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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.03.2024

lustig, aber mit Schwächen

How to train your dad. Eltern erziehen leicht gemacht
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"How to train your dad" habe ich zusammen mit meinem 10jährigen Sohn gelesen. Wir haben uns über viele humorvolle Passagen köstlich amüsiert, insbesondere mein Sohn hat sich teilweise vor Lachen gekringelt. ...

"How to train your dad" habe ich zusammen mit meinem 10jährigen Sohn gelesen. Wir haben uns über viele humorvolle Passagen köstlich amüsiert, insbesondere mein Sohn hat sich teilweise vor Lachen gekringelt. Es fällt auf, dass der Roman sprachlich sehr gehoben und mit vielen Fremdwörtern durchsetzt ist, die der angegebenen Altersklasse ab 10 Jahren nicht unbedingt geläufig sind (Diphthong, Sakrileg, extrudiert, Onfiltration, Linguistik....).

Die Idee, einen Ratgeber für Welpenerziehung auf den Vater anzuwenden, war sehr vielversprechend,  doch die Handlung geriet an einigen Stellen recht langatmig, da sich inhaltlich einiges wiederholt. So wird das Containern von  Vater und Sohn, die Vorliebe des Vaters für Flohmärkte, seine Missgeschicke beim Frisieren von Motoren und die pinkfarbene Latzhose von Carl doch ziemlich ausgewalzt und immer wieder von Neuem beschrieben. Insgesamt fehlte mir bei dem Roman ein Höhepunkt, es plätscherte eher etwas ziellos vor sich hin, bis relativ plötzlich Schluss war. Etwas befremdet hat mich, dass die Aggressionen des Pitbulls gegenüber Stinktieren, die "zerfetzt" und "niedergemetzelt" werden, und die latente Gefährlichkeit des Tieres auch gegenüber Carl relativ unbekümmert beschrieben werden. Einen Pitbull als Familienhund in einem Jugendbuch empfinde ich grundsätzlich als unpassend. Auch einige Ausdrücke, die sich auf Ausscheidungen beziehen, hätte ich in der Häufigkeit nicht gebraucht.

Insgesamt ist "How to train your dad" eine unterhaltsame und sehr lustige Geschichte mit einer tollen Idee, die inhaltlich leider etwas hinter unseren Erwartungen zurückbleibt.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

erfrischend und fernab von Rollenklischees

Das Gras auf unserer Seite
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Da ich im selben Alter wie die drei Protagonistinnen bin, ging ich mit bestimmten Erwartungen an diesen Roman heran und war nach den ersten Seiten etwas überrascht, dass ich mich mit keiner von ihnen identifizieren ...

Da ich im selben Alter wie die drei Protagonistinnen bin, ging ich mit bestimmten Erwartungen an diesen Roman heran und war nach den ersten Seiten etwas überrascht, dass ich mich mit keiner von ihnen identifizieren konnte. Weder teile ich ihre Zuneigung zu Hunden, die im Buch sehr großen Raum einnimmt, noch kann ich mich in der typischen Berliner Lebensart wiederfinden, die jede der drei Frauen auf ihre eigene Weise verkörpert. Zudem ist Charlys teils vulgäre Ausdrucksweise zunächst gewöhnungsbedürftig. Dank des sehr lebendigen und lockeren Schreibstils, der auch immer wieder Passagen in Form von Chatverläufen enthält, fand ich allerdings schnell Gefallen daran, mich in die Welt der drei Freundinnen hineinzuversetzen und ihren Alltag und ihre Lebenseinstellung kennenzulernen. Gerade weil sich ihre Lebensentwürfe deutlich von meinem unterscheiden, war dies spannend und bereichernd. Die Autorin nimmt kein Blatt vor den Mund und stellt sich radikal der Frau-findet-nur-Erfüllung-mit-Kind-Sicht entgegen, was ich als sehr befreiend empfand, da dieses Denken nach wie vor in der Gesellschaft und auch der Literatur zumindest latent weit verbreitet ist. Fazit: Ein leichter, erfrischender, moderner, sehr lebendiger und unverblümter Roman jenseits aller Rollenklischees.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Abschied vom Leistungssport - was bleibt?

