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Veröffentlicht am 03.01.2019

Der Verrat

Der Verrat
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Inhalt:


"Als Nane nach zwanzig Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen wird, hat sich vieles verändert. Nicht aber die Schuld, die auf ihr lastet. Nicht die Erinnerung an die Nacht, die ihr Leben zerstörte, ...

Inhalt:


"Als Nane nach zwanzig Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen wird, hat sich vieles verändert. Nicht aber die Schuld, die auf ihr lastet. Nicht die Erinnerung an die Nacht, die ihr Leben zerstörte, und schon gar nicht das Verhältnis zu ihrer Schwester Pia.
Pia hat es gut getroffen. Die erfolgreiche Restaurateurin lebt mit ihrem Mann auf einem idyllischen Weingut an der Saar. Da lässt es sich gut verdrängen, auf welcdh zerbrechlichem Fundament ihr Glück gebaut ist. Doch dann tritt ihre Schwester Nane wieder in ihr Leben und Pia ahnt: Es ist Zeit für die Wahrheit. Und damit Zeit für Rache - oder Vergebung." (Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

"Der Verrat" ist der erste Roman, den ich von der vielgelobten Spannungsautorin Ellen Sandberg alias Inge Löhnig gelesen habe. Der Klappentext geht auf das Motiv und die Faszination der Autorin ein, weshalb sie diesen Roman schrieb: Es geht hier um ein Familiendrama, das vielleicht aus der Kindheit der drei sehr unterschiedlichen Schwestern Pia, Birgit und Nane stammen könnte und in "der Tat" im Jahre 1998 ihren Höhepunkt findet. Dramatisch die Familienkonstellation (leider werden die Eltern der 3 Schwestern nur schemenhaft umrissen), in der sich Rivalität und Neid aufbaut und auf allen Frauen der Familie ein "Fluch" lasten soll: Ein Drama aber auch, dass durch absolutes Desinteresse und fehlenden Bezug und Nähe zueinander Beziehungen entstehen, die Verletzungen nach sich ziehen, gar Gewalt, Wut und Rachsucht sowie Lügen, die jahrzehntelang vertuscht werden.

Die Autorin nimmt besonders Nane und Pia ins Fadenkreuz, eine nicht unerhebliche Rolle spielt auch Thomas von Manthey, den Pia später ehelicht: In dieser Konstellation nimmt das Unglück seinen Lauf und Ellen Sandberg versteht es hervorragend, dem Leser einen hohen Spannungsbogen zu liefern, der bis zur letzten Seite anhält.

Ausser Nane war mir kein/e Protagonist/in wirklich sympathisch: Pia, die älteste Schwester wird als sehr rational, emotionslos schon fast, unnahbar, kühl und herrisch sowie dominant gezeichnet; Birgit, die mittlere Schwester, spielt eher eine Nebenrolle und ist (dazwischen) wohl nicht ohne Grund immer um Ausgleich bemüht; Nane, die Jüngste, tritt nach 20 im Knast abgesessenen Jahren auf den Plan, da sie eine Frage beschäftigt, die mit dem Unfall 1998 zu tun hat.... Die Ablehnung, die sie von Pia erfährt, ist schon erschreckend genug, aber auch die Rivalität von Pia gegenüber Margot, die wie eine Schwester mit Thomas aufwuchs, gipfelt darin, dass sie ihre eigene Tochter, die noch Weinbau studiert, dem Winzer Marius, der Sohn von Margot, vorzieht und sich hier ebenfalls ein Machtkampf entspinnt, der tragische und dramatische Folgen haben soll - aber auch der endgültigen Aufklärung dient letztendlich, was wirklich im Sommer 1998 geschah....

