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Veröffentlicht am 13.10.2017

Knallhart, schonungslos, schockierend

Tränenbringer
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Berlin, am hellichten Tag läuft ein Mann wie benommen über die Fahrbahn, in seiner Hand einen Karton. Nur knapp entgeht er der Kollision mit einem LKW, der in eine Wand eines Restaurants fährt beim Ausweichen. ...

Berlin, am hellichten Tag läuft ein Mann wie benommen über die Fahrbahn, in seiner Hand einen Karton. Nur knapp entgeht er der Kollision mit einem LKW, der in eine Wand eines Restaurants fährt beim Ausweichen. Als die Polizei vor Ort ist, machen diese eine grauenhafte Entdeckung, denn der Karton hat einen schockierenden Inhalt: Füße. Clara Vidalis und ihre Kollegen beginnen zu ermitteln, doch bevor sie antworten von dem offensichtlich drogensüchtigen Mann erhalten, verliert dieser das Bewusstsein. Kurze Zeit später erhält ein Familienvater ebenfalls einen Karton und auch dessen Inhalt lässt den Mann beinahe verzweifeln.
Meine Meinung:
Mit Tränenbringer erscheint der bereits fünfte Band rund um die Ermittlerin Clara Vidalis. Die Fälle in den einzelnen Bänden sind jeweils abgeschlossen, lediglich das private Leben der Ermittler baut innerhalb der Reihe aufeinander auf. Trotzdem kann man dieses Buch durchaus lesen, ohne die Vorgänger zu kennen.
Der Schreibstil ist sehr flüssig, sehr geradlinig und dadurch auch gut verständlich. Allerdings möchte ich von Beginn an klar stellen, dass es rein inhaltlich tatsächlich sehr detailliert beschriebene Szene gibt. Der Autor nimmt hier keinerlei Blatt vor den Mund und weiß mit der Darstellung der grausamen Taten nicht nur zu erschrecken, sondern auch zu schockieren. Ich bin ein durchaus hartgesottener Thrillerleser, aber tatsächlich gab es hin und wieder so klar beschriebene Details z. B. bei einer Leiche, das ich auch mal schlucken musste. Also ein stabiler Magen und ein gutes Nervenkostüm sind hier absolut von Vorteil.
Schon beim Einstieg beginnt der Autor mit einer sehr spannenden Sequenz und auch während der Geschichte gibt es immer wieder Momente, bei denen der Autor die Spannungsschraube anzieht. Das sorgt zum einen dazu, dass man hier nur so durch die Geschichte fliegt, zum anderen dazu, dass es zu keiner Zeit Langeweile gibt. Am Ende erhält der Leser sogar noch einen regelrechten Showdown, der einen an den Fingernägeln kauen lässt. Spannung ist also absolut garantiert.
In erster Linie verfolgen wir den Fall in der Gegenwart gemeinsam mit der Ermittlerin Vidalis. Doch es gibt hier auch immer wieder Rückblenden bzw. auch Sequenzen aus der Gegenwart, die aus der Sicht des Antagonisten erzählt werden. Mir gefällt das immer, da ich dabei nicht nur einen guten Überblick erhalte, sondern auch ein wenig den Täter und dessen teilweise wirklich verstörende Gedanken kennenlernen kann. Auch hier sorgt diese Abwechslung für Spannung.
Die Charaktere sind teilweise bekannt aus den vorherigen Bänden, sprich Vidalis und ihren Partner McDeath und auch die anderen Ermittler kennt man, wenn man Bücher aus der Reihe gelesen hat. In diesem Buch konnte ich sehr mit Carla Vidalis mitfühlen und das, was ihr hier passiert, machte sie für mich noch ein wenig mehr greifbar und ja, man lernt sie auch ein wenig verletzlich kennen. Wobei sie durch ein bestimmtes Ereignis sehr authentisch wirkt. Ich will gar nicht viel verraten, aber ich konnte in diesem Band mich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen. McDeath beeindruckt mich ja immer wieder mit seinem unglaublichen Wissen, dabei wirft Etzold auch immer wieder Kleinigkeiten ein, die wirklich real sind und die Story und deren Charaktere glaubwürdiger machen.
Mein kleiner Kritikpunkt ist hier eher der Gegenspieler unserer Ermittler, der mir einfach zu klischeehaft war und dessen Entwicklung mir sozusagen vom ersten Kennenlernen an schon klar war. Ich glaube, da geht noch mehr, denn Etzold versteht es ausgezeichnet, Charaktere zu zeichnen und lebendig werden zu lassen.
Mein Fazit:
Spannung, Ekel, Tempo, alles kann man in dem neuen Thriller des Autors finden. Dabei weiß Etzold hier durchaus immer wieder zu schockieren. Er zeigt hier deutlich darauf, wie es überhaupt soweit kommen konnte, wie solch ein Mörder sozusagen gezeugt wird. Das war mir zwar etwas zu klischeehaft, aber durchaus plausibel und nachvollziehbar. Wer viel Blut lesen kann und auch bei detailreichen, bildhaften Beschreibungen von Opfern nicht zurückschreckt, der sollte hier unbedingt zugreifen. Zartbesaitete Leser sollten aber hier lieber Abstand nehmen, wobei ich finde, dass allein schon das Cover zeigt, wie blutig es wird.

Veröffentlicht am 11.10.2017

Die Götter sind zurück

Sog der Finsternis (Die Chroniken der Götter 3)
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Da Teil 3 einer Reihe - bitte Rezension nur lesen, wenn die Vorgänger bekannt sind. Spoiler vorhanden.

Nach dem Duell zwischen Areshva und Silvrin, bei dem Areshva schwer verletzt wurde, gelingt es ...

Da Teil 3 einer Reihe - bitte Rezension nur lesen, wenn die Vorgänger bekannt sind. Spoiler vorhanden.

Nach dem Duell zwischen Areshva und Silvrin, bei dem Areshva schwer verletzt wurde, gelingt es Silvrin, sie bei den :::: unterzubringen. Mit viel Geld besticht er die Frauen, alles nur erdenkliche für Areshva zu tun, damit sie wieder gesund wird. Danach macht er sich auf den Weg, Prinzessin Isimela, die von Areshvas Vater in dessen Burg, gefangen gehalten wird, zu befreien. Doch der Versuch geht schief und er gerät in Gefangenschaft. Währenddessen kommt Areshva wieder zu sich und muss feststellen, dass sie eine kleine Verehrerin hat, Pirina. Diese glaubt felsenfest daran, dass Areshva sie vor der Dunkelheit retten wird und begleitet sie nun auf Schritt und Tritt. Nachdem sie halbwegs genesen ist, kehrt sie zurück in die Burg des Vaters, gemeinsam mit Pirina. Dort stellt sie fest, dass Silvrin unfreiwilliger Gast auf der Burg ist. Wieder einmal heißt es für Areshva, alle Pläne über den Haufen zu werfen, denn Silvrin retten, ist nun ihre oberste Priorität.
Meine Meinung:
Wie auch schon Band 2 nahtlos an Band 1 anschloss, geht es hier ebenfalls nahtlos weiter. Die Ereignisse knüpfen bei Band 3 dort an, wo 2 aufgehört. Dabei ist es absolut notwendig, die Vorgänger zu kennen, da die Geschichten aufeinander aufbauen. Mit Fortschreiten der Geschichte wird allerdings auch der Grundton immer düsterer. Immer mehr dunkle Mächte übernehmen die Zepter und die Hoffnung der anderen schwindet immer mehr. Aber auch in Band 3 gelingt der Autorin eine erneute Steigerung sowohl in der Spannung, bedingt durch Knall auf Fall erfolgende Ereignisse, aber auch auf Grund des Verhaltens ihrer Protagonistin Areshva.
Der Schreibstil gefiel mir ja bereits in den Vorgängern sehr gut und das ist auch dieses Mal wieder so. Locker, flüssig, trotz aller Düsternis gibt es Momente, die einen Schmunzeln lassen, was auch an der gehörigen Portion schwarzem Humor der Protagonistin liegt. Auch ihren Charakteren haucht die Autorin dank unterschiedlicher Sprache einen eigenen Stil ein. Man erkennt schon an der Sprache, wer gerade handelt und spricht.
Auch hier gibt es wieder den personellen Erzähler, dieser hat aber durchaus eine auktoriale Funktion, denn er lässt uns an den Gedanken der Charaktere teilhaben. Man hat somit nicht nur einen guten Rundumblick auf das Geschehen, sondern kann sich mit einfühlen und verstehen.
Das Worldbuilding gefällt mir nach wie vor sehr gut, denn Anke Unger gelingt es wieder perfekt, die richtige Mischung zu finden, die Umgebung zu beschrieben ohen dabei auszuschweifen. Die Welt in der Areshva und Silvrin leben, wird vor meinem inneren Auge lebendig und greifbar. Sei es die Burg von Areshvas Vater oder der Berg Kalamachai, ich sehe es regelrecht vor mir und genau das liebe ich an guten Fantasygeschichten. Man kann hier in diese Welt abtauchen und versinken und man merkt gar nicht, wie die Zeit beim Lesen vergeht.
Die Charaktere sind dieses Mal alle bekannt und auch deren Weiterentwicklungen haben mich überzeugt und waren nachvollziehbar. Wie auch schon der Grundton der Geschichte weiterhin düsterer wird, sind hier auch das Verhalten der Charaktere durchaus dunkler. Areshva zweifelt hier sehr an sich und das, ihr wird immer mehr bewusst, dass sie zwar das Richtige erreichen will, doch oft falsch gehandelt hat. Doch trotzdem ist ihr auch immer bewusster, dass sie nur so und nicht anders handeln konnte. Silvrin taucht hier tatsächlich kaum noch auf und wenn man in den ersten beiden Bänden noch aus abwechselnder Sicht von ihnen erfuhr, bleibt es dieses Mal eher so, dass das Hauptaugenmerk auf Areshva liegt.
Pirina, die kleine aus dem ehemaligen Kloster, die wir schon in Band 2 kennenlernen durften, ist hier zum ersten Mal sehr präsent. Tatsächlich ist hier so ein wengi das Licht im Schatten, der Charakter, der es immer wieder schafft, Areshva aus ihrem dunklen Loch zu befreien und ihren Gedanken immer wieder neue Hoffnung gibt. Pirina ist eine wunderbare Persönlichkeit, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Sie ist noch ein Kind und das merkt man ihr an, aber ihr Glaube an das Gute, vor allem in Areshva, ist so gut wie unerschütterlich.
Mein Fazit:
Mittlerweile ist es schon der dritte Band der Chroniken der Götter Reihe und ich habe mittlerweile immer mehr das Gefühl, alte Bekannte wieder zu treffen. Für mich konnten sich die einzelnen Bände immer mehr steigern, das Worldbuilding ist vorstellbar und lebendig, ebenso wie die Charaktere. Natürlich ist es auch noch nicht der letzte Band der Reihe und ich bleibe mal wieder neugierig auf den nächsten Band zurück. Wer die Vorgänger mochte, muss hier einfach weiterlesen. Wer die Reihe nicht kennt, sollte sie unbedingt kennenlernen.

Veröffentlicht am 11.10.2017

Bezaubernde Geschichte

Agathe und der Rat der Sieben
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Endlich ist es soweit, die Sommerferien haben angefangen. Doch eigentlich freut sich Agathe gar nicht so richtig darauf, denn ihre beste Freundin Alina fährt mit ihrer Familie in den Urlaub nach Griechenland, ...