Zeit, sich aus dem Staub zu machen
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Andrea Petkovic war mir zwar bereits seit Jahren namentlich bekannt, da ich mich aber nur am Rande für Tennis interessiere, bin ich erst wirklich auf der Frankfurter Buchmesse 2022 auf sie aufmerksam ...


Andrea Petkovic war mir zwar bereits seit Jahren namentlich bekannt, da ich mich aber nur am Rande für Tennis interessiere, bin ich erst wirklich auf der Frankfurter Buchmesse 2022 auf sie aufmerksam geworden, wo sie zusammen mit Frank Weidermann Interviews für die ZEIT führte. Ihre reflektierte, zurückhaltende und sympathische Art ist mir positiv im Gedächtnis geblieben, und so war ich nun neugierig auf ihr (zweites) Buch.

Darin schreibt sie über die letzten eineinhalb Jahre ihrer Tenniskarriere und über ihren Abschied vom Hochleistungssport. Sehr persönlich und ehrlich schildert sie den schmerzhaften Prozess, die altersbedingten Grenzen des Körpers im Profisport anzuerkennen, und ihre Identitätskrise in den Monaten nach dem letzten Match. Wer ist man eigentlich noch, was macht einen Menschen noch aus, wenn das, worüber man sich seit seiner Jugend definiert hat, woran man sein gesamtes Denken, Handeln und Fühlen ausgerichtet hat, plötzlich wegbricht?

Andrea Petkovic schreibt offen und klar, lebendig und glaubwürdig. Ihre Direktheit auch im Umgang mit eigenen Schwächen gefällt mir sehr, und ihrem Schreibstil merkt man an, dass sie eine sehr selbstkritische, gebildete und intelligente Frau ist. Da massive Umbrüche im Leben, welche die eigene Identität infrage stellen, viele Ursachen haben können, ist das Buch auch für nicht tennisaffine Leser und Leserinnen interessant. Ich konnte mich sehr gut in Andrea Petkovic einfühlen und habe auch einige ermutigende Gedanken daraus für mich mitgenommen.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Herrlich schräg und voller britischem Humor

Over My Dead Body
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Miriam Price ist Ärztin, Mitte 40, bei ihren Mitmenschen gefürchtet, und mausetot. Nun hat sie ein Problem, denn da nach außen alles auf einen Unglücksfall hindeutet, erklärt man ihr im Limbus, dass sie ...

Miriam Price ist Ärztin, Mitte 40, bei ihren Mitmenschen gefürchtet, und mausetot. Nun hat sie ein Problem, denn da nach außen alles auf einen Unglücksfall hindeutet, erklärt man ihr im Limbus, dass sie unter diesen Umständen vorerst nicht im die Ewigkeit eingehen kann, da es durch Corona bedingt dort zu Engpässen kommt und priorisiert werden muss. Es sei denn, sie kann bei der gerichtlichen Untersuchung auf der Erde nachweisen, dass sie ermordet wurde. Da sie als Geist auf der Erde nicht mehr interagieren kann, leichter gesagt, als getan...

Maz Evans erzählt herrlich bissig und mit viel rabenschwarzem, britischem Humor aus der Perspektive von Miriam Price. Hierbei hält sie wunderbar die Balance, Charaktere und Handlung sind schräg, driften aber (bis auf die etwas übertriebene Szene mit dem Ferrari) auch nicht ins Klamaukhafte ab. Vielmehr entwickelt die Geschichte insbesondere in der zweiten Hälfte ganz nebenbei eine Tiefe, die einem als Leser die Kostbarkeit des kurzen Lebens vor Augen führt. Auch der Krimianteil ist raffiniert und spannend bis zu Schluß (auch wenn ich schon etwas früher eine bestimmte Ahnung hatte).

