Platzhalter für Profilbild

SofieWalden

Lesejury Star
offline

SofieWalden ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SofieWalden über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.04.2025

Was es mit Menschen macht, wenn man liebt und es verboten ist

Cinema Love
0

Die Liebe und das Kino, ihre Bedeutung füreinander, hier ist sie besonders, ernst, tragisch und tief verbunden mit der Geschichte von Menschen, zwei sich liebenden Männern, Old Second und Shun-Er und ihrem ...

Die Liebe und das Kino, ihre Bedeutung füreinander, hier ist sie besonders, ernst, tragisch und tief verbunden mit der Geschichte von Menschen, zwei sich liebenden Männern, Old Second und Shun-Er und ihrem Umfeld. Ein altes Kino im chinesischen Fuzhou, ein Ort für Filme und die verbotene gleichgeschlechtliche Liebe. Und diese zwei Männer, für kurze Momente finden sie hier ihr geheimes gemeinsames Glück. Als es herauskommt, müssen sie gehen, suchen ihre Chance auf Leben in der Migration in ein 'modernes' neues Land. Zusammen mit ihren Ehefrauen emigrieren sie in die USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das Hoffnung und die große Freiheit bringt. Doch der Alltag dort sieht anders aus. 40 Jahre bis hin zur die ganze Welt ergreifenden Pandemie geht diese Geschichte, die all die Traurigkeit, Entwürdigung, all die Verzweiflung, die auf so viel Hoffnung folgt, vor uns Lesern ausbreitet und uns mitnimmt, berührt, ergreift in einer Art, die sehr viel Nähe beinhaltet und uns die Türen öffnet, für ganz viel Nachdenken über das, was Menschen tun und antun und was viele so erleben müssen.
Die Geschichte ist sehr besonders angelegt, mit ständigen Wechseln zwischen China, der Heimat und der sogenannten neuen Welt, den USA, aber es fügt sich und funktioniert gut. Der Fokus auf die Menschen und, ja einfach ihr Leben, ist immer gegeben und die präzise, wenig ausschweifende Sprache bringt Intensität.
Ein sehr gelungenes Debüt und ich warte gespannt auf mehr.

Veröffentlicht am 11.04.2025

Das Glück sind die Menschen und da, wo wir leben

Das ist Glück
0

Faha, ein kleiner Ort in Irland, 1958, eigentlich ist alles wie immer, nur, es regnet nicht. Und das tut es sonst immer. Hier sind Noels Großeltern zuhause und nun, für eine Weile auch er selbst. 17 Jahre ...

Faha, ein kleiner Ort in Irland, 1958, eigentlich ist alles wie immer, nur, es regnet nicht. Und das tut es sonst immer. Hier sind Noels Großeltern zuhause und nun, für eine Weile auch er selbst. 17 Jahre alt, sucht er hier eine ruhige Oase, zum Nachdenken, darüber, wie es weitergeht. Das Priesterseminar hat er nach einem familiären Schicksalsschlag vorerst verlassen. Und nun braucht er in der friedlichen Abgeschiedenheit dieses Orts Ruhe. Und der Zufall schenkt ihm einen Freund, denn Christy soll die Elektrizität in das Dorf bringen und findet eine Unterkunft bei Noells Großeltern. Sie beide schlafen im selben Zimmer und vertrauen sich so einige ihrer Geheimnisse und das, was sie eben so bewegt, an. Der ältere Freund gibt Rat und auch er selbst findet Unterstützung, denn er ist hier auch auf der Suche, nach seiner alten Liebe.
Von der Handlung her ist dies einfach eine kleine feine Geschichte, eingebettet in das Allergrößte, die Aura von Glück. Das findet sich in diesem friedlichen Idyll, in dem Menschen noch nach dem anderen sehen und eine dem Leben an sich dankbare Gemeinschaft bilden, ob mit oder ohne Elektrizität.
Dieses Glück, es geht auf den Leser über, wenn er bereit ist, das zuzulassen, sich selbst zu entschleunigen und sich daran zu erfreuen, an diesem literarischen Kleinod, das wirklich etwas ganz Besonderes ist. Man sollte sie genießen, diese poetische Sprache, die gewählten Worte, die Satzkonstrukte und die langen Schachtelsätze, die auch dazu einladen, die mehrmals zu lesen und vielleicht sogar mit anderen zu teilen.
Auf jeden Fall findet sich hier 'ganz viel Glück' und das ist doch wunderbar.

Veröffentlicht am 09.04.2025

Eine tiefe Trauer, der Rückzug in die Natur und der Weg, zurück ins Leben

Die Frau und der Fjord
0

Gro ist eine gestandene Frau. Sie arbeitet als Geologin auf einer Ölbohrinsel und wird sehr geachtet in ihrem Job. Doch dann der Schock. Ihr geliebter Mann verunglückt tödlich. Einfach weitermachen geht ...

Gro ist eine gestandene Frau. Sie arbeitet als Geologin auf einer Ölbohrinsel und wird sehr geachtet in ihrem Job. Doch dann der Schock. Ihr geliebter Mann verunglückt tödlich. Einfach weitermachen geht nicht. Überhaupt ist ihr das Weiterleben unerträglich. Sie lässt alles hinter sich und zieht an einen norwegischen Fjord auf die Lefoten. Dort lebt sie, einsam gelegen, in einem kleinen Haus. Karg sind die Lebensbedingen. Sie ist völlig auf sich gestellt. Und genau das will sie, sich einigeln, trauern. Sie versinkt geradezu darin. Doch die Dinge müssen getan werden, um, schon ein bisschen im wahrsten Sinne des Wortes, zu überleben. Sie streift durch die pure unberührte Natur, sorgt für Nahrung und muss auch an die Bevorratung für den Winter denken. Zurückgeworfen auf sich selbst, beginnt ein langsames wieder fühlen. Sie empfindet einen Funken Gefühl, als sie einen kleinen Vogel rettet und dann ist ein Mensch in Not. Sie nimmt ihn auf und pflegt ihn gesund. Und diese neue wiedergefundene Verbundenheit zu jemand anderem, auch das bringt Hoffnung, dass eine Art Heilung ihrer Seele möglich ist.
Ein wunderschönes berührendes Buch über einen Menschen, der das verliert, was sein Leben ausgemacht hat und nun ist alles in ihm tot. Der Rückzug in die Einsamkeit, das Erleben von unverfälschter Natur, die eigene kalte tieftraurige Gefühlswelt, all das wird hier so authentisch, intensiv und einfühlsam erzählt, als Leser ist man da unmittelbar und voller Mitgefühl dabei. Ein stark erzähltes Stück Lebensphase, so absolut pur und ehrlich und dafür gibt es auch einen Grund. Die Autorin selbst hat dieses Schicksal, ihren Mann zu verlieren, erleiden müssen und dieses Buch sich und ihrer Leserschaft zum Geschenk gemacht, auch als Hilfe, um ein Stück weit wieder zu heilen.
Ich nehme das Geschenk ehrerbietig dankend an.

Veröffentlicht am 09.04.2025

Eine Reise in eine Vergangenheit, die auch, tief im Inneren, die eigene ist

Frau im Mond
0

Das Leben der Zwillingsschwestern Lilit und Lina el Shami findet in Montréal statt. Dort wurden sie von ihrem Großvater Maroon großgezogen, der aus dem Libanon nach Kanada ausgewandert ist. Über ihre Wurzeln, ...

Das Leben der Zwillingsschwestern Lilit und Lina el Shami findet in Montréal statt. Dort wurden sie von ihrem Großvater Maroon großgezogen, der aus dem Libanon nach Kanada ausgewandert ist. Über ihre Wurzeln, die Familiengeschichte, das Leben der Großeltern in ihrem eigenen Land, wissen sie so gut wie nichts. Eine alte Postkarte ihrer Großmutter, die sie nie haben kennenlernen können, führt schließlich dazu, dass die beiden mehr wissen wollen. Die Fragen sind da, aber nun heißt es Antworten zu finden und dafür machen sie sich auf den Weg, in das Land ihrer Ahnen, in den Libanon. Und dort eröffnet sich ihnen eine Welt, so fremd, zumindest am Anfang, so lebendig und einfach anders. Aber mit jeder Facette, die sie sich erschließen, kommt Verstehen, sogar ein bisschen Vertrautheit hinein in ihr Leben und ein großes Staunen und Ehrerbieten über das, was ihre Familie erlebt und gelebt hat, inklusive der Geschichte auch ihres Landes, wie dem Völkermord an den Armeniern und anderen gravierenden historischen Ereignissen.
Es dauert eine Weile, bis man für sich selbst einen Weg gefunden hat, sich auf die ungewöhnliche Präsentation des Autors einlassen zu können. Die Geschichte ist etwas verschachtelt angelegt, schwenkt recht abrupt von einer zeitlich vielleicht vorgelagerten Situation in eine andere und nimmt auch Erzählsequenzen mit auf, die auf den ersten und auch den zweiten Blick nicht ersichtlich, dazugehören. Doch etwas Geduld und man erlebt, wie sich alles ganz langsam, Stück für Stück, zusammenfügt, zu einem sehr nachvollziehbaren großen Ganzen. Und das ist wirklich sehr kunstvoll gemacht, erzeugt im Nachhinein betrachtet viel Lebendigkeit und die Aufmerksamkeit der Leser ist gefragt. Diese hat die Geschichte aber auch verdient, sowohl auf der persönlichen Ebene als auch bzgl. dem, was sich einem da an Hintergrundwissen eröffnet, zu diesem Land.
Ein tolles sich von den üblichen Erzählstrukturen abhebendes Buch, das mit der Zeit zu einem wahren Leseerlebnis wird. Mich hat es begeistert.

Veröffentlicht am 07.04.2025

Immer wieder kein Zuhause und hinaustreten, im Kampf um das Leben, das man sich wünscht

Wanda
0

Diesmal glaubt Wanda, endlich ihre Familie gefunden zu haben, aber nach ein paar Tagen sagen ihr diese Menschen sehr lieb, dass sie auch diesmal nicht die Richtige ist und wieder gehen muss, ins Heim zurück. ...

Diesmal glaubt Wanda, endlich ihre Familie gefunden zu haben, aber nach ein paar Tagen sagen ihr diese Menschen sehr lieb, dass sie auch diesmal nicht die Richtige ist und wieder gehen muss, ins Heim zurück. Und Wanda, sie hat einfach genug und macht sich davon, raus aus dem Kreislauf 'Hoffnung und Enttäuschung'. Sie findet einen ungewöhnlichen Unterschlupf, mitten in Berlin und richtig gute Freunde. Jeder dieser Menschen hätte viel zu erzählen, hat Schlimmes erlebt. Da sieht man Angst in den Augen, den Wunsch, vielleicht auch einmal gesehen zu werden, etwas zu haben, das man liebt und jeder hat auf seine Weise ein großes Herz. Nicht mehr allein zu sein, ist einfach ein wunderschönes unendlich wertvolles Gefühl und Wanda erlebt es das erste Mal wirklich. Diese Geschichte, sie ist sehr real und als Leser ist man von Anfang an mit dabei. Hier geht das Licht an für ein junges Mädchen, für das das Leben anders aussieht wie man das in der Normalität so kennt. Und ein bisschen etwas Märchenhaftes,was sehr schön ist und sich gut in die Geschichte einfügt denn träumen ist ja wohl erlaubt, ist auch mit dabei. Das gibt Hoffnung und macht auch ein wenig stark. Und dann ist da noch eine Bärin, die aus dem Berliner Zoo ausgebrochen ist und wer sie wiederfindet, hat einen Wunsch frei, diesen einen, der für jeden Einzelnen ganz wichtig ist und nach dem man sich so unendlich sehnt.
Dieses Buch ist auf jeden Fall etwas ganz Besonderes, sehr anteilnehmend, von Freundschaft und Zusammenhalt getragen und manchmal auch zum Weinen, aber umhüllt von einem guten Gefühl, berührend schön.