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Veröffentlicht am 04.08.2023

Ein wahrlich heißer Sommern im Jahr 1974

Sekunden der Gnade
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Per Gerichtsbeschluss wird in Massachusetts 1974 die Rassentrennung an öffentlichen Schulen aufgehoben. Busse sollen Kinder aus den mehrheitlich weißen, armen Stadtteilen in Schulen in mehrheitlich schwarze, ...

Per Gerichtsbeschluss wird in Massachusetts 1974 die Rassentrennung an öffentlichen Schulen aufgehoben. Busse sollen Kinder aus den mehrheitlich weißen, armen Stadtteilen in Schulen in mehrheitlich schwarze, ebenfalls arme Stadtteile bringen. Doch in keinem der betroffenen Viertel ist die Begeisterung darüber sonderlich groß. So auch nicht im irischstämmigen South Boston, kurz Southie, in dem Mary Pat zusammen mit ihrer siebzehnjährigen Tochter lebt. Eines Nachts verlässt ihre Tochter mit Freunden das Haus und kommt am nächsten Morgen nicht mehr zurück. Tief in ihrem Inneren weis Mary Pat, dass sie ihre Tochter nie wieder lebend sehen wird, doch niemand ist auch nur ansatzweiße gewillt, ihr die Wahrheit zu sagen. Ein Feldzug der Rache durch eine brodelnde Stadt beginnt.

Ich weiß nicht ganz was ich von der Geschichte erwartet habe, auf jeden Fall bin ich aber überrascht und in meinen Erwartungen übertroffen. Denn der Autor will nicht nur eine spannende Geschichte schaffen, sondern erzeugt gleichzeitig eine brisante und authentische Milieustudie der Unterschichtviertel Bostons, genährt aus den eigenen Erfahrungen und Erinnerungen seiner Kindheit in der Stadt. So hat das Verschwinden Mary Pats Tochter sehr viel mit Bandenkriminalität zu tun und diese erzeugt ein besonders spannendes Element für Mary Pats Rachefeldzug. Hinzu kommt, dass sich der Autor über Mary Pat als Charakterin kritisch mit dem überschwellenden Rassismus der damaligen Zeit auseinandersetzt. Denn in ihr selbst spiegeln sich die tief eingesessenen und von Generation zu Generation weitergegebenen Vorurteile wieder, die Grundlage auch der heutigen Rassismusausuferungen sind. Denn der Autor spannt gekonnt eine Brücke von den Siebzigern in die heutige Zeit, ladet ein, seine eigenen stereotypen Vorstellungen zu reflektieren.

Vor allem bringt das Buch aber Spannung und Gewalt mit sich. Man muss beim Lesen selbst entscheiden, wie viel Blut und Tod man verträgt, ich hatte mit der schonungslosen Darstellung von Verletzungskinematik und dem fließen von Blut keinerlei Probleme. Doch seien diejenigen gewarnt, die mit diesem Thema nicht auf so gutem Fuß stehen, denn dieser Roman hält die Zügel in dieser Hinsicht nicht zu straff. Doch gerade dadurch wird auch Tempo erzeugt.

Insgesamt ein wirklich spannendes Buch, eine tolle Milieustudie einer mir unbekannten Welt, die mit dem Bild von den USA, das wir heute haben, kaum mehr was zu tun hat, und eine gelungene Auseinandersetzung mit Rassismus als Volkskrankheit.

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Veröffentlicht am 29.07.2023

Charleston im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg

Celia Garth
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Die junge Celia Garth stammt zwar aus feinem Haus, muss sich ihr Geld jedoch als Schneiderin in Charleston verdienen, da ihre Verwandtschaft sie, nachdem ihre Eltern starben, nur bis zu einem gewissen ...

Die junge Celia Garth stammt zwar aus feinem Haus, muss sich ihr Geld jedoch als Schneiderin in Charleston verdienen, da ihre Verwandtschaft sie, nachdem ihre Eltern starben, nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt mitversorgen wollten. In ihrer Anstellung als Schneiderin kommt sie ständig in Berührung mit den gehobeneren Kreisen Charlestons. Und so lernt sie eines Tages Jimmy kennen und zwischen der Schneiderin und dem Offizier entsteht ein zartes Band der Liebe. Doch vor den Toren Charlestons zeiht die Britische Flotte auf, um die Stadt zurück in den Schoß des Empire zu führen.

Ich hatte wieder einmal Lust auf leichte Unterhaltungslektüre, die in den Amerikanischen Südstaaten spielt. und so kam mir das Buch gerade gelegen. Man findet auch sehr schnell in die Geschichte hinein, da man sehr schnell in der Handlung ist, und vor allem, weil die Atmosphäre Charlestons sehr ansprechend und pulsierend herübergebracht wird. Gleichzeitig wird auch der Konflikt in der Bevölkerung zwischen den Tories, die den König unterstützen, und den Patrioten, die die Unabhängigkeit der Kolonien anstreben sehr anschaulich dargestellt. Eben abseits der Schlachtfelder versuchen die jeweiligen Unterstützer ihre Gesinnung in kleinen Gesten zu Ausdruck zu bringen. Besonders spannend wird es auch mit der Belagerung Charlestons und der Anschließenden Besetzung der Stadt. Hier gefällt mir, dass sich die Autorin nicht nur auf die Liebesgeschichte besinnt, sondern historischen Fakten bzw. deren Umsetzung und Darstellung in den Fokus rücken.

Ein Aspekt, den ich definitiv kritisieren muss, ist der Umgang mit Sklaverei und der Afroamerikanischen Bevölkerung bzw. den dunkelhäutigen Protagonist:innen der Geschichte. Im Buch wird immer das N-Wort verwendet und die versklavten Personen werden kaum realitätsnah dargestellt. Mit Marietta und Amos haben wir zwei versklavte Charaktere in der Geschichte. Allerdings wirken diese beim Lesen kaum als solche. Die Existenz der Leibeigenschaft wird im Buch irgendwie sehr gut ausgeblendet. Hinzu kommt, dass dadurch, dass die Sklav:innen immer sehr willenlos bzw. als unbedingt folgsam gegenüber ihrer Herrschaft, die die Protagonist:innen der Geschichte dargestellt werden, erscheint für mich der Eindruck, dass die Autorin versucht die Konfliktfrage der Problematik der Sklaverei bzw. der Verherrlichung des Antebellum-Südens zu umgehen, falls dies für sie überhaupt eine Konfliktfrage darstellen würde. Dazu muss man wissen, dass das Buch bereits im Jahr 1959 erschienen ist und die Autorin gebürtig aus den Südstaaten stammt, also in einer Zeit aufgewachsen und sozialisiert wurde, in der Sklaverei nicht so kontrovers betrachtet wurde wie es heutzutage wird. Dabei ist das Buch keineswegs Rassistisch, wenn man vom inflationären Gebrauch des N-Wortes absieht, das einfach im damaligen Sprachgebrauch (meine Ausgabe des Buches stammt im Übrigen glaube ich aus den 80ern) standardmäßig verwendet wurde.

Nach diesem kleinen Exkurs über die meiner Meinung nach verzerrte Darstellung der Sklaverei möchte ich noch ein wenig auf die Charaktergestaltung eingehen. Man wird sehr schnell mit einer großen Menge an Männern der Charlestoner Gesellschaft und den dazugehörigen Damen konfrontiert vermag es aber sehr schnell, diesen Dschungel zu durchblicken, sodass sich nur anfangs eine leichte Verwirrung ergibt. Ansonsten sind die Protagonist:innen typisch für solch einen Roman gestaltet: charismatisch und heldenhaft. Man mag sie, ich habe aber keine sonderlich große Bindung zu ihnen aufgebaut. Und dann haben wir dann noch Celia, den Stern unserer Geschichte. Bei ihr habe ich mir wirklich manchmal gefragt, ob sie sich einmal zu oft den Kopf gestoßen hat. Sie wirkt von der Gestaltung her auf mich wie ein naives und verzogenes kleines Kind, dass versucht mit Emotionalität mehr zu erreichen, als mit ihrem Kopf. Kurzum einfach nervig. Nach dem ersten Schock habe ich mich mit der Zeit an sie gewöhnt, sodass die zweite Hälfte des Buches nicht mehr so anstrengend war. Den Lesefluss hat ihr Verhalten zum Glück kaum getrübt, da die Geschichte bzw. die Spannung nicht von ihr abhängig ist.

Kurzum ist das Buch ideal als kurzweilige und leichte Lektüre, die mittlerweile auch schon ein wenig in die Jahre gekommen ist, was man leider merkt. Dennoch unterhaltsam und interessant. Gerade für Menschen, die auch so gerne Südstaatenromane lesen, eine wahre Empfehlung.

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Veröffentlicht am 29.07.2023

Wien erwacht im Faschismus

Zerrüttung
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Die Jahre 1933 und 1934 sind schicksalsgebend für Europa und die Welt. Ganz besonders auch für Österreich. Mit der Ausschaltung des Parlaments ist der Weg des Austrofaschismus undabkehrbar. Und auch das ...

Die Jahre 1933 und 1934 sind schicksalsgebend für Europa und die Welt. Ganz besonders auch für Österreich. Mit der Ausschaltung des Parlaments ist der Weg des Austrofaschismus undabkehrbar. Und auch das Erstarken der Nationalsozialisten dringt immer mehr in den Alltag der österreichischen Durchschnittsbürger ein. Kurzum: Demokratie ist nicht mehr das Mittel der Wahl. Und so brechen für Joseph Nechyba, Ministerialrat und Oberinspektor in Ruhestand, schwere Zeiten an, denn er ist ein Mensch, der noch an Freiheit, Gleichheit und Demokratie glaubt.

Auch wenn es sich bei Nechyba um den Protagonisten der historischen Kriminalromanreihe des Autors handelt, fungiert dieser Roman als eigenständiges Werk, ohne Krimi und ohne großartiger Verbindung zu den anderen Büchern des Autors. Denn anhand von Nechyba und Engelbert Novak, dem Ober in Nechybas Stammkaffeehaus wird der Leserschaft eindrücklich vermittelt, mit welchen politischen Umbrüchen sich man im Wien dieser Schicksalsjahre auseinandersetzen musste. Die Protagonisten gondeln durch ihren Alltag, gehen Arbeiten oder genießen ihre Pensionierung und stöbern dabei sehr viel in Zeitungen. Denn Zeitungen sind ausschlaggebend für dieses Buch. Denn wir lesen, was Nechyba und Co. lesen. Die Zeitungsausschnitte sind im Fließtext abgedruckt, sodass man gleichzeitig mit den Protagonisten die Informationen daraus bezieht, und dann brühwarm deren Reaktion und Gedanken mitverfolgen kann. Im Anhang finden sich dann auch noch die genauen Quellen zum Nachlesen und Vertiefen des eigenen Interesses. Diese Zeitdeckung, die vom Autor dabei geschaffen wird, empfinde ich als tolle und spannende Art, sich mit der österreichischen Geschichte, dem Austrofaschismus und den damaligen politischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Als Österreicher bin ich zwar so einigermaßen über die Hintergründe zum Ende der Demokratie im Bilde, dennoch war es ein besonderes Erlebnis, auf diese Art das eigene Wissen zu rekapitulieren und zu erweitern.

Ein Punkt, der mich an der Geschichte dann doch genervt hat, ist, dass das Buch abseits von den Beschreibungen von Politik und Gesellschaft recht wenig inhaltliche Substanz hat. Gerade zur Mitte des Buches hanteln wir uns nur von einem Zeitungsausschnitt zum nächsten, vom Café zu Nechyba nachhause und wieder zurück Meiner Meinung nach wird hier Potential verschenkt, denn man hätte die Geschichte um einen Handlungsstrang erweitern können. Zum Beispiel, dass sich der eine oder andere Protagonist, oder das Figurenset als ganzes mehr und mehr in politischen Auseinandersetzungen in verbaler oder physischer Form wiederfindet, die Umsetzungen der beschriebenen Maßnahmen der Dollfußregierung am eigenen Leib erfährt, und so auch die beklemmende Atmosphäre steigert.

Dennoch weißt das Buch, gerade dadurch, dass man erfahren möchte, welchen politischen Blödsinn der klerikale Faschismus als nächstes treibt, ein sehr hohes Tempo auf. Ein klarer Pluspunkt ist auf jeden Fall auch, dass die Sprache durchsetzt ist von Begriffen des Wiener Dialektes, ohne dass dabei dieser Überhand nimmt und das Lesetempo für sprachfremde Personen drosselt. Diese Begriffe sind dann auch sogleich mittels Fußnote erklärt und finden sich in einem Glossar am Ende des Buches wieder. Ein wunderbar authentisches Gefühl in Wien zu sein entsteht, das mir sehr viel Spaß gemacht hat.

Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch über zwei wichtige Jahre der österreichischen Geschichte, experimentierfreudig und gelungen, das Spaß gemacht hat und lehrreich ist, auch wenn es insgesamt mehr Substanz verdient hätte.

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Veröffentlicht am 29.07.2023

Ein Bauwerk für Jahrtausende entsteht

Die Brücke der Ewigkeit
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Jan Otlin wächst auf der Prager Kleinseite auf, als die Magdalenenflut, die Tod und Verderben über ganz Mitteleuropa gebracht hat, die alte Judithbrücke wegreißt. Mittendrin seine Mutter. Er schwört sich, ...

Jan Otlin wächst auf der Prager Kleinseite auf, als die Magdalenenflut, die Tod und Verderben über ganz Mitteleuropa gebracht hat, die alte Judithbrücke wegreißt. Mittendrin seine Mutter. Er schwört sich, dass wenn seine Mutter gerettet werden würde, er derjenige Mann sein würde, der die neue Steinbrücke über die Moldau errichten würde. Der Rettungsversuch gelingt und durch Glück und Zufall findet sich Jan Otlin Jahre später wirklich als Brückenbaumeister an der Moldau wieder. Doch mit dem Steinmetz Rudolph von Straßburg hat Jan Otlin einen hinterlistigen Konkurrenten um den Titel als Baumeister der neuen Brücke.

Ich habe mich richtig gefreut auf das Buch. Geschichten rund um historische Bauwerke lese ich sehr gerne, seit mich vor vielen Jahren "Die Säulen der Erde" und im Anschluss "Die Tore der Welt" von Ken Follett so sehr begeistern konnten. Zwar war mir klar, dass die Chancen relativ schlecht stünden, dass dieser Roman an diese Meisterwerke nahtlos anknüpfen würde. Dennoch habe ich mich gefreut, auf ein historisches Prag, eine Großbaustelle, ein Abenteuer und vielleicht ein wenig Liebe. Vieles davon habe ich auch geboten bekommen. Sprachlich macht der Autor für einen historischen Roman sehr vieles richtig: gut lesbar und erzählend, ohne sich im Detailreichtum zu verlieren. Doch schnell habe ich gemerkt, dass die Baustelle zugunsten anderer Handlunsgstränge sehr in den Hintergrund rückt. Es beginnt schon damit, dass das Buch aufgeteilt ist auf zwei Zeitebenen. Der Haupthandlungsstrang in der Zeit von etwa 1355 bis 1365 und "das Ende" das im Jahr 1367 spielt und nur sehr wenig Zeit einnimmt. Immer wieder tauchen kurze Sequenzen des Endes auf und unterbrechen die Hauptgeschichte. Hier erfährt man viel vom Ende der Geschichte, wird neugierig gemacht mit dem Wissen, dass in der Haupthandlung irgendetwas großes geschehen muss, ohne, dass dabei zu genau gesagt werden würde, was es sei. Spannung wird schon einmal gut erzeugt. Auch ansonsten ist die Geschichte in einem schnellen Takt gestrickt und hat mir beim Lesen sehr viel Spaß gemacht.

Der Autor baut die Geschichte also sehr schön auf ein finales Ende hin auf, dessen Einläutung ich mit Pauken und Trompeten erwartet hatte. Je knapper aber die Seiten wurden, die ich noch vor mir hatte, umso unruhiger wurde ich, denn für das eigentliche Ende hatten wir dann nur mehr so knappe 20 Seiten Zeit. Alles was die vielen Seiten zuvor so schön aufgebaut wurde, ist dann so einfach ins Ziel eingewunken worden, ohne große Erklärungen und ohne mich zufriedenstellen zu können. In Hinarbeitung auf das Ziel wurde gemordet, betrogen und gelogen und dann geht es schwuppsdiwupps und alles löst sich erst zum Unwohlgefallen und dann eh schön zum Wohlgefallen der Leserschaft auf. Es liest sich ein wenig wie Torschlusspanik, die den Autor vor dem Abgabetermin des Buches erfasst hätte.

Insgesamt hat mich das Buch mit seiner Geschichte, der Atmosphäre, die stellenweise sogar kurz ins fantastische zu wandern drohte, den Charakteren, die mir, ob gut und böse, sehr viel Freude beim Lesen breitet haben, begeistern können. Also eine klare Empfehlung für Leute, die sich für historisches und die Stadt Prag begeistern können. Denn über das Ende kann man in weiten Teilen hinwegsehen.

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Veröffentlicht am 17.07.2023

Egotrip durch die Hamptons

Die Einladung
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Die dreiundzwanzigjährige Alex lebt davon sich den Bedürfnissen und Gepflogenheiten anderer Menschen anzupassen. So sichert sie sich ihr Überleben. Mit dem Lesen aus Mimik und Gestik und den Verschwinden ...

Die dreiundzwanzigjährige Alex lebt davon sich den Bedürfnissen und Gepflogenheiten anderer Menschen anzupassen. So sichert sie sich ihr Überleben. Mit dem Lesen aus Mimik und Gestik und den Verschwinden in der gehobenen Gesellschaft ist sie auch jetzt beschäftigt, an der Seite Simons, eines Jahre älteren Mannes. Doch ein Fehltritt, und sie wird aus dieser Welt geworfen. Fortan zieht sie auf einer wirren Suche nach einem Überleben durch die Hamptons, nur mit einem Ziel vor Augen: Simons Gartenparty am Ende der Woche, denn sie ist sich sicher, der Fehltritt kann ausgebügelt werden. Ein Ziel, das ohne Rücksicht auf Verluste verfolgt wird.


Meine Erwartungen gingen dahingehend, mich in einer Geschichte wiederzufinden, in der auf akribische Art und Weise das Leben der gehobenen Gesellschaft aus der Sicht Alex', die sich gewissermaßen ja in diese eingeschlichen hat, zerpflückt wird. Auf diese Unterschiede in Wesen und Handeln werden wir immer wieder darauf hingewiesen, da wir mit Alex ja den direkten Blick als jemanden haben, die man als Mitglied der Durchschnittsgesellschaft ansehen kann. Der Fokus der Geschichte ist jedoch viel mehr darauf gerichtet, Alex' psychische Verfassung und ihre Handlungen zu analysieren, anstatt - was der Klappentext meiner Meinung nach eher andeutet - die Differenzen und Divergenzen zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten aufzudecken und zu interpretieren. Ähnlich, wie es im Film "Parasite" geschieht. Damit beginnt auch schon ein wenig das Problem des Buches. Denn mit dem Informationsgehalt, den man beim Lesen geboten bekommt, bleiben einfach zu viele Fragen offen. Denn was ist der Grund, dass Alex so davon besessen ist, Simon von sich zu überzeugen, wo er sie doch relativ eindeutig ebenso benutzt hat, wie man es eigentlich von ihr auch erwartet hätte, dass sie es machen würde. Und so erschließt sich mir nicht so ganz, warum die gute Frau sich von Tag zu Tag hantelt. Dann werden einem beim Lesen immer wieder Bröckchen hingeworfen aus der Vergangenheit von Alex. Da gibt es Dom. Diesem Dom hat Alex in ihrer Vergangenheit etwas schlimmes angetan und er ist nun dabei, nach ihr zu suchen und ihre Schuld einzufordern. Was genau geschehen ist, und in welcher Beziehung die beiden zu einander standen, bleibt das ganze Buch über schleierhaft. Auch so erfährt man absolut garnichts über Alex' Vergangenheit. Zwar kann ich mir gut verostellen, dass die Autorin damit den Fokus auf das Hier und Jetzt, die Phase zwischen dem Fehltritt und der Gartenparty legen möchte, doch für mich erleidet das charakterliche Bild von einen starken Bruch.


Auch besteht das Buch ansonsten nur aus einer Aneinanderreihung von Sequenzen. Menschen und Szenen, die Alex im Rausch durchlebt, kommen und gehen, ohne für die Geschichte von sonderlicher Bedeutung zu sein. Auch wenn der Inhalt ohne ein leitenden Faden - wenn man von der Gartenparty als Sehnsuchtsort absieht - umherwabert, so sind die einzelnen Sequenzen für sich selbst äußerst interessant. Ich habe es genossen, wie die Begegnungen jeweils zustanden kommen, wie weit Alex kommt, ohne sehr viel über sich preisgeben zu müssen und vor allem wie Alex auf zwischenmenschlicher Basis mit den anderen Protagonist:innen agiert. Erstaunlich ist dabei auch, dass bedingt dadurch, dass wie so wenig über Alex erfahren, sie immer ein wenig fremd bleibt. Ganz im Gegensatz zu den anderen Charakteren, denen man auf der Reise begegnet. Sie konnten sogleich meine Sympathien für sich gewinnen, da Emotionen und Empfindungen, wenn auch nicht Verhaltensweisen, doch den eigenen ähneln.


Ein massives Problem ergibt sich dann allerdings damit, dass diese Gartenparty als großes Ziel zur Auflösung und Erfüllungen der eigenen Erwartungen beim Lesen in Schall und Rauch aufgeht. Kurzum, es geschieht nichts, dass mich in irgendeiner Weise zufriedenstellen würde. Das Buch hat einfach kein Ende.


Die Aneinanderreihungen von Begegnungen im Buch sind durchaus lesenswert und unterhaltsam, das fehlende Ende und das Nichtvorhandensein eines figurellen Hintergrundens zu Alex lassen das Buch einfach unvollständig.

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