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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.09.2019

Hat mich leider enttäuscht

Römische Tage
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Im neuen Buch von Simon Strauß geht es um einen jungen Mann, der einige intensive Wochen in Rom verbringt und ganz in diese Stadt und ihre Magie eintaucht.

Übersicht

Einzelband ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Im neuen Buch von Simon Strauß geht es um einen jungen Mann, der einige intensive Wochen in Rom verbringt und ganz in diese Stadt und ihre Magie eintaucht.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: Tropen
Seitenzahl: 142
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel
Tiere im Buch: -! Dieses Buch ist für TierliebhaberInnen absolut schwer zu ertragen. Es gibt Schilderungen von überfahrenen Hunden und leidenden Katzen, die in der Hitze verdursten und denen niemand hilft. Beim Lesen ist mir die Wut in den Bauch geschossen, als ich die detaillierten Beschreibungen der sterbenden Tiere lesen musste. Der Protagonist kommt nicht auf die Idee, ihnen Wasser anzubieten, sondern schaut ihnen mit einer widerlichen, empathielosen Distanz beim Leiden zu. Das hat ihn mir absolut unsympathisch gemacht, vor allem, da es sich ja sehr wahrscheinlich um wahre Beschreibungen der Zustände dort handelt! Außerdem tritt eine Frau nach Stadttauben (die es ohnehin schon schwer genug haben!), Hundekämpfe werden erwähnt und es wird Zirkusdirektoren, die immer noch Wildtiere im Programm haben, und deren unangebrachtem Selbstmitleid eine Bühne geboten – Wildtiere haben im Zirkus nichts verloren!

Warum dieses Buch?

Ich war bisher noch nicht in Rom, aber da die Stadt ja sehr faszinierend sein soll, dachte ich mir, dass „Römische Tage“ von Simon Strauß die richtige Lektüre für mich sein könnte. Außerdem konnte mich das mitreißende, erfrischende, kraftvolle Debüt des Autors absolut begeistern! Die Lesung, bei der ich zugegen war, war zudem großartig und der Vortrag des Autors sehr charismatisch und fesselnd. Ein tolles Erlebnis! Für mich stand fest, dass ich Simon Strauß‘ neues Buch auf jeden Fall wieder lesen muss.

Meine Meinung

Einstieg (-)

"Ankunft in Rom. Am ersten Juli. Zweihunderteinunddreißig Jahre und acht Monate nach Goethe." E-Book, Position 16

Schon beim Einstieg folgte leider Ernüchterung. „Sieben Nächte“ vermochte es, mich schon auf den ersten Seiten absolut zu fesseln, „Römische Tage“ präsentiert sich da leider weniger zugänglich. Es dauerte lange, bis ich ins Buch gefunden habe, richtig in die Geschichte eintauchen konnte ich nie.

Schreibstil (+/-)

„Wenn man aufs Herz zu sprechen kommt, nur in die Richtung zeigt, schauen die Menschen gleich so betrübt. Nichts mehr zu machen, denken sie mit heimlicher Erleichterung darüber, dass es sie nicht selbst getroffen hat.“ E-Book, Position 29

Was den Schreibstil betrifft, bin ich zwiegespalten. Die kraftvolle, intensive und mitreißende Sprache des Manifests „Sieben Nächte“ sucht man im neuen Buch vergeblich; wo das Debüt den Nerv der Zeit traf, wirkt die neue Erzählung auf mich eher altmodisch und rückwärtsgewandt. Der Essaystil ist insgesamt trotzdem wieder gut gelungen, auch wenn er hinter meinen hohen Erwartungen zurückblieb. Simon Strauß schreibt anspruchsvoll und schön, gleichzeitig lassen sich seine Bücher aber auch sehr flüssig und angenehm lesen, was mir ebenso gut gefällt wie der gelegentliche ironische Unterton.

Einerseits war ich beeindruckt vom literarischen und kulturhistorischen Wissen des Autors, der scheinbar mühelos und „im Vorbeigehen“ altehrwürdige Dichter, Politiker, Schriftsteller und Philosophen zitieren kann. (Auch Anspielungen auf moderne Lieder und Bands wie „Annenmaykantereit“ finden sich übrigens im Buch.) Andererseits fand ich die ständigen Zitate, Anspielungen und geschichtlichen Informationen stellenweise auch sehr gewollt, prätentiös und ermüdend. Es wirkt, als hätte der Autor um jeden Preis zeigen wollen, wie extrem gebildet und kultiviert er ist (und das ist er mit Sicherheit!). Das ging jedoch, was mich betrifft, manchmal nach hinten los. „Römische Tage“ ist deswegen teilweise anstrengend zu lesen. Manchmal hätte ich mir mehr Empfinden, mehr Erleben und weniger Verweise gewünscht.

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+/-)

„Römische Tage“ ist eine Aneinanderreihung von Reiseeindrücken und hat eigentlich keine wirkliche Handlung. Der Protagonist lebt ein sehr privilegiertes Leben, besucht Sehenswürdigkeiten, Friedhöfe und Partys, trifft sich mit Historikern, Generälen, Schauspielern und Kardinälen und wandelt auf den Spuren Goethes und anderer berühmter Persönlichkeiten. Dabei wirkten sein Verhalten und sein Leben auf mich meist sehr elitär und weit weg von dem einer Durchschnittsperson. Das muss man mögen, mich hat es nur selten gestört.

Thematisch stehen der Tod, Vergänglichkeit, die Flüchtlingskrise, die aktuelle Enttäuschung der RömerInnen vom Staat, die Vermischung der alten und der modernen Welt und die ehrliche Gegenüberstellung der Idealvorstellung von Rom und der oft schmutzigen, unschönen Realität im Mittelpunkt. Eine Themenwahl, die ich eigentlich sehr gelungen fand. Im Buch kommen jedoch leider viele erzkonservative und sogar rechte Menschen zu Wort, was ich etwas problematisch fand, besonders nach den Reaktionen der Öffentlichkeit auf Simon Strauß‘ Debüt. Stellenweise enthält das Buch wunderbar treffende und berührende Beobachtungen, sehr schöne Sätze, Weisheiten und ehrliche, tiefgründige Reflexionen, in anderen Momenten sind die Beschreibungen der Eindrücke oberflächlich, zu hastig abgehandelt und ohne jegliche Tiefe. Erfahrene Romreisende werden vielleicht mit diesem Buch ihre Freude haben, weil jede Beschreibung einer Sehenswürdigkeit eigene Erinnerungen weckt. Auf mich hat das Buch leider (im Gegensatz zu „Sieben Nächte“) überhaupt keinen Sog ausgeübt, es gab keinen Drang, weiterzulesen. Trotz seiner starken Momente lässt mich das Buch seltsam unberührt zurück, und es wird mir wohl auch nicht lange in Erinnerung bleiben. Schade, dass es „Römische Tage“ nicht geschafft hat, etwas in mir zum Klingen zu bringen. Es war wohl einfach nicht mein Buch.

