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Veröffentlicht am 16.01.2022

Notizen

Süden und Westen
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Im Sommer 1970 beschließt Joan Didion zusammen mit ihrem Mann eine Reise in den Süden zu unternehmen. Von New Orleans aus geht es nach Mississippi und wieder zurück. Dabei sammelt sie Notizen, ihre Gedanken ...

Im Sommer 1970 beschließt Joan Didion zusammen mit ihrem Mann eine Reise in den Süden zu unternehmen. Von New Orleans aus geht es nach Mississippi und wieder zurück. Dabei sammelt sie Notizen, ihre Gedanken zu den Menschen des Südens, zu deren Veröffentlichung es bis jetzt noch nicht gekommen ist.

Obwohl es sich nur um Notizen handelt, spricht daraus eine poetische Aufmerksamkeit. Joan Didion erweist sich als aufmerksame Zuhörerin, ohne dabei zu werten, lässt den Süden auf sich wirken. Und ihn dieser klaren Form bekommen wir als Leser:innen diesen Süden dann präsentiert, in seiner gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Komplexität. Ohne es zu wissen, würde man beim Lesen deutlich zwei Dinge merken: Zunächst einmal springt einem sofort ins Auge, dass wir uns gerade am Beginn der 70er Jahre befinden. Der Süden beginnt sich offiziell von Rassentrennung und Co. zu verabschieden, dennoch ist in den meisten Köpfen der Gedanke von getrennten Welten tief verankert, und diejenigen, die meinen, sie stehen auf der progressiven Seite, wollen es mit dem guten Willen nicht übertreiben. Auch erkennt man im Süden der 70er Jahre den Süden der 2020er wieder. Wirtschaftliche Abgehängtheit, Bevölkerungsverlust und der störrische Unwille gegen die anderen Landesteile und der daraus resultierende Zusammenhalt. Joan Didion hat mit Mississippi, Alabama und Louisiana 3 Bundesstaaten besucht, die heute noch wirtschaftlich und gesellschaftlich hinterherhinken. Besonders interessant wäre es für mich allerdings gewesen, einen direkten Vergleich der Staaten zu sehen, die heute mehr und mehr den Sprung in die Wirklichkeit geschafft haben und zu den neuen Hotspots des amerikanischen Lebens werden. Georgia oder North Carolina in den 70er Jahren und 50 Jahre später wäre beispielsweise für mich wirklich interessant zu sehen gewesen.

Alles in Allem gibt das Buch aber einen wirklich guten Einblick in die moderne Identität des Südens und hat sich als nachdenklich machende, reizende und unterhaltsame Lektüre herausgestellt.

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Veröffentlicht am 11.01.2022

Gratwanderung zwischen Literatur und Informationstext

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Kim Jiyoung, geboren 1982, ist eine mehr als nur durchschnittliche Südkoreanische Frau. Schon ihr ganzes Leben über erlebt sie Sexismus und Benachteiligung ihres weiblichen Geschlechts wegen. Sei es in ...

Kim Jiyoung, geboren 1982, ist eine mehr als nur durchschnittliche Südkoreanische Frau. Schon ihr ganzes Leben über erlebt sie Sexismus und Benachteiligung ihres weiblichen Geschlechts wegen. Sei es in der Schule, in der Erziehung, im Arbeitsleben oder bei der Gründung ihrer eigenen Familie.


Das, so ziemlich, ist alles, was mir hinsichtlich des Inhalts zu diesem viel gelobten und vergötterten Buch einfällt. Meine Erwartungen waren innerhalb der ersten paar Seiten noch einigermaßen hochgesteckt. Allerdings musste ich sehr schnell erkennen, dass ich diese Stück für Stück immer weiter zurückschrauben musste. Inhaltlich ist in diesem Buch nämlich wirklich tote Hose. Zwar waren die Schilderungen von Sexismus einer der gesellschaftlich wohl problematischsten, aber dennoch hochangesehenen Republik unserer Erde ohne Frage spannend zu verfolgen, leider nur nicht in einem spannungs- und unterhaltungstechnischen Umfeld. Die Autorin scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, auf knöcherne Weise die Missstände in ihrem Heimatland anzuprangern - zu Recht meiner Meinung nach, und auch dringend notwendig - allerdings fällt so ziemlich alles, was ich ansonsten an guten Büchern schätze hinter den Vorhang. So bekam ich beim Lesen mehr und mehr das Gefühl, mich in einen Informationstext verirrt zu haben, ähnlich einem Sachbuch. Wo wir dann auch schon beim sprachlichen Aspekt meiner Kritik sind. Kurz und knapp: der Schreibstil war mir viel zu geradlinig und nüchtern, per se nicht das Problem, wenn der Inhalt ansonsten etwas hergeben würde, was leider hier nicht der Fall war. Vor allem die Fußnoten, die sich alle paar Seiten finden, haben mich massiv irritiert und irgendwann zu stören begonnen. die ganzen 200 Seiten über werden nur Fakten hinausgeballert, die insgesamt ein Skelett ergeben, die jede der faden und schlecht gezeichneten weiblichen Personen des Buches tragen hätte können. Die Zeichnung der Charaktere war es nämlich, die mich am meisten schockiert hat. Als Leser:in hat man hier beinahe nichts, das man greifen könnte. Farb- saft- und geschmacklos kommen diese daher, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.


