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Skadi

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.06.2021

Durchschnittlich, mehr aber auch nicht

Die Nacht der Acht
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Die Nacht der Acht
Eine Gruppe jugendlicher will eine „Horrornacht“ in einem abgelegenen Haus veranstalten Ziel des Abends ist es, einander zu erschrecken – und zu trinken. Ganz nach dem Motto „Wer Angst ...

Die Nacht der Acht
Eine Gruppe jugendlicher will eine „Horrornacht“ in einem abgelegenen Haus veranstalten Ziel des Abends ist es, einander zu erschrecken – und zu trinken. Ganz nach dem Motto „Wer Angst hat trinkt“. Doch dabei ahnen sie nicht, in welche Gefahr sie sich begeben. Dabei sollten sie sich eigentlich auf ihre mündliche Prüfung vorbereiten, denn alle Besuchen den Kunstzweig ihrer Schule und sollen hierfür ein Projekt zu „Andersartigkeit als Chance“ vorstellen.
Zunächst einmal zum Positiven: das Buch ist verdammt spannend. Der Stil lässt sich locker und flüssig lesen, was vor allem daran liegt, dass viel über Dialoge erzählt wird. Lange Passagen, in denen niemand etwas sagt oder Gespräche ohne wörtliche Rede wiedergegeben werden, gibt es quasi nicht. Die dennoch vorkommenden Beschreibungen sorgen für eine unheimliche Atmosphäre. Allerdings sei auch dazu gesagt, dass der Anfang etwas hohl wirkt – nach dem ersten Kapitel, indem das Ende der Nacht schon vorweggenommen wird (keine Angst, das erhöht die Spannung eigentlich nur!), erfolgt die Vorstellung der Figuren, leider in der denkbar unschönsten Weise: X ist so und so aufgewachsen, mag y und will später z machen. In der Abschlussprüfung will er/sie dies und jedes machen.
Zum Glück ziehen sich diese hölzernen Beschreibungen aber nicht durch den Rest des Buches. Besonders charakterisiert werden die Figuren im weitern allerdings nicht (bis auf den Clown der Gruppe und das ängstliche Püppchen, auf das natürlich jeder Kerl der Schule steht). Das macht sie zu Abziehbildern ihrer selbst, die absolut austauschbar sind.
Spannung wird im ersten Teil vor allem mittels Jumpscares. Bei mir persönlich hat das die ganze Zeit dazu geführt, dass ich die Stimme eines Freundes, der großer Filmfan ist, im Kopf hatte: „Guter Horror braucht keine Jumpscares.“ Tja, sehe ich auch so, aber ich lasse mich trotzdem gerne von ihnen unterhalten. Am Anfang wäre also mehr drin gewesen, dennoch unterhält das Buch ganz gut.
Stellenweise dreht es aber doch ab, bzw. die Jugendlichen (und das leider nicht, weil sie unter Alkoholeinfluss und Drogen stehen, nein, die planen schon vorher absolut überzogene und teilweise geschmacklose Sachen). Erst später kommt dann die richtige Spannung auf: der Moment in dem die Grenzen zwischen Spaß und Gefahr verschwimmen – ab da wird es richtig spannend. Auch wenn man mit den Figuren leider nicht so richtig mitfühlen kann. Einerseits, weil sie nicht viel weniger blass werden im Laufe der Geschichte, andererseits weil sie sich weiterhin dämlich verhalten.
Das Ende war für mich wenig zufriedenstellend. Zwar wird eine sinnvolle Lösung präsentiert und bis dahin passt auch alles noch so halbwegs, aber auch im Umgang damit verhalten sich die Jugendlichen absolut unrealistisch.
Daher war ich noch nie nach einem Buch so zwiegespalten. „Andersartigkeit als Chance“ könnte auch für dieses Buch gelten – die Chance wurde nur nicht genutzt. Ich schwanke zwischen Bedauern einerseits, dass nicht mehr aus dem Buch gemacht wurde und andererseits war es eben doch unterhaltsam und hatte seine Rätsel, die sich nicht so leicht lösen ließen. Kurz ließe sich das vielleicht ausdrücken mit: „Ein mittelmäßiges Buch, das sein Potential verspielt hat, sich aber gut mal eben durchlesen lässt“

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Fesselnder Politthriller

Die Akte Adenauer
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Kurz vor den zweiten Wahlen zum deutschen Bundestag wird Philipp Gerber zwischen seiner Vergangenheit und Gegenwart zerrissen. Geboren als Deutscher, ausgewandert in die USA, kämpfte er im zweiten Weltkrieg ...

Kurz vor den zweiten Wahlen zum deutschen Bundestag wird Philipp Gerber zwischen seiner Vergangenheit und Gegenwart zerrissen. Geboren als Deutscher, ausgewandert in die USA, kämpfte er im zweiten Weltkrieg auf Seiten der Alliierten für das CIC. Kurz bevor er nach Harvard zurückkehren soll, erhält er einen Sonderauftrag. Denn die junge Demokratie steht auf dem Spiel.

Eigentlich soll Gerber im Fall seines verstorbenen Vorgängers beim BKA ermitteln, doch hinter dem Mord steckt mehr, als anfänglich zu erwarten war: denn Deutschland ist nicht alle Nazis losgeworden.

Die Akte Adenauer ist ein packender und gut recherchierter Thriller. Historische Tatsachen und Fiktion hat Autor Ralf Langroth perfekt miteinander verwoben und einen einzigartigen Politthriller geschaffen. Es sei dazu gesagt, dass Politthriller eines meiner Lieblinsgenre sind, auch wenn ich oft enttäuscht werde, denn viele verdienen entweder den Namenszusatz „Polit-“ eigentlich nicht oder lesen sich trockener als so manches Sachbuch. Die Akte Adenauer ist dagegen ein glänzendes Beispiel für dieses wundervolle Genre: fesselnd geschrieben und gleichzeitig politisch (dass es dann auch noch ein historischer Politthriller ist, ist das i-Tüpfelchen).

Phil Gerber ist ein durch und durch spannender Protagonist – traumatisiert von der Vergangenheit, zerrissen zwischen zwei Identitäten und in der Lage, alles reflektiert zu betrachten. Obwohl er sich selbst anfangs als Amerikaner betrachtet, arbeitet er bereitwillig mit der Journalistin einer von den Kommunisten finanzierten Zeitung, zusammen. Dennoch zieht sich eins durch sein gesamtes Handeln: Der Hass auf die Nazis. Nicht nur, weil er und seine Familie vor dem zweiten Weltkrieg vor ihnen flüchten mussten, sondern viel mehr wegen seiner Erlebnisse im Krieg.

Erzählt wird der Thriller hauptsächlich aus Gerbers Perspektive, aber auch aus der, der Journalistin Eva Herden. Und aus der Perspektive des Täters, wobei es sich hierbei immer nur um kurze Einschübe handelt, die auch durch die Formatierung hervorgehoben werden. Diese Passagen sind vage gehalten und geben dem Leser gerade genug Informationen, um einen Eindruck davon zu bekommen, mit wem Gerber es zu tun hat. Gerade diese Informationshappen erhöhen die Spannung weiter. Die Kapitelaufteilung erfolgt anhand der verbleibenden Tage bis zur zweiten Bundestagswahl der Geschichte – während sich also der Druck auf Gerber erhöht, wächst auch die Gefahr für das demokratische Deutschland.

Stilistisch ist es ein gelungener Thriller. Die Beschreibungen sind ausreichend, um einen sehr bildlichen Eindruck der Umgebung und Gegebenheiten zu schaffen – selbst wenn man nicht unbedingt weiß, wie Bonn in den 50ern aussah. Adenauers inzwischen wohl ikonischer Dialekt ist mühelos eingewoben und wirkt nicht, als hätte der Autor beim Schreiben etwas erzwungen. Auch die Darstellung anderer bekannter Personen (u.a. Herbert Wehner) scheint sehr gelungen, soweit es der Außeneindruck dieser Personen eben zulässt, etwas Derartiges zu beurteilen.

Für mich, ohne Zweifel, das Highlight meines bisherigen Lesejahres!

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Veröffentlicht am 18.05.2021

Erschreckend aktuell

Noah
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Noah weiß nichts über sich selbst. Er ist sich nicht mal sicher, ob er überhaupt Noah heißt. Nachdem er angeschossen wurde, hat er sein Gedächtnis verloren. Der obdachlose Oscar sammelt ihn auf, pflegt ...

Noah weiß nichts über sich selbst. Er ist sich nicht mal sicher, ob er überhaupt Noah heißt. Nachdem er angeschossen wurde, hat er sein Gedächtnis verloren. Der obdachlose Oscar sammelt ihn auf, pflegt ihn gesund und steht ihm auch zur Seite, als Noahs Erinnerungen allmählich zurückkehren und klar wird: sein Leben ist in Gefahr.