Protagonist (+/-)

Auch dieses Mal verwischen wieder absichtlich die Grenzen zwischen Autor und Hauptfigur. Simon Strauß verbrachte nämlich selbst einige Wochen in Rom. Der Protagonist war mir bis zur Szene mit den Katzen, die er einfach leiden lässt, eigentlich sympathisch – er ist eine alte Seele, intelligent, empfindsam und zeigt Zivilcourage, wenn jemand Hilfe benötigt. Jedoch blieb er das ganze Buch über auch ein wenig farblos und war nicht so recht greifbar. Manche seiner Reflexionen, Selbstfindungsversuche und kritischen Gedanken werden mir ohne Frage länger in Erinnerung bleiben, er als Figur wird aber schnell wieder vergessen sein.

„Oft fühle ich mich wie ein Befallener, zerfressen von vergangenen Idealen, getrieben von unbefriedigtem Ehrgeiz. Wer zu spät auf die Welt gekommen ist, wird seine Zeit nie finden, sagt man.“ E-Book, Position 65

Figuren (-)

Alle anderen Figuren kommen nur ganz kurz im Buch vor, niemanden davon lernen wir näher kennen. Die meisten Charaktere zogen an meinem inneren Auge vorbei ohne einen bleibenden Abdruck zu hinterlassen. Manche der Geschichten über einzelne Nebenfiguren muss sich der Autor wohl in seiner Fantasie ausgemalt haben – wissen kann er diese intimen Details eher nicht. Manchmal erschien es mir so, als wurde die Ich-Erzählsituation mit einer allwissenden vermischt. Interessant, es hatte einen gewissen Charme. Mir hat es gefallen.

Spannung & Atmosphäre (-)

Immer wieder gibt es höchst atmosphärische Beobachtungen und Beschreibungen Roms, die mich absolut überzeugen konnten. Oft verkommen die vielen Erlebnisse aber auch zu einer etwas substanzlosen Aneinanderreihung von oberflächlichen Eindrücken. Spannung war zu keinem Zeitpunkt vorhanden, dafür sind die einzelnen geschilderten Episoden zu kurz und unzusammenhängend. Stellenweise musste ich mich leider durch das Buch quälen; ich wollte nicht wissen wie es weitergeht, sondern war oft gelangweilt und enttäuscht, dass mich dieses Buch nicht ebenso fesseln und faszinieren konnte wie das Debüt.

Feministischer Blickwinkel (+/-)

Vieles hat mir gefallen: dass oft gegendert wurde, dass auch auch LGBT-Figuren im Buch vorkommen, dass Machtmissbrauch mächtiger Männer thematisiert wird, dass gezeigt wird, dass AbtreibungsgegnerInnen kritisiert werden. Nicht gefallen hat mir, dass einmal angedeutet wird, dass es normal sei, dass die Frau für den Abwasch zuständig ist und dass der Mann sich in der Zwischenzeit schon ein Bier gönnt und dass eine Jugendliche anscheinend schon verheiratet ist und von ihrem Ehemann ziemlich unterdrück wird (das wird jedoch immerhin kritisiert, was gut ist). Sehr gestört hat mich, dass fast alle wesentlichen Gesprächspartner Männer waren und Frauen kaum zu Wort kamen – hier hätte ich mir ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis gewünscht. Den Bechdel-Test (sprechen zwei Frauen über etwas anderes als einen Mann?) besteht dieses Buch (was keine Überraschung ist) ebenfalls nicht.

Mein Fazit

Nach Simon Strauß‘ mitreißendem, kraftvollem und fesselndem Debüt bin ich an sein neues Buch mit hohen Erwartungen herangegangen, die leider enttäuscht wurden. Der Einstieg verlief schleppend, ganz in die Geschichte eintauchen konnte ich nie. Das lag bestimmt am Essaystil, der zwar anspruchsvoll, schön und angenehm zu lesen ist, dem aber dieses Mal diese erfrischende, kraftvolle Intensität fehlte. Wo das Debüt den Nerv der Zeit traf, wirkte die neue Erzählung auf mich altmodisch und rückwärtsgewandt. Einerseits war ich beeindruckt vom literarischen und kulturhistorischen Wissen des Autors, der scheinbar mühelos und „im Vorbeigehen“ altehrwürdige Dichter, Politiker, Schriftsteller und Philosophen zitieren kann. Andererseits fand ich die ständigen Zitate, Anspielungen und Informationen auch gewollt, prätentiös und ermüdend. „Römische Tage“ ist eine Aneinanderreihung von Reiseeindrücken eines privilegierten, elitären jungen Mannes und hat eigentlich keine wirkliche Handlung. Thematisch stehen der Tod, die Vermischung von Alt und Neu und die ehrliche Gegenüberstellung der Idealvorstellung von Rom und der oft schmutzigen, unschönen Realität im Vordergrund. Stellenweise enthält das Buch wunderbar atmosphärische, treffende und berührende Beobachtungen und Beschreibungen Roms, sehr schöne Sätze, Weisheiten und ehrliche, tiefgründige Reflexionen, in anderen Momenten sind die Beschreibungen der Eindrücke substanzlos, oberflächlich, zu hastig abgehandelt und ohne jegliche Tiefe. Der Protagonist war mir bis zur Szene mit den Katzen, die er einfach vor sich leiden lässt, sympathisch – er ist eine alte Seele, intelligent und empfindsam. Jedoch blieb er das ganze Buch über auch ein wenig farblos und war nicht greifbar. Spannung oder ein Sog waren zu keinem Zeitpunkt vorhanden, stellenweise musste ich mich leider durch das Buch quälen und war sehr enttäuscht, dass es mich nicht ebenso fesseln und faszinieren konnte wie das Debüt. Trotz seiner starken Momente lässt mich das Buch seltsam unberührt zurück, und es wird mir (bis auf einige interessante Reflexionen) wohl auch nicht lange in Erinnerung bleiben. „Römische Tage“ war wohl einfach nicht das richtige Buch für mich, weswegen ich es nicht weiterempfehlen kann. Eine Empfehlung möchte ich trotzdem aussprechen, und zwar für „Sieben Nächte“, das großartige Debüt des Autors. Dem nächsten Roman werde ich sicher wieder eine Chance geben.

Bewertung

Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Sterne
Umsetzung: 2,5 Sterne
Worldbuilding: 3 Sterne
Einstieg: 2 Sterne
Schreibstil: 3,5 Sterne
Protagonist: 3,5 Sterne
Figuren: 2 Sterne
Spannung: 1 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Ende / Auflösung: 2 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2 Sterne
Feministischer Blickwinkel: +/-

Insgesamt:

❀❀,5 Lilien

Dieses Buch bekommt von mir insgesamt zweieinhalb Lilien!

Veröffentlicht am 05.09.2019

Zauberhafte, wunderschöne Illustrationen & eine berührende Geschichte mit kleinen Schönheitsfehlern

Der lange Weg zu dir
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Inhalt

Auf der einen Seite des Meeres lebt ein Mädchen namens Sonia mit ihrer geliebten Katze, auf der anderen Seite des Meeres ein Junge namens Adam mit seinem besten Freund, dem Hund Rufus. Als das ...

