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Veröffentlicht am 30.05.2023

Leider mit Schwächen

Josses Tal
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Josef Tomulka wächst in Schlesien als uneheliches Kind bei seiner Mutter und seinen Großeltern auf, die ihn täglich spüren lassen, dass er unerwünscht ist. Wärme findet er bei der Nachbarsfamilie Reckzügel. ...

Josef Tomulka wächst in Schlesien als uneheliches Kind bei seiner Mutter und seinen Großeltern auf, die ihn täglich spüren lassen, dass er unerwünscht ist. Wärme findet er bei der Nachbarsfamilie Reckzügel. Deren ältester Sohn Wilhelm, ein glühender Nationalsozialist der ersten Stunde, zeigt Josef gegenüber eine sonderbar große Zuwendung. Unter Wilhelms Einfluss und begünstigt durch Josefs liebloses Elternhaus, verfängt auch bei ihm das braune Gedankengut, er findet die ersehnte Anerkennung im Jungvolk und wird ein willfähriger Helfer Wilhelms.

Josefs bittere Kindheit und seine Sehnsucht nach Liebe werden eindrücklich und glaubhaft beschrieben. Relativ früh waren mir Wilhelms wahre Absichten und die Hintergründe zu Josef klar, so dass das Ende des Buches vorhersehbar war.

Der Roman zeigt, wie maipulierbar der Mensch ist, wie perfide die Propaganda der Nazis war und welch gefährliche Anziehungskraft deren Jugendorganisationen hatten. Thematisch hat mich der Roman sehr interessant, doch leider hat er mich handwerklich nicht überzeugt, und man spürt die Unerfahrenheit der Autorin. Die Charaktere sind zu eindimensional und werden häufig entweder nur positiv oder absolut negativ dargestellt; hier hätte ich mir etwas mehr Ambivalenz gewünscht. Werner und die Eltern Reckzügel sind fast zu gut, um wahr zu sein, Fritz, Frieda und Helene Tomulka sind das absolute Gegenteil. Fritz' Verhalten ist für mich kaum nachvollziehbar und sehr extrem. Sicher war ein uneheliches Kind damals eine Schande, aber sein kompletter Verhaltenswandel gegenüber allen, auch Leuten außerhalb der Familie, und die Konsequenzen, die er für sich und die ganze Familie zog, erscheinen mir unverhältnismäßig und nicht nachvollziehbar. Insbesondere sein Benehmen am neuen Wohnort gegenüber den Nachbarn konterkariert seinen Wunsch, an einem anderen Ort unbelastet anzufangen. Insgesamt wundert es mich, dass im Roman so wenig vom Krieg spürbar ist, keine Haupt- oder Nebenfigur bis auf den Lehrer Ritter wird eingezogen oder fällt. Werner Reckzügel wirkt über die gesamten 13 Jahre immer wie ein Jugendlicher, obwohl er am Ende ca. 33 Jahre alt sein dürfte. Weder ist sein Beruf bekannt noch heiratet er bzw. hat eine Freundin. Dies alles zusammen lässt die Figuren auf mich konstruiert wirken. Die Rahmenhandlung um den alten Josse und Helen erscheint künstlich, Helens Uroma Else, die eigentlich eine zentrale Rolle spielen sollte, taucht nur kurz auf. Die äußere Geschichte wirkt so unglaubwürdig und eher wie ein halbherziger schriftstellerischer Kniff.

Insgesamt ein interessanter Roman mit vielen guten Ansätzen, aber leider Schwächen in der Umsetzung.

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Veröffentlicht am 30.05.2023

Klassischer Krimi

Wenn Worte töten
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"Wenn Worte töten" ist bereits der dritte Band der Reihe um den ehemaligen Kriminalbeamten Daniel Hawthorne, der als Berater der Polizei arbeitet und bei komplexen Fällen hinzugezogen wird. Für mich war ...

"Wenn Worte töten" ist bereits der dritte Band der Reihe um den ehemaligen Kriminalbeamten Daniel Hawthorne, der als Berater der Polizei arbeitet und bei komplexen Fällen hinzugezogen wird. Für mich war es das erste Buch von Anthony Horowitz, und da keine Vorkenntnisse nötig sind, konnte ich mit diesem Band problemlos einsteigen.

Im Roman begleitet der Schriftsteller Anthony Horowitz als autofiktionaler Ich-Erzähler Daniel Hawthorne bei seinen Ermittlungen und schreibt darüber. Die Konstellation aus genialem, aber etwas eigenem Privatdetektiv und seinem Chronisten, der sich eher vergeblich bemüht, bei der Aufklärung zu helfen, erinnert mich stark an Hercule Poirot und seinen Hastings. Auch der Schreibstil, die wendungsreiche Geschichte und die Art des Falles, bei dessen Lösung es auf kleinste Details ankommt, lassen unwillkürlich an Agatha Christie denken. Es ist sicherlich kein Zufall, dass der Autor die Drehbücher zu den Poirot-Verfilmungen verfasst hat.