Vorweg sei gesagt: für mich war es „der erste Fitzek“ - insofern kann ich keinen Vergleich zu anderen Werken des Autos ziehen. Aber ich bin mir sicher, dass es nicht der letzte Thriller von Sebastian Fitzek war, den ich lese.

Seit vergangenem Jahr hat das 2013 erschienene Buch eine schockierende Aktualität gewonnen. Pandemie, Masken, Ausgangssperren, es gibt zahlreiche Parallelen zur heutigen Zeit. Das macht manche Szenen schwer zu lesen – auch wenn die einfühlsam beschriebenen menschlichen Tragödien wohl zu jeder Zeit schwer zu verdauen sind.

Erzählt wird die Geschichte hauptsächlich aus drei Perspektiven, deren Handlungsstränge eng miteinander verwoben sind. Eine vierte Perspektive ist unabhängig davon und verdeutlich zwar die Probleme der Überbevölkerung, die eines der tragenden Themen des Buches ist, trägt allerdings nicht viel zur Handlung selbst bei. Persönlich bin ich etwas zwiegespalten, was ich davon halten soll, weil sich die betreffenden Kapitel etwas „überflüssig“ anfühlen, gleichzeitig machen sie auf ein sehr reales Problem aufmerksam. Fest steht für mich allerdings: man hätte sie reduzieren können, wodurch die Handlung gestrafft worden wäre. Allerdings ist der Rest des Buches definitiv nicht zu langatmig. Die ganze Wahrheit um „Noah“ und seine Vergangenheit wird so langsam entfaltet, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann, die actionreichen Szenen dazwischen sorgen dafür, dass allerdings auch keine Langeweile aufkommt, bis das nächste Puzzlestück enthüllt wird.

Stilistisch ist es nah an der Perfektion und da es mein erster Fitzek-Thriller war, kann ich nicht beurteilen, ob das bei ihm generell der Fall ist, aber: die Beschreibungen waren mir stellenweise zu wenig. Alles wird nur so grob beschrieben, dass man als Leser zwar eine ungefähre Vorstellung der Szenerie hat, aber der berühmtberüchtigte Film im Kopf nicht so recht zu laufen kommt.

Die Thematik sorgt dafür, dass die Geschichte auch eine politische Dimension hat. Allerdings wird diese eher auf gesellschaftlicher Ebene ausgetragen. Wie bereits erwähnt: vieles daran stimmt einen nachdenklich. Weniger über die aktuelle Zeit, als unser Konsumverhalten im Allgemeinen. Etwas, das ich bei einem Thriller bislang kaum erlebt habe und das genau meinen Geschmack getroffen hat.

Alles in allem ist „Noah“ ein sehr guter Thriller, auch wenn ich persönlich noch etwas Luft nach oben gesehen hätte, sodass ich ihn nicht als perfekt bezeichnen kann.

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Veröffentlicht am 10.05.2021

Emotionale Achterbahnfahrt

So wie du mich kennst
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Manchmal ändert sich das Leben schlagartig. Karla und Marie hätten nicht unterschiedlicher sein können und doch waren sie immer ein Herz und eine Seele. Selbst als Marie nach Amerika zieht und als Fotografin ...

Manchmal ändert sich das Leben schlagartig. Karla und Marie hätten nicht unterschiedlicher sein können und doch waren sie immer ein Herz und eine Seele. Selbst als Marie nach Amerika zieht und als Fotografin in New York arbeitet, bleibt der Kontakt zwischen ihr und ihrer Schwester Karla eng. Karla dagegen ist Lokaljournalistin und lebt nach wie vor in dem Dorf, in dem die beiden aufgewachsen sind. Doch dann stirbt Marie bei einem Unfall und Karla steht vor der Aufgabe, Maries Leben in New York in Kisten zu packen. Eine Reise, bei der sie ihre Schwester neu kennenlernt und feststellt: vielleicht wusste sich doch nicht alles über Marie.

So wie du mich kennst ist mein erstes Buch von Anika Landsteiner. Insofern wusste ich nicht, auf was ich mich da einlasse. Das Cover fällt auf durch den gezeichneten Stil und hebt sich somit von vergleichbaren Büchern ab – der Grund, weshalb ich darauf aufmerksam wurde.