Inhalt

Auf der einen Seite des Meeres lebt ein Mädchen namens Sonia mit ihrer geliebten Katze, auf der anderen Seite des Meeres ein Junge namens Adam mit seinem besten Freund, dem Hund Rufus. Als das Tier eines Tages an Altersschwäche stirbt, fällt Adam in ein tiefes Loch, isst nichts mehr und liegt den ganzen Tag im Bett. Er trauert. Die Katze führt Sonia auf eine abenteuerliche Reise, deren Ziel das kleine Haus des Jungen ist. Können Sonia und Miezi, die Katze, dem Jungen neue Hoffnung schenken?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Altersempfehlung: 5-7 Jahre
Verlag: arsEdition
Seitenzahl: 40
Erzählweise: auktorialer/allwissender Erzähler, Präteritum
Tiere im Buch: +/- Ein Hund stirbt an Altersschwäche, eine Katze fängt eine Maus und wird von einem bösen Theaterdirektor in einen Käfig gesperrt. Die beiden Kinder gehen mit ihren Tieren jedoch sehr liebevoll um und lieben sie sehr!

Warum dieses Buch?

Ich bin immer auf der Suche nach empfehlenswerten, besonderen Kinderbüchern, die ich meinen (zukünftigen) Patenkindern, Nichten und Neffen vorlesen kann. Da mich die letzten beiden Gemeinschaftsprojekte von Martin Widmark und Emilia Dziubak so begeistern und verzaubern konnten, war für mich klar, dass ich ab jetzt jedes Werk dieser beiden tollen KinderbuchautorInnen lesen muss. Gesagt, getan!

Meine Meinung

Geschichte (+/-)

„Es waren einmal ein Junge und ein Mädchen, die sich nie getroffen hatten. Zwischen ihnen lag ein großes Meer.“ Seite 3

Normalerweise gehe ich aufs Design eines Buches in meinen Rezensionen ja nicht ein. Hier kann ich aber nicht anders: Die Gestaltung des Buches ist ein wahr gewordener Traum für alle BücherliebhaberInnen! Es handelt sich hier um das schönste Kinderbuch, das ich je in den Händen gehalten habe. Eigentlich ist das nicht mehr „nur“ ein Kinderbuch – das ist ein Stück Kunst!

Dieses Buch ist wieder für Kinder zwischen 5 und 7 perfekt als Vorleselektüre geeignet, auch wenn es einige unheimliche Zeichnungen gibt, die die Trauer von Adam stimmungsvoll veranschaulichen. Sensible Kinder könnten davon aber vielleicht Albträume bekommen, deshalb sollte man auf jeden Fall während oder nach dem Vorlesen mit ihnen darüber sprechen. Das Schöne an den Büchern von Widmark und Dziubak ist, dass sowohl Erwachsene als auch das junge Zielpublikum das Buch genießen und damit ihre Freude haben können. Dieses Mal glänzt die Geschichte mit einem märchenhaften Setting und einer unvorhersehbare Geschichte, die aber auch kraftvolle, ruhige und vor allem traurige Momente beinhaltet. Man kann gar nicht anders: Man möchte unbedingt wissen, wie es mit Sonia und Adam weitergeht!

Widmark und Dziubak behandeln wieder schwierige Themen in dieser berührenden Geschichte über Trauer, Schmerz, aber auch Hoffnung und Neubeginn. Besonders Adams Trauer wird sehr tiefgründig und anschaulich beschrieben. Hier bietet es sich natürlich an, dieses Buch als Anknüpfungspunkt zu verwenden, um das schmerzhafte und empfindliche Thema „Tod“ altersgerecht mit dem Kind zu besprechen. Auch die enge Bindung von Kindern zu ihren geliebten Tieren wird im Buch deutlich. Die Geschichte zeigt, dass es – nach einer angemessenen Trauerphase – helfen kann, dem Kind zu erlauben, einem neuen Tier ein Zuhause zu schenken, weil dadurch der Schmerz gelindert wird und das ein großer Trost sein kann.

Dieses Mal war für mich die Geschichte trotzdem nicht ganz perfekt. Meiner Meinung nach wurde sich zu viel vorgenommen, sodass manche Aspekte, wie zum Beispiel die Freundschaft zwischen Adam und Sonia und seine langsame „Genesung“, leider etwas zu kurz kamen. Ich denke, wenn man im Mittelteil das eine oder andere Ereignis gestrichen hätte, hätte man im letzten Teil bei den wirklich wichtigen Aspekten mehr in die Tiefe gehen können, was das Buch perfekt gemacht hätte. Dass viele Fragen (Warum lebt Sonia alleine, aber Adam bei seiner Großmutter? Wo sind die Eltern?) unbeantwortet bleiben, stört mich aufgrund der märchenhaften Geschichte nicht, auch wenn ich mir natürlich vorstellen kann, dass sie Kindern eventuell keine Ruhe lassen. Was Mitfahren mit Fremden betrifft, stimme ich mit einigen der anderen RezensentInnen überein: In einem Kinderbuch finde ich das problematisch, auch wenn Sonia eigentlich keine andere Wahl hatte. Das Thema sollte auf jeden Fall von den Erwachsenen angesprochen werden. Insgesamt lässt mich dieses Buch nach seinem glücklichen Ende trotzdem sehr zufrieden und berührt zurück, auch wenn es nicht ganz perfekt ist!

Schreibstil (♥)

„‘Bestimmt geht es dir bald besser‘, flüsterte Adam Rufus ins Ohr. Rufus sah ihn mit traurigen Augen an. Dann atmete er ein letztes Mal aus, schloss die Augen und verließ Adam.“ Seite 6

Der Schreibstil ist wie gewohnt sehr altersgemäß (es gibt keine zu schwierigen Wörter), märchenhaft, liebevoll und anschaulich. Man merkt, dass wieder einiges an Arbeit und Herzblut in dieses Buch geflossen ist. Manchmal war mir lediglich etwas zu viel Text auf einer Seite. Das hätte man etwas gleichmäßiger aufteilen können, damit die Aufmerksamkeit der Kinder nicht nachlässt oder sie das Interesse verlieren.

Figuren (♥)

Man leidet richtig mit Adam mit, als dieser seinen geliebten Hund verliert und in tiefster Trauer versinkt. Auch mit Sonia können sich Kinder bestimmt identifizieren, weil sie sich auf so eine spannende, abenteuerliche Reise begibt! Welches Kind hat davon nicht mindestens einmal geträumt? Die Großmutter, die sich liebevoll um Adam kümmert, wirkt ebenfalls sehr sympathisch.

Illustrationen (♥)

Die Illustrationen sind das Beste am Buch! Sie sind stimmungsvoll, fantasievoll, zauberhaft und wunderschön. Von Emilia Dziubak illustrierte Kinderbücher sind wirklich ein Stück Kunst! Ihr besonderer Malstil, ihre Kreativität, die liebevollen Details – die Illustrationen sind wieder ein Genuss! Meiner Meinung nach gibt es momentan niemanden im Kinderbuchgenre, der schöner illustriert als sie. Text und Bild greifen erneut perfekt ineinander. So fällt es leicht, sofort in die Geschichte einzutauchen und mitzufühlen. Auch das nächste Buch der beiden ist für mich daher wieder Pflichtlektüre!

Geschlechterrollen & Vielfältigkeit (♥)

Was die Vielfältigkeit betrifft, gibt es dieses Mal leider wieder nur weiße Figuren im Roman. Daran sollte vielleicht im nächsten Buch gearbeitet werden. Es gibt aber auch viele Dinge, die ich loben möchte: Erneut brechen Widmark und Dziubak mit veralteten Geschlechterstereotypen, indem sie einen sensiblen Jungen leiden und trauern lassen und das Mädchen auf eine abenteuerliche Reise schicken. Immer wieder muss Sonia sich beweisen, muss jemanden retten, muss mutig sein. Alleine dafür liebe ich dieses Buch!

