Alte Wunden
Die gute TochterGeorgia, 16. März 1989: Die Quinns leben seit Kurzem auf einer heruntergekommenen Farm, weil ihr Stadthaus angezündet wurde - vermutlich von jemandem, der mit den Praktiken des Strafverteidigers und Familienvaters ...
Georgia, 16. März 1989: Die Quinns leben seit Kurzem auf einer heruntergekommenen Farm, weil ihr Stadthaus angezündet wurde - vermutlich von jemandem, der mit den Praktiken des Strafverteidigers und Familienvaters Rusty Quinn nicht unbedingt einverstanden ist. Mutter Gamma ist mit den Töchtern Sam und Charlie allein im Haus, als plötzlich zwei maskierte, bewaffnete Männer in der Tür stehen und das Unglück seinen Lauf nimmt...
28 Jahre später ist Charlie selbst Anwältin und gerät unversehens erneut ins Auge einer Tragödie, die das alte Trauma zurück in ihr Bewusstsein holt.
Unglaublich, aber wahr: "Die gute Tochter" war für mich das allererste Buch der Bestsellerautorin Karin Slaughter. Ihr Name war mir natürlich ein Begriff, und ich hatte auch schon öfter bei einem Stöberbesuch in der Buchhandlung einen Titel von ihr in der Hand. Da ich wusste, dass sie mindestens zwei Reihen schreibt / geschrieben hat, habe ich mich letztendlich nie getraut, eins ihrer Bücher spontan einzupacken, denn ich hasse nichts mehr, als zuhause festzustellen, dass ich mir gerade den vierten Band einer noch unbekannten Reihe eingehandelt habe.
Umso begeisterter war ich nun von meinem ersten, sorgfältig ausgewählten Slaughter-Thriller, denn die Geschichte überzeugt von der ersten bis zur letzten Seite. In die Handlung startet man mit den Geschehnissen im Jahr 1989, man erfährt als erstes, was den drei Quinn-Frauen an jenem schicksalhaften Tag zugestoßen ist. Die folgenden 28 Jahre werden übersprungen, und der Leser lernt nach der dreizehnjährigen Charlie nun die Charlie in den mittleren Jahren kennen, die postwendend Augenzeugin eines Verbrechens wird. Im späteren Verlauf gibt es noch weitere Rückblenden ins Jahr 1989, die andere Perspektiven in den Mittelpunkt stellen, neue Details zu Tage fördern, und dadurch ein völlig neues Licht auf die Ereignisse und die Figuren werfen.
Obwohl man bei beiden Verbrechen (in der Vergangenheit und in der Gegenwart) von Anfang an weiß, wer die Täter sind, kann man das Buch kaum aus der Hand legen, denn in diesem Fall ist die brennendste Frage nicht das "Wer?" sondern das "Warum?". Und diese Fragestellung ist fast noch fesselnder als die übliche Tätersuche, die man normalerweise in einem Thriller erwarten würde.
Die Figuren wirken zu Beginn ein wenig undurchsichtig und man hat das Gefühl, dass man ihre Handlungen und Gedanken nicht wirklich nachvollziehen kann, aber oft kommt man im Nachhinein dahinter, was sie in der Situation antreibt, oder warum sie so reagieren, wie sie es tun.
Bei meiner überschwänglichen Begeisterung stellt sich wahrscheinlich die Frage, warum es nur vier statt fünf Sterne in der Gesamtwertung gibt, obwohl sich keine Kritikpunkte zur Geschichte selbst finden. Das liegt daran, dass im Buch unheimlich viele Fehler enthalten sind. Ich bin kein Leser, der explizit nach Druckfehlern sucht, wahrscheinlich überlese ich sogar die meisten. Aber in diesem Fall war es leider so ausgeprägt, dass manche Sätze selbst nach dem dritten Lesen noch immer keinerlei Sinn ergaben. Beispiel gefällig? Kapitel 11, Position 5358 im Ebook: "Er machte eine schwenkte den Hammer herum, um zur Eile zu drängen." Was das bedeuten soll? Ich habe noch immer keine Ahnung. Leider war das nicht der einzige Fall, und sowas stört meinen Lesefluss enorm - und es ist auch schade um die wirklich tolle Geschichte, daher muss ich leider einen Stern abziehen.
Dennoch hat mich "Die gute Tochter" überzeugt: Die Story ist frisch und einfach anders, der Plot klug durchdacht ohne dabei konstruiert zu wirken, und die Handlung macht so einige Kurven, die alle meine Mutmaßungen mehrfach wieder auf den Kopf gestellt haben - davon möchte ich definitiv mehr, denn ich habe mich beim Lesen keine Sekunde gelangweilt.