Die kleine Exkursion zur Geschichte des Saarweins hat mir gut gefallen; der Schreibstil der Autorin ebenfalls, ganz überzeugen konnte mich der Plot jedoch nicht, da mir die Handlung der überaus auf Sicherheit bedachten und strenger Selbstkontrolle unterworfenen Pia (gerade was den betreffenden Protagonisten betrifft) nicht einleuchtet und etwas "dick aufgetragen" erscheint: An dem Gefühlsausbruch nahm ich keinen Anstoß, aber das Gegenüber passte hier m.E. überhaupt nicht, da solcherart kontrollierter Menschen, die kaum Zugang zur eigenen Gefühlswelt (und damit auch -tiefe) haben oder entwickeln konnten, nicht völlig unkontrolliert an der hier exakt "falschen" familiären Stelle ihre Keuschheit fallen lassen.

Ansonsten fühlte ich mich durch den atmosphärischen und spannenden Schreibstil gut unterhalten und wünsche Nane, die für mich die authentischste Figur war, dass sie sich auf ihrer Wanderung wiederfinden möge.

Fazit:

Ein unterhaltsamer, dramatischer Spannungsroman, der am Ende jedoch so einige Fragen für mich offenließ. Ich vergebe knappe 4*

Veröffentlicht am 26.12.2018

Mehr als eine fantastische Reise durch die Welt der Sprache...

Der Wortschatz
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Dieser fantastische Roman ist - dies vorneweg - eine Reise wert: Es ist in der Tat mehr als eine Reise durch die Welt der Wörter und der Sprache: Es ist ein Versuch der Selbstfindung mittels sprachlicher ...

Dieser fantastische Roman ist - dies vorneweg - eine Reise wert: Es ist in der Tat mehr als eine Reise durch die Welt der Wörter und der Sprache: Es ist ein Versuch der Selbstfindung mittels sprachlicher Metaphern und wundervoller Wortspiele. Optisch noch weiter aufgewertet wird jedes Kapitel (und das wunderschöne Cover ohnehin) durch sehr schöne Ilustrationen von Julia Maria Stolba.


Die Reise teilt sich in nicht allzulange 11 Kapitel und jedes von ihnen steckt voller (sprachlicher) und auch inhaltlicher Überraschungen! Die Reise beginnt am Küchentisch von "Wort", dessen Vater in der Forschung tätig ist und behauptet, dass Wörter Menschen brauchen: An diesem Vormittag vergisst unser Wort seine Bedeutung, seinen Sinn und macht sich auf die nicht ungefährliche Suche nach ihnen...

So lernen wir "Zeig" kennen, den tauben Freund von Wort und erkennen die Verfolger, die sich an die "Verse" bzw. Fersen von Wörtern hängen, die in dieser Welt ihre Bedeutung verloren haben oder durch andere ersetzt wurden: Vor ihnen muss "Wort" sich hüten! Im Romantext kann man getrost und oft das Wort mit dem Menschen assoziieren, wenn es etwa heißt:

"... ohne Familie und ohne Sinn im Leben bist du nichts" (....)

So tritt unser Wort mutig seinen Weg an, um seinen Sinn (wieder) zu finden; es gerät in den Sprachfluss und in die Stadt Sprachen, in der gerade Wortspiele ausgetragen werden, die großen Erzähl- und auch durchaus "olympischen" Charakter aufweisen! Können die stattfindenden Spiele dem Wort helfen, die Gefahr zu bannen und seinen Sinn zu finden?

Es geht in diesem Büchlein um Zweifel und Ängste, aber auch um Mut und Zuversicht, um Freude an Abenteuern, Freundschaft und Lebensfreude, die allesamt mit fantasievollen und außergewöhnlichen Sprachideen und -einfällen von Elias Vorpahl prätentiös und teils sehr humorvoll zum Ausdruck gebracht werden: Vieles von dem, was unser "Wort", das wie sich herausstellt, durch seinen Artikel "weiblich" ist und den Leser herausfordert, seinen Sinn zu erraten, könnte auch für die Reise durch das eigene Leben stehen, für die Flussschnellen und auch die ruhigeren Fahrwasser, in die es uns zuweilen bringt. Ich fand diese Verbindung von tiefgründiger Poesie und Weisheit und der überbordenden Fantasie sehr gelungen - und erfreulich zu lesen! Besonders gefallen hat es mir bei den Wortspielen in "Sprachen", der Erwähnung "des stets schlechtgelaunten Imperativs" und die über allem stehende Sinnfindung: Eingerahmt wird die Geschichte von einem "alten Mann mit Papier und Feder" - ein Synonym für die Literatur und eine Hymne auf das geschriebene Wort? - der seinerseits unserem Wort auf die Silben und Buchstaben hilft - und den Leser am Schluss noch in magischer Weise miteinbezieht in die Handlung. Chapeau! Das hatte ich SO auch noch nicht ;)

