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Veröffentlicht am 13.10.2022

Leider fehlte mir etwas die Liebe zwischen den beiden

Catching up with the Carters - In your eyes
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Zur Info: Dies ist der erste Band einer lose zusammenhängenden Reihe. Ihr könnt die Bücher also unabhängig voneinander lesen, solltet aber im Idealfall die Reihenfolge einhalten, um nichts zu verpassen.

Klappentext:
Aphrodite ...

Zur Info: Dies ist der erste Band einer lose zusammenhängenden Reihe. Ihr könnt die Bücher also unabhängig voneinander lesen, solltet aber im Idealfall die Reihenfolge einhalten, um nichts zu verpassen.

Klappentext:
Aphrodite steht mit der Reality-Show ihrer Familie »Catching up with the Carters« im Rampenlicht. Die Öffentlichkeit hält sie für ein Party-It-Girl. Wie es in ihr aussieht, weiß niemand. Nur Garett, dessen TV-Dynastie eine Fehde mit den Carters führt, kannte ihre Ängste. Doch ihre Liebe zerbrach in tausend Scherben. Als erneut fiese Dinge über sie geschrieben werden, ergreift Aphrodite die Chance, bei einer Datingshow hinter den Kulissen zu arbeiten und sich eine eigene Karriere aufzubauen. Am Set trifft sie ausgerechnet auf Garett. Ein Blick in seine blauen Augen, auf die Narbe an seinem Kinn, und die bittersüßen Erinnerungen sind zurück – wie auch diese unbeschreiblich tiefen Gefühle. Wenn Aphrodite ihnen nachgibt, könnte es sie endgültig zerstören …

Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr unkompliziert, leicht und flüssig lesbar und generell unaufregend. Damit meine ich, dass ich nichts besonders Schlechtes oder Gutes daran ausmachen konnte. Der Schreibstil hat die Geschichte gut unterstützt und bereitete mir keine Probleme beim Lesen.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der beiden Hauptprotagonisten Garett und Aphrodite. Zum Zeitpunkt des Beginns der Geschichte kennen die beiden sich schon ausführlich, haben eine gemeinsame Vergangenheit, die nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen ist: sie sind/waren ineinander verliebt. Das Problem sind die Reality-Serien rund um ihre Familien und die Feindschaft zwischen ihnen. Das muss man schonmal mögen. Ich persönlich fand es sehr spannend, da man ja so einige Reality-TV-Familien kennt, deren ganzes Leben quasi auf dem Bildschirm festgehalten wurden. Das allein muss schon unheimlich viel Druck sein, weil jeder alles mitbekommt. Privatsphäre ist nicht möglich, ein Leben ohne Kamera kennt man quasi nicht. Genau diese Problematik steht im Zentrum der Erzählung, denn beide Protagonisten leiden darunter. Darunter und unter ihren Eltern, die nahezu unmenschlich auf den Erfolg der Serien drängen, ohne Rücksicht auf Verluste.

Den Großteil der Geschichte erlebt man durch Aphrodite und gerade am Anfang hatte ich sehr große Probleme, sie zu verstehen. Sie schien da in etwas gepresst, von dem sie selbst nicht wollte, dass es sie beeinflusst, gleichzeitig tat sie alles dafür, um weiterhin in die Form zu passen. Immer wieder kamen Situationen auf, in denen sie sich für ihr Image interessiert und auch der Vorfall in der Vergangenheit beruht einzig und allein darauf. Ein bisschen komisch, wenn man bedenkt, dass sie ihre Mutter dafür hasst, dass diese ebenso nur auf das Image achtet. Aber nun gut, man merkt auf jeden Fall die innere Zerrissenheit und auch die psychische Beeinflussung, unter der sie jahrelang gestanden hat. Sie kann nicht aus ihrer Haut, auch wenn ihr alles nicht mehr passt. Verläufe und Handlungen sind so lange trainiert und eingeprägt worden, dass es unheimlich schwer fällt, diese zu durchbrechen.

Ebenso geht es eigentlich Garett. Aber nur eigentlich, denn andererseits ist er schon sehr viel selbstständiger. Während Aphrodite anfangs noch um die Anerkennung ihrer Mutter kämpft, ist Garett schon ausgezogen und weiß, was er von seiner Familie hält. Er lebt quasi ein eigenständiges Leben, auch wenn er immer noch brav nach der Pfeife seines Vaters tanzt. Aber auch gedanklich fand ich ihn schon weiter und reifer. Aphrodite hat mich immer wieder fast in den Wahnsinn getrieben. Oft reagiert sie über, behandelt ihn unfair und ist allgemein sehr anstrengend. Gerade an wichtigen Punkten fällt sie immer und immer wieder in alte Muster zurück, hat nicht den Mumm, etwas zu bewegen und macht so alles noch komplizierter, denn ihr Weg ist immer die Flucht. Klar, im Entwicklungsprozess hat man nicht schon auf Seite zehn alles gelernt, was man zu lernen hat, aber Aphrodite braucht quasi bis zur letzten Seite und das kostet dann doch Nerven.

Der generelle Erzählverlauf war an die Sendung angepasst und die ist eigentlich eine Art Bachelor-Verschnitt. Also ja, ihr dürft hinter die Kulissen einer solchen Sendung gucken und ja, es ist heftig. Spätestens nach der Serie „Unreal“ hatte ich eine sehr genaue Vorstellung davon, wie es dort zugeht, ebenso verläuft es hier. Nur das Garett und Aphrodite eigentlich viel zu nette Menschen für einen solchen Dreh sind. Man verfolgt also die Sendung und die Kandidaten und dazu vorrangig Aphrodites Karriereweg, denn Garett zieht sich schnell zurück. Ich fand es ganz schön zu sehen, wie sie mehr und mehr zeigt, was sie kann und beinahe schleichend das Set netter macht. Sie beweist endlich mal, das sie auch etwas kann und das es eine mögliche Zukunft außerhalb der familieneigenen Sendung gibt. Das fand ich für sie ganz gut, da ich bei ihr im Gegensatz zu Garett sonst nie geglaubt hätte, dass sie irgendwas anderes machen könnte.