Endlich ist es soweit, die Sommerferien haben angefangen. Doch eigentlich freut sich Agathe gar nicht so richtig darauf, denn ihre beste Freundin Alina fährt mit ihrer Familie in den Urlaub nach Griechenland, ihre Mutter ist rund um die Uhr beshcäftigt, der Vater arbeiten und ihr Bruder Björn lebt in seiner eigenen Welt. Immerhin ist er schon fünfzehn und hat ganz andere Prioritäten. Doch dann passiert etwas, was alles für Agathe ändert. Bei einer Pilzsammlung mit ihrer Familie begegnet sie auf einer Waldlichtung dem Jungen Ral. Dieser trägt seltsame Kleidung und scheint auch sonst ganz anders als die Jungs die sie kennt. Er geht ihr nicht mehr aus dem Kopf und Agathe beginnt zu forschen. Dabei kommt sie dem Geheimnis immer näher und plötzlich befindet sie sich in einem riesigen Abenteuer, das aus ihren Ferien das Abenteuer ihres Lebens werden lässt.
Meine Meinung:
Allein dieses Cover ist mal wieder ein absolutes Highlight und auch diese wunderschöne Abenteuergeschichte für Kinder ab ca. 10 Jahren ist wirklich rundum gelungen. Katrin Lachmann erzählt hier mit sehr viel Herzblut und das merkt man der Geschichte einfach an. Der Schreibstil ist flüssig und mitreißend, dabei sprachlich leicht und verständlich. Die Zielgruppe ist hier perfekt aufgehoben, aber auch Erwachsene, die gerne Kinderbücher mögen, sollten einen Blick riskieren.
Sehr schnell fühlt man sich als Leser in die Geschichte gezogen. Es wird spannend und voller Fantasie und der Ideenreichtum von Agathe ist einfach toll. Schnell beginnt man mitzufiebern und möchte mit Agathe hinter das Geheimnis des Jungen Ral kommen. Man bekommt Gelegenheit mitzufiebern und sich in fremde Welten zu verlieren, bei der man schnell spürt, dass es Geheimnisse gibt. Die Welt mutet ein wenig alt, beinahe schon mittelalterlich, an. Man wird regelrecht in andere Zeiten versetzt und man spürt die Magie der Menschen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Mädchens Agathe, die hier die Abenteuer erlebt. Ab und an wechselt auch mal die Perspektive, aber hauptsächlich steht hier Agathe im Mittelpunkt. Dieses Mädchen muss man irgendwie gern haben, denn ich glaube, sie fühlt sich, wie manch ein anderes Kind in ihrem Alter, nämlich oft allein. Ihre Mutter ist, wenn man es nett ausdrücken möchte, nicht der herzliche Typ, der Bruder zu alt, um sich mit der kleinen Schwester zu beschäftigen und der Vater ist meistens nicht zu Hause. Kein Wunder, das Agathe mit Feuereifer dabei ist, als es um ein Abenteuer geht. Aber nicht nur abenteuerlich wird es, sondern auch magisch, spannend, atmosphärisch und das erste Herzklopfen wird auch noch mitgeliefert.
Mein Fazit:
Ich möchte gar nicht allzu viel über Agathe und ihre Abenteuer erzählen, aber diese Geschichte ist wirklich wunderschön. Sehr viel Fantasie, Abenteuer und Abwechslung sorgen für eine fesselnde und mitreißende Geschichte. Erzählt wird diese sehr flüssig mit klarem und gut verständlichen Schreibstil. Tolle Abenteuergeschichte mit dem ersten Herzklopfen inklusive für Kinder und für die, die Kinderbücher mögen.

Veröffentlicht am 09.10.2017

Political Science Fiction

Kollaps - Das Imperium der Ströme 1
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In einer fernen Zukunft lebt die Menschheit nicht mehr auf der Erde, sondern ist auf viele kleinere Planeten im Weltraum verteilt. Diese einzelnen Planeten sind durch Ströme miteinander verbunden, die ...

