3-4
Wendungen: 3
Atmosphäre: 3
Emotionale Involviertheit: 3-4
Feministischer Blickwinkel: 1-
Einzigartigkeit: 4

Insgesamt:

Note 3-4

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere