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Veröffentlicht am 03.11.2021

Das Schicksal der Pflegekräfte aus dem Osten

Wenn ich wiederkomme
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Wie tausende andere Frauen auch, verlässt Manuels Mutter ihr Heimatland Rumänien, verlässt ihre Familie, um im Westen Geld zu verdienen. Und so arbeitet sie in Mailand, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche ...

Wie tausende andere Frauen auch, verlässt Manuels Mutter ihr Heimatland Rumänien, verlässt ihre Familie, um im Westen Geld zu verdienen. Und so arbeitet sie in Mailand, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und schickt den Großteil ihres Gehalts in die Heimat zurück. Zwar sind ihre beiden Kinder gut mit Geld versorgt, doch wachsen sie ohne ihre Mutter auf und langsam aber sicher beginnt der Familienzusammenhalt zu bröckeln. Und auch die Mutter vermisst ihre Kinder immer mehr, doch scheint es in Rumänien keine Alternative zu geben.

Ich war wirklich gespannt auf das Buch, da ich immer wieder durchaus positive Meinungen zu Marco Balzano gehört habe, vor allem aber, da mich die Brennpunktthematik sehr ansprach. Pflegekräfte aus Osteuropa, die Stützen des Mittel- und Westeuropäischen Rentensystems und deren körperliche und geistige Ausbeutung ist ein Thema, das mich zwar brennend interessiert, mit dem ich mich leider aber noch nicht so intensiv beschäftigt habe, wie ich es gerne wollen würde. Jedenfalls erhoffte ich mir durch dieses Buch einen tieferen Einblick. Diesen bekam ich dann auch, größtenteils in für mich zufriedenstellendem Ausmaß. Zwar haben wir drei unterschiedliche Perspektiven, die Mutter, den Sohn und die erwachsene Tochter, doch der Fokus liegt definitiv auf den Auswirkungen dieser Wanderarbeit auf die Psyche und das Schicksal der Zurückgeblieben. Zwar wird das, was die Arbeit mit der Mutter psychisch macht, auch sehr genau beschreiben, allerdings hatte ich mir auch erhofft, auch ein wenig mehr über die Hintergründe und Abläufe, wie beispielsweise Bezahlung oder etwaige Probleme mit den Behörden, gewünscht. Der Punkt, der mich leider am meisten enttäuscht hat, ist die fehlende literarische Tiefe des Buches. Sprachlich hat mich das Buch trotz der drei verschiedenen Perspektiven ziemlich kalt gelassen. Der Schreibstil hat sich für mich kalt und abweisend angefühlt, hat bei mir beim Lesen kein angenehmes Gefühl erzeugen können. Und so konnten mich die Protagonist:innen trotz der genauen Beschreibung ihrer Gedanken und Gefühle nicht mitreißen. Zwar scheint das Buch direkt dafür gemacht zu sein, voller Empathie mit diesen mit zu fiebern, doch bei mir blieb es leider aus, dass ich auf dieser persönlichen und emotionalen Ebene abgeholt werde.

Letztendlich ist das Buch thematisch von enormer Bedeutung und trotzdem, dass es mehr literarische Tiefe vertragen hätte, immer noch sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Informativer Ausflug ins Reich der Kraken

Faszination Krake
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Kraken sind eine der faszinierendsten Meeresbewohner. So bietet dieses Buch nicht nur eine Fülle an informativen Fakten, sondern auch viele Verknüpfungen zu anderen Wissenschaftsbereichen, in den Weltall ...

Kraken sind eine der faszinierendsten Meeresbewohner. So bietet dieses Buch nicht nur eine Fülle an informativen Fakten, sondern auch viele Verknüpfungen zu anderen Wissenschaftsbereichen, in den Weltall und zum Menschen selbst. Eine perfekte und informative Komposition, nicht nur für Kinder interessant.

Das Cover alleine ist schon ein richtiger Hingucker. Das Design der Covergestaltung zieht sich dann auch noch im Inneren des Buches fort. Text, Bilder und Bilderrätsel für die kleinen Leser:innen wechseln einander ab, lockern das Schriftbild auf und machen das Buch für Kinder besonders interessant.