Die Figur des Daniel Hawthorne finde ich richtig spannend. Sie ist undurchsichtig und eigen, ein scharfer Beobachter, der auf der Insel Aldernay den Schatten seiner Vergangenheit begegnet. Wie er hier seine eigenen Ziele verfolgt, erinnert mich fast ein wenig an Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker".

Der Fall bleibt spannend bis zum Schluß, und ist ideal für alle, die gerne selbst miträtseln und Spaß an verzwickten Details haben.

Ein besonderes Vergnügen wird die Geschichte als Hörbuch durch den brillianten Sprecher Uve Teschner. Wie er jeder Figur eine individuelle Note verleiht und sie beinahe wie in einem Hörspiel zum Leben erweckt, ist einfach große Klasse.

Eine absolute Hörempfehlung für alle, die Krimis im Stile von Agatha Christie, Dorothy L. Sayers oder Arthur Conan Doyle lieben!


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Veröffentlicht am 25.05.2023

Lustig und fantasievoll

Detektei für magisches Unwesen – Da braut sich was zusammen
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Die drei Freunde Jannik, Pola und Lulu leben in Kiesbach und sind begeisterte Hobbydetektive.  Zusammen bilden sie die Detektei für magisches Unwesen. Sie sind befreundet mit Peggory Jones, dem Geheimagenten ...

Die drei Freunde Jannik, Pola und Lulu leben in Kiesbach und sind begeisterte Hobbydetektive.  Zusammen bilden sie die Detektei für magisches Unwesen. Sie sind befreundet mit Peggory Jones, dem Geheimagenten vom "Geheimdienst für streng geheime Angelegenheiten, Dezernat für Magisches und Fabelwesen" und dessen Leseratte Marianne. Als in Kiesbach unter seltsamen Umständen einzelne Schmuckstücke beim Juwelier Piepenbrink gestohlen werden und der Dorfteich zu blubbern beginnt, begeben sich die fünf auf Spurensuche.

Die Geschichte ist fantasievoll und unterhaltsam geschrieben und mit vielen lustigen Fabelwesen gespickt, etwa dem schwerhörigen Lauschkäfer Buddy, der Ulkelfe Fiona oder der Glibberblasen zaubernden Glückskatze. Auch Lulus exzentrische Tante Liesbeth sorgt für viele komische Szenen.

Das Buch ist in 27 kurze Kapitel eingeteilt, die durch schwarz-weiße Illustrationen aufgelockert werden. Es eignet sich perfekt für Grundschüler*innen ab der 3. Klasse. "Da braut sich was zusammen" ist nach "Drei Helden für ein Honigbrot" bereits der zweite Band der Detektei für magisches Unwesen, kann aber eigenständig gelesen werden. Dennoch ist die Kenntnis des ersten Bandes sicher hilfreich, um zu erfahren, wie die drei Kids mit der Fabelwelt in Kontakt kamen und Peggory und Marianne kennengelernt haben.

Wir hatten viel Freude am neuen Abenteuer der Detektei und können die Reihe nur weiterempfehlen!


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Veröffentlicht am 25.05.2023

Ein Gesellschaftsroman, der Mut macht, Veränderungen anzugehen

Morgenluft
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"Morgenluft" von Ulla Mothes

AUSSTATTUNG:
Auch wenn ich mich eigentlich nicht von Covern zum Lesen verleiten lasse, hat mich dieses sofort angesprochen, da es gleichzeitig schlicht, zart und außergewöhnlich ...

"Morgenluft" von Ulla Mothes

AUSSTATTUNG:
Auch wenn ich mich eigentlich nicht von Covern zum Lesen verleiten lasse, hat mich dieses sofort angesprochen, da es gleichzeitig schlicht, zart und außergewöhnlich ist. Vor dem ersten Kapitel befindet sich ein Lageplan der Kolonie "Flußeck". Ich freue mich immer sehr über Karten im Buch, da ich mir dann alles viel besser vorstellen kann. Die Unterabschnitte der Kapitel, die abwechselnd aus Sicht der verschiedenen Pächter erzählt werden, beginnen jeweils mit einem Piktogramm der Kolonie, in der die Parzelle der aktuellen Perspektive markiert ist - eine nette Idee!

INHALT:
Die kleine idyllische Schrebergartenkolonie "Flusseck" mit sechs Parzellen soll für ein lukratives Mehrfamilienhaus platt gemacht werden. Die Pächter und Pächterinnen kämpfen um den Erhalt ihrer Oase, doch die Entpachtung ist quasi nicht mehr zu vermeiden. Die Gemeinschaft ist bunt gemischt - ein kiffender Althippie, ein Renterehepaar mit üppigen Gemüsebeeten, eine bio-vegane Hipsterfamilie, ein Ehepaar mit türkischen Wurzeln und ein junges lesbisches Paar. In die letzte Parzelle, die seit einer Weile leersteht, nistet sich eines Nachts die geheimnisvolle Architektin Lu ein, die etwas zu verbergen scheint...