Ich habe lange kein Buch mehr gelesen, bei dem ich so viel lachen musste wie bei dieser Geschichte. Wer britischen Humor mag, kommt an diesem Buch nicht vorbei!

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Hatte mir mehr erwartet

Der Lärm des Lebens
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In den letzten Jahren haben viele Schauspieler*innen autobiographische oder autofiktionale Bücher veröffentlicht, und normalerweise interessiere ich mich nicht dafür. Bei Jörg Hartmann war ich allerdings ...

In den letzten Jahren haben viele Schauspieler*innen autobiographische oder autofiktionale Bücher veröffentlicht, und normalerweise interessiere ich mich nicht dafür. Bei Jörg Hartmann war ich allerdings neugierig, da er auf mich sehr sympathisch, bodenständig und humorvoll wirkt, auch wenn er eher auf schwierige, oft negative behaftete Figuren abonniert scheint (Weißensee, Das Ende einer Nacht, Die vermisste Frau, Dortmunder Tatort).

Jörg Hartmann schreibt überraschend persönlich, gibt teilweise tiefe Einblicke in seine Gedanken und Gefühle. Sehr berührend schildert er die letzten Besuche bei seinem dementen Vater und dessen Beerdigung. Eher nachdenkliche Passagen wechseln sich mit humorvollen ab, und an einigen Stellen musste ich laut lachen, etwa wenn er die Proben für ein Vorsprechen beschreibt, bei denen ein Mettbrötchen am Buffet eine Rolle spielt. Jörg Hartmann erzählt nicht chronologisch, sondern springt zwischen Begebenheiten aus der Kindheit und Aktuellem, zwischen seinen taubstummen Großeltern und seinen Schauspielberuf hin und her, dies allerdings sehr elegant, sprachgewandt und natürlich, so dass es stets flüssig zu lesen ist. Besonders gut gefielen mir die Passagen über Hartmanns Schauspielstudium, da diese mit viel trockenem Witz erzählt werden. Weniger anfangen konnte ich mit einigen Anekdoten aus dem Ruhrpott, diese wirkten teilweise sehr banal. In der zweiten Hälfte fällt das Buch leider meiner Meinung nach deutlich ab. Hartmann hadert mit den Problemen unserer Zeit, mit der Vergänglichkeit des Lebens, mit der Sattheit unserer Konsumgesellschaft. Allerdings fehlt mir in seinen Ausführungen der Tiefgang, und da ist nichts, was nicht den meisten von uns auch durch den Kopf geht. Das Buch zieht sich, Hartmann wirkt schwermütig und melancholisch. Etwas befremdet war ich von Hartmanns Art, andere Menschen zu bezeichnen. Eine der Krankenpflegerinnen seines Vaters nennt er immer nur "die Korpulente", einen Mann, dem er in China begegnete, den "Zahnramponierten" bzw. "Zahnlädierten". Über die neureichen Eltern eines Kindes aus der Kita seines Sohnes, bei denen seine Familie zum Kindergeburtstag eingeladen war, zieht er mit boshaftem Spott her. Auch wenn ich seine Antipathie gut verstehen kann, frage ich mich doch, ob hier nicht auch eine gehörige Portion Sozialneid mitspielt, und wie es sich für diese Familie anfühlen muss, wenn sie sich im Buch wiedererkennen sollte.

Fazit: Für eingefleischte Hartmann-Fans ein empfehlenswertes, sehr persönliches und unterhaltsames Buch. Meine Erwartungen hat es leider nicht ganz erfüllt. Auch wenn Jörg Hartmann viel Sprachgefühl beweist und ich mir generell vorstellen könnte, ein weiteres Buch von ihm zu lesen, hat mich der Inhalt nicht überzeugt, da ich viele Passsagen als nichtssagend oder oberflächlich empfand.

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