Toll finde ich auch, dass die Leser:innen aber nicht ununterbrochen mit Wissen vollgestopft werden, sondern der Autor es auch vermag, einen beim Lesen immer wieder zum schmunzeln zu bringen.

Ohne großes Reden: Das Buch bietet eine interessante Abwechslung zu einem wirklich interessanten Thema, kann alleine aber schon mit den Tollen Bildern und Illustrationen überzeugen.

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Menschenunwürdige Weltanschauung in den Tropen

In der Strafkolonie
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Ein Forschungsreisender macht einen Abstecher in eine tropische Strafkolonie. Dort trifft er auf einen Offizier, der ganz davon begeistert ist, dem Reisenden die Maschine vorzuführen, mit der hier die ...

Ein Forschungsreisender macht einen Abstecher in eine tropische Strafkolonie. Dort trifft er auf einen Offizier, der ganz davon begeistert ist, dem Reisenden die Maschine vorzuführen, mit der hier die Zum-Tode-verurteilten exekutiert werden. Mit akribischer Begeisterung erklärt er ihm, wie die Maschine funktioniert und schwärmt dabei von den guten alten Zeiten unter dem alten Kommandanten, als Hinrichtungen mit dieser Maschine noch regelmäßige Ereignisse waren. Zwar ist der Forschungsreisende von der Praxis des Tötens von verurteilten angewidert, doch der Offizier hofft darauf, bei ihm Eindruck zu schinden, um so für den Erhalt dieser Tötungspraxis zu kämpfen

Die Erzählung Kafkas hat mich wirklich beeindruckt. Der geradlinige Erzählstil saugt einen in das Geschehen, es beginnt leise und ruhig, steigert sich zu einem Sturm, bevor es gegen Ende wieder sanft abklingt. Beeindruckend ist auch die Atmosphäre, die in der Geschichte herrscht. Düster, abschreckend und schon fast menschenfeindlich. Man erbost sich als zivilisierter Mensch an der Weltanschauung des Offiziers und Praktiken, mit denen hier jedem das Recht auf einen fairen Prozess entrissen wird. Einzig und alleine die letzte Szene lies mich ein wenig ratlos zurück. Sie trug nicht wirklich zur Handlung bei und die Geschichte hat sich für mich schon perfekt abgerundet und zu einem Schluss gefunden. Meiner Meinung nach waren diese 1 1/2 Seiten ein wenig überflüssig.

Kurz und knapp ist "In der Strafkolonie" aber ein durchaus gelungene Erzählung, die einen sehr guten Einstieg in Kafkas Werke und den damit verbundenen Kampf gegen Autoritäten bietet, und Lust auf mehr macht.

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Veröffentlicht am 02.11.2021

leider eine Enttäuschung auf voller Länge

Janin
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Die Familie der jungen Charlotte von Neubeck fällt einer politischen Intrige zum Opfern und fortan muss sie sich unter dem falschen Namen Janin Steinborn ihren Lebensunterhalt als Stubenmädchen auf einem ...

Die Familie der jungen Charlotte von Neubeck fällt einer politischen Intrige zum Opfern und fortan muss sie sich unter dem falschen Namen Janin Steinborn ihren Lebensunterhalt als Stubenmädchen auf einem Gut bei Frankfurt am Main verdienen. Nicht nur, dass das komplett unerfahrene Mädchen nun alles von neu auf erlernen muss und ihre Tarnung aufrecht erhalten muss, sie will auch nicht hinnehmen, dass ihre Familie hinter Schloss und Riegel sitzt und macht sich auf die Suche nach rechtlichen Beistand.