Mein Fazit

„Der lange Weg zu dir“ ist ein wundervolles Kinderbuch, das Erwachsene ebenso verzaubern und begeistern wird wie Kinder. Text und Bild greifen wieder so perfekt ineinander, dass man nur hoffen kann, dass es noch lange nicht das letzte Buch dieses großartigen Kinderbuch-Duos war, das wieder so viel Liebe und Herzblut in diese Geschichte gesteckt hat. Der Schreibstil ist altersgerecht, anschaulich und märchenhaft, die Figuren sympathisch und glaubwürdig, und die fantasievollen, stimmungsvollen Bilder sind wunderschön und machen dieses Kinderbuch zu einem Stück Kunst! Das unvorhersehbare Kinderbuch ist spannend und schürt die Neugier, hat aber auch seine kraftvollen, ruhigen und vor allem traurigen Momente. Widmark und Dziubak behandeln in ihrer Geschichte wieder schwierige Themen wie Trauer, Schmerz, aber auch Hoffnung und Neubeginn sehr einfühlsam und berührend. Besonders Adams Trauer und die Liebe von Kindern zu ihren Tieren werden sehr tiefgründig veranschaulicht. Sensible Kinder könnten von den teilweise etwas unheimlichen Illustrationen vielleicht Albträume bekommen, deshalb sollte man auf jeden mit ihnen darüber reden. Es bietet sich an, dieses Buch als Anknüpfungspunkt zu verwenden, um das schmerzhafte, empfindliche Thema „Tod“ altersgerecht mit dem Kind zu besprechen. Perfekt ist die Geschichte dieses Mal leider trotzdem nicht: Meiner Meinung nach wurde sich zu viel vorgenommen, sodass manche Aspekte, wie zum Beispiel die Freundschaft zwischen Adam und Sonia und seine langsame „Genesung“, etwas zu kurz kamen. Ganz toll finde ich hingegen, dass Widmark und Dziubak mit veralteten Geschlechterstereotypen brechen, indem sie einen sensiblen Jungen trauern lassen und ein mutiges Mädchen auf eine abenteuerliche Reise schicken. Insgesamt lässt mich dieses Buch nach dem hoffnungsvollen Ende etwas wehmütig, aber sehr berührt zurück, auch wenn es nicht ganz perfekt ist. Das nächste Buch von Widmark und Dziubak wird ohne Zweifel wieder seinen Weg in mein Bücherregal finden. Falls ihr noch keine Bücher der beiden kennt, lege ich sie euch hiermit wärmstens ans Herz!

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Geschichte: 3,5 Sterne
Ausführung: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Personen: 5 Sterne ♥
Illustrationen: 5 Sterne ♥
Vielfältigkeit: -
Rollenbilder: ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir vier Lilien!

Veröffentlicht am 03.09.2019

2,5*: Gute Ansätze & viel verschenktes Potenzial: Habe von einer kulinarischen Dystopie mehr erwartet

Hysteria
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Bei diesem Buch handelt es sich um etwas ganz Ungewöhnliches: nämlich um eine "kulinarische Dystopie", in der das Künstliche das Natürliche bereits ersetzt hat. Und die ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Bei diesem Buch handelt es sich um etwas ganz Ungewöhnliches: nämlich um eine "kulinarische Dystopie", in der das Künstliche das Natürliche bereits ersetzt hat. Und die ganze Geschichte beginnt mit ungewöhnlichen Himbeeren. Die fallen Bergheim nämlich beim Einkauf auf, als er sie genauer betrachtet. Sofort beschließt er, dem Rätsel nachzugehen und landet schließlich im Kulinarischen Institut. Eine fieberhafte Suche nach der Wahrheit beginnt…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: Piper
Seitenzahl: 240
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive (Bergheim)
Kapitellänge: kurz bis lang
Tiere im Buch: + An sich lautet das Ziel der Gesellschaft im Buch, sich möglichst wenig in die Natur einzumischen. Zusätzlich gibt es an mehreren Tagen der Woche ein Fleischverbot – hier entwickelt sich ohne Frage einiges in die richtige Richtung. Auch handelt es sich bei den „Nutztieren“ teilweise nicht mehr um „echte Tiere“ (mehr kann ich nicht verraten, ohne zu spoilern). Bergheim fordert jedoch, dass die Jagd verherrlicht und der Mensch dem Tier wieder gleichgesetzt wird. Zudem verletzt sich ein Tier selbst.

Warum dieses Buch?

Dieses Buch war im letzten Jahr für den „Deutschen Buchpreis“ nominiert, was natürlich sofort mein Interesse geweckt hat. Zudem liebe ich Dystopien – und eine kulinarische Dystopie kannte ich bisher noch nicht. Ich erwartete also etwas Erfrischendes, Neuartiges – und wollte deshalb das Buch unbedingt lesen.

Meine Meinung

Einstieg (+)

"Mit den Himbeeren stimmte etwas nicht." E-Book, Position 31

Die Geschichte beginnt sehr mysteriös und rätselhaft, wodurch sofort meine Neugier geweckt wurde. Dennoch fiel es mir schwer, nach den ersten, interessanten Kapiteln wirklich in die Geschichte zu finden und ganz darin einzutauchen.

Schreibstil (+/-)

Hier bin ich zwiegespalten. Einerseits schätze ich Nickels anspruchsvollen, ästhetischen Schreibstil und mochte den gelegentlichen satirischen Unterton, andererseits erschien er mir auch oft (vor allem bei den Dialogen) etwas angestaubt, altmodisch, zu umständlich oder sogar prätentiös. Das lag daran, dass es der Autor an manchen Stellen meiner Meinung nach mit den langen Schachtelsätzen übertrieben hat. Teilweise gibt es Einschübe an seltsamen Stellen, so dass ich aus dem Lesefluss geraten bin und manche Abschnitte noch einmal lesen musste. Zudem wirkte es manchmal auch ein wenig gewollt, als hätte der Autor unbedingt zeigen wollen, wie anspruchsvoll er schreiben kann – auch wenn das durch die Verwendung von manchem Fachausdruck, der nicht erklärt wurde, zulasten des Verständnisses geht. Die Beschreibungen waren manchmal sehr gut gelungen und anschaulich, an anderen Stellen musste ich mir das Geschriebene bewusst und mit Mühe vorstellen.

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+/-)

„Bergheim kam der Verdacht, dass sie gar keine wirklichen Wanderer seien, sondern eine als getarnt arbeitende Spezialeinheit der Tierzüchter vom Markt, die auf der Suche nach ihm war, weil er zufällig etwas gesehen hatte, das niemand jemals zu Gesicht bekommen hätte sollen.“ E-Book, Position 221

Insgesamt hat mich „Hysteria“ leider enttäuscht, da ich mir von einer kulinarischen Dystopie einfach mehr erhofft habe – mehr Innovation, mehr Spannung, mehr Hintergrundwissen, mehr Tiefe, mehr Worldbuilding und ein erschreckenderes Zukunftsszenario. Die Geschichte hat sehr spannend und mysteriös begonnen, verliert sich dann aber streckenweise leider in zahlreichen Rückblenden (die einen aus dem Lesefluss reißen), hölzernen, uninteressanten Dialogen und in langatmigen Beschreibungen von alltäglichen Begebenheiten.