Fazit:

Eine wirklich lesenswerte fantastische Geschichte über den Sinn im Leben und dass Wörter (zur richtigen Zeit ausgesprochen) ihre Wirkung wie pure Magie entfalten können. Von mir gibt es mit einem Kompliment an den Autor und Dank für schöne Lesestunden 4,5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.12.2018

Das Portrait eines Mörders

Das Geheimnis der Grays
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Es handelt sich bei diesem Kriminalroman um einen sicher außergewöhnlichen Krimi, der von Anne Meredith (ein Pseudonym) bereits 1933 in England veröffentlicht wurde. Der geneigte Krimileser sollte seine ...

Es handelt sich bei diesem Kriminalroman um einen sicher außergewöhnlichen Krimi, der von Anne Meredith (ein Pseudonym) bereits 1933 in England veröffentlicht wurde. Der geneigte Krimileser sollte seine "Maßstäbe" etwas dem klassischen Kriminalroman anpassen, dann wird er seine helle (Weihnachts-)Freude am "Geheimnis der Grays" haben:


England 1931:

Wie jedes Jahr lädt Adrian Gray seine 6 Kinder samt Anhang in sein Herrenhaus (King's Poplar) ein, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Keines seiner Kinder ist ihm wohlgesonnen, was allem Anschein nach auf Gegenseitigkeit beruht. Er sollte nicht wissen, dass dies sein letztes Weihnachtsfest werden sollte: Adrian Gray lag ermordet am frühen Morgen des 1. Weihnachtsfeiertages in der Bibliothek. Welches seiner Kinder hatte sich wohl seinen Weihnachtswunsch selbst erfüllt?

Nach kurzer Zeit bereits wird klar, wer der Mörder ist, was m.E. jedoch dem weiteren Verlauf des Krimis in der Tradition von Agatha Christie keinen Abbruch tut: Wir lernen die "werte" Familie Gray kennen: Richard, der älteste Sohn (karrierebewusst, arrogant, nicht ohne Grund in finanziellen Turbulenzen) und seine Frau; Amy, die älteste Tochter Adrian Grays, die ihm den Haushalt führt, Olivia, eine weitere Tochter, die mit Eustace Moore verheiratet ist, einem Winkeladvokaten, wie er im Buche steht und Financier des alten Gray; Isobel, eine weitere Tochter, die nach unglücklicher Ehe ins Haus des Vaters zurückkehrte; Ruth, die mit Miles verheiratet ist, einem Anwalt, dessen Karriere mangels Ehrgeiz bereits früh kränkelte, der jedoch mit Ruth und den Kindern sehr glücklich scheint - und Hildebrand, genannt Brand, der seit Kindesbeinen schwierig, auffallend, verschlossen und das schwarze Schaf der Familie ist: Ein Künstler, der sich nach Paris absetzte, nachdem die Familie ihn ausgestoßen hatte und eine Frau mit zweifelhaftem Ruf heiratete... Der jedoch aus finanziellen Gründen nach King's Poplar zurückkehrt zu Weihnachten, um dem alten Herrn etwas Geld aus dem Rücken zu leiern - wie alle anderen auch: Was keiner weiß: Adrian Gray hatte sich verspekuliert und stand seinerseits vor dem finanziellen Ruin...