Spannung entsteht immer wieder dadurch, dass die beiden natürlich aufeinander zutreiben, es aber nie so recht zum „Zusammenfügen“ kommt. Dabei erfährt der Leser mehr und mehr über die Vergangenheit der beiden. Bis ungefähr zu 75% des Buches wurde ich so mit viel Drama von Seiten der beiden und natürlich dem Sendungsformat unterhalten. Dann allerdings wurde es schwerfällig, denn Aphrodite zieht voll ihr Ding durch und zeigt nicht so richtig, dass ihre Entwicklung hin zu ihrer Eigenständigkeit und ihren Stärken auch ihre Behauptung gegenüber ihrer Familie betrifft. Stattdessen fällt alles in sich zusammen. Irgendwo war ich da an dem Punkt angekommen, an dem ich dachte: sie hat es auch nicht anders verdient. Aber gleichzeitig hat man auch Mitleid mit ihr, weil ihre Familie wirklich sehr sehr schlimm ist. Allein sozusagen mitzuerleben, wie entfremdet die Geschwister untereinander sind, weil sie längst ihre Rollen so sehr verinnerlicht haben, dass sie nicht mehr wissen, wie sie eigentlich zueinander stehen, ist schon heftig. Das fand ich auch sehr gut herausgearbeitet. Es wurde deutlich, wie sehr eine Familie zu einem bloßen Cast wird, sobald die Kamera keinen Platz mehr für ein privates Familienleben lässt.

Schwierig fiel mir auch, die Vergangenheit der beiden so hinzunehmen. Ich fand es hier echt schade, dass die Gefühle des Kennenlernens usw. nur so kurz in den Erzählungen und Andeutungsschnipseln erwähnt wurden. Gerade weil die beiden von beiden Seiten so viel drängt und ihre komplette Umgebung gegen sie zu sein scheint, hätte ich ein wenig Wärme gebraucht. Irgendwas, das mir viel früher deutlich gemacht hätte, wie sehr die beiden einander lieben. Stattdessen blieb ihre Liebe für mich lange Zeit recht vage, ein Konstrukt, dass sich erst mit der Zeit erklärte und das ich dann zum Ende endlich komplett verstand. Umgehauen hat mich die Liebesgeschichte der beiden somit leider nicht.
Tja und das Ende war dann wieder richtig schön. So wie man es sich wünschen würde und vor allem mit zwei Protagonisten, die endlich offen zueinander und sich selbst gegenüber sind.

Zuletzt vielleicht noch was zu den Nebenprotagonisten: Kat und Henry sind Freunde von Garett und beide haben sie mich etwas unzufrieden zurückgelassen. Kat ist Sängerin und verleugnet anfangs ihre Sexualität. Ohne, das nun großartig etwas passierte, außer, dass Garett und Aphrodite da umeinander herumschlichen, beschließt sie dann, dass sie alles ändert. Sie möchte ihre Sexualität nun offen leben. An sich keine schlechte Idee und definitiv das Richtige. Allerdings fehlte mir irgendwie die genaue Begründung, warum das nun vorher so ein Problem darstellte, denn letztendlich ist nichts mehr ein Problem.
Henry hatte aus meiner Sicht richtig Potential, denn als Sänger und Teilnehmer der Show hatte er alle Möglichkeiten. Hier hätte Garett mehr Tiefe bekommen können, Henry hätte seine Berühmtheit auszunutzen können, am Set hätte er mehr Einfluss auf Aphrodite nehmen können. Stattdessen hat auch er sich am Ende verliebt (fast unbemerkt vom Leser) und dann fertig. Zudem wirkte es bei den beiden fast ein wenig gezwungen, dass sie nun beide nicht hetereosexuell waren. Klar, New Adult greift immer mehr Sexualitäten auf und unsere Gesellschaft ist eben bunt und queer. Aber im Erzählfluss kann man das natürlich einbauen, ebenso wie man einbaut, dass jemand hetero ist, oder aber man lässt es künstlich wirken. Und das war hier ein wenig der Fall, denn es schien sehr gewollt.

Fazit:
Ehrlicherweise war ich beim Lesen erstaunt darüber, dass ich das Buch nicht so gut fand. Ich hatte super viel Positives darüber gehört und hatte eine tolle Geschichte erwartet. Was ich bekommen habe war viel Reality-Drama und auch viele Persönlichkeitskonflikte, die ich als Thematik gut ausgearbeitet fand. Gleichzeitig aber kam ich mit Aphrodite nicht so wirklich klar, ebenso wenig wie mit der Liebesgeschichte an sich. Ich habe einfach nicht DIE Gefühle zwischen ihnen spüren können. Zudem wurde es zum letzten Viertel hin recht schleppend, obwohl ich vorher sehr gut durchkam.
Alles in allem eine stabile Leistung, die aber Schwächen in der Zwischenmenschlichkeit der Hauptprotagonisten hat.

3 von 5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 13.10.2022

Mir leider zu jugendlich für New Adult

Was immer wir hoffen (Immer-Trilogie, Band 3)
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Info zum Buch: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die beiden vorangegangenen Teile nicht gelesen habe. Der Klappentext klang einfach ansprechend und erst hinterher ist mir aufgefallen, dass von einer Trilogie ...

Info zum Buch: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die beiden vorangegangenen Teile nicht gelesen habe. Der Klappentext klang einfach ansprechend und erst hinterher ist mir aufgefallen, dass von einer Trilogie die Rede ist. Aber keine Angst, auch ihr könnt diesen Band unabhängig von den anderen lesen. In Band 1 und 2 geht es um die beiden Schwestern der jetzigen Hauptprotagonistin Nika. Ich hatte also keine Probleme beim Lesen:)

Klappentext:
Nika braucht einen Tapetenwechsel – und zwar dringend! Also besucht sie ihre beste Freundin in den Bergen, wo sie bei einer Wanderung Bergführer Lukas kennenlernt. Obwohl sie nach einer fiesen Trennung Abstand von Männern halten will, fühlt sie sich unwillkürlich zu ihm hingezogen. Aber das ist egal, denn Lukas steht offenbar auf seine Kollegin – und weckt mit seinen miserablen Flirtversuchen Nikas Mitleid. Als sie ihm ihre Hilfe als Beziehungscoach anbietet, willigt Lukas ein. Nicht ohne die Beziehungstipps gleich auch an seiner Coachin zu testen …

Schreibstil:
Ich war überrascht davon, wie jugendlich der Schreibstil anmutete. Alles ist locker leicht, aber auf sehr junge Art. Das hat mich angesichts des Genres etwas verwirrt und letztlich fehlte dadurch auch immer mal wieder ein wenig Ernsthaftigkeit. Ich konnte die Gefühle der Protagonisten so nicht ganz ernst nehmen bzw. dachte immer wieder an das erste Verliebtsein, die rosarote Brille bei Teenagern, die sich und andere gerade erst entdecken.
Dazu wiederholten sich Motive und Ereignisse in den Erinnerungen und Erzählungen der Protagonisten sehr oft. Klar kann etwas auch mal öfters erwähnt werden, wenn es besonders prägend oder beispielsweise lustig war, aber gerade die erste Seiten schienen sich immer nur mit dem gleichen Inhalt zu füllen. Jedem neu auftretenden Protagonisten wurde die Geschichte erneut erzählt, genauso wie später noch bei anderen Aktionen. Dadurch fühlte es sich manchmal an, als sei man in einer Schleife gefangen und der Lesefluss wurde unterbrochen.
Das war einfach schade, denn sah man davon ab, flogen die Seiten nur so vorbei und ich konnte mich super in die Geschichte ziehen lassen.

Meine Meinung zur Geschichte:
Den Anfang der Geschichte macht das Motiv der Reise ins Ungewisse. Allerdings war ich mir schon da nicht ganz sicher, wie alt die Protagonistin denn nun ist, denn die Familie machte aus vier Wochen einen ganz schönen Terz. Klar, wenn man eng zusammenhängt, können schon wenige Tage Heimweh auslösen, aber irgendwie hatte ich erwartet, dass die Vorfreude auf die neuen Erfahrungen überwiegen würde und was sind schon vier Wochen zweieinhalb Stunden entfernt? Aber nun gut. Cool fand ich, dass schon jetzt viel Witz in der Geschichte lag. Ich musste immer wieder schmunzeln. Man merkte, dass der Fokus auf Situationen liegt, die irgendwo zwischen peinlich und urkomisch schwanken. (Für mich allerdings ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich um ein Jugendbuch handelt. Generell war ich damit ganz schön am struggeln. Ich hatte etwas anderes erwartet und fühlte mich auf einmal zurückversetzt in meine ersten Liebesgeschichtenerfahrungen. Zurück zu den Wilden Hühnern und diverse andere Bücher, bei denen die Mädchen über die Jungs kichern und alles noch so frisch und neu ist. Aber vielleicht muss ich das hier auch einfach akzeptieren und dann hat sich das. Erwartungen verlagert und fertig. Also, sehe ich es jetzt im weiteren Verlauf als Jugendbuch und werde nicht mehr so genau darauf eingehen.)

Das Dorf, in dem Nika dann letztlich landet, ist wie aus dem Katalog geschnitten: eine Burg, eine Gaststube, jeder kennt jeden und es gibt Kühe und Pferde. Nichts Überraschendes also. Die Kontraste, die da zwischen dem Ort und dem Großstadtmädchen Nika entstehen, sind natürlich immer wieder ganz lustig und berechtigt. Vielleicht hätte ich mir aber gewünscht, dass einmal klar gesagt wird, dass sie aus der Großstadt kommt. So genau weiß man das nämlich nicht. Es liegt nur nahe.
Alles, was dann passiert, ist immer ein ganz bisschen über allem, was man sich so denkt. Der Abend in der Dorfkneipe wird extralang, Nika ist ultrabeliebt, trinkt und nagelt mehr als sie können sollte und am nächsten Tag auf Wanderung ist alles dann natürlich nicht mehr so schön. Wie gesagt, die Geschichte lebt ein wenig davon, dass alles ein wenig überreizt wird, um einen komischeren Effekt oder auch einfach eine lockerere Atmosphäre zu schaffen.

Lukas ist in dem Ganzen eher ruhig. Kein Wunder, dass das eigentliche Problem zwischen Nika und ihm später (Achtung Spoiler!) die Kommunikation ist. Nika legt ihm einfach Worte in den Mund und so ergibt sich eine sehr komische Situation, die den Großteil der Geschichte ausmacht: Sie ist sein Beziehungscoach. Natürlich übersieht sie dabei alle Anzeichen, für den Leser dagegen liegen sie offen. Auch das wirkt komisch, verwirrt aber gleichzeitig auch, denn zwischendrin scheint es so, als würden die beiden es nie hinbekommen. Es ist ein Spiel, das sie spielen und in das das Leser sich ziehen lassen muss, ansonsten bleibt er ahnungslos zurück.

Im Innersten von Nika passiert in dieser Zeit dagegen nicht wirklich viel. Dass sich sie in Lukas verguckt hat, ist eigentlich seid dem ersten Moment klar. So richtig auseinandersetzen will sie sich damit aber nicht. Dazu kommt noch, dass sie das Leben dort einfach so hinnimmt. Sie ist jeden Tag beschäftigt und lässt die Tage an sich vorbeiziehen. Keine Spur von Gedanken an Freiheit oder an die Zukunft, die ihr auch noch nicht klar ist. Ich hätte erwartet, dass sie die Auszeit nach dem Abi nutzt, um sich besser kennenzulernen, aber stattdessen hängt sie lieber der Vergangenheit nach: ihrem Ex-Freund. Wobei das auch nicht ganz stimmt, denn eigentlich kommt der nur in Gesprächen zum Vorschein. Nachdenken über ihn tut sie nicht. Trotzdem sind sich alle sicher, dass sie ihn nicht loslassen kann. Ich persönlich fand das so sehr schwer zu beurteilen, auch weil er in meinem Kopf nie die Möglichkeit hatte, zu einer wirklichen Person zu werden. Die Auseinandersetzung Nikas mit ihm wurde für den Leser nicht ersichtlich und das hat es leider schwer gemacht, Nika überhaupt zu verstehen, wenn es um Lukas ging.

Lukas dagegen konnte ich besser verstehen. Zwar wird auch bei ihm nur vieles lose angedeutet, aber zumindest sind diese Andeutungen im Gesamtbild logisch. Seine Vergangenheit wirkt sich konkret auf seine Gegenwart und Zukunft aus. Er kennt seine Schwächen, weiß, worauf er achten will und was er anders machen will. Zudem findet man bei ihm auch Verhaltensweisen, die unbewusst durch diese Vergangenheit oder auch seinen Zustand ausgelöst werden. Dadurch wirkte er sehr viel menschlicher und war besser greifbar. Bis zum Ende hin war es dann ziemlich klar, was seine Schwachpunkte sind und ich war ziemlich enttäuscht von Nika, dass sie diese sogar benennt, aber eigentlich ignoriert und somit einen sehr gezwungen wirkenden Wendepunkt der Geschichte einläutet.
Mittlerweile ist es ja immer mehr so, dass die typischen Klischeefallen, was Wendepunkt betrifft, nicht mehr bedient werden. Das ist hier nicht so und zum Ende hin erkennt man das auch: Wenn Lukas da nicht zufällig sehr nett und ungewöhnlich unproblematisch wäre, wäre es kein Happy End geworden. Wobei ich mich frage, ob es das für Nika jemals wird, denn ihre Zukunft konnte ich mir nicht ausmalen. Dafür fehlte dazu viel zu viel Input von ihr.

Ihr seht schon, ich war nicht ganz so zufrieden mit der Geschichte. Etwas an den Haaren herbeigezogen fand ich dann auch das Motiv der Hoffnung, dass immer wieder erwähnt wurde. Die Steine und Nikas Hobby sind super schön und süß und ich verstehe den Sinn dahinter. Auch, dass sie in der Geschichte immer mal wieder eine Rolle spielen und Einfluss darauf nehmen ist völlig okay. Das gehört zu Nikas Persönlichkeit und macht auch den Charakter dieser Geschichte aus. Was ich allerdings nicht mochte, war, dass so klischeehafte Floskeln und Redewendungen immer wieder in den Schreibstil eingebunden wurden. Es wirkte dann leider echt immer etwas abgedroschen und ich habe mich dabei erwischt, wie ich die Zeilen überflog. Irgendwo ist dann wohl einfach meine Kitschgrenze erreicht. Aber das ist wieder was ganz persönliches. Ich denke, wenn ihr ein bisschen mehr so Glückskekssprüchen und ähnlichem zugeneigt seid, dann ist das hier euer Buch:)

Mein Fazit:
Ehrlich gesagt war ich nicht rundum zufrieden mit der Geschichte. Mir fehlte die Tiefe, oft wurde der Fokus mehr auf den Humor als auf die Gefühle gelegt und Nika war mir zu wenig greifbar. Das mit den Sprüchen als Motiv fand ich ganz süß und ist definitiv ein Alleinstellungsmerkmal des Buches, das seine Liebhaber finden wird. Dazu die Lockerheit des Buches, die mich zwar an ein Jugendbuch erinnerte, das Lesen aber natürlich leicht macht. Für mich persönlich war die Geschichte aber leider nichts.

2 von 5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 01.10.2022

Bodypositivity und schönstes Venedig - perfekte Kombi!

Shape of Love - Mit jeder meiner Fasern (Love-Trilogie, Band 1)
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Hallo ihr Lieben

Hallo ihr Lieben<3
ich bin happy, denn ich habe wieder mal ein Buch gefunden, dass eine Plus-Size-Protagonistin hat. Darüber freue ich mich einfach sehr, weil es bisher noch viel zu wenige solcher Bücher gibt. Ich hoffe, da kommt in nächster Zeit noch was:)

Klappentext:
Ihre Ängste halten ihn auf Distanz. Doch gemeinsam können sie heilen.
Cleo kann ihr Glück kaum fassen: Sie hat ein Praktikum bei der gefeierten Designerin Ornella Russo in Venedig ergattert! Doch der Start verläuft holprig, denn ihre Chefin macht schnell klar, dass die kurvige Studentin in der Modewelt nichts zu suchen hat. Und dann ist da noch Alessandro: das Gesicht von Ornellas neuer Kollektion, ein berühmtes Männermodel – und der Enkel von Cleos Vermieterin. Von Beginn an spüren sie diese Anziehungskraft, die beide verunsichert. Denn während es Cleo aufgrund ihrer Figur schwerfällt, Nähe zuzulassen, hat Alessandro mit seinen eigenen Ängsten zu kämpfen …

Der Schreibstil:
Es ist mein erstes Buch von Marina Neumeier und ich hatte überhaupt keine Probleme mit ihrem Schreibstil. Tatsächlich war er so schön flüssig und locker zu lesen, dass er die Geschichte wunderbar unterstrich und ihr vor allem nicht im Weg stand. Die Seiten flogen nur so, die Charaktere waren fassbar und die Gefühle kamen rüber. Was will man mehr?

Meine Meinung zur Geschichte:
Cleo war mir von der ersten Seite an sympathisch. Obwohl ihre Eltern nicht hinter ihr stehen und es deutlich einfachere Wege für ein Praktikum geben könnte, entscheidet sie sich für eins in Italien. Sie packt einfach ihre Koffer und fährt nach Venedig. Und so ist Cleo auch während der Geschichte: Wenn sie etwas will, dann zieht sie es durch, zeigt Mut und unerschütterliche Energiereserven. Ebenso stark scheint sie auch in Bezug auf ihren Körper zu sein. Sie weiß sich zu kleiden, schämt sich nicht für ihre Kurven und steht über den Kommentaren und Anfeindungen so mancher Menschen. Das machte erstmal einen sehr guten Eindruck auf mich. Und so bestätigt es sich auch. Die Praktikumsstelle hätte niemand außer Cleo angefangen und durchgezogen.

Wohnen tut sie in Margheritas Haus, in dem gleich noch Lukas, ein singender Gondoliere, Sofia, ihre Nichte, und Alessandro, ihr Neffe, wohnen. Das Haus war schonmal mega cool, weil alle wie eine große Familie zusammenwohnen. Das gab richtig schöne Vibes und hat vor allem viel Dynamik zwischen den Figuren geschaffen. Schade fand ich vielleicht, dass man gerade von Luca nicht so viel erfahren hat. Aber wahrscheinlich kommen zu ihm und zu Sofia nochmal eigene Bände (oder sogar nur einer).

Hier trifft Cleo auch zum ersten Mal auf Alessandro. Der ist Model und immer viel unterwegs. Irgendwie war es komisch, von ihm zu lesen, weil so berühmte Models normalerweise nicht das sind, worein ich mich versetzen kann. Alessandro ist aber noch herrlich normal. Nicht abgehoben, eingebildet oder etwas dergleichen. So war gleich klar, dass man dem Pärchen Alessandro + Cleo entgegenfiebert.