In der Kolonie treffen unterschiedliche Lebensentwürfe aufeinander, und durch den  drohenden Abriss ist die Anspannung groß.  Konflikte treten zu Tage, innere und äußere,  und jeder muss sich auf seine Art lange Verdrängtem stellen.

BEWERTUNG:
Die Situation in einer Schrebergartenkolonie wurde im Buch sehr gut getroffen und hat mich oft an den Garten meiner Großeltern erinnert. Jeder beobachtet das Tun des anderen, immer wieder gibt es Reibereien, und man muss diese Nähe und die mangelnde Privatsphäre aushalten können.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen den einzelnen Pächtern der Parzellen und Lu, und man lernt so jeden Charakter mit seinen verborgenen Problemen, Ängsten und Zweifeln kennen. Jeder wird im Laufe des Buches dazu gezwungen, sich diesen zu stellen, sein bisheriges Leben zu hinterfragen und grundlegende Entscheidungen zu treffen. Die einzelnen Figuren machen alle eine wichtige Entwicklung durch. Das ein oder andere Problem kennt man aus eigener Erfahrung, und ich habe mich immer wieder gefragt, wie ich mich in einer entsprechenden Situation verhalten würde. Der didaktische Ansatz der Autorin ist hier vor allem im letzten Drittel deutlich spürbar, und manches ist mir zu glatt und harmonisch. Da ich nicht spoilern möchte, kann ich hier nicht näher darauf eingehen.

Vor allem die ersten beiden Drittel des Buches haben mir sehr gut gefallen, das letzte Drittel war etwas vorhersehbar. Insgesamt eine interessante und unterhaltsame Geschichte mit psychologischen Aspekten, die Mut macht, neue Wege zu gehen, sich selbst zu hinterfragen und wichtige Entscheidungen nicht aufzuschieben, sondern anzupacken.

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Veröffentlicht am 25.05.2023

Licht und Schatten

June und Helmut Newton
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Die Biographie "June und Helmut Newton" wurde von José Alvarez verfasst, einem langjährigen Freund des Künstlerehepaares. Der Schwerpunkt des Buches liegt bei Helmuts bewegter und wechselvoller Geschichte ...

Die Biographie "June und Helmut Newton" wurde von José Alvarez verfasst, einem langjährigen Freund des Künstlerehepaares. Der Schwerpunkt des Buches liegt bei Helmuts bewegter und wechselvoller Geschichte und seinem künstlerischen Wirken. Die Nähe des Autors zu dem Paar ermöglicht einige sehr private Einblicke in deren Leben, und auch Newtons Sexsucht und seine offen ausgelebte sexuelle Freizügigkeit werden thematisiert. Sie führt aber auch dazu, dass das Buch unverkennbar aus dem Blickwinkel eines grenzenlosen Bewunderers der Newtons geschrieben wurde. Alvarez' große Verehrung des Paares ist auf jeder Seite spürbar, er nimmt keine neutrale Einordnung des Werkes in die zeitgenössischen Zusammenhänge und in Relation zu anderen Fotograf*innen seiner Zeit vor, die kritischen Töne zu Helmut Newtons Schaffen werden nur am Rande erwähnt und als kleingeistige Kommentare in moralischen Zwängen Verhafteter abgetan. Auch die Kritik aus den feministischen Reihen streift Alvarez nur kurz und mit unverhohlenem Unverständnis hierfür. Das mangelnde Bemühen um Objektivität ist denn auch die größte Schwäche dieses Buches, und es fehlt Alvarez an der nötigen Distanz, um eine glaubhaftes und ausgewogenes Bild der Newtons zu zeichnen. Auch das ständige Namedropping bekannter Künstler und Hollywoodgrößen in Newtons Freundeskreis fiel mir beim Lesen unangenehm auf.

Am Ende des Buches finden sich über 150 Bilder des Künstlerpaares. Auf viele nimmt Alvarez im Laufe der Biografie Bezug, und es wäre vorteilhaft gewesen, wenn diese Fotografien im Text an den jeweiligen Stellen oder zumindest am Ende der entsprechenden Kapitel eingefügt worden wären. Dies wäre zwar aufwändiger gewesen, hätte aber die Entstehungsgeschichte der Bilder und ihre Beschreibung greifbarer und anschaulicher gemacht und auch Helmuts und Junes künstlerische Entwicklung wäre während des Lesens erlebbar geworden.

Fazit: Für eingefleischte Fans von Helmut und June Newton ein lesenswertes Buch. Wer eine sachliche Auseinandersetzung mit Helmut Newtons Leben und seinem zweifellos beeindruckenden Werk sucht, wird eher nicht fündig werden.

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