Joa! das trifft meine Gefühle nach dem Ende des Buches recht gut. Der Roman ist als erotisch flagellantischer Roman gekennzeichnet, ein Genre, in dem ich mich normalerweise kaum bewege, und so wollte ich Neues ausprobieren. Allerdings habe ich recht schnell gemerkt, dass mir dieser Genremix aus historischen Roman und erotischen Roman nicht zusagt. Angefangen beim Schreibstil, der mir überhaupt nicht zugesagt hat. Ich kam in keinen guten Lesefluss, stolperte immer wieder über Begrifflichkeiten und gesprochene Sprache, die viel zu modern für das 19. Jahrhundert ist, und musste das Buch immer wieder auf die Seite legen und mich anderer Lektüre widmen, um nicht ganz den Geist aufzugeben. Denn obwohl mich das Buch schon ab Anfang enttäuschte, hoffte ich im Laufe der Geschichte auf Besserung. Was mich aber massiv störte, war das Fehlen von Komplexität in Handlung und bei den Protagonist:innen. Die Handlung ist dermaßen geradlinig Erzählt, dass es nur diesen einen Handlungsstrang gibt, eine einzige Richtung in die sich die Geschichte entwickelt. Das Schicksal von Janins Familie und ihr Kampf für Gerechtigkeit hätten Unmengen an Potential geboten, um der Geschichte ein komplexes Gewand zu geben. Allerdings ist Janin nur damit beschäftigt, nicht als Stubenmädchen unterzugehen und verprügelt zu werden. Zwar versucht sie dann einen Anwalt anzuheuern, der sich darum kümmern sollte, dass ihre Familie freikommt, allerdings verläuft hier die Geschichte sehr im Sande:

1. Man erfährt bis zum Ende nicht, wie es um ihre Familie steht und schon gar nicht, warum diese überhaupt inhaftiert ist.

2. Janin wird bekommt die Anstellung von der Besitzerin des Gutes und wird von dieser gedeckt. Warum, das erfährt man auch nie.

Auch mit Janins Charakter konnte ich mich nicht wirklich anfreunden. Einerseits hat sie immer sehr blass auf mich gewirkt, hatte sich charakterlich nicht sehr stark von den anderen beiden Stubenmädchen Elli und Hannah unterschieden. Gefehlt hat mir definitiv ein reflektierter Geist. Janin wächst kaum während der Handlungszeit. Zwar erlernt sie früher oder später die notwendigen Stubenmädchen-Skills, ihr Charakter bleibt aber in festgefahrenen Mustern. Leider muss ich auch sagen, dass sie für mich keine Sympathieträgerin dargestellt hat. Sie war mir zu naiv und unbedacht, was teilweise beim Lesen recht ansträngend war, sich zum Glück aber in Grenzen gehalten hat. Ein Punkt, der mich auch immer wieder innhalten lies, war die fehlende historische Atmosphäre. Zwar hat man die Dampfeisenbahn und die Dienstmädchen, die den ganzen Tag auf Knien durch das Herrenhaus rutschen, aber sprachlich und oft auch von den Beschreibungen - die im Übrigen recht knapp ausfallen - hat mir da einfach sehr viel gefehlt. Das Buch hätte genau so gut im 16. Jahrhundert spielen können, wie zur Zeit des NS-Regimes. Hier hat sich das Setting leider sehr stark verloren.

Leider muss ich wirklich sagen, dass es sehr wenige positive Aspekte an dem Buch für mich gegeben hat.

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Ein Buch mit gewaltiger Message

Felix Ever After
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Felix hat eine große Sorge: sich niemals in jemanden zu verlieben und dass seine Liebe erwidert wird. Denn Felix ist trans, queer und PoC, Aspekte seiner Identität, die ihm es schwerer machen, ein normales ...

Felix hat eine große Sorge: sich niemals in jemanden zu verlieben und dass seine Liebe erwidert wird. Denn Felix ist trans, queer und PoC, Aspekte seiner Identität, die ihm es schwerer machen, ein normales Leben zu führen, als andere Menschen. Doch nicht nur seine Liebe bzw. deren nicht-vorhanden-sein macht ihm zu schaffen, sondern auch, dass sein Vater sich noch immer nicht ganz an seine neue Identität gewöhnt hat und er immer wieder gedeadnamed wird. Als ein anonymer Täter dann auch noch Bilder von der Person in der Schule aufhängt, die Felix einmal war, und er sich online mit Hassbotschaften konfrontiert sieht, platzt ihm der Kragen und er macht sich auf einen Rachefeldzug gegen die Ignoranten von New York.