Die Geschichte der beiden verläuft dann erst einmal im Sinne einer Slow-Burn-Story. Das fand ich hier allerdings gar nicht schlimm, sondern ganz cool. Cleo liebt die Mode und steckt da ihr ganzes Herzblut rein. So ist es nur sinnvoll und auch schön zu lesen, wie sie für das Praktikum rackert, um sich zu beweisen.
Was ziemlich schnell klar wird, ist, dass beide Protagonisten nicht problemfrei mit ihrem Gewicht umgehen. Cleo scheinen einige Kommentare doch mehr an die Nieren zu gehen, als sie zugeben will und sie versteckt sich immer noch in einiger Hinsicht, Alessandro hingegen legt sehr kritische Verhaltensweisen in Bezug auf Essen an den Tag. Auf Cleo habe ich dabei besonders gelauert, weil ich mich mit dem Thema Bodypositivity vermehrt auseinandersetze und gerade erst ein Buch mit einer solchen Protagonistin gelesen habe. Cleo schätze ich so ein: Sie weiß, dass sie sich nicht auf ihr Gewicht beschränken lassen muss und versucht, Gewicht nicht als ein Problem im Alltag aufkommen zu lassen. Das ist aber nicht immer so leicht. Sie hat immer noch mit Zweifeln zu kämpfen. Leider ganz natürlich in unserer heutigen Gesellschaft. Und so fand ich Cleo letztlich einfach authentisch und echt.

Info: Mehrgewicht wird hier problematisiert, allerdings wird hier so vorgegangen, dass es nicht dauernd von der Protagonistin angesprochen wird. Trotzdem gibt es aber natürlich Situationen, in denen sie sich Diskriminierungen stellen muss und/oder sich mit Zweifeln auseinandersetzen muss. Es gibt aber keine aktive Aufklärung für Fatshaming zum Beispiel. Cleo ist da eher auf sich beschränkt.

Achtung Spoiler! Trigger! Alessandro ist nochmal eine ganz andere Nummer – eine wichtige Nummer. Er hat mit einer Essstörung zu kämpfen, die ebenfalls von der Gesellschaft abhängig ist. Seine Geschichte und Entwicklung fand ich wahnsinnig eindringlich. Mit beiden Themen geht die Autorin super um. Bei ihm schafft sie es sogar, seine Verschleierungen selbst vor dem Leser lange aufrecht zu erhalten. Ich will da jetzt gar nicht so viel zu schreiben, weil das zu viel spoilern würde, aber ich fand, man konnte seine Verzweiflung, seine ausweglos erscheinende Situation und den Druck, unter dem er stand, sehr gut nachvollziehen und auch nachempfinden. Ich habe mit ihm gelitten. Und vor allem eins fand ich gut an seiner Geschichte: Es wird nochmal verdeutlicht, dass nicht nur Frauen solche Probleme haben.

Zusammen ergeben die beiden ein wirklich schönes Paar, denn sie lieben sich bedingungslos. Alessandro mag Cleo’s Kurven und muss es auch nicht dauernd erwähnen, dass sie „dicker ist als andere“. Cleo’s Gewicht ist im schlicht nicht wichtig. Und Cleo tut ihm einfach gut und nimmt auch ihn, wie er ist. Auch, wenn sie ihm etwas Mut zurredet. Sie sind einfach süß zusammen und ich habe es genossen, sie in dieser falschen Welt zusammen zu sehen.

Denn die Welt ist falsch. In der Welt der Mode ist vieles äußerlich. Auch das zeigt die Autorin sehr gut. Einmal durch Cleo’s Eltern und dann durch Cleo’s Praktikum und die Medien. Es ist einfach gut gemacht, wie der gesellschaftliche Druck und die vermeintlichen Konventionen von allen Seiten hier gezeigt wurden.

Durch diese Abwechslung von Modewelt, Essverhalten, Familie im Haus und das Liebespaar wurde es nie langweilig, sondern floss super gut voran. Es blieb durchgehend spannend und niemals übertrieben dramatisch.

Das Ende war sehr schön, weil beide sich entwickelt hatten, sozusagen aus der Welt räumen konnten, was zwischen ihnen stand und – und das finde ich besonders gut – auch die Zukunft machbar zu sein scheint.

Fazit:
Die Geschichte war für mich durchweg rund. Sie war spannend und flüssig zu lesen, die Charaktere waren sympathisch und mit der Thematik wurde sehr gut umgegangen. Die Protagonistin kam gut zur Geltung und die Liebesgeschichte war wirklich süß. Dazu die schöne Kulisse Venedigs.

5 von 5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 24.08.2022

Es sollte viel mehr solcher Bücher geben!

Alles, was du von mir weißt (Alles-Trilogie, Band 2)
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Hallo ihr Lieben

Hallo ihr Lieben<3
ich folge seid einiger Zeit einer Instagrammerin, die sich ganz stark für das Thema Bodypositivity und Selbstliebe macht. Von ihr habe ich in den letzten Monaten einiges gelernt und das ganz unbewusst. Sie zeigt sich einfach, wie sie ist, sensibilisiert für fettfeindliche Inhalte, zeigt, was es heißt, seinen Körper zu akzeptieren und erklärt ganz logisch (sie hat zudem Soziologie studiert und weiß also auch wissenschaftlich, wovon sie spricht), wie unsere Gesellschaft uns mit Idealen einschränkt, zermürbt und runtermacht. Das erste, dass man bei ihr lernt, ist, dass das Adjektiv „dick“ (Adjektiv = beschreibendes Wort für z.b. ein Substantiv) eben nur das ist: eine Beschreibung – und keine Wertung! Demnach ist es völlig okay, jemanden als dick zu beschreiben, unsere Gesellschaft hat nur dafür gesorgt, dass dieses Wort so negativ konnotiert ist, dass es zu einer Beleidigung geworden ist. Wichtig ist es also nun, das Wort wieder zu dem zu machen, was es ist: eine sachliche Beschreibung – nicht mehr und nicht weniger.
Wörter können in diesem Kontext also unheimlich viel anrichten. Mit Wörtern wird verletzt und idealisiert, es werden Tabus gesetzt und eine ganze Gesellschaft geprägt. Und was dann auffällt ist, dass die Liebesgeschichten, die wir täglich von jungen Leuten lesen, sich ebenfalls in ihren Wörtern einschränken. Fast nie hat man es mit einer Figur zu tun, die dick ist, fast nie hat man es überhaupt mit einer Hauptfigur zu tun, die wegen ihrer Figur in der Gesellschaft denunziert wird. Wenn jemand eigentlich schlank ist, sich aber noch zu dick fühlt, fehlt auch hier die Selbstliebe, allerdings erfährt diese Person in der Gesellschaft keine Nachteile – dicke Menschen schon.
Umso wichtiger ist es also, dass wir noch offener damit umgehen. Dass ein Liebespaar bei uns nicht aus einem schlanken Mädchen und einem gut gebauten Typen bestehen muss – und weiter muss der Typ auch nicht größer sein, als das Mädchen, er muss nicht die gleiche Hautfarbe haben, nicht genauso schlau sein, nicht genauso erfolgreich. Liebe ist individuell und es geht um unseren Charakter, nicht um unser Aussehen. Das sollte viel selbstverständlicher werden.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin so froh, dass es dieses Buch gibt!