Es gibt zwar durchaus einige sehr interessante Informationen, die eingewoben werden, gute Ansätze (Kritik an der Lebensmittelindustrie, an allem Künstlichen) und gelungene Passagen, aber insgesamt ist der Inhalt dünn. Der rote Faden ging leider (wie viele andere RezensentInnen schon geschrieben haben) in der Mitte des Buches ein wenig verloren, die Handlung wirkte oft verworren und undurchsichtig. Zwischendurch fragte ich mich sogar, warum eine Szene nun wichtig war, worauf der Autor überhaupt hinauswill, was seine Botschaft und sein Inhalt sind. Insgesamt blieb mir einfach zu viel offen, es gab viele gute Ansätze, aber bei der Umsetzung wurde leider viel Potential verschenkt. Nach dem gruseligen Ende ließ mich das Buch leider mit vielen Fragezeichen und eher unbefriedigt zurück - meiner Meinung nach lohnt es sich nicht wirklich, sich „durchzuquälen“ – denn das musste ich abschnittsweise leider tun. „Hysteria“ war für den Deutschen Buchpreis 2018 nominiert, aber ich kann damit nur wenig anfangen. Darum kann ich es euch leider nicht weiterempfehlen.

Protagonist (+/-)

Bergheim war mir zwar in gewisser Weise sympathisch, und er erschien mir auch mit seinen zahlreichen Ängste und seiner Hochsensibilität gut ausgearbeitet, dennoch blieb immer eine gewisse Distanz zu ihm. Ich habe keinen Zugang zu ihm gefunden; ich konnte nicht richtig mitfühlen und mitfiebern, sein Schicksal berührte mich nicht.

Figuren (-!)

Die anderen Figuren fand ich hingegen, bis auf Charlotte aus der Vergangenheit, sehr farblos und blass. Man erfährt fast nichts über sie, sie bleiben absolut ungreifbar und austauschbar. Hier konnte mich der Autor leider gar nicht überzeugen.

Spannung & Atmosphäre (+/-)

Auch wenn die Spannung leider über weite Teile der Geschichte nicht vorhanden war und sie sich für mich vor allem im Mittelteil sehr gezogen hat, gab es auch einige Dinge, die mir sehr gut gefallen haben: Großartig fand ich die Horror-Elemente und die unheimliche, kafkaeske Grundstimmung der Geschichte. Ständig liegt so eine herrlich ungreifbare Bedrohung über allem. Nie weiß man, ob der Protagonist nur paranoid ist, oder ob er wirklich einer Verschwörung auf der Spur ist. Überhaupt fand ich die Handlung in der Gegenwart im kulinarischen Institut sehr atmosphärisch, spannend und gelungen. Ich wollte dieses seltsame, kunstvolle, faszinierende und kalte Gebäude erforschen und mehr über seine dunklen Geheimnisse erfahren! Leider wurde mir das verwehrt, weil die Handlung in der Vergangenheit so viel Raum einnimmt.

Feministischer Blickwinkel (+)

Hier ist mir nichts Negatives aufgefallen. Charlotte und auch Kirsten sind starke weibliche Figuren, und da Bergheim sehr sensibel ist, bricht er mit Stereotypen und repräsentiert keine toxische Maskulinität. Den Bechdel-Test besteht das Buch trotzdem nicht, da niemals zwei weibliche Figuren über etwas anderes sprechen als einen Mann.

Mein Fazit

„Hysteria“ ist ein Buch, das mich insgesamt leider enttäuscht hat, da ich mir von einer kulinarischen Dystopie einfach mehr erwartet habe – mehr Innovation, mehr Tiefe, mehr Spannung, mehr Hintergrundwissen und ein erschreckenderes Zukunftsszenario. Was den Schreibstil betrifft, bin ich zwiegespalten: Einerseits schätze ich Nickels anspruchsvollen, ästhetischen Schreibstil, andererseits erschien er mir manchmal auch etwas angestaubt, altmodisch, zu umständlich, zu gewollt oder sogar prätentiös. Während mir Bergheim mit seinen Ängsten und seiner Hochsensibilität durchaus sympathisch war und gut ausgearbeitet wurde, blieb trotzdem immer eine gewisse Distanz zu ihm. Die anderen Figuren fand ich großteils sehr farblos, ungreifbar und austauschbar. Der Einstieg war noch sehr mysteriös und spannend, doch danach wurde die Geschichte verworren und verlor ihren roten Faden. Sie verlor sich dann streckenweise leider in zahlreichen Rückblenden (die einen aus dem Lesefluss reißen), hölzernen, künstlichen, uninteressanten Dialogen und in langatmigen Beschreibungen von alltäglichen Begebenheiten. Es gibt zwar durchaus einige sehr gelungene Passagen und gute Ansätze, aber insgesamt ist der Inhalt dünn, viel Potenzial wird verschenkt. Zwischendurch fragte ich mich sogar, worauf das Buch überhaupt hinauswill, was seine Botschaft ist. Auch wenn die Spannung leider über weite Teile der Geschichte nicht vorhanden war und sie sich für mich vor allem im Mittelteil sehr gezogen hat, gab es auch etwas, das mir sehr gut gefallen hat: Großartig fand ich die Horror-Elemente und die unheimliche, kafkaeske Grundstimmung der Geschichte. Ständig liegt so eine herrlich ungreifbare Bedrohung über allem. Nie weiß man, ob der Protagonist nur paranoid ist, oder ob er wirklich einer Verschwörung auf der Spur ist. Nach dem gruseligen Ende ließ mich das Buch jedoch leider mit vielen Fragezeichen und eher unbefriedigt zurück - meiner Meinung nach lohnt es sich nicht, sich durchzuquälen – denn das musste ich abschnittsweise leider tun. „Hysteria“ war für den deutschen Buchpreis nominiert, aber ich konnte damit nur wenig anfangen. Darum kann ich es euch leider nicht weiterempfehlen.

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 2 Sterne
Umsetzung: 2,5 Sterne
Worldbuilding: 2 Sterne
Einstieg: 5 Sterne
Schreibstil: 3,5 Sterne
Protagonist: 3,5 Sterne
Figuren: 2 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Ende / Auflösung: 2,5 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2,5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: +/-

Insgesamt:

❀❀,5 Lilien

Dieses Buch bekommt von mir insgesamt zweieinhalb Lilien!

Veröffentlicht am 03.09.2019

Starker Beginn & wunderschöner Schreibstil, aber auf hohe Erwartungen folgte leider Ernüchterung

Washington Black
1

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Schon auf den ersten Seiten tauchen wir ein in eine Geschichte, die uns ins Jahre 1830 nach Barbados entführt. Auf einer Zuckerplantage ändert sich für die vielen SklavInnen ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Schon auf den ersten Seiten tauchen wir ein in eine Geschichte, die uns ins Jahre 1830 nach Barbados entführt. Auf einer Zuckerplantage ändert sich für die vielen SklavInnen alles, als der alte Besitzer stirbt und sein jünger, viel grausamerer Nachfolger seinen Dienst antritt. Auch das junge Leben von Washington ändert sich von heute auf morgen, als er zum Assistenten von Titch, dem Bruder des Besitzers, gemacht wird. Denn Titch ist ein Wissenschaftler, der an einem Wolkenkutter tüftelt, der bald fliegen soll. Als etwas Schlimmes passiert, beschließt Titch mit Washington zu fliehen. Es wird der erste Flug der Maschine sein - und das in einer finsteren, stürmischen Nacht...