In einer fernen Zukunft lebt die Menschheit nicht mehr auf der Erde, sondern ist auf viele kleinere Planeten im Weltraum verteilt. Diese einzelnen Planeten sind durch Ströme miteinander verbunden, die es schon immer gegeben hat und die sich die Menschheit zu nutzen machte. Denn eigentlich sind diese einzelnen Planeten Lichtjahre voneinander entfernt und nur die Ströme ermöglichen die Reise und den Handel untereinander, alleine könnte niemand überleben. Doch plötzlich scheint etwas mit den Strömen nicht in Ordnung zu sein und wie sich herausstellt, passiert dies alles nicht zum ersten Mal. Unterdessen stirbt der Imperatox, der Herrscher, der Galaxie und seine Tochter Cardenia tritt das Erbe an. Allerdings trifft das nicht überall auf positive Stimmen. Immer mehr geschieht in der Interdependenz und die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen.
Meine Meinung:
Das war mein erster Science Fiction Roman des Autors John Scalzi, der wohl gerade auch für seinen recht schrägen Humor bekannt ist. Diesen bemerkt man auch durchaus immer wieder innerhalb diesen Buches und auch sonst schreibt Scalzi sehr fesselnd und flüssig. Zugegeben, mit den Namen, wie z. B. der Interdependenz, tat ich mich ein wenig schwer, da das nicht immer ganz so leicht im Lesewahn zu verfolgen ist, aber es ist hier wirklich absolut durchdacht. Dabei gefallen mir vor allem die Dialoge in dieser Geschichte, z. B. zwischen der Händlerin Kiva und ihrem Erzfeind Ghreni, die mich, trotz allen Ernstes, immer wieder schmunzeln ließen.
Die Spannung steigert Scalzi hier sehr bedacht und langsam, dabei aber stetig. Allerdings merkt man der Geschichte durchaus an, dass es sich hier um den Einstieg in eine Reihe handelt. Scalzi beginnt hier ganz langsam, aber dafür sehr genau, sowohl seine Charaktere vorzustellen, als auch die politische Situation. Denn die Welt, die er hier konstruiert hat, ist von vorne bis hinten absolut durchdacht. Das könnte vielleicht auf den ein oder anderen etwas langatmig wirken, doch um überhaupt all die komplexen Zusammenhänge hier verstehen zu können, sind all diese Ereignisse und die damit einhergehenden Erklärungen absolut von Nöten.
Denn die Welt, die Scalzi hier erschaffen hat, ist eine, die schon seit über tausend Jahren so im Weltraum existiert. Dabei sind die einzelnen Sterne/Planeten absolut abhängig voneinander und es gibt nur einen Planeten, der alle anderen miteinander verbindet, nämlich Nabe, auf dem der Imperatox zu Hause ist. Kontakt zur Erde gibt es schon seit vielen Jahren nicht mehr, denn der Strom dorthin riss schon sehr früh ab. Nun beginnen die Ströme untereinander sich aber auch zu verändern und das kann mehr als fatal für die Menschen dort werden. Allein überleben kann hier nämlich niemand und das wird vielen durchaus bewusst. Mich konnte der Autor hier durchaus beeindrucken, denn er hat hier wirklich an alles gedacht.
Um hier den Überblick zu wahren, wählt Scalzi einen personellen Erzähler in der dritten Person, der dem Leser einen wirklich guten Einblick, aber auch Rundumblick gewährt. Man kann sich hier also sehr genau vorstellen, wie die Welten und deren Verbindungen untereinander aufgebaut sind und wie diese funktionieren.
Protagonisten gibt es hier gleich drei, da wäre Cardenia Wu-Patrick, die Tochter des Imperatox und seine Nachfolgerin. Sie scheint mir, trotz ihrer Herkunft, sehr sympathisch und nicht abgehoben. Tatsächlich wird sie hier fast völlig unvorbereitet mit Aufgaben konfrontiert, die es ganz schön in sich haben. Denn sie ist die Verantwortliche für all die Menschen auf den Planeten und steht plötzlich davor, Entscheidungen zu treffen, die mit den Veränderungen der Ströme zusammenhängen.
Dann wäre da Kiva, die Händlerin, die mit ihrem Schiff zwischen den einzelnen Planeten wandert und die, na ja, ziemlich frei Schnauze redet und nur selten ein Blatt vor den Mund nimmt. Dabei ist sie durchaus ein ausgekochtes Schlitzohr, die es ganz schön in sich hat.
Zu guter Letzt ist dann noch der Wissenschaftler Marce Claremont, der mir noch ein bisschen blass war, aber im Großen und Ganzen hier wunderbar ins Geschehen passt.
Neben diesen Charakteren gibt es auch noch einige Nebencharaktere, von denen der Gegenspieler, Ghreni, hier noch durchaus sehr interessant ist.
Mein Fazit:
Mit Kollaps geht eine neue Reihe des Autors John Scalzi an den Start, der ein recht ernstes und auch politisches Grundthema beinhaltet. Scalzi baut seine Geschichte durchdacht auf und lässt dadurch die weit entfernten Welten lebendig erscheinen. Doch man merkt hier durchaus, dass es ein erster Band ist, denn als Leser erhält man sehr viele Erläuterungen zum Aufbau der Welt und der Gesamtsituation, was aber wiederum absolut notwendig ist, um den Überblick zu behalten. Ein gelungener Einstieg für alle Science Fiction Fans, die gerne komplexe Welten erleben.