Klappentext:
Er steht für ALLES, was sie verabscheut. Doch das ändert NICHTS an ihren Gefühlen
Polly will ausziehen, Jura studieren und nie mehr einen dummen Spruch darüber hören, welche Kleidung sie bei ihrer Figur angeblich tragen darf und welche nicht. Gleich im ersten Semester ergattert sie einen Job in einer renommierten Kanzlei, nur das mit der Wohnung hat sie gewaltig unterschätzt. Kurzerhand quartiert ihre beste Freundin Anna sie in der WG ihres Bruders Jonas ein. Doch in der Kanzlei verläuft es alles andere als erhofft: Pollys Figur gibt den Angestellten allerhand Gesprächsstoff. Sie will Stärke beweisen und erzählt niemandem davon. Selbst Jonas nicht, obwohl die beiden einander immer näherkommen …

Zur Info: Dies ist der zweite Band einer lose zusammenhängenden Reihe. Ihr könnt die Bücher also unabhängig voneinander lesen, damit ihr aber auch später noch mit den Paaren mitfiebern könnt, wäre es einfach schöner, die Reihenfolge zu beachten.

Der Schreibstil:
Kyra schreibt gewohnt locker flockig und wunderbar feinfühlig. Sie hat definitiv ein Talent dafür, die Kleinigkeiten in den Gefühlen und Handlungen ihrer Figuren zu betonen und sie dadurch unheimlich authentisch zu machen. Ich habe das Buch super fix durchgelesen, weil alles flüssig lesbar war und ich einfach von Anfang an mitgefiebert habe.

Meine Meinung:
Polly habe ich im ersten Band der Reihe schon kennengelernt und gleich gemocht. Sie zeigte sich unheimlich stark, humorvoll, taff, zielorientiert und völlig sie selbst. Genauso ist sie auch am Anfang dieser Geschichte und so ganz einfach kommt einem in den Sinn: ja, Polly macht schon ihr Ding. Wieso sollte sie nicht schaffen, was sie sich vorgenommen hat? Gleichzeitig aber wird sehr schnell klar, dass sie sich eine harte Schale zugelegt hat, um den Alltag zu überstehen. Für mich war es erstaunlich zu lesen, dass sie einerseits ihren Körper so akzeptiert, wie er ist, andererseits aber auch akzeptiert zu haben scheint, dass die Gesellschaft sie anders behandelt als andere. Letzteres passiert bei ihr ganz unbewusst und verleitet sie weiter dazu, sich Dinge, die nicht zu den gesellschaftlichen Idealen passen, für sich ebenso auszuschließen bzw. sich einzufügen. Dazu gehört auch, dass beispielsweise ein dickes Mädchen auch einen dicken Freund haben muss oder zumindest keinen haben darf, der dünner ist als sie. Das Problem dahinter, diese Annahme schließt auch mit ein, dass dünne Männer an dicken Mädchen gar nicht interessiert sind. Und so entsteht ein Weltbild und eine Gedankenspirale, die unterschwellig immer wieder in Pollys Gedanken auftaucht, die aber zunächst einmal gar nicht so deutlich wird.

Ich fand es unheimlich gut gemacht, wie die eigentlich starke Polly nach und nach erkennt, dass sie eben einiges doch noch nicht ganz überwunden hat. Dazu passend zeigt die Gesellschaft natürlich, warum Polly so denkt: es gibt miese Vergleiche, diskriminierende Bemerkungen, fiese Hänseleien und Reduzierungen von Polly als Mensch auf Pollys Körper.
Wenn man das so liest, dann klingt alles leider viel zu authentisch, denn so ist es leider wirklich. Das habe ich oft genug von dicken Menschen gehört. Dadurch, dass Polly selbst sich aber erst einmal selbst davor schützt und manchmal auch in ihrer Stärke überschätzt, fällt es gar nicht so sehr auf. Erst nach und nach macht es sie mürbe, belastet es sie mehr und mehr psychisch. Ich fand das unheimlich gut gemacht, musste aber auch immer daran denken, dass Leser:innen, die nicht so sensibilisiert wie ich sind, einige diskriminierende Handlungen und Aussagen vielleicht gar nicht als solche wahrgenommen hätte. Vielleicht wäre es da ganz cool gewesen – nicht wegen der Geschichte, sondern nur wegen der Leser:innen – Polly in ihrem schlimmsten Umfeld jemanden zur Seite zu stellen, der noch mehr auf diese Ungerechtigkeiten aufmerksam macht.

Polly macht in diesem Buch also eine Entwicklung durch, die nicht so auffällig ist, wie es in anderen Geschichten der Fall ist, denn es ist ein schleichender Prozess, in dem Polly zunächst Selbstliebe verliert, bis sie sie wiederfindet. Schlüsselstellen dafür gibt es immer wieder und keine davon ist seicht. Aber genau das fand ich gut, denn sich nicht wohl in seinem Körper zu fühlen und/oder sich als minderwertig zu fühlen, ist keine kleine Sache. An ihrer Seite stehen immer ihre beiden Freundinnen, die wir ebenfalls schon aus Band 1 kennen (eine von ihnen ist Anna). Die drei zusammen mochte ich immer super gerne, weil sie wirklich füreinander da sind und nicht nach dem Warum fragen. In Pollys Fall ist es aber etwas komplizierter, denn keine der anderen beiden ist dick. Und so, auch wenn sie sich Mühe geben, verstehen sie eigentlich nicht wirklich, was Polly täglich durchmachen muss. Dadurch kann Polly natürlich vieles lange vor ihnen geheim halten, gerade weil sie sich als die Starke darstellt. Auch hier zeigte sich wieder, wie unehrlich man sich selbst gegenüber sein kann. Die Autorin hat die ganze Misere wirklich gut eingefangen und brillant gezeigt, dass eine Geschichte kein künstliches Drama, märchenhafte Fantasien oder übertriebene Gesten braucht – die Beschreibung der echten Welt kann genauso mitreißend und berührend sein.