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: Eichborn
Seitenzahl: 512
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel
Tiere im Buch: -! Für TierliebhaberInnen ist dieses Buch nicht leicht zu ertragen: Es wird in diesem Buch viel Fleisch und Fisch gegessen, Tiere werden ausgestopft und in der Wildnis zum Zwecke einer Ausstellung gefangen. Viele werden absichtlich getötet, andere sterben versehentlich, weil die Bedingungen in den Aquarien nicht passen. Es wird gejagt, Tiere werden erschossen, mit toten Tieren wird pietätlos umgegangen und es gibt mindestens einen Fall von Tierquälerei. Das Bemühen von Wash, die Tiere gut zu versorgen und sich für eine lebendige Ausstellung einzusetzen, wiegt die zahlreichen problematischen Punkte keinesfalls auf.

Warum dieses Buch?

Über dieses Buch hatte ich im Vorfeld so viel Gutes gehört: Es war für Preise nominiert, wurde von verschiedenen Zeitschriften und Institutionen im englischsprachigen Raum zum „Buch des Jahres“ gekürt und war sogar eines der Lieblingsbücher von Ex-Präsident Obama. So viel Lob macht mich natürlich sofort neugierig, besonders da mich das letzte „Buch des Jahres“ – „Sag den Wölfen, ich bin zu Hause“ – so begeistern konnte!

Meine Meinung

Einstieg (♥)

„‘Wie ist das, Kit? Frei sein?‘ […]
‚Oh, Kind, das ist wie nichts in dieser Welt. Wenn du frei, du kannst machen, was du willst.‘“ E-Book, Position 161

Ich habe sehr schnell in die Geschichte gefunden. Man fühlt sofort mit dem jungen Washington mit, der bereits in seiner Kindheit als Sklave solche Grausamkeiten miterleben muss.

Schreibstil (♥)

„Er schien nicht gerade zu lächeln; in seinen Gesichtszügen lag eine Art unglückliche Heiterkeit, als freue sich jemand auf einer Beerdigung, eine lang nicht gesehene Tante zu treffen.“ E-Book, Position 2529

„Washington Black“ ist eine Geschichte, die in der ersten Person erzählt wird und in der wir als LeserInnen immer wieder direkt adressiert werden. Der Schreibstil ist mit Sicherheit die größte Stärke des Buches: Esi Edugyan schreibt sehr kraftvoll, angenehm und anschaulich, sodass ich sofort alles lebendig vor mir sehen konnte. Zudem ist ihre Sprache wunderschön – es gibt zahllose gelungene Vergleiche und Metaphern, weise Zitate und wunderbare Stellen, die man sich am liebsten alle rausschreiben möchte. Vor allem im ersten Teil schildert sie zudem Washingtons Gefühle – sein Misstrauen Titch gegenüber, seine Angst, seine Unsicherheit – sehr nuanciert und feinfühlig. Man hat sofort Mitleid mit ihm und ist erschüttert, was dieser Kinderseele alles angetan wird.

Lediglich bei den lateinischen Bezeichnungen für die Tiere hätte ich mir manchmal zusätzlich eine deutsche Übersetzung gewünscht, da ich viele der Lebewesen googeln musste.

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+/-)

„Unter unserem neuen Master wurde es auf Faith zunehmend düster. […] James versuchte, wegzulaufen, also statuierten sie an ihm ein Exempel. Der Master befahl einem Aufseher, ihn vor unseren Augen bei lebendigem Leib zu verbrennen.“ E-Book, Position 139

Das Buch beginnt sehr stark mit Washingtons hartem Leben als Sklave auf der Zuckerplantage „Faith“ in Barbados. Nach dem Tod des alten Masters kommt ein jüngerer, viel grausamerer und sadistischer Mann an die Macht und nutzt diese aus, um seine Untergebenen zu quälen und ihnen jede Hoffnung zu rauben. Diese erste Hälfte des Buches konnte mich absolut überzeugen; sie war interessant, schockierend und hat mich immer wieder sehr wütend gemacht, da es solche erschreckenden Zustände früher wirklich gegeben hat.

Ab der abenteuerlichen Flucht von der Plantage ging es für mich aber leider bergab. Ich bin eigentlich ein Fan von Genrevermischungen, da sie manchmal sehr erfrischende, neuartige Bücher hervorbringen, doch hier finde ich die Verbindung aus historischem Roman mit Gesellschaftskritik, Coming-of-Age-Roman und Abenteuerroman nicht ganz gelungen; vor allem der Mittelteil schwächelte. Das Buch entwickelte viele Längen, es übte keinen Sog auf mich aus. So musste ich mich immer wieder aktiv motivieren, weiterzulesen. Viele überraschende Wendungen fand ich zwar sehr gelungen, doch irgendwann wurden mir die „praktischen Zufälle“ zu zahlreich und die Vorkommnisse zu unrealistisch, sodass die Geschichte stellenweise unglaubwürdig, sogar ein bisschen lächerlich und so wirkte, als würde sie sich über Bücher dieser Art lustig machen. Zudem fehlte mir vor allem im Mittelteil die erzählerische Tiefe. Vieles wird schnell, etwas lieblos und recht emotionslos abgehandelt, manchmal wirkt der Roman wie eine lose verbundene Aneinanderreihung von Geschehnissen.

Im Buch geht es um viele Dinge: um Sklaverei und das Leid, das dadurch verursacht wurde, um Einsamkeit, Abhängigkeit, um Enttäuschungen, um die faszinierenden Veränderungen und neuen Erkenntnisse, die die Welt und Wissenschaft damals geprägt haben, um Heimat, Familie und Freiheit. Zusätzlich sensibilisiert die Autorin uns auch für Rassismus, der mir in nächster Zeit sicher verstärkt auffallen wird. Obwohl ihre Themen sehr interessant sind und obwohl die Gesellschaftskritik stellenweise auch sehr gut gelungen ist, gelingt es der Autorin leider nicht immer, in die Tiefe zu gehen. Besonders im Mittelteil fehlten mir oft Beschreibungen des Innenlebens und der Gefühle des jungen Washington. Beispielsweise ist er auf der Plantage aufgewachsen und sieht das zum ersten Mal Schnee. Ein Moment voller Staunen – würde man meinen. Der bedeutende Augenblick wird aber nur kurz in einem Nebensatz abgehandelt.

Leider führt die Autorin ihre Geschichte zu einem für mich mehr als unbefriedigenden, fast schon ärgerlichen Ende. Der Schluss lässt nämlich viel zu viel Interpretationsspielraum zu, ist viel zu offen. Er kann nämlich auf zwei gegensätzliche Weisen verstanden werden – und bei der wahrscheinlicheren Möglichkeit davon handelt der Protagonist nicht nur schäbig, sondern auch sehr unglaubwürdig. Zudem bleiben so viele Aspekte ungeklärt – es gibt zu viele lose Fäden, zu viele offene Fragen, zu viele Dinge, die uns zuerst als wichtig präsentiert werden, dann aber im Nichts enden. Mir kam es leider so vor, als würde das Buch zu früh enden, als würde uns etwas Wichtiges vorenthalten. Insgesamt habe ich mir von „Washington Black“ leider mehr erwartet. Schade, ich habe mir so gewünscht, dass mich das Buch begeistert!

