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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.07.2022

So haben sie gelebt, Zechensiedlung, Großfamilie und die Generationen danach

Beifang
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Sie waren zu zwölft und die Eltern dazu, 60 qm Zechenhaus, unerträgliche Enge, Armut in allen Belangen, Härte, die meist in Schlägen endete und ein ewiger Kampf quasi ums Überleben, das ist die Familie, ...

Sie waren zu zwölft und die Eltern dazu, 60 qm Zechenhaus, unerträgliche Enge, Armut in allen Belangen, Härte, die meist in Schlägen endete und ein ewiger Kampf quasi ums Überleben, das ist die Familie, in der Franks Vater Kind war. Erzählt hat dieser von seinem Kindsein nie, auch auf Nachfrage seines Sohnes bleibt dessen Ansinnen unbeantwortet. Jetzt, da Franks Eltern das Zechenhaus, das sie als die nächste Generation bewohnt hatten, verkaufen, um in eine Seniorenwohnung umzuziehen, verspürt Frank erneut den Wunsch, mehr über Großvater und Vater zu erfahren, doch sein Vater will nichts sagen. Und so macht sich Frank, der sich mehr schlecht wie recht als Drehbuchautor durchs Leben schlägt, auf den Weg und besucht seine weitverstreute Schar an Onkeln und Tanten, um Antworten zu erhalten. Die Facetten ihrer Erinnerungen, sie sind vielfältig und der der jeweiligen Wahrnehmung auch recht unterschiedlich, manchmal sogar vollkommen gegensätzlich, aber das Gesamtbild, das sich daraus zusammenfügt und unweigerlich neben Großvater und Vater auch Frank selbst und seinen Sohn Vinzenz mit einbindet, da steht schon eine gnadenlose Trostlosigkeit im Raum. Aber es zeigt sich auch, es gab sie, die Familie und ihr wehrhafter Zusammenhalt und ihr Kampfgeist gegen das Aufgeben.
Happy Ends oder der Sonnenschein am Ende des Tunnels, das bekommt man hier nicht, aber trotzdem schafft es die Geschichte, eine den einzelnen Personen zunehmend zugewandtere Haltung einzunehmen. Und für Frank selbst ist jetzt Reflektion möglich und vielleicht auch mehr.
Mich hat diese 'Familiengeschichte' überzeugt.

Veröffentlicht am 18.07.2022

Aufwachsen, erwachsen und die Suche nach der eigenen Identität

Eine Feder auf dem Atem Gottes
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Die Schriftstellerin Sigrid Numez hat für ihre Bücher schon viele Auszeichungen erhalten und ist ein Name in der Welt des geschriebenen Worts. Mit 'Eine Feder auf dem Atem Gottes' veröffentlichte sie 1995 ...

Die Schriftstellerin Sigrid Numez hat für ihre Bücher schon viele Auszeichungen erhalten und ist ein Name in der Welt des geschriebenen Worts. Mit 'Eine Feder auf dem Atem Gottes' veröffentlichte sie 1995 ihren ersten sehr persönlichen Debütroman, der autobiografisch Einblicke gibt in die Zeit ihres Aufwachsens in New York und sehr fokussiert ihr Augenmerk in vier Abschnitten auf ihren Vater, ihre Mutter, das Ballet und die Affäre mit Vadim, einem verheirateten russischen Einwanderer, richtet. Und dieser in seiner Offenlegung doch auch mutige Roman, er ist nun wieder da, neu aufgelegt und mit seinem melancholischen und berührenden Stil absolut wert, erneut entdeckt zu werden.
Die Suche, auf die sich die Autorin hier begibt, ist die nach der eigenen Identität. Sie klopft dafür an viele Türen, denn natürlich beginnt alles mit der eigenen Familie, die das Fundament legen sollte für das Heranwachsen, Hersauswachsen hin zu sich selbst. Doch das ist hier anders. Es gibt einen chinesisch-panamaischen Vater, der dieses Leben nicht will und eine deutsche Mutter, die noch weniger damit fertig wird, in diesem Amerika, noch dazu als nur Hausfrau und Mutter, leben zu müssen und deren 'Träume' zurück in Deutschland liegen. Familie existiert nicht, nur Streit und Gewalt erlebt sich hier fort. Und so sucht Numez nach anderen Leidenschaften, die zu Famile werden könnten und das ist in ihrem Fall der Tanz. Und dann ist da noch, als weiteres Mosaiksteinchen, die Affäre. Mit Vadim erlebt sie 'Gefühle', doch mehr kann es nicht sein, denn dieser hat Frau und Kind.
Ich konnte diesem Buch sehr viel abgewinnen. Man fühlte sich von der Autorin mitgenommen auf ihren ganz eigenen Weg hin zu dem, was sie so sehr vermisst und was man einfach braucht zum Leben, ein starkes Ich, in sich selbst.

Veröffentlicht am 18.07.2022

200 Jahre, sieben Generationen und eine italienische Familiengeschichte

An den Ufern von Stellata
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Es begann mit einem schlimmen Winter vor 200 Jahren, der dazu führte, dass ein Grüppchen des fahrenden Volks sich in Stellata, einem Dorf in der Lombardei, niederließ. Viollca, eine starke, temperamentvolle ...

Es begann mit einem schlimmen Winter vor 200 Jahren, der dazu führte, dass ein Grüppchen des fahrenden Volks sich in Stellata, einem Dorf in der Lombardei, niederließ. Viollca, eine starke, temperamentvolle und mit einer geheimnisvollen mystischen Ader ausgestattete junge Frau, gehört zu ihnen und sie findet in dem ruhigen eher schwermütigen Dorfbewohner Giacomo einen Mann, der fasziniert ist von ihrer Art. Bald kommt ein Sohn zur Welt und auch er trägt dieses Sphärische seiner Mutter in sich. Generation folgt auf Generation und über all die Jahre hinweg geht der Familie ihre besondere 'Inspiration' nicht verloren.
500 Seiten stark ist diese Geschichte, die so viel Leben, so viele Menschen und so viel italienisches Flair für uns bereit hält. Da müsste man eigentlich Sorge haben, dass man den Überblick verliert, aber das ist überraschenderweise nicht der Fall. Das alles ist so klar, lebendig und auf eine schon sehr eigene, aber wunderbar erfrischende und bildhafte Weise erzählt, dass es einfach nur eine große Freude ist, hier sozusagen mitten im Geschehen mit dabei zu sein, bis hinein in unsere heutige Zeit.
Einfach ein großes Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 17.07.2022

100 Jahre pralles Leben

Violeta
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100 Jahre Leben, Violeta del Valle hat dies aufzuweisen. Quasi als ihr Vermächtnis schreibt sie einen langen Brief an ihren Enkelsohn, einen Brief, dessen Zeilen ihr ganzes langes prall angefülltes Leben ...

100 Jahre Leben, Violeta del Valle hat dies aufzuweisen. Quasi als ihr Vermächtnis schreibt sie einen langen Brief an ihren Enkelsohn, einen Brief, dessen Zeilen ihr ganzes langes prall angefülltes Leben in sich tragen. Geboren wird Violeta 1920, mitten hinein in die Zeit der spanischen Grippe, deren Folgen auch ihre eigene Familie heimsuchen. Um eine passende Erziehung zu gewährleisten, engagiert man ein Kindermädchen, das Violeta mehr vom Leben lehrt wie den Lernstoff aus den Büchern. Es wir Männer geben in ihrem Leben, jeder ganz anders und jeder erfüllt wichtiges und anderes auch nicht. Und so wandert sie weiter, bis zu einer letzten großen Liebe. Und es wird Violeta selbst geben, die ausbricht aus den engen gesellschaftlichen Vorgaben, die man damals für Frauen bereit hielt, die kämpft für Selbstbestimmtheit und die Kraft, sich nicht entschuldigen zu müssen, weil man das erwartet.
Violetas Lebensgeschichte, sie ist so voller südamerikanischer Lebendigkeit, erfüllt von ganz viel Gefühl und einer berührenden Menschlichkeit und das politische Geschehen in ihrem Heimatland, auch das bleibt nicht außen vor, sondern ist immer präsent und in ihren späten Jahren schon als sehr aktuelle Geschichtsschreibung wahrzunehmen.
Für mich war das Buch ein Leseereignis nach echter Allende-Art und es war mir eine große Freude.

Veröffentlicht am 16.07.2022

Zur Sklavin gemacht und trotzdem ein freies Wesen

Das Mädchen von Agunt
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Diese hier in seiner Hörbuchform präsentierte Geschichte erzählt von den Gegebenheiten in der Stadt Aguntum, 150 n.Chr.. Rom, unter deren Regentschaft Südtirol zur damaligen Zeit stand, ist weit und so ...

Diese hier in seiner Hörbuchform präsentierte Geschichte erzählt von den Gegebenheiten in der Stadt Aguntum, 150 n.Chr.. Rom, unter deren Regentschaft Südtirol zur damaligen Zeit stand, ist weit und so hat der Bürgermeister der Stadt inzwischen alle Fäden in der Hand und Recht und Gesetz kommen immer mehr abhanden. Doch dann erscheinen zwei neue Protagonisten, aus Rom angereist, in der Stadt, der eine um hier eine im staatlich zugewiesene Aufgabe zur Sicherheit der Straßen anzutreten, der andere, um einen Weg zu finden, einen weiteren ihm persönlich angetanenen Betrug des Bürgermeisters zu stoppen. Und so bekommt die Gruppe der rechtschaffenen Bürger Zulauf und eine spannende Geschichte rund um Macht, Intrigen, Unterjochung und gar Mord nimmt ihren Lauf. Und das Mädchen von Agunt, Cincia, eine gerade ins Slaventum gezwungene junge Frau, spielt dabei eine sehr entscheidene Rolle.
Eine sehr unterhaltsame Geschichte, von der Sprecherin des Hörbuchs passend umgesetzt. Die unterschiedliche Stimmgebung beim Auftreten der einzelnen Personen, dazu der ruhige Erzählton, der trotzdem richtig Spannung erzeugt, es war mir eine Freude und hat auf jeden Fall überzeugt.

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