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Veröffentlicht am 06.11.2020

hat Spaß gemacht

Madly
1

„Ich hoffe, irgendwann bin ich der Erste, den du fragst, wenn du Hilfe brauchst. Deine Wahl, nicht dein letzter Ausweg.“
(Mason zu June in Madly)

Worum geht’s?

Mason treibt June in den Wahnsinn. Immer ...

„Ich hoffe, irgendwann bin ich der Erste, den du fragst, wenn du Hilfe brauchst. Deine Wahl, nicht dein letzter Ausweg.“
(Mason zu June in Madly)

Worum geht’s?

Mason treibt June in den Wahnsinn. Immer wieder macht er ihr Geschenke und fragt sich um ein Date, doch June hat kein Interesse. Nicht weil Mason nicht toll wäre, oh doch, dessen ist sich June bewusst. Aber June hat ein Geheimnis und durch dieses fühlt sie sich in der Gegenwart anderer unwohl und denkt, jemand so perfektes wie Mason könnte sie eh nicht lieben. Blöd nur, dass er zu ihrer Clique gehört und sie zudem noch ein Praktikum in seinem Club anfangen muss, dabei will sie sich doch von ihm fernhalten. Vielleicht gilt ja die Devise „einmal ist keinmal“ und Mason lässt sie endlich in Ruhe, wenn sie mit ihm einmal in der Kiste war?

Madly ist Band 2 der In Love-Reihe, kann unabhängig gelesen werden und in sich geschlossen. Jedoch kommen die Charakter aus Band 1 und Band 3 vor, was für Spoiler sorgen könnte und bereits Fragen für die Folgebände aufwirft. Zum besseren Verständnis sollte man die Reihenfolge einhalten.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist in weiß gehalten und zeigt den Titel, der widerum mit einigen roten und blauen feder- und rauchähnlichen Elementen verziert ist. Das Cover ist recht abstrakt, aber sehr schön und ansprechend, es passt vor allem auch gut zu Band 1 und 3 der Reihe. Nach einem Prolog springt die Geschichte zeitlich zurück und entwickelt sich fortan linear, wobei einige ausgewiesene Zeitsprünge vorkommen. Mason und June führen beide wechselnd als Ich-Erzähler durch die Geschichte. Jedes Kapitel startet mit einem kurzen Statement, das inhaltlich zum Kapitel und zu June und Mason passt. Der Schreibstil ist locker, humorvoll und leicht, das Buch lässt sich gut und angenehm lesen. Es werden zahlreiche Begrifflichkeiten aus dem Gaming verwendet. Das Buch enthält keine explizite Sprache, jedoch einige semiexplizite erotische Szenen.

Meine Meinung

Man nehme eine verrückte Clique, einige Liebschaften und jede Menge Humor – schon hat man eine gute Grundlage für die In Love-Reihe. In Band 2 geht es um Mason und June, die bereits in Band 1 mehr als ein Aufeinandertreffen hatten, was Mason verzaubert und June verzweifelt hat. Ich war sehr gespannt, was die Autorin in diesem Teil für die beiden bereithält.

Bereits von Anfang an ist klar: June wird es Mason nicht einfach machen. June trägt ein Geheimnis, was sie vor der Welt versteckt und was sie durch schlechte Reaktionen in der Vergangenheit so geprägt hat, dass sie nicht aus ihrer Haut kann. Schnell ist klar, dass dies auch einer der Hauptgründe ist, wieso sie Mason ständig von sich stößt. Denn der gutaussehende, nette Clubbesitzer hat viel Charme, ist verständnisvoll und so ganz anders als der Macho, wie ihn June sich vorgestellt hat. Nur kann June nicht glauben, dass jemand sie lieben könnte, wenn sie ihr Geheimnis offenlegt. Mason hingegen gibt alles, um June von einem Date zu überzeugen. Doch immer lässt sie ihn abblitzen. Auch als sie widerwillig in seinem Club als Praktikantin anfängt und beide mehr als einmal in eine kritische Situation geraten, zieht June jedes Mal den Stecker. Dabei ist Mason immer bemüht, sie nie unter Druck zu setzen oder zu aufdringlich zu sein. Was hat er an sich, dass June ihn so wegstößt? Er weiß es nicht. Und vor lauter Verzweiflung kommt ihm eine perfide Idee: Er will June eifersüchtig machen, damit sie merkt, wie sie wirklich über ihn denkt. Doch ist das eine gute Idee oder wird June ihn danach erst recht hassen?

Madly ist eines dieser Bücher, in das man einfach nur abtauchen kann. Von Seite 1 an kann es einen mitreißen, es einen gut unterhalten und es macht einfach nur Spaß, Seite um Seite zu lesen. Es ist keine schwere Kost, bei der es darum geht, möglich kompliziert die Herzen zu brechen oder mit vielen Twists für heftige Überraschungen zu sorgen. Nein, Madly ist eher darauf ausgelegt, dass man sich wohlfühlt, als würde man mit seinen Freunden abhängen und von ihnen ihre neusten Lebensgeschichten erzählt kriegen. Eine derart leichtfüßige, teils echt witzige Geschichte hatte ich nicht erwartet. Junes Geheimnis, was der Leser von Anfang an erfahren darf, schwebt zwar etwas über der Geschichte, es bestimmt aber meistens nicht die Handlung. Es geht viel eher um Wortgefechte zwischen June und Mason, zwischen Anziehung und June, die Mason immer wieder den eiskalten Wassereimer übern Kopf schüttet – metaphorisch gesehen, wobei bei ihrem Temperament definitiv auch mehr drin wäre. Man ist dabei, wie June sich im Club einfindet, ihr Praktikum absolviert und immer wieder in Versuchung gerät, wahlweise über Mason herzufallen oder ihn umzubringen. Wer jetzt mehr erwartet und sich mit so einer entspannten Story nicht zufriedengeben mag, der sollte vielleicht nicht zu diesem Buch greifen. Denn viel mehr kommt hier nicht. Es macht Spaß, es ist mitreißend und es ist unterhaltsam. Aber es ist kein Buch, was vor Tiefe und Herzschmerz trieft, auch wenn wichtige Themen angesprochen werden. So geht es etwa um Vergeben und Vergessen, aber auch um Selbstliebe und Selbstzweifel. Das Buch geht so schnell rum, man kann regelmäßig lachen und schmunzeln, man fiebert etwas mit und manchmal möchte man June auch schütteln. Doch vor allem hat man einfach eines: Spaß!

June und Mason sind zwei wirklich sympathische Charaktere, die aber auch ziemlich unterschiedlich sind. Mason ist das, was sich viele vermutlich als Bookboyfriend vorstellen. Gutaussehend, kommt aus reichem Haus, wollte sich aber lieber selbst etwas aufbauen. Er ist sportlich, liebevoll, herzlich und kümmert sich sehr um seine Freunde. Immer wieder versucht er, June von sich zu überzeugen und versteht nicht, wieso sie ihn abweist. Denn anders als in vielen Büchern ist Mason kein Weiberheld, der 20 Frauen an der Hand hat. Ganz im Gegenteil wird hiermit sogar von der Autorin noch vermehrt gespielt während der Geschichte. Mason konnte mich von Anfang an überzeugen, ich mochte ihn und seine Handlungen, sein reflektiertes Denken und die Art, wie er sich manchmal auch zum Hampelmann macht, um June von sich zu überzeugen. Herrlich erfrischend, dass in einem New Adult Buch mal der Typ das Mädchen erobern muss. June hingegen hat es mir gelegentlich etwas schwer gemacht. Sie ist etwas widersprüchlich ausgestaltet, so leidet sie sehr unter ihrer Unsicherheit und meidet Menschen, zugleich ist sie sehr outgoing, selbstbewusst und fast schon vorlaut. Es gab einige Szenen im Buch, wo ich sie ehrlich gesagt etwas anstrengend und teils kratzbürstig fand und ihr Handeln nicht immer nachvollziehen konnte. Da machte es mir oft nicht leicht, für sie mitzufiebern. Sicher gab es so einige lustige Situationen und auch Mason musste ordentlich schwitzen, aber manchmal wirkte es auch ungewollt kindisch und trotzig. Ich mochte Junes Art, sich wenig sagen zu lassen und für sich selbst einzustehen, aber manchmal was es für meinen Geschmack etwas zu überdosiert.

Die Lovestory zwischen Mason und June hat mir insgesamt gut gefallen. Sie ist davon geprägt, dass June „hard to get“ ist, weil sie einfach zu sehr davon überzeugt ist, dass niemand sie lieben könnte. Das denkt sie sich nicht aus, sondern es basiert auf einem Trauma aus ihrer Vergangenheit. Ich war so gespannt, ob und wie Mason ihren Panzer knacken kann. Mason ist sehr bemüht und lässt keine Möglichkeit aus, ohne dabei super aufdringlich zu sein. Diese Waage ist der Autorin wirklich gut gelungen. Man merkt die Anziehung zwischen den beiden und es fliegen die Fetzen, aber sprühen zugleich auch die Funken. Auch wenn June dann recht überstürzt ihre Ansicht wechselt, war es für mich glaubwürdig, nachvollziehbar und wirkte auch nicht, als wäre es von 0 auf 100. Zugleich aber merkt man eben auch, dass es eher um Anziehung und Verknalltsein, als um Liebe geht, weil hierfür einfach die Tiefe fehlt.

Denn im Wesentlichen beschränkt sich die Tiefe der Geschichte auf Junes Geheimnis und Junes und Masons Familienprobleme. Junes Geheimnis wird vor allem am Anfang und am Ende thematisiert, die Familienprobleme in der Mitte. Beide nehmen sich da recht wenig, denn die Familienverhältnisse sind kompliziert und vor allem von Desinteresse geprägt. Junes Eltern spielen hierbei eine noch untergeordneter Rolle, dass ich mir oft einfach gewünscht hätte, dass es mehr zur Sprache kommt und nicht nur hinsichtlich Junes Geheimnis angesprochen wird. Hier hätte für mich auf jeden Fall etwas gelegen, was mehr Aufmerksamkeit kriegen sollte, denn es verkommt etwas und wird irgendwann auch recht schnell durch Junes Entscheidung gegraben. Bei Mason spielt es eine größere Rolle, was vermutlich aber auch daran liegt, weil er sonst gar keinen Background gehabt hätte. Die Entwicklung der Geschichte um Masons Vater hat mir gut gefallen und auch hier hat mich wieder das reflektierte Verhalten sehr begeistern können, auch wenn hier genauso schnell ein Haken hinter gesetzt wird. Es ist etwas schade, weil im Buch so häufig über Junes Liebe zu Essen geredet wird, aufgeführt wird, was sie alles isst, wie oft mit dem Hund Socke gegangen wird, wie an der Bar gearbeitet wird, wie dort Veranstaltungen stattfinden – es gibt wahnsinnig viel Drumherum, was auch begeistern kann, vor allem auch was die Clique mit den anderen Protagonisten aus Band 1 und 3 betrifft. Zeitgleich ist der Fokus so aber auf eher belanglosen Dingen, während die treibenden Themen für mich etwas verkommen. Das Gleichgewicht hat für mich persönlich nicht so ganz gestimmt. Manchmal hatte das Buch Längen, was aber dazu führt, dass andere Parts zu schnell abgehandelt werden, so fühlte es sich zumindest an.

Etwas überfahren habe ich mich vom Ende gefühlt. Ich bin es gewohnt, dass immer auf den großen Konflikt hingearbeitet wird und so ist es natürlich auch hier. Doch das Tempo, mit dem die Autorin den Konflikt aufbringt, sich entwickeln lässt und ihn dann löst, das war etwas schnell. Wenn man bedenkt, dass das Buch zwischendurch immer wieder sehr entspannte Phasen und viel umfangreiches Drumherum hat, so kommt die Entwicklung doch zu kurz. Auch vor dem Hintergrund, dass auf wenigen Seiten fast eine komplette Wende durchgeführt wird und für June eine gigantische Entscheidung im Raum steht, die dann aber so undramatisch verläuft, wie der Leser es von Anfang an erwartet, muss ich sagen, dass ich das etwas mau fand. Von 0 auf 100 auf 0 zurück in wenigen Sekunden, das hätte das Buch gar nicht nötig gehabt.

Mein Fazit

Für mich war Madly ein richtig angenehmes Buch, welches mich mitreißen und gut unterhalten konnte. Es ist kein Buch, was mit einer übermäßig überraschenden Geschichte, vielen Twists oder überdurchschnittlicher Tiefe daherkommt, sondern vielmehr ein unterhaltsames, teils humorvolles und wirklich unterhaltsames Wohlfühlbuch um eine witzige Clique. Macht Spaß und ist toll für Zwischendurch!

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, was mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2020

schöne Geschichte, aber leider wenig Tiefe

Making Faces
0

„Vielleicht stellt jeder von uns ein solches Puzzleteil dar. Wir alle fügen uns zu diesem Gesamtbild zusammen, das wir Leben nennen.“
(Fern in Making Faces)

Worum geht’s?

Fern, Bailey und Ambrose ...

„Vielleicht stellt jeder von uns ein solches Puzzleteil dar. Wir alle fügen uns zu diesem Gesamtbild zusammen, das wir Leben nennen.“
(Fern in Making Faces)

Worum geht’s?

Fern, Bailey und Ambrose sind drei Teenager in Amerika, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Fern wird von Unsicherheiten wegen ihres Aussehens und ihrer kleinen Größe geplagt, Bailey hat eine seltene Muskelkrankheit, sitzt im Rollstuhl und wird jung sterben. Ambrose hingegen ist der große Ringer-Star an der Highschool, der wunderschöne Ambrose, der Großes erreichen kann. Doch dann erschüttern die Anschläge des 11. September 2001 die Staaten und das Leben von Fern, Ambrose und Bailey wird sich für immer verändern...

Making Faces ist ein Einzelband und in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist sehr abstrakt gehalten und zeigt verschiedene Wasserfarben, die ineinander verschwimmen. Es ist sehr hübsch und spricht definitiv das Auge hat, gibt jedoch zu Inhalt und Story wenig Auskunft. Das Buch wird durch einen Erzähler berichtet, der das Leben der drei Protagonisten verfolgt. Hierbei verläuft die Geschichte linear, es gibt aber immer wieder Rückblicke auf die Vergangenheit, die entsprechend ausgewiesen und in Kursivdruck gehalten sind. Der Schreibstil ist sehr ungewöhnlich und vor allem durch eine regelrecht poetische Art gekennzeichnet. Es lässt sich dennoch sehr gut und angenehm lesen, ist sprachlich manchmal aber vielleicht auch etwas ungewöhnlich und anspruchsvoller. Im Buch werden verschiedene möglicherweise triggernde Themen wie Krieg, Verlust und häusliche Gewalt angesprochen.

Meine Meinung

Ich würde lügen, wenn ich sage, dass Making Faces mich nicht zuerst mit seiner Coverschönheit gefangen genommen hat. Was wahnsinnig ironisch ist, weil eine der wichtigsten Botschaften im Buch lautet, dass es nicht auf äußere Schönheit ankommt und vor allem die inneren Werte zählen. Doch nach dem Klappentext habe ich auch hier erwartet, sehr begeistert zu sein. Doch konnte das Buch meine Ansprüche erfüllen?

Das Buch startet mitten in der Highschool, im September 2001. Der Leser lernt vor allem