Protagonist & Figuren (+/-)

„‘Halte dich an das, was du siehst, Washington, nicht daran, was du sehen sollst.‘“ E-Book, Position 742

Washington fand ich als Hauptfigur gut gelungen. Er ist sehr intelligent und hat großes Talent, wird aber sein ganzes Leben aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert und beleidigt. Er war mir sympathisch, auch wenn er manchmal etwas unglaubwürdig handelt. Richtig ans Herz gewachsen ist er mir aber leider nicht.

Die anderen Figuren sind großteils sehr gut gelungen und liebevoll ausgearbeitet, auch wenn sie nur kurz in Washs Leben verweilen; trotzdem hätte ich über manche gerne noch mehr erfahren. Sie haben meist äußerliche Besonderheiten, sodass man sie leicht auseinanderhalten kann und nicht so schnell vergisst.

Spannung & Atmosphäre (+/-)

Während der erste Abschnitt sehr atmosphärisch beschrieben war – ich konnte die Hitze fast auf der Haut spüren, hatte Zuckergeruch in der Nase – und für mich nicht nur schockierend, sondern auch sehr interessant und spannend war, konnte der Mittelteil bei mir, auch was diesen Aspekt betrifft, leider nicht punkten. Vieles wurde zu schnell abgehandelt, oft fehlten Details, sodass die Geschichte nicht ganz rund wirkte und sowohl Spannung als auch Atmosphäre fehlten. Dieser Sog, der am Anfang spürbar war, verschwand leider und wollte bis zum Schluss nicht mehr so richtig zurückkommen. Schade!

Feministischer Blickwinkel (+/-)

Das Geschlechterverhältnis ist unausgewogen, was ich aber bei einem historischen Roman in gewisser Weise verzeihe. Den Bechdel-Test besteht das Buch leider ebenfalls nicht, da es kein kein Gespräch zwischen zwei weiblichen Figuren gibt, in denen nicht über einen Mann gesprochen wird. Einmal wird auch beschrieben, dass Männer Frauen anbieten wie „Hu+++“. Dennoch gibt es einige starke, selbstbewusste Frauenfiguren im Buch, die durchaus mit Geschlechterstereotypen brechen, weil sie entweder körperlich sehr stark sind oder sehr direkt sagen, was sie wollen. Immer wieder wird im Buch zudem Missbrauch durch die weißen Sklavenbesitzer angedeutet und kritisiert. Zusätzlich ist eine Figur taub (sie spricht mit Gebärdensprache), und es wird sogar angedeutet, dass zwei der Figuren schwul sind und eine Beziehung miteinander haben, was mir sehr gut gefallen hat, da mir Vielfältigkeit in Büchern sehr wichtig ist.

Mein Fazit

„Washington Black“ ist ein Buch, an das ich mit hohen Erwartungen herangegangen bin, das mich aber leider insgesamt ernüchtert und etwas enttäuscht zurücklässt. Der Schreibstil ist mit Sicherheit die größte Stärke des Buches: Esi Edugyan schreibt äußerst angenehm, sehr anschaulich, einfühlsam und wunderschön. Es gibt unzählige gelungene Vergleiche und sprachliche Bilder und weise Zitate, die man sich rausschreiben möchte. Der Protagonist und auch die anderen Figuren sind meiner Meinung nach ebenfalls gut gelungen, sie sind liebevoll ausgearbeitet; trotzdem hätte ich über manche gerne noch mehr erfahren. Nach einem starken ersten Abschnitt folgt ein schwacher Mittelteil, von dem sich das Buch auch im immerhin wieder etwas besseren letzten Viertel nicht mehr erholen kann. Im Mittelteil, der hastig und lieblos wirkte und mich emotional leider nicht erreichen konnte, fehlten mir vor allem erzählerische Tiefe, Spannung, Atmosphäre und Beschreibungen des Innenlebens und der Gefühle von Washington. Das Buch entwickelte viele Längen, es übte keinen Sog auf mich aus. So musste ich mich immer wieder aktiv motivieren, weiterzulesen. Mir wurden es zudem irgendwann zu viele „praktische Zufälle“ und unrealistische Vorkommnisse. Trotzdem gab es auch viele Passagen, die mich überzeugen konnten, weil in ihnen Themen wie Sklaverei, Enttäuschungen, Abhängigkeit, Heimat und Freiheit sehr gelungen und tiefgründig behandelt wurden. Zusätzlich sensibilisiert die Autorin uns mit ihrer Geschichte für Rassismus, der mir in nächster Zeit sicher verstärkt auffallen wird. Leider gipfelt die Geschichte dann in ein offenes, sehr unbefriedigendes Ende, das wirkt, als würde das Buch plötzlich abbrechen. Mir waren es zu viele lose Fäden, zu viele unbeantwortete Fragen, zu viele Dinge, die uns zuerst als wichtig präsentiert wurden, dann aber im Nichts endeten.

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Sterne
Umsetzung: 3 Sterne
Worldbuilding: 3 Sterne
Einstieg: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonist: 4 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Ende / Auflösung: 1 Stern
Emotionale Involviertheit: 3 Sterne
Feministischer Blickwinkel: +/-

Insgesamt:

❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir insgesamt drei Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Idee
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 25.08.2019

Leckere, gesunde, ausgefallene Lunch-Ideen, teilweise waren mit die Zutaten aber zu exotisch

Lunch im Glas
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Inhalt

Cora Wetzstein verspricht hier gesunden, stressfreien Genuss in der Mittagspause und garantiert, dass mit ihren Rezepten (die es einem leicht machen sollen, ungesundem Kantinenessen und fettigen ...

Inhalt

Cora Wetzstein verspricht hier gesunden, stressfreien Genuss in der Mittagspause und garantiert, dass mit ihren Rezepten (die es einem leicht machen sollen, ungesundem Kantinenessen und fettigen Snacks zu entgehen) das Mittagstief ausbleibt.

Übersicht

Genre: Rezeptbuch
Verlag: GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
Seitenzahl: 64
Tiere im Buch: +/- Es gibt viele vegetarische Gerichte, aber auch viele Rezepte, die Fleisch enthalten.

Warum dieses Buch?

Ich bin leider kein Morgenmensch. Mich am Morgen aufzuraffen, mir ein reichhaltiges Frühstück oder Mittagessen vorzubereiten und in die Uni oder zur Arbeit mitzunehmen, fällt mir unheimlich schwer. Ich habe gehofft, dass mir dieses Buch derart unwiderstehliche, schnelle Rezept-Ideen präsentiert, dass auch ich mich von nun an für „Lunch im Glas“ statt für Mensa-Essen, nicht satt machende Snacks oder schlicht Hunger entscheide.

Meine Meinung

Aufbau (+)

Der Aufbau ist meiner Meinung nach gut gelungen. Das Kochbuch weist (bis auf das erste Rezept, eine Kürbissuppe, die ohne weitere Erklärung keiner Kategorie zugeordnet wurde) eine klare Struktur auf. Nach dem Abkürzungsverzeichnis, einer kurzen Einleitung und dem Hinweis, dass es zum Buch auch eine App gibt (die ich jedoch selbst nicht ausprobiert habe) präsentiert uns die Autorin zuerst Salate, dann Suppen und am Ende Süßes und Fruchtiges. Abgerundet wird das Buch durch eine kleine „Gläserkunde“; hier erklärt die Autorin die Vorteile verschieden geformter Gläser für verschiedene Mahlzeiten, was ich sehr interessant fand.