Die Stärke des Krimis besteht darin, wie subtil und auch in die Tiefe gehend die Hintergründe jedes einzelnen Familienmitglieds wie auch des Mörders im Besonderen beschrieben sind: Die Gefühle, die in dem Gewaltverübenden wohnen und in ihm toben; wie eiskalt er gedanklich (und in der Tat) von sich abzulenken weiß, um ungeschoren davonzukommen; andere Familienmitglieder zu belasten, was ihm überzeugend gelingt...

Die Kriminalpolizei wird eingeschaltet und Ross Murray, selbst ein Ziehsohn eines Lords, erkennt sofort die Probleme und schwierigen Beziehungen der Grays untereinander: Die Zeiten sind hart, auch für begüterte Menschen, für Spekulanten jedoch verheerend - zudem ist ein gesellschaftlicher Wandel im Gange, der besonders in England die Vormachtstellung der Lords und Großgrundbesitzer nach und nach schwinden ließ... Hier steckt auch ein wenig Gesellschaftskritik, die interessant zu lesen ist. Abgeführt und inhaftiert wird dennoch der Falsche - und unserem Mörder gelingt es erst einmal, sich abzusetzen. Doch es gibt ein anderes (kluges) Familienmitglied, dem die "Fakten" keine Ruhe lassen, die ihm zu Ohren kommen und die dem Mörder in die Hände spielten....

So ist der Schluss sehr tragisch, aber auch durchaus stimmig. Mir hat die nostalgisch-psychologische Erzählweise der Autorin sehr gtefallen; wenn auch der Mordfall schnell offengelegt wurde, lag die Spannung in den Reaktionen und Handlungen der übrigen Familienmitglieder, die zugegebenermaßen allesamt ausser einem mit nicht vielen Sympathiepunkten ausgestattet sind: Jeder ist auf seinen Vorteil bedacht und hat Angst, etwas Falsches bei den Aussagen zu erwähnen...

Das aufschlussreiche Nachwort von Martin Edwards über die Autorin Lucy Beatrice Malleson (1899-1973), die unter einigen Pseudonymen schrieb - hier Anne Meredith - fand ich sehr interessant, da ihre Kriminalromane lange in Vergessenheit gerieten, bis der Klett-Cotta-Veralg ihn erstmals in deutscher Sprache wieder an die Oberfläche holte. Er ist in der rauen Sprache des Winters und auch des Umgangs der Familie Gray untereinander verfasst, in der niemand niemandem traut.

Fazit:

Ein unterhaltsamer, nostalgischer Klassiker, der mit viel psychologischer Finesse auftritt, wohingegen die Spannung "wie gewohnt" sich hintanzustellen hat: Dennoch lesenswert, da er auch einen Teil einer untergegangenen Epoche beschreibt. Dem geneigten Leser empfehle ich ihn sehr gerne weiter und vergebe 4* am klassischen Krimihimmel und 88° auf der "Krimi-Couch".

Veröffentlicht am 04.12.2018

Ein kriminell gutes Lesevergnügen - und eine Reise nach Oxford

Club der Romantiker
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Peter Becker, aufgewachsen im schönen nördlichen Saarland, genauer gesagt in Primstal, der Anfang der 90er Jahre ein Stipendium für Oxford in der Tasche hatte und einen Teil seines eigenen Studiums dort ...

Peter Becker, aufgewachsen im schönen nördlichen Saarland, genauer gesagt in Primstal, der Anfang der 90er Jahre ein Stipendium für Oxford in der Tasche hatte und einen Teil seines eigenen Studiums dort absolvierte, kehrt nach 20 Jahren an seinen Studienort zurück, da es ein Treffen der "Ehemaligengruppe" gibt. Doch seine Reise hat noch einen anderen Grund:


Damals verschwand Laureen Mills, eine Bibliothekarin im Univ College, spurlos - ihre Leiche wurde erst jetzt gefunden und die Beisetzung findet in der gleichen Zeit wie das Ehemaligentreffen statt. Obwohl niemand mehr mit der Aufklärung des Falles rechnet, der "Club der Romantiker", in dem damals auch Peter Becker war, längst Geschichte in der Reihe der Clubs und Societys der Studenten im altehrwürdigen Oxford ist, wird im Verlaufe des Romans - der einen sehr gelungenen Genremix zwischen spannendem Unterhaltungsroman und Kriminalroman darstellt - klar, weshalb der Protagonist von zunehmender Nervosität gepackt wird: Gelingt es DCI Osmer und seinem Sergeant Irvine, den Fall von damals doch noch zu lösen?