So, und nun so Jonas. Mit ihm fing alles ein bisschen anders an. Normalerweise hört man ja von einem Typen und weiß: das wird der Love-Interest, die kommen zusammen. Die erste Begegnung mit Jonas dagegen verläuft ein wenig anders und zwar, weil Polly sich gleich eine Story zu seinen Handlungen zusammenreimt, die Interesse auf jeden Fall ausschließt. Schon da merkte man also: Trotz allem, ist Polly dem Bild der Gesellschaft erlegen. Und das ganz natürlich, denn es dauert eine lange Zeit, braucht Mut und Stärke, um gegen quasi alle anzukommen.
Nach und nach merkt man dann aber schon, dass Jonas öfters auftaucht, dass er Polly Avancen macht, sie gut findet und sich bemüht. Auch hier ist es wieder so, dass einige Leser:innen dies aber, genauso wie Polly selbst, umdichten könnten, denn warum sollte ein schlanker, sportlicher, gutaussehender Typ auf eine wie Polly stehen? Das ist genau die gedankliche Frage, die wir eingeprägt bekommen haben, die aber überhaupt keine Berechtigung hat. Wenn wir sowas denken, sagen oder hören, muss uns bewusst sein, dass wir fettfeindlich sind. Wir setzen einen Menschen aufgrund seines Gewichtes herab. Und das völlig zu unrecht, denn welche Rechtfertigung gibt es dafür? Warum sollte das Gewicht für die Liebe solch eine große Rolle spielen? Warum sehen wir zuerst die Körpermaße der Person und denken nicht in erster Linie an ihren Charakter?
Jonas tut genau dies, er muss aber zunächst durch Pollys Schutzwälle hindurch.

Die ganze Liebesgeschichte zwischen den beiden fand ich ebenfalls sehr authentisch und noch dazu super süß. Es ist ein auf und ab, ja, aber das hat Hand und Fuß. Beide entwickeln sich, beide haben mit etwas zu kämpfen und beide müssen sich dem Zugzwang der Gesellschaft entziehen. Dazu gehört mehr, als eine bloße Liebeserklärung, die in manch anderen Geschichten schon zu einer Schwierigkeit mutiert. Und dann kommt die Autorin auch noch mit einem weiteren Kniff um die Ecke, denn Selbstliebe und gesellschaftliche Zwänge sind nicht nur Probleme von dicken Menschen, sondern können sich auf jeden Menschen auswirken und zu psychischen Störungen, Belastungen oder Fehleinschätzungen führen. Dazu möchte ich hier gar nicht mehr sagen, aber es hat die Geschichte für mich einfach noch runder gemacht, denn Polly wird so gezwungen, darüber nachzudenken, dass ihre Gesellschaftsvorstellung vielleicht auch andersrum verletzend wirken kann. Denn natürlich eignet man sich eine gewisse negative Einstellung und auch Vorurteile zu einer Gesellschaft an, die einem zu schaffen macht. Ganz aus dem Kontext zum Beispiel, indem man annimmt, die coolen Mädchen in der Schule – hübsch, reich und super beliebt – hätten keine Probleme.

Ihr seht, ich könnte noch ewig so weiter machen, ich möchte jetzt aber gerne ein Fazit zu diesem Buch fassen:

Mein Fazit:
Ich fand die Geschichte sehr sehr sehr authentisch und wieder super gut erzählt. Polly macht hier ein auf und ab in ihrer Entwicklung durch, die sehr umfassend die Probleme unserer Gesellschaft hinsichtlich Diskrimierung von Personen deutlich macht. Die Themen Fettfeindlichkeit, Body-Positivity und Selbstliebe werden hier sehr schön dargestellt, auch wenn es natürlich nicht alles umfassen kann und auch an der ein oder anderen Stelle noch mehr Aufklärung für nicht so sensibilisierte Leser:innen bedurft hätte. Aber es ist und bleibt ein Liebesroman und kein Sachbuch und so war es wirklich wunder wunderschön! Ich bin absoluter Fan von Polly und Jonas, ihre Beziehung macht sehr deutlich, worauf es wirklich ankommt und ich würde mich wirklich freuen, wenn wir bald noch mehr Bücher zu lesen bekämen, in denen dicke Frauen oder auch Männer zu Hauptprotagonisten werden. Lest es einfach:)

5 von 5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 07.07.2022

Rockstar-New-Adult wie er sein sollte

Lonely Heart
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Zur Info: Dies ist der erste Band einer Reihe. Dementsprechend ist es nur sinnvoll und logisch, mit diesem Band zu beginnen. Sonst ergibt die Geschichte einfach wenig Sinn und ihr verwehrt euch einen wichtigen ...

Zur Info: Dies ist der erste Band einer Reihe. Dementsprechend ist es nur sinnvoll und logisch, mit diesem Band zu beginnen. Sonst ergibt die Geschichte einfach wenig Sinn und ihr verwehrt euch einen wichtigen Teil der Handlung.

Klappentext:
Rosie kann nicht glauben, dass sie Scarlet Luck für ihre Webradio-Show interviewen darf. Nicht nur verfolgt sie die Band seit Jahren, ihre Lieder haben sie auch durch die schwerste Zeit ihres Lebens gebracht. Vor allem Adam, der Schlagzeuger, fasziniert sie, nicht zuletzt deshalb, weil über ihn nur bekannt ist, dass er seit Jahren keine Berührungen duldet – von niemandem. Aber dann steht die Band schließlich in Rosies kleinem Studio, und alles geht schief. Das Interview muss abgebrochen werden, und Wellen aus Hass prasseln online auf Rosie nieder. Als sie sogar auf der Straße von Fans angegriffen wird, laden Scarlet Luck sie kurzerhand auf ein Konzert ein, als Zeichen, dass sie die Sache hinter sich lassen wollen. Plötzlich steht Rosie ein zweites Mal vor Adam. Adam, in dessen Augen sie einen unfassbaren Schmerz erkennt – und dem sie niemals näherkommen darf …

Schreibstil:
So viele Andeutungen, gewichtige Sätze und zerschlagene Klischees – Mona Kasten weiß es zu unterhalten. Locker flockig und super flüssig bin ich durch die Geschichte geflogen. Die Emotionen waren greifbar, ohne überdramatisiert zu werden. Ich konnte mich einfach fallen lassen und habe darüber komplett vergessen, wie ein typischer Aufbau aussieht und was ich zu erwarten habe. Das war super erfrischend.

