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Veröffentlicht am 19.08.2024

Ich empfehle dieses Buch - mit kleinen Dingen verändert sich das Leben von fünf Personen

Frau Komachi empfiehlt ein Buch
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Das Buch ist in fünf Abschnitte unterteilt. In jeden Kapitel geht es um eine Person, die ein Problem hat oder deren Sorgen ihr Leben bestimmt. Jede Person trifft, oft durch Zufall, in einer Gemeindebibliothek ...

Das Buch ist in fünf Abschnitte unterteilt. In jeden Kapitel geht es um eine Person, die ein Problem hat oder deren Sorgen ihr Leben bestimmt. Jede Person trifft, oft durch Zufall, in einer Gemeindebibliothek auf Sayuri Komachi, die dort als Bibliothekarin arbeitet. Oft nur widerwillig lassen sich die Personen einen Zettel mit passenden Büchern für ihren eigentlichen Buchwunsch mitgeben, auf dem immer ein Buch aufgelistet ist, das so gar nicht zu den gewünschten passt. Außerdem filzt Frau Komachi für ihr Leben gerne kleine Figuren und schenkt jeder Person ein passendes Objekt. Ihre ungewöhnlichen Buchempfehlungen eröffnen neue Denkweisen und Lösungsansätze, um die Ängste und Probleme der Personen meistern.

Das Cover hat mich direkt angesprochen, es zeigt Frau Komachi in ihrer typischen Sitzposition und ist einfach und schlicht gehalten.
Man steigt sehr gut in die Geschichte ein, der Schreibstil ist angenehm und gut zu lesen. Es wird in jedem Kapitel eine Person vorgestellt, die mit ihrem aktuellen Leben auf die ein oder andere Weise unzufrieden ist. Es werden Menschen aus dem Querschnitt der Gesellschaft dargestellt: da ist beispielsweise Ryo, der in seinem Job als Buchhalter unzufrieden ist und viel lieber einen Antiquitätenladen eröffnen möchte oder Hiroya, der Design studiert hat, aber keine Anstellung findet. Wer sich mit der japanischen Gesellschaft und Kultur befasst, merkt schnell, dass die Arbeit einen hohen Stellenwert in der gesellschaftlichen Anerkennung hat. Umso mehr fühlt man mit den Protagonisten mit, die mit ihrer jetzigen Lebenssituation hadern.
Frau Komachi bleibt die ganze Geschichte über etwas undurchsichtig. Zwischendurch erfährt man einige Details aus ihrem Leben, aber man kann sie oft nicht richtig greifen. Vielmehr erscheint sie als eine Kraft, die den Protagonisten einen kleinen Schubs in die richtige Richtung gibt. Ihre Buchempfehlungen sind immer seltsam und verwunderlich - sie entpuppen sich aber immer als der Schwung, der im Leben der Protagonisten gerade fehlt und ihnen die nötige Kraft verleiht, sich ihren Problemen zu stellen. Auch die kleinen Filzfiguren, die Frau Komachi verteilt, sind einfach nur süß und zeugen von einem Verständnis und Mitgefühl für ihre Mitmenschen.
Sehr schön fand ich auch, dass die Geschichten der fünf Personen alle mehr oder weniger miteinander zusammen hängen.
Gerne hätte ich noch mehr über Frau Komachi und ihre Geschichte erfahren - aber vielleicht liegt auch hier die Spannung der Geschichte.

Frau Komachi verbindet die Menschen und hilft ihnen mit kleinen, unbewussten Umwegen, ihr Leben zu ändern - freiwillig und mit kleinen Schritten. Das Buch kann ich mir auch sehr gut als Geschenk vorstellen für jemanden, der Bücher liebt und gerne liest oder für jemanden, der gerade ebenfalls mit seiner Lebenssituation hadert.
Das Buch macht Mut und zeigt, dass man auch mit kleinen Dingen sein Leben in eine positive Richtung verändern kann. Von mir eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 16.08.2024

Ungewöhnliche Nachbarn in einer außergewöhnlichen Geschichte mit verschiedenen Textformen

Der Hausmann
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Thea und Tim müssen eine neue Wohnung suchen - das heißt, mit schmalem Budget in die nicht gerade beliebteste Randlage ziehen. Thea verdient ihr Geld in einem Start-Up Unternehmen für veganes Hundefutter. ...

Thea und Tim müssen eine neue Wohnung suchen - das heißt, mit schmalem Budget in die nicht gerade beliebteste Randlage ziehen. Thea verdient ihr Geld in einem Start-Up Unternehmen für veganes Hundefutter. Tim bleibt zu Hause, schmeißt den Haushalt und schreibt mehr schlecht als recht an seiner Graphic Novel. Er lernt sie unterschiedlichen Nachbarn besser kennen: Maxim, ein ukrainischer junger Flüchtling und Dagmar, eine rüstige Rentnerin, die alleine wohnt. Alles läuft erstmal gut bis Tim die Tür aufmacht und ihm ein Fremder ins Gesicht schlägt...

Das Cover sticht heraus mit seinen grellen und bunten Farben. Die einzelnen Szenen erscheinen erstmal willkürlich, es zeigt sich beim Lesen aber, dass sie sehr gut zur Geschichte passen. Unbedingt sollte man sich das Cover nach dem Lesen nochmal genauer ansehen.
Das Besondere an dem Buch sind die verschiedenen Textformen: das meiste erfährt man aus Tims Sicht, er erzählt aus der Ich-Perspektive in normaler Romanform. Außerdem kommen die Graphic Novel, an der Tim schreibt, vor, sowie die Aufsätze des Deutsch-Lernhefts von Maxim, dem ukrainischen Flüchtling. Nicht zu vergessen sind die Blogeinträge von Dagmar, der rüstigen Rentnerin, die in ihrem Blog "Sparen mit Dagmar" über ihr Leben und ihre Altersarmut schreibt.
Man steigt sehr gut in die Geschichte ein und die verschiedenen Textformen bringen eine unglaublich gute Abwechslung in die sonst so strikt und konform geschriebenen Romane, die man normalerweise liest.
So unterschiedlich Thea und Tim auch sind, repräsentieren sie für mich viele junge Menschen, die in Start-Ups arbeiten und vor sich hin leben ohne viel an morgen zu denken. Tim wirkt hier stets sympathischer, wahrscheinlich auch, weil er aus seiner Sicht schreibt. Thea ist mir von allen Personen am undurchsichtigsten geblieben, weil man von ihr nur die Chatverläufe mit ihrer Kollegin und Freundin liest.
Maxim schließt man ins Herz trotz seiner bulligen Statur und seinem gebrochenen Deutsch. Er hat seit dem Krieg in der Ukraine einiges erlebt, auch das wird das erzählt. Man bekommt aber auch seine Fortschritte beim Deutsch lernen mit und seine Versuche, die deutsche Kultur zu verstehen. Auch Dagmar bleibt im Gedächtnis, sie erscheint zunächst ruppig, da sie scheinbar als Einzige den Hausflur putzt. Tim freundet sich sowohl mit Maxim als auch mit ihr an und zeigt ihr die ihr unbekannte Welt des Internets. Schnell postet sie regelmäßige Blogeinträge auf ihrem eigenen Blog, der immer erfolgreicher wird und einen als Leser lachend zurücklässt.

Generell ist das Buch humorvoll und abwechslungsreich geschrieben, man kann es immer mal wieder weg legen und kommt trotzdem gut in die Geschichte wieder rein. So humorvoll das Buch auch rüber kommt, behandelt es doch einige wichtige Themen unserer Zeit wie die Flüchtlingssituation und deren mehr oder weniger gelungene Integration, Altersarmut und -einsamkeit, Geldsorgen und die Klimakrise, die in Tims Graphic Novel thematisiert wird. Ohne den Zeigefinger zu heben und anzuklagen zeichnet Wlada Kolosowa hier die Geschichte eines ganz normalen Mietshauses einer deutschen Großstadt mit ihren unterschiedlichen Bewohnern und deren Sorgen.

Ein gelungenes und humorvolles Buch über unterschiedliche Menschen auf engem Raum, das zeigt, dass wir alle miteinander auskommen können, wenn man einen Schritt auf den anderen zugeht. Für mich auch wegen der unterschiedlichen Textformen ein Highlight, das sich gut weg liest und einem trotzdem im Gedächtnis bleibt!

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Veröffentlicht am 16.08.2024

Zauberhaft und berührend - ein Highlight

Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte
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Linus Baker ist Sachbearbeiter in der Sonderabteilung des Jugendamtes für magisch begabte Kinder. Er ist ein vorbildlicher Mitarbeiter, immer pünktlich, immer schnell, lässt sich nichts zu Schulden kommen. ...

Linus Baker ist Sachbearbeiter in der Sonderabteilung des Jugendamtes für magisch begabte Kinder. Er ist ein vorbildlicher Mitarbeiter, immer pünktlich, immer schnell, lässt sich nichts zu Schulden kommen. Für einen neuen, sehr geheimen Auftrag wird er für mehrere Wochen in ein Waisenhaus auf eine einsame Insel geschickt. Dort ist Mr. Parnassus der Leiter und betreut Kinder und Jugendliche, die in kein Raster zu passen scheinen. Mit seiner sonst so regelkonformen Arbeitsweise kommt er dort nicht weit. Er lässt sich ein auf die ihm völlig fremde Welt und erlebt das größte Abenteuer seines Lebens.

Am Anfang dachte ich, dass das Buch eher für Jugendliche und Fantasyliebhaber geschrieben ist aufgrund des verspielten Covers. Ich wurde eines Besseren belehrt und habe ein neues Highlight entdeckt!
Zu Beginn bin ich noch nicht in den Bann der Geschichte gezogen worden, da erst einmal Linus Leben als Beamter und seine Einsamkeit und Stille zu Hause beschrieben wurden. Das war auch wichtig für die Geschichte, zeigt es doch Linus eintöniges und trockenes Leben, das er schon sein Leben lang führt. Sobald es allerdings zu dem Spezialauftrag kommt, den Linus betreuen soll, nimmt die Geschichte direkt an Fahrt auf. Der Autor beschreibt die Geschichte, die Charaktere und die Umgebung mit unglaublich viel Liebe zum Detail. Die Kinder des Waisenhauses und Mr. Parnassus muten zuerst seltsam an und man kann Linus Beklemmung und sein Hadern mit der Situation nachvollziehen. Er als strikter Beamter kommt mit seinem Regelwerk der Behörde hier nicht weiter. Die Kinder werden einzeln beschrieben und sind einem sofort sympathisch trotz ihrer Eigenheiten. Sie sind einfach zauberhaft und man schaudert richtig mit, wenn ihre Geschichten und Vergangenheiten erzählt werden. Sie sind alles andere als "normal", aber im Verlauf der Geschichte merkt man selbst: was ist schon normal? Sollten wir nicht alle gleich behandeln und uns auf neue Gegebenheiten, Personen und Orte einlassen? Wie Kinder nun mal sind, nähern sie sich auch Linus an und schließen ihn ins Herz.
Die Veränderung in Linus Sicht- und Denkweise wird im Verlauf unglaublich gut beschrieben, denn er lässt sich auf diesen Prozess ein, nimmt sich die Zeit ohne Vorurteile sein Gegenüber kennenzulernen.
Auch Mr. Parnassus ist ein ganz wundervoller Charakter: herzensgut, geduldig und ruhig kümmert er sich um Kinder, die sonst durch das Raster der Gesellschaft fallen und verstoßen werden. Er ist stets um das Wohl der Kinder bemüht und schafft es mit seiner ihm ganz eigenen Art auch Linus "weichzuklopfen" und ihm zu zeigen, dass das Leben mehr bereit hält als sein Regelwerk und die Arbeit in der Behörde, wenn man sich darauf einlässt.
Als Leser schließt man jeden Charakter ins Herz und wünscht sich vor allem für die Kinder mehr Toleranz und Akzeptanz. Auch das Ende passt perfekt zur Geschichte und hätte nicht besser beschrieben werden können.

Für mich ein Jahreshighlight und eine ganz klare Empfehlung! Die Geschichte hallt nach und lässt einen mit Hoffnung zurück auf ein besseres Miteinander, wenn jeder einen kleinen Schritt nach vorne auf den anderen zugeht.

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Veröffentlicht am 15.08.2024

Emotionales und mitreißendes Buch über Schuld, Lügen und Heimweh

Heimweh
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Sommer 1987: sechs junge Leute sind im Auto auf dem Weg zum Meer als sie einen Unfall haben, den drei Personen nicht überleben. Es sterben ein junges Paar, das am nächsten Tag hätte heiraten sollen und ...

Sommer 1987: sechs junge Leute sind im Auto auf dem Weg zum Meer als sie einen Unfall haben, den drei Personen nicht überleben. Es sterben ein junges Paar, das am nächsten Tag hätte heiraten sollen und eine Brautjungfer. Die zweite Brautjunger sowie Martin, ein Arztsohn, und Connor, der eigentlich nicht zur Clique gehört, überleben. Da Connor am Steuer saß, wird er nach England geschickt und bricht den Kontakt zu seinen Eltern und seiner Schwester ab. Connors Schwester Ellen und Martin heiraten, doch die Ehe wird für Ellen unglücklich verlaufen.
Jahre später wird Finbarr, Ellen und Martins Sohn, in New York auf Connor treffen, von dem keiner mehr etwas gehört hatte, und diese Begegnung wird eine Reihe von unglaublichen Ereignissen auslösen.

Mir hat der Einstieg ins Buch gut gefallen, wenn es auch am Anfang etwas unübersichtlich war, die Personen auseinanderzuhalten und den Zeitsprüngen zu folgen. Das Buch erzählt die Geschichte vom Unfall 1987 bis ins aktuelle Jahr 2019 in Zeitsprüngen und aus verschiedenen Blickwinkeln. Der Unfall verändert eine ganze Kleinstadt und der Schuldige ist schnell gefunden: Connor Hayes. Zuerst tut er sich schwer, im "Exil" in England zurechtzukommen, aber er erkennt den sich bietenden Neuanfang. Er ist unglaublich stark und bekommt sein Leben trotz der ihm zugesprochenen Schuldigkeit in den Griff. Das Heimweh, dass er trotzdem nach Hause hat, zerreißt einem fast das Herz.
Auch Ellen möchte man am liebsten schütteln, dass Marin Coulter nicht der Richtige ist und ihr nicht gut tut. Noch mehr Fahrt nimmt die Geschichte auf, als Jahre später Ellens Sohn Finbarr unwissend seinen Onkel Connor in New York trifft. Spätestens da hatte mich die Geschichte völlig in ihren Bann gezogen und ich wollte das Buch nicht mehr weg legen. Ab da verändert sich alles und nichts ist mehr so, wie die ganze Kleinstadt es nach dem Unfall für wahr hielt.

Das Buch behandelt so viele wichtige Themen: Sehnsucht, Verlust, Selbstfindung, der Zusammenbruch einer Familie und ganzen Kleinstadt und nicht zuletzt Heimweh. Graham Norton gelingt es hier, eine unglaublich spannende Stimmung zu erzeugen und zu mehr Toleranz und weniger Vorverurteilung aufzurufen ohne anklagend zu klingen. Eine klare Empfehlung für alle, die einen spannenden und emotionalen Roman suchen!

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Veröffentlicht am 15.08.2024

Ein Café für alle mit vielen Geschichten

Das Café ohne Namen
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Robert Simon eröffnet im Jahr 1966 ein Café in Wien. Knapp zwanzig Jahre nach dem Krieg möchte der Gelegenheitsarbeiter seine Chance ergreifen und macht sich selbstständig mit einem Café, dessen Angebot ...

Robert Simon eröffnet im Jahr 1966 ein Café in Wien. Knapp zwanzig Jahre nach dem Krieg möchte der Gelegenheitsarbeiter seine Chance ergreifen und macht sich selbstständig mit einem Café, dessen Angebot nicht üppig ist, aber die Menschen anzieht. Sie erzählen Geschichten von Glück, Sehnsucht und Verlust. Auch Roberts Leben verändert sich.

Ich hatte vorher noch nichts von Robert Seethaler gelesen. Mich hat das Thema des Aufbruchs nach dem Krieg interessiert, aber leider hat mich das Buch nicht gepackt. Es plätschert vielmehr vor sich hin, die Geschichten der Menschen sind interessant, aber reihen sich aneinander. Man erfährt nicht jeden Namen der Gäste, viele kommen über Jahre hinweg regelmäßig, andere nur ein paar Mal. Das Café läuft ganz gut, aber auch mit dem Protagonisten wurde nicht wirklich warm. Er steht für den typischen Gelegenheitsarbeiter der Nachkriegszeit, der sein Glück sucht und auf den Zug des Neuanfangs springt.
Es ist ein leises Buch, das nicht groß nachhallt, aber den Zeitgeist der damaligen Nachkriegszeit einfängt mit seinen Neuanfängen und Sehnsüchten der kleinen Leute.

Mich hat das Buch eher nicht abgeholt, auch sprachlich haut es einen nicht um. Man kann es gut "weg lesen", aber mir wird es nicht großartig im Gedächtnis bleiben.

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