Ich bin mit wirklich hohen Erwartungen an das Buch herangetreten, da ich seit dem Erscheinen der englischen Ausgabe darauf gewartet habe, dass es nun endlich auch auf deutsch erscheint. Schon der Klappentext versprach ein sprach- und bildgewaltiges Buch, das eine Botschaft von fundamentaler Bedeutung in die Welt hinausträgt. Das hat es dann auch getan, wobei die Umsetzung bei mir leider ein wenig zu Wünschen über ließ. Dennoch steht außer Frage, dass die Geschichte rund um Felix und seine Freunde ein großer Akt der Aufklärung hinsichtlich der trans-Community, aber auch vieler anderer Bereiche der Queer-Community ist. Aber auch Rassismus, typische Probleme von Jugendlichen und der Generationenkonflikt kommen nicht zu kurz. An dieser Stelle möchte ich auch ein großes Lob hingehend dessen aussprechen, wie they Autorin in ihrem Buch mit Drogen und Alkohol umgeht. In einem Buch, das seinen Schwerpunkt auf atheistische, urbane Jugendkultur und das Ausbrechenden aus alten Strukturen setzt, wäre es meiner Meinung nach komplett fehl am Platz, einen mahnenden und belehrenden Ton aufzusetzen, wenn Protagonist:innen Gras oder Alkohol - und das nicht zu knapp - konsumieren. In diesen Aspekt fühlt sich die Geschichte wirklich natürlich an. Die thematischen Hintergründe des Buches sind also außer Frage gut gelungen, allerdings bin ich mit der Umsetzung der Protagonist:innen nicht ganz glücklich. zwar wirken Felix und seine Freund:innen auf den ersten Blick recht sympathisch und die Figuren sind von ihren Gefühlen, Sorgen und verhalten her sehr authentisch geraten, allerdings haben sie für mich im Laufe der Geschichte immer mehr an Sympathie verloren. So ist Felix beispielsweise teilweise sehr herrisch, störrisch, egoistisch und legt ein sehr toxischen Verhalten an den Tag. In manchen Streitfragen wirke er wirklich unbedacht oder trampelte auf den Gefühlen der anderen herum. Auch fand ich sein Vorgehen wegen der Ausstellung mit den alten Bildern, seinen Rachefeldzug wirklich beängstigend intensiv. Zwar steht außer Frage, dass das, was ihm angetan wurde, unterste Schublade ist, doch gleich das Leben der Täter:in zu zerstören und von diesem einzigen Gedanken besessen zu sein, empfand ich dann doch als recht krass. Im Generellen kam es mir auch so vor, als habe die Queer-Community in Felix Umfeld ein massives Problem mit Hass und fehlendem Verständnis, dass mich - selbst ein Queer - stellenweise wirklich schockiert hat. Ein weiterer Punkt, der mich nicht ganz überzeugen konnte, war die Übersetzung. Stellenweise wirkte diese altbacken und holprig, manche wurden fehlerhaft Übersetzt. So wurde sehr schnell beispielsweise Eifersucht zu Neid. Gendern war auch so etwas, dass meinen Lesefluss stellenweise unterbrochen hat. Ich persönlich habe keinerlei Probleme damit, zu gendern, und aufgrund der Thematik des Buches und der Hintergrundgeschichte von they Autor, schreit die deutsche Übersetzung geradezu danach, das gegendert wird. Aber der Einsatz des Doppelpunktes in gesprochener Sprache hat sich für mich nicht immer natürlich angefühlt, da man beim Sprechen ja viel mehr mit Hilfe der Ausformulierung (z.B.: Lehrerinnen und Lehrer) gendert. So hatte diese Stellen in Monologen und Dialogen oft den steifen Charakter eines wissenschaftlichen oder erklärenden Textes. Allerdings weiß ich auch, dass diese Ausformulierung sich nur auf die binären Geschlechterformen bezieht, was wiederum der Thematik des Buches nicht gerecht werden würde. Unglücklicherweise ein Dilemma, das dem Fehlen einer geschlechtsneutralen Form in der deutschen Sprache geschuldet ist. Was mir dafür wiederum sehr gut gefallen hat, ist, wie im Text und auch mit Hilfe eines Glossars die Leserschaft sehr viel Hintergrundwissen zum Thema LGBTIAQ+ bekommt.

Letztendlich hat das Buch einen sehr großen Mehrwert, allerdings hielt sich bei mir der Lesegenuss leider in Grenzen.

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