Zur allgemeinen Geschichte:
Fansein ist für mich immer etwas eher negativeres. Ich mag es nicht, dass die eigene Besessenheit von etwas auf jemanden gelenkt wird, der unweigerlich sein Leben darauf anpassen muss. Klar brauchen Musiker, Schauspieler usw. Fans. Sonst würde ja nichts laufen und klar müssen diese sich auch irgendwie um ihre Fans kümmern. Was für mich aber einfach nicht geht ist, dass Fans Stars auflauern, ihnen weirde Nachrichten schreiben, generell Grenzen überschreiten. Dazu verstehe ich es manchmal nicht ganz muss ich gestehen. Ich schwärme manchmal für etwas, kann aber nicht nachvollziehen, weshalb man solch ein Drama um ein Autogramm oder ein Foto macht. Für mich hätte nur ein richtiges Gespräch eine Bedeutung. In dem ich als Person wahrgenommen werden würde. Bis dahin bin ich einfach nur mit dem zufrieden, was als Produkt geschaffen wird. Ähnlich wie ich nicht den Goldschmied meines Eherings anschmachten würde.
Das war jetzt aber ein kleiner Exkurs. Eigentlich wollte ich nur mein Lob aussprechen und sagen, dass ich Rosies Fansein süß und authentisch fand. Sie mag schlicht und ergreifend die Musik und verfolgt die Band seit Jahren. Dazu himmelt sie keinen der Jungs im besonderen an. Interessant findet sie Beast erst, als sie ihn persönlich kennenlernt. Und das war so genau richtig für mich. Keine Erwartungen, keine vorgeprägten Vorstellungen, keine rosarote Brille, stattdessen Emotionen und Realität.

Beide Figuren strahlen dabei von Anfang an etwas Besonderes aus. Oder vielmehr faszinieren sie von vorneherein, denn es wird schnell angedeutet, dass sie in ihrem Leben mit mehr zu kämpfen haben als ihre Mitmenschen. Über die Handlung hinweg werden dazu meist nur Andeutungen gemacht und natürlich bekommen wir mit, wie die beiden damit umgehen. Mehr erfährt man aber erstmal nicht. Ich dachte zunächst, dass mich das frustrieren würde. Tatsächlich aber werden so Gemeinsamkeiten zwischen den beiden geschaffen, die ein super zartes Band der Liebe entstehen lassen. Ich habe gelesen und gelesen und förmlich dabei zugesehen, wie dieses Band dicker und dicker wurde. Und das ganz ohne Drama, große Gesten oder auch nur direkte Gespräche. Was man nämlich noch wissen sollte ist, dass die Protagonisten die meiste Zeit auf Abstand sind. Auch dass wollte mich erst abschrecken. Kennt ihr das, wenn man liest und dann schon vermutet, was als nächstes kommt und dann für euch entscheiden müsst, ob ihr dem nun positiv oder negativ entgegentreten sollt? Ich habe das oft bei Klischees oder dem Moment, indem ich merke: nun beginnt gleich das Drama, der Wendepunkt.
Hier hingegen war ich trotz der vermeintlich stockenden Komponenten nicht negativ eingestellt. Ich habe es geradezu gar nicht wahrgenommen. Der Lesefluss wurde nicht unterbrochen. Ich hing förmlich an den Lippen der Autorin und habe einfach weiter beobachtet, gefühlt und mich gefreut, dass zwei so einsame Menschen zueinander finden.

Das Ganze spielt in einer Realität, die von der Bekanntheit der beiden beeinflusst wird. Da ist zum einen Rosie, die sich v.a. online mit einigen Problemen konfrontiert sieht und dann Beast mit den ganz normalen Strapazen, die ein Rockstarleben fordert. Das allein ist schon schwierig und herausfordernd genug. Gerade bei Beast kommt jetzt aber noch mehr hinzu. Anstatt aber immerzu mitzuleiden und Angst vor dem Ende zu haben, konnte ich mit den Protagonisten komplett im Hier und Jetzt bleiben. Mich mit ihnen an den kleinen Dingen erfreuen und einfach zulassen, das neue Möglichkeiten entstehen. Ich denke das war es, was diese Geschichte so besonders gemacht hat. Und das ist es auch, weshalb ich nicht gemerkt habe, dass das Buch schon bald zu Ende sein würde: der klassische Verlauf blieb weitestgehend aus.

Das Ende war dann einerseits überraschend, andererseits hatte ich schon so eine Ahnung, dass es darauf hinauslaufen würde. Anders hätte es einfach nicht funktioniert. Gerade bei so schwierigen Themen muss man authentisch bleiben und darf nichts auf die leichte Schulter nehmen. Umso gespannter bin ich auf den nächsten Band, der auf jeden Fall genug Potential haben sollte, weiterhin eine wundervolle Liebesgeschichte zu erzählen. Ich möchte Beast unbedingt näher kennenlernen, ich möchte noch viel mehr glückliche Momente der beiden erleben und ich möchte die Hintergründe verstehen.

Fazit:
Wenn man liest und liest und nicht versteht, dass die Geschichte schon dem Ende entgegen tritt. Beast und Rosie sind wirklich einzigartige Figuren, die noch viele Emotionen bereithalten werden. Auch hier war es bereits tief, emotional und spannend. Alles wurde unheimlich authentisch, ruhig und flüssig erzählt, sodass ich mich einfach nur mitziehen lassen musste. Ich habe lange nicht mehr solch eine Geschichte gelesen, bei der ich einerseits dachte: krass, andererseits oh nein und dann hatte ich wieder Herzchen in den Augen. Absolute Empfehlung und rechnet schonmal damit, Band zwei auch kaufen zu müssen.

5 von 5 Sterne von mir.

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