Veröffentlicht am 08.10.2017

Ein Buch, das mich berühren konnte

Als ich Amanda wurde
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Als Amanda zu ihrem Vater in ein kleines Örtchen in Tennessee zieht, weiß niemand dort etwas von ihrer Vergangenheit. Das junge Mädchen hat nämlich schon einige Erfahrungen hinter sich, unter anderem ein ...

Als Amanda zu ihrem Vater in ein kleines Örtchen in Tennessee zieht, weiß niemand dort etwas von ihrer Vergangenheit. Das junge Mädchen hat nämlich schon einige Erfahrungen hinter sich, unter anderem ein Selbstmordversuch vor drei Jahren. Dieser hatte auch einen Hintergrund, den Viele in ihrer Umgebung nicht verstanden, denn Amanda war damals noch Andrew. Ein Mädchen gefangen im Körper eines Jungen. Doch Amanda hat es geschafft und hat ihre Angleichung vom Jungen zum Mädchen hinter sich. In ihrer Heimat stösst sie auf Missverstädnis und wird mehr als einmal angegangen und verprügelt. Bei ihrem Vater zu leben, scheint die letzte Lösung ihres Problems. Hier fühlt sie sich zum ersten Mal glücklich und verstanden, auch wenn niemand ahnt, wer sie ist. Als sie Grant kennenlernt, verliebt sie sich zum ersten Mal und es scheint, als wäre sie endlich angekommen.
Meine Meinung:
Zufällig entdeckte ich dieses Buch auf Facebook in einer Werbung für eine Blogtour. Das Thema Transgender ist mir noch nie in einem Buch begegnet und ich fand es gleich so interessant, dass ich hier einfach mehr erfahren musste. Ich muss sagen, dieses Buch ist etwas ganz besonderes, denn die Autorin Meredith Russo, selbst eine Transgender, widmet sich hier mit sehr viel Gefühl dem Thema und man spürt, dass hier viele eigene Gedanken und Emotionen mit eingeflossen sind. Die ein oder andere Freiheit hat sich die Autorin herausgenommen, in dem sie hier z. B. Amanda schon als Teenager die Anpassung des Geschlechts zugesteht, aber ich denke, dadurch wird vor allem der Bereich Mobbing noch einmal eindrücklicher und intensiver und auch jüngere Leser können sich hier sehr gut in das Geschehen einfühlen und vielleicht auch so manch eine Handlung überdenken.
Wie dem auch sei, Als ich Amanda wurde ist eine fiktive Geschichte und doch konnte diese mich völlig in ihren Bann ziehen. Meredith Russo hat einen sehr gefühlvollen, weichen Schreibstil und versteht es sehr gut, mit wenigen Worten Gefühle und Gedanken zu beschreiben. Sie schreibt sehr flüssig und gut verständlich und auch wenn ich zugeben muss, dass ich diese tief liegenden Gefühle und Gedanken in einem fremden Körper zu sein, nicht wirklich begreifen kann, schafft es die Autorin, es einfach auch für Aussenstehende klar zu machen.