Der Schreibstil ist einfühlsam und trotz der schweren Thematik leicht zu lesen. Besonders auffällig ist, dass die vorhandenen Dialoge kurz gehalten sind – wenn überhaupt vorhanden – und stattdessen mehr erzählt wird, was passiert. Inzwischen auch eher eine Seltenheit, an die ich persönlich mich erst gewöhnen musste, die mich dann aber umso mehr begeistert hat. Denn der Fokus liegt weniger auf dem gesagten, als auf den Emotionen, die hervorragend transportiert werden. Auch wenn es stellenweise fast unerträglich wird.
Geschrieben ist das Buch abwechselnd aus Karlas Perspektive nach Maries Tod – inklusiver einiger Erinnerungen an die Vergangenheit – und Maries Perspektive vor deren Tod.

Maries Geheimnis, das sie mit sich herumgetragen hat, wird langsam Schritt für Schritt enthüllt und elegant anhand der Geschichte von Maries Nachbarin eingebunden. Auch diese Nebenhandlung entfaltet sich langsam und sorgt für noch mehr Spannung.

Die Figuren sind liebevoll gestaltet, haben Stärken und Schwächen und vor allem zeigen sie: das Leben ist manchmal ambivalent und hinter der scheinbar glücklichen Fassade steckt manchmal der Kampf gegen ein Trauma aus der Vergangenheit.

So wie du mich kennst ist keine fröhliche Geschichte und definitiv nicht einfach nebenbei zu lesen, dennoch steht über allem die Hoffnung, dass es irgendwann wieder bergauf gehen wird.

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Veröffentlicht am 01.12.2019

Die Welt im Jahr 2028

Der Honiganzeiger
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Der Honiganzeiger ist der erste fiktive Roman von Sybille Barden, die bereits mehrere Sachbücher verfasst hat.
Wir schreiben das Jahr 2028, die Welt hat sich stark gewandelt. Die Europäische Union ist ...

Der Honiganzeiger ist der erste fiktive Roman von Sybille Barden, die bereits mehrere Sachbücher verfasst hat.
Wir schreiben das Jahr 2028, die Welt hat sich stark gewandelt. Die Europäische Union ist aufgelöst, der Euro abgeschafft und die Welt in Händen einer kleinen Gruppe von Oligarchen. Der unauffällige Diplomat Till von Herlichingen wird auf eine gefährliche Mission geschickt – er soll verhindern, dass Deutschland wie zuvor Frankreich in die Hände der Oligarchen fällt.
Es ist ein erschreckendes Szenario, dass Sybille Barden in ihrer Geschichte entwirft. Umso erschreckender, weil die Entwicklung von der Welt, wie wir sie kennen, hin zu der Realität dieser Geschichte, unglaublich gut erklärt wird. Auf jeder Seite dieses Buches, wird die Expertise der Autorin mehr als deutlich. Das ist einerseits die größte Stärke und gleichzeitig die größte Schwäche dieses Buches. Die Politikstudentin in mir war Stellenweise sehr glücklich, wer sich mit der Materie nicht auseinander setzt, für den werden einige Passagen wahrscheinlich sehr schnell sehr ermüdend.
Der Schreibstil ist am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig, es wird besser, wenn man in das Buch hineinfindet. Das allerdings dauert leider eine Weile. Die Nüchternheit des Erzählstils passt zwar sehr gut zu Till von Herlichingen, macht es zu Beginn aber auch schwer, wirklich Spannung aufzubauen. Herlichingens Gejammere über seine Situation ist ein weiterer Knackpunkt, denn nach ein paar Seiten wird es leider etwas nervig, passt aber m.E. dennoch zu einem braven (vielleicht schon fast etwas stereotypischen) Diplomaten, der brav seine Befehle ausführt. Ganz unabhängig davon, ob er diese gut findet oder nicht.
Leider sind die vielen Passagen, die die Situation schildern, nicht besonders geschickt in die Handlung eingearbeitet und wirken mehr wie ein Sachbuch. Hier merkt man wohl, dass es Bardens erster Roman ist und ich persönlich habe eine ganze Weile mit der Geschichte gehadert. Meine Erwartung war ein relativ leicht lesbarer dystopischer Thriller. Was ich bekam war ein halbes Sachbuch, das mir zwar auch Spaß bereitet hat, aber durch die falschen Erwartungen eben eine Enttäuschung war – wenn ich ein Sachbuch lesen möchte, tue ich genau das.
Wer allerdings eine solche Mischung aus Sachbuch und Roman mal ausprobieren will, dem würde ich den Honiganzeiger definitiv empfehlen, denn das entworfene Szenario ist definitiv beeindruckend und die Erklärungen m.E. auch für wirtschaftliche Laien verständlich.