Auch ohne den letzten Schliff ein lohnenswerter Kurzroman
Wir sehen uns im AugustGabriel García Márquez‘ letztes Werk, das seinem Willen zufolge nicht mehr veröffentlicht werden sollte. Seine beiden Söhne haben sich nach reiflicher Überlegung über diesen Wunsch hinweggesetzt und uns ...
Gabriel García Márquez‘ letztes Werk, das seinem Willen zufolge nicht mehr veröffentlicht werden sollte. Seine beiden Söhne haben sich nach reiflicher Überlegung über diesen Wunsch hinweggesetzt und uns Leserinnen und Leser mit einem letzten literarischen Geschenk bedacht.
Besonders bewundernswert war für mich einmal mehr Márquez‘ Gefühl für Sprache und seine Fähigkeit, mit wenigen Worten intensive, atmosphärische und lebendige Bilder zu erzeugen. Vieles bleibt in diesem Kurzroman nur angedeutet (zB der Eintritt der Tochter ins Kloster, der Sohn), und es ist mir unklar, ob dies so beabsichtigt war oder dem Umstand geschuldet ist, dass Márquez diesem nicht mehr selbst den letzten Schliff geben konnte. Auch der Schluss wirkt auf mich etwas unrund. Die Geschichte von Ana Magdalena, die - zunächst spontan, später geplant - die jährlichen Besuche am Grab ihrer Mutter auf einer abgelegenen Insel nutzt, um aus ihrer konventionellen Eheroutine auszubrechen, ist ungewöhnlich und sehr erfrischend. Ich habe dieses Buch sehr genossen, und freue mich, dass dieses Spätwerk – meines Wissens sein einziges mit einer weiblichen Hauptfigur – noch erscheinen durfte.