Richtig gut gelungen sind die verschiedenen Rückblicke auf Situationen, die Amanda leider erleben musste. So erzählt sie von dem häufigen Unverständnis ihrer Mitschüler, über das Mobbing, das man an ihr ausübte, aber auch über die Ablehnung oder eher das Unverständnis der eigenen Familie. Dies alles klingt so absolut authentisch, dass für mich Amanda richtig greifbar wurde. Ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, allein weil ich die ganze Zeit hoffte, dass es Amanda in ihrem "neuen" Leben bei ihrem Dad gelingen würde, wieder glücklich und frei zu sein.
Amanda erzählt hier in der Ich-Perspektive und dadurch fällt es sehr leicht, sich mit ihr verbunden zu fühlen und die Welt durch ihre Augen zu betrachten. Sie wurde mir richtig nahe gebracht und ich fühlte mich so wohl mit ihr, dass ich mir gut vorstellen könnte, mit Amanda befreundet zu sein.
Amanda ist nämlich durchweg eine besondere Protagonistin, nicht nur, dass sie im falschen Körper geboren wurde und dadurch auf viel Missverständnis in ihrer Umgebung trifft, macht sie zu etwas besonderem, sondern eher ihre Art. Sie ist ein wirklich toller Mensch, der ohne jemanden zu verurteilen das Gegenüber annimmt. Ich habe mich absolut mit ihr mitfreuen können, dass sie an der neuen Schule so gut angenommen wird und endlich, zum ersten Mal in ihrem Leben, auf gleichaltrige Freunde trifft. Amanda ist durchweg etwas besonderes und konnte mich mit ihrer liebevollen Art mitnehmen in ihrer Geschichte.
Aber auch die Nebencharaktere sind hier glaubwürdig und gelungen. Zwar legt Meredith Russo hier nicht so sehr den Tiefgang in den Vordergrund, lässt sie dafür aber absolut glaubhaft agieren und interagieren. Sei es Amandas Vater, den ich hier ebenso verstehen konnte, wie auch Amandas Mutter und die hier kurz, aber intensiv ihre persönlichen Eindrücke Amanda schildern. Auch die Teenager an ihrer Schule sind gut dargestellt und hier konnte Amanda zum ersten Mal erleben, dass auch hier manch einer etwas zu verbergen hat. Bee, Amandas beste Freundin, hat in mir sehr widersprüchliche Gefühle hervorgerufen. Warum möchte ich allerdings nicht verraten.
Mein Fazit:
Ein Buch, dessen Umsetzung mir sehr gut gefallen hat und mit dem Meredith Russo sehr gut die Gefühlswelt Amandas dargestellt hat. Diese Geschichte zeigt wieder einmal sehr eindrücklich, dass Menschen immer noch verurteilen und nicht mit anderen umgehen können, wenn diese nicht dem Standard entsprechen. Akzeptanz sollte doch eigentlich in unserer Zeit möglich sein, aber leider ist es immer noch so, dass anders zu sein, ausgrenzt. Ich hoffe, dass dieses Buch noch viele Menschen erreicht, allein um zu zeigen, dass da ein Mensch hinter dem anders sein steckt, der einfach nur, wie jeder, akzeptiert und geliebt werden möchte. Das Buch ist dank der jungen Protagonistin auch durchaus für jüngere Leser geeignet, aber auch mich konnte die Autorin mit ihrer Geschichte abholen, überzeugen und fesseln.