Gestaltung & Fotos (♥)

Die kreative Gestaltung des Buches ist ebenfalls sehr gut gelungen. Cora Wetzsteins Speisen sehen farbenfroh, interessant, schön und – im wahrsten Sinne des Wortes – zum Anbeißen aus! Die Fotos machen wirklich Lust, die Rezepte auszuprobieren!

Inhalt (+/-)

Vieles an diesem Buch hat mir sehr gut gefallen. Das Kochbuch ermuntert uns, einmal etwas Neues auszuprobieren und überrascht immer wieder mit exotischen Zutaten und ausgefallenen, aber vielversprechenden Geschmackskombinationen. Cora Wetzstein bietet hier eine vielfältige, fast immer gesunde (auch eher fettige Zutaten und Schokolade sind nämlich selten dabei) Rezeptsammlung, bei der für jeden etwas dabei sein sollte: Es gibt pikante, schnelle, vitaminreiche, scharfe, einfache, asiatische und süße Rezepte. Sowohl VegetarierInnen als auch FleischesserInnen werden in diesem Buch fündig werden. Ob man mit diesen Speisen wirklich dem Mittagstief den Kampf ansagen kann, weiß ich nicht, aber mit Sicherheit liegen einem die Rezepte weniger schwer im Magen als fettiges Kantinen-Essen.

Jedes der Rezepte ist für 2 Gläser (meist ca. 500-600ml) gedacht. Für Single-Haushalte sind die Rezepte trotzdem auch geeignet: Suppen und Salate halten sich im Kühlschrank mindestens 2-3 Tage. Durch die relativ hohe Kalorienzahl, die meist zwischen 500 und 600 liegt, und die Zusammenstellung der Speisen wird man sicher satt. Die Zubereitungszeit liegt meist unter einer halben Stunde, was ich in Ordnung finde und was sich abends oder (wenn man ein Morgenmensch ist) morgens normalerweise gut ausgeht. Im Büro oder in der Schule muss die Mahlzeit dann nur durchgerührt oder mit Wasser ergänzt werden. Durch das Schichten von Salaten wird sichergestellt, dass vor allem Blattsalat nicht matschig wird, sondern auch nach Stunden seine Form und Knackigkeit behält. Zusätzlich macht diese Art der Vorbereitung natürlich auch optisch einiges her.

Sehr geschätzt habe ich auch die klaren, präzisen Anweisungen und hilfreichen Tipps, durch die es leicht wird, das Essen nachzukochen: Bei Bohnen wird z. B. nicht nur die Zahl der Dosen, sondern auch das Abtropfgewicht angeben. Da es große und kleine Dosen gibt, ist dies eine sehr hilfreiche Information, die mir in anderen Kochbüchern häufig fehlt. Alle Rezepte habe ich natürlich nicht ausprobiert, aber jene, die ich zubereitet habe, wie zum Beispiel das „Erdbeer-Schoko-Müsli“ und die leckere „Oriental Bowl“, haben mir äußert gut geschmeckt.

Leider hat es auch ein paar Aspekte gegeben, die mich nicht zufrieden gestellt haben. Zum einen verstehe ich den Einwand mancher anderer RezensentInnen, dass die Zubereitungszeit manchmal (wenn man zum Beispiel noch Kartoffeln kochen muss) etwas zu hoch ist – und dass es dann einfacher wäre, einfach nach der Arbeit gleich mehr zu kochen, um so die Reste am nächsten Tag verspeisen zu können. Auch geschmacklich konnte die Autorin nicht immer meinen Geschmack treffen.

Mein größter Kritikpunkt betrifft jedoch die Zutatenlisten. Mal schnell schauen, was man zu Hause hat und dann spontan eines der Rezepte nachkochen? Das ist leider nicht drin, weil man viele Zutaten eben nicht im Haus hat. Manche sind sogar so exotisch, dass ich nicht weiß, woher ich sie in meiner ländlichen Gegend überhaupt bekommen soll. Das ist schade! Ich habe die Rezepte meist als Inspiration gesehen und die Zutaten angepasst, je nachdem, was ich gerade zu Hause und worauf ich Lust hatte.

Feministischer Blickwinkel (♥)

In der Einleitung spricht die Autorin von Karrierefrauen, Selbständigen und Familien-Managern und erfüllt damit meine Erwartungen an ein modernes Kochbuch, das keine veralteten Rollenbilder reproduziert. Dafür ein Lob!

Mein Fazit

In ihrem Kochbuch „Lunch im Glas“ bietet Cora Wetzstein vielfältige Rezepte an, die als gesunde Alternative zu fettigem Kantinen-Essen dienen können. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Es gibt z. B. pikante, schnelle, vitaminreiche, scharfe, asiatische und süße Rezepte; sowohl VegetarierInnen als auch FleischesserInnen werden fündig werden. Das Buch hat einen sehr klaren Aufbau und unterteilt seine Rezept-Ideen, die auch wirklich satt machen, in Salate, Suppen und Süßes & Fruchtiges. Eine kurze Gläserkunde erklärt im Anschluss noch die Vorteile von verschiedenen Formen und Größen. Die Fotos sind sehr gelungen und machen Lust, die Rezepte auszuprobieren. Cora Wetzsteins Speisen sehen nämlich farbenfroh, interessant und – im wahrsten Sinne des Wortes – zum Anbeißen aus! Das Kochbuch ermuntert uns, einmal etwas Neues auszuprobieren und überrascht immer wieder mit exotischen Zutaten und ausgefallenen, aber vielversprechenden Geschmackskombinationen. Die Zubereitungszeit liegt meist unter einer halben Stunde, was ich in Ordnung finde. Im Büro oder in der Uni muss die Mahlzeit dann nur durchgerührt oder mit Wasser ergänzt werden. Sehr geschätzt habe ich auch die klaren, präzisen Anweisungen und hilfreichen Tipps, durch die es leicht wird, das Essen nachzukochen. Die Rezepte, die ich selbst ausprobiert habe, wie zum Beispiel das „Erdbeer-Schoko-Müsli“ und die leckere „Oriental Bowl“, waren wirklich sehr lecker. Die exotischen Zutaten (neben der Tatsache, dass die Autorin leider nicht immer meinen Geschmack getroffen hat) sind allerdings zugleich auch mein größter Kritikpunkt: Mal schnell schauen, was man zu Hause hat und dann spontan eines der Rezepte nachkochen? Das ist leider nicht drin, weil man viele Zutaten eben nicht im Haus hat. Manche sind sogar so exotisch, dass ich nicht weiß, woher ich sie in meiner ländlichen Gegend überhaupt bekommen soll. Das ist schade! Mein Tipp: Die Rezepte einfach als Inspiration betrachten und die Zutaten je nach Gusto und Inhalt der Speisekammer anpassen!

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt: 4 Sterne
Struktur: 5 Sterne
Ausführung: 4 Sterne
Anleitungen: 5 Sterne ♥
Gestaltung / Fotos: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir vier zufriedene Lilien!