Meine Meinung:

Der Roman von Frank P. Meyer hat mich durch stilistische Raffinesse sehr beeindruckt und macht das Lesen wirklich zum Vergnügen: Der Protagonist Peter Becker beschreibt sehr detailreich seine Studienzeit in Oxford. Er soll sich wie alle Studenten um soziale Kontakte bemühen und tritt u.a. dem "Club der Romantiker" bei, eine Gruppe um Louise und Gareth, die englische Klassiker wie Burns, Shelley u.a. mögen und rezitieren. Um über diese Schriftsteller zu "referieren", begibt man sich stets in einen Pub - und auch alle anderen Beschreibungen des Studentenlebens erkennt man getrost wieder, wenn man sie einmal erleben konnte. Mit trockenem Humor wird da von Heilsaufen und Peepshows berichtet, aber auch politische Themen wie der Ausstieg Großbritanniens aus der EU werden (wenn auch am Rande) durchaus nicht ausgespart. Auch Laureen Mills interessiert sich anscheinend für Shelley - aber zugelassen werden nur Studenten, was auf sie nicht zutrifft, da sie Angestellte in der Bibliothek ist: Wird sie es dennoch schaffen, Zugang zum Club zu finden?

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, die genial miteinander verwoben wurden und somit große Spannung erzeugen: Zum einen gibt es die Rückblenden in die gemeinsame Studienzeit 1991, wo man Sergej (der Student, der ebenfalls zuweilen von Heimweh geplagt wird und mit Peter das "Heilsaufen" erfand), Gareth und Louise, ein illustres Pärchen, das kein Abenteuer auslassen mag und gefährlichen Expeditionen durchaus zugetan ist; Branwen Jones, Ed und George Bishop (genannt "die Bischöfe"), Alex und Simon kennenlernt: Sie alle mussten ihre Aufnahmeprüfung bestehen, um in den "Club der Romantiker" aufgenommen zu werden. Und zum anderen gibt es die Gegenwart, in der die "Ehemaligen" von damals sich wiedertreffen und alte Geschichten um den Club wieder "hochkochen" lassen, da der Inspector und sein Sgt. ihre Schnüfflernasen tiefer in den Fall hineinstecken als es dem "Club der Romantiker" lieb sein kann....

Die zeitlichen "Sprünge" sind durch kurze Kapitelabschnitte sehr gelungen und dem Leser gelingt es ohne Probleme, von der Vergangenheit in die Gegenwart und - auch wieder zurück zu springen: Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die auch die Trimester umfassen: Michaelmas, Hilary und Trinity. Während der erste Teil des Trimesters vor allem von den Clubmitgliedern handeln, die uns Peter nach und nach vorstellt, wird es im zweiten Teil sehr spannend, bis sich nach zahlreichen ungeahnten Wendungen dann der Plot am Ende erschließt: Man ahnt, dass sowohl DCI Osmer (eine Namensumstellung von Inspector Morse, der nicht nur bei mir, sondern wohl bereits Anfang der 90er Jahre auch bei den Studenten in Oxford einen hohen Beliebtheitsgrad innehatte ;) als auch Sgt. Irvine nicht locker lassen und über genügend detektivisches Gespür verfügen, um eins und das andere zusammenzuzählen...