Kurz gesagt: Ich bin enttäuscht. Nicht von der Idee des Buches, aber von dessen Umsetzung. Cho Nam-Joo hat mit der Umsetzung in meinen Augen das Potential, das in der unterdrückten südkoreanischen Durchschnittsfrau lauert, ziemlich gegen die Wand gefahren. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass die Lektüre dieses Buches durchaus auch seine informativen Seiten hat. Das war es dann leider aber auch schon wieder.

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Veröffentlicht am 03.01.2022

Mord und Totschlag im Mainz des 11. Jahrhunderts

Tod oder Taufe - Die Kreuzfahrer am Rhein
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Main 1096: Ein christliches Kreuzfahrerheer macht die Städte entlang des MIttelrheins unsicher. Erst entging Speyer gerade noch der Katastrophe, dann traf es Worms und nun stehen die radikalen Christen ...

Main 1096: Ein christliches Kreuzfahrerheer macht die Städte entlang des MIttelrheins unsicher. Erst entging Speyer gerade noch der Katastrophe, dann traf es Worms und nun stehen die radikalen Christen vor den Toren von Mainz und verlangen Einlass. Sie haben es auf die jüdischen Einwohner:innen der Stadt abgesehen. Mit dem Schlachtruf "Tod oder Taufe" soll die Welt vom scheinbar Bösen gereinigt werden. Inmitten all des Chaos steht der Rabbi Chaim mit seiner Familie, der zusammen mit seinem besten Freund, dem Domdekan Raimund versucht die Welt wieder in ihre Fugen zu bringen, ohne dabei selbst unterzugehen.

Ich war wirklich gespannt auf das Buch, da mich das Thema der Judenverfolgung im Rheingebiet im Mittelalter schon als Kind interessiert hat. Folglich war ich wirklich gehypt, mir das Thema mittels eines hoffentlich spannenden Romans zu Gemüte zu führen. Hinsichtlich des Informationsgehalts wurde ich dann auch wirklich nicht enttäuscht. Man bekommt beim Lesen eine wahre Bandbreite an Informationen aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Bereichen. So bekommt man neben den historischen Hintergründen zu den antisemitischen Verbrechen auch wirklich viele Informationen zur damaligen Religionsphilosophie des Judentums und des Christentums. Abgesehen davon konnte mich auch der sprachliche Stil des Autors überzeugen. Diesen empfinde ich als für einen historischen Roman angemessen und passend, nicht zu verschachtelt. Allerdings arbeitet der Autor mit sehr kurzen Kapiteln, was mir nicht so gut gefällt, auch wenn sie den Spannungsbogen immer höher treiben und die Geschichte pushen. Ein weiterer Punkt, der mich an diesem Buch ein wenig gestört hat, ist, dass das ganze Buch über hin und wieder liternaihafte Gebetsphrasen Einzug in die Geschichte finden. Diese waren für einen Teil der Leserschaft sicherlich interessant, mich haben sie leider ein bisschen gelangweilt und im Lesefluss unterbrochen. Die Protagonist:innen haben mir trotzdem recht gut gefallen. Zwar wirklen Chaim und Raimund ein wenig aus der Zeit gefallen. Trotzdem gefallen mir die beiden mit ihrer sympathischen und reflektierten Art sehr gut.

Letztendlich hat mir die Geschichte trotzdem sehr gut gefallen und ich habe mich unterhalten und definitiv auch unterhalten gefühlt. Deshalb ist das Buch meiner Meinung nach eine große Empfehlung für alle, die sich für die jüdische Geschichte im Mittelalter interessieren.

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Veröffentlicht am 25.12.2021

Thematisch ein Hochgenuss

Maria Stuart
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Zwei der mächtigsten Frauen ihrer Zeit treffen aufeinander und versuchen, ihrem eigenen Willen nachzugehen, und trotzdem ihren Verantwortungen gerecht zu werden. Ein Balanceakt der Gefühle.

Sprachlich ...

Zwei der mächtigsten Frauen ihrer Zeit treffen aufeinander und versuchen, ihrem eigenen Willen nachzugehen, und trotzdem ihren Verantwortungen gerecht zu werden. Ein Balanceakt der Gefühle.

