Die schockierende Rassendiskriminierung in den USA der 1960er Jahre, hautnah
Die Nickel BoysElwood lebt in einer kleinen US-amerikanischen Stadt in den 1960er Jahren. Er wächst bei seiner Großumtter auf, die ihn umsorgt und aufpasst, dass er nur 'guten Umgang' hat. In der Schule ist er der Beste ...
Elwood lebt in einer kleinen US-amerikanischen Stadt in den 1960er Jahren. Er wächst bei seiner Großumtter auf, die ihn umsorgt und aufpasst, dass er nur 'guten Umgang' hat. In der Schule ist er der Beste und erhält so die Chance, bald Kurse am College besuchen zu dürfen. Das ist etwas besonderes, denn Elwood ist schwarz und die Rassendiskriminierung in dieser Zeit ist immer noch stark ausgeprägt. Doch dann lässt Elwood sich von einem Auto ein Stück mitnehmen, dessen Fahrer ein Autodieb ist und dieser wird zusammen mit dem Jungen auf dem Beifahrersitz erwischt. Elwood landet in einer Jungenbesserungsanstalt, der Nickel Academy. Als er dort eintrifft, hofft er, dieses ungute Kapitel deines Lebens bald hinter sich gebracht zu haben und sein altes Leben wieder aufnehmen zu können. Doch sehr bald merkt er, wo er hier gelandet ist. Die Trennung und die unterschiedliche Behandlung von Schwarzen und Weißen ist hier genauso gegeben und spiegelt die Welt 'da draußen' wieder, nur weitaus krasser, brutal, willkürlich bis zu Auswüchsen, die das Töten und Verschwinden lassen von einigen dieser Jungen zur Folge habt. Elwoods Schicksal in dieser Einrichtung, wie er sich nach anfänglichem Aufbäumen gegen die absolute Rechtlosigkeit und Ungerechtigkeit einfindet in dieses System, sich aber 'insgeheim' doch nicht brechen lässt, das wird hier erzählt auf eine trotz allem ruhige, nur bedingt emotionale Weise. Es ist einfach so, aber so ist es dann auch sehr wirklich.
Der Autor Colson Whitehead, Pulitzerpreisträger von 2017, nimmt sich dieses Themas an, ausgehend von den tatsächlich in dieser Zeit vorhandenen Academies, deren ganzes Ausmaß an menschlicher Entwürdigung erst viele Jahre später aufgedeckt und öffentlich gemacht wird. Hier wurden Menschen gebrochen fürs Leben, wenn sie denn überlebt haben. Whiteheads Geschichte ist, wie nicht anders zu erwarten, absolut gut, packend in seiner Realität, für die einzelnen Personen und auch für das Gesamte Konstrukt. Und dann, als sich das Buch schon dem Ende nähert und man als Leser sozusagen 'schon ein bisschen die Deckung runter genommen hat', da passiert es. Die Wendung, die Whitehead der Geschichte hier in nur wenigen Sätzen gibt, nimmt einem regelrecht den Atem und ist wie ein Schlag in die Magengrube. Und Unfassbar gut! Aus einem sehr guten Buch wird ein kleines Meisterwerk, das noch lange nachwirkt, zumindest bei mir.