Ich mochte den Protagonisten, der sehr authentisch die studentische Szene und seine Kommilitonen in der Oxford-Zeit beschrieb und besonders Branwen, die (oftmals mit einer Flasche Brandy ausgestattet) stets eine gute Freundin war) sowie Sergej und natürlich "Schieferplatten-Bill", den kauzigen, aber herzerwärmenden Professor und Tutor von Peter Becker; weniger Sympathie empfand ich für eher manipulative Charaktere wie Gaz und Louise. Ganz besonders mochte ich aber den feinen (und trockenen, britischen) Humor des Autors, der mich zuweilen zum Lachen brachte - zumal die "Primstal-Geschichten", die Peter in Oxford zum Besten gab, sehr gut bei den Kommilitonen ankamen und für die Elite-Studenten sicher teilweise wie Storys von einem anderen Stern klangen.

Fazit:

Eine faszinierende, wirklich sehr vergnüglich zu lesende Roman- und zugleich eine spannende Krimireise ins altehrwürdige Oxford, die ich sehr gerne weiterempfehle. Die große Authentizität war sehr spürbar, da der Autor - wie auch der Protagonist hier - in Oxford einen Teil des Studiums absolvierte und jemand ist, der "weiß, wovon er schreibt". Ich hoffe, von Frank P. Meyer bald wieder Neues lesen zu dürfen! Von mir gibt es 5* und ein 'Jolly good'!! :)

Veröffentlicht am 27.11.2018

Von Spinnenstichen, Einsiedlerinnen und einer Magellanschen Brigadereise....

Der Zorn der Einsiedlerin
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Vorwegnehmen muss ich, dass Fred Vargas seit ihren Kehlweiler-Krimis, heute zusammengefasst in "Die drei Evangelisten" (1991 ff) meine absolute Lieblings-Krimiautorin ist - und mittlerweile viele Preise ...

Vorwegnehmen muss ich, dass Fred Vargas seit ihren Kehlweiler-Krimis, heute zusammengefasst in "Die drei Evangelisten" (1991 ff) meine absolute Lieblings-Krimiautorin ist - und mittlerweile viele Preise (nicht zu Unrecht) erhalten hat, da sie faszinierende Krimis schreibt (wenn auch leider nur in ihren Ferien), die sich stets mit aktuellen, gesellschaftlich hochbrisanten Themen beschäftigen. Auch hier habe ich mit 'beaucoup de plaisir' Adamsberg und seine Brigade criminelle begleiten dürfen, der wieder einmal - mit dem Kopf noch in Island, wo der letzte Fall gelöst werden konnte - einen äußerst kniffligen Fall klären muss:


Um neuen LeserInnen die einzelnen Mitarbeiter der Brigade vorzustellen, wird dem eigentlichen Thema, dem mysteriösen Tod zwei alter Männer im Süden Frankreichs, ein dubioser Mord an Madame Carvin vorangestellt, der jedoch "mit links" und im Handumdrehen gelöst ist: Das Wiedersehen (oder Kennenlernen) von Froissy, Mercadet, Estalère, Lamarre, Mordent und besonders mit Veyrenc (seines Zeichen ebenfalls ein Kind der Pyrenäen und sich daher blind mit Adamsberg verstehend) - und ganz besonders mit dem Stellvertreter des Kommissars; den Meister der Worte - Commendant Danglard sowie der "vielseitigen Göttin" Retancourt (beide sind meine beiden Vargas'schen Lieblingsfiguren neben Adamsberg) machten mir besonders viel Freude:

Albert Barral und Fernand Claveyrolle starben nach einem Stich der Einsiedlerspinne, was den Hobby-Zoologen Voisenet irritiert. Zufällig (oder auch nicht) bemerkt Adamsberg, dass Voisenet die Zeitungsartikel über diese beiden Fälle verfolgt - und nachdem klar ist, dass ein Biss dieser Spinne eigentlich nicht ausreicht, um einen Menschen zu töten, begibt sich Adamsberg (den solch ungewöhnlichen Fälle magisch anziehen) auf die Spurensuche: Wie sich herausstellt, kannten sich die beiden Alten und eine Fährte verweist auf ein Waisenhaus, in dem beide bereits als Kinder ihr Unwesen trieben, gemeinsam mit einer Bande anderer, die Spaß daran hatten, Schwächere zu quälen - und die im Teenageralter dazu übergingen, auch vor Gewalt an Mädchen und Frauen nicht haltzumachen: Wo ist die Verbindung, wo das Motiv -und wie kann Adamsberg und ein Teil der Brigade (inoffiziell, da der Leiter der Kommission nicht eingeweiht wurde) Licht in den zeitweise undurchdringlichen Nebel bringen? (Einer seiner Eigenschaften ist es, normalerweise sehr gut im Nebel sehen zu können - aufgrund seiner aufsteigenden Gasbläschen, die sog. Proto-Gedanken seines Gehirns, die nur so blubbern ;) Hier aber ist die Lage vertrackt - und wird auch nicht besser, als Danglard sich gegen seinen Chef stellt und alles zu sabotieren droht (normalerweise sind die beiden beste Freunde)... - in diesem Fall aber wird Adamsberg erst zum Ende des Romans durch "handfeste Beweise" herausbekommen, dass sein Stellvertreter doch nicht zu einem Arsch mit Danglardschen Ohren geworden ist... Besonders interessant ist in diesem Fall die Vargas'sche Art der Wortspiele: Eine Einsiedlerin oder Rekluse gab es im Mittelalter - und eine Spinnenart ist ebenfalls benannt als Einsiedlerspinne, da sie sich sehr selten zeigt - und lieber im Verborgenen lebt....

Adamsberg laviert sich nun auf einer Art Magellanschen Reise, viele Meerengen und geschlossene Buchten vorfindend, durch diesen durchaus kniffligen Fall, in dem es vor Blapsen nur so wimmelt; in dem Adamsberg sich seinem eigenen Ich als 12jähriger stellen muss, um am Ende den Fall erfolgreich lösen zu können. Nach Vargas'scher Manier werden sehr ernste Themen (Gewalt gegen Kinder und Frauen; Menschen, die diese über Jahre decken, oftmals die Mütter; die Einkerkerung der Opfer über Jahre) angesprochen bzw. nehmen Bezug zu diesem Fall auf: Dabei gelingt es der Autorin, sich dieser grauenhaften Thematik anzunähern, indem sie die witzigen Dialoge und die zahlreichen "Macken" der Brigade wie auch mancher Nebenfigur dem Ernst der Lage gegenüberstellt; ihr damit eine gewisse Leichtigkeit entgegensetzt, auch wenn Adamsberg darüber belehrt wird, dass auch er neurotisch ist, da alle Menschen neurotisch seien.

Selbst die Nebenhandlungen haben immer einen Bezug zu den Morden an den alten Männern bzw. zum Thema: Gewalt an Frauen. Hier wird auch die begnadete Datenexpertin und stetig Sorge tragende Mitarbeiterin, dass auch genug zu essen in der Brigade ist, Heléne Froissy, belästigt - bis sich ihr Chef höchstpersönlich (auf Bitten von Retancourt) darum kümmert und die Belästigung augenblicklich aufhört.

Fazit:

Ein wiederum rundum gelungener, mich zum Dauerschmunzeln bringender, lehrreicher und historisch interessanter Kriminalroman, den ich sehr gerne gelesen habe und weiterempfehlen möchte: Allerdings würde ich mit den ersten Adamsbergs Krimis der Reihe beginnen, sollte man noch kein Fred Vargas Fan sein ;)
Danglard und auch Retancourt - meine Lieblingsfiguren - fehlten mir ein wenig in diesem Band, aber ich bin zuversichtlich, dass beide im nächsten Vargas-Krimi wieder ihre gewohnten Rollen einnehmen ;) Wenn es mehr Adamsbergs mit Proto-Gedanken gäbe, wäre die Zahl der Blapse (Stinkkäfer) vermutlich nicht so hoch. Ein chapeau und ein merci beaucoup für beste und auch intelligente sowie gewohnt witzige Krimi-Unterhaltung und 5* Sterne!