Sprachlich konnte mich Schiller bereits überzeugen und auch begeistern. Gepaart damit, dass Maria Stuart ein historisch interessantes Thema ist, mit dem ich mich schon ein wenig auseinandergesetzt habe, hatte ich recht hohe Erwartungen an das Stück. Und die konnte dieses Stück vollends erfüllen. Sprachlich auch heute noch gut verständlich, recht schmalzig, aber nicht zu kitschig, und man bleibt immer am Ball und liest weiter. Die letzten Tage Maria Stuarts in ihrer jahrelangen Gefangenschaft werden emotional und anschaulich geschildert, den Leserinnen und Lesern werden auch die historischen Hintergründe dargelegt, wodurch die Gründe für ihre Hinrichtung auch heute noch nachvollziehbar sind. Der historische Aspekt hat also nicht an Aktualität eingebüßt. Abgerundet wird das ganze aber von den unheimlich gut gestalteten Protagonisten. Vielseitig und immer für eine kleine Überraschung gut. Besonders ausgefeilt ist aber der innere Konflikt Elizabeth's I. darüber, ob sie das Todesurteil Maria Stuarts nun unterschreiben soll, oder nicht, und auch mit Maria Stuart haben wir eine wirklich starke Frau. Die beiden konkurrieren auch um die Sympathien der Leserinnen und Leser, wohingegen wir mit Burgleih und Mortimer zwei Charaktere haben, die für die Leserschaft des 21. Jahrhunderts sicherlich nicht gerade Sympathieträger sind. Damit haben wir nicht diese typische Einteilung in eine gute und eine schlechte Seite, sondern beide Interessensparteien weisen eine große Palette an unterschiedlichen Charakterzügen auf.



Alles in allem ist Maria Stuart heute immer noch genau das, was es zu Zeiten Schillers war, ein lesenswertes und gelungenes Historiendrama, das einem die Geschichte Maria Stuarts näher bringt.

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Veröffentlicht am 25.12.2021

Ein Werk, dass man zwar nicht gelesen haben muss, aber trotzdem sehr empfehlenswert ist.

Kabale und Liebe
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Ferdinand von Walter, ein stattlicher Major und Sohn eines Adeligen und hohen Hofbeamten eines Fürsten, verliebt sich unsterblich in die hübsche und reizende Luise. Doch es gibt ein großes Problem: Luise ...

Ferdinand von Walter, ein stattlicher Major und Sohn eines Adeligen und hohen Hofbeamten eines Fürsten, verliebt sich unsterblich in die hübsche und reizende Luise. Doch es gibt ein großes Problem: Luise ist als Tochter eines Hofmusikanten aus dem Bürgertum und die Beziehung wäre ein Skandal, würde sie an die Öffentlichkeit geraten. Als Ferdinands Vater dann trotzdem von der verbotenen Liebe erfährt ist er sehr erbost und schmiedet einen Plan, um die junge Liebe zu zerstören. Doch sein intrigantes Spiel droht ihm immer mehr aus den Fingern zu gleiten.

Wir mussten das Buch gerade in der Schule lesen, und dementsprechend waren die Erwartungen bei mir nicht gerade sehr hoch geschraubt. Aber ich wurde definitiv überrascht. Am meisten wohl von der Sprache und vom Stil. Ich hatte mir das ganze viel zäher und altertümlicher vorgestellt, als es letztendlich war. Zwar finden sich viele Begriffe und Satzkonstruktionen, die so heute niemand mehr sagen würde, und es gab viele Wörter in Französisch, wobei ich nur bei wenigen von ihnen nachschlagen musste, was sie bedeuten. Und doch kam ich locker flockig durch das Buch. Zwar gab es immer wieder mal Stellen die ich ein wenig langatmig fand, aber die konnten die Spannung und den Lesefluss im Gesamten nicht bremsen. Kritisch fand ich hingegen einige der Personen. Zwar sind meiner Meinung nach alle, angefangen bei der Dienerin Sophie bis hin zum hinterlistigen Wurm alle Charaktere sehr ausführlich ausgearbeitet und wirken auf mich sehr authentisch. Allerdings wurde ich mit keinem der beiden Hauptcharaktere richtig warm. Luise fand ich ein wenig langweilig und unbedacht, und Ferdinand war in meinen Augen unangenehm impulsiv, herrisch und gestelzt. Vollends begeistern konnte mich hingegen Lady Milford mit ihren interessanten Ansichten auf die Welt und ihren beiden komplett unterschiedlichen und gegensätzlichen Charakterzügen: Berechnung auf der einen und Mitgefühl auf der anderen Seite. Ich möchte zwar nicht das Ende verraten, doch dieses kam für mich nicht gerade überraschend. Da hätte sich Schiller damals meiner Meinung nach etwas anderes ausdenken können, auch wenn diese Form etwas zu Ende zu bringen in der damaligen Zeit hoch im Kurs stand.

Alles in Allem bietet das Stück das Drama, das es verspricht, ohne dass es zu viel des guten werden würde. Ich bin im Nachhinein wirklich überrascht, dass mir Schiller doch so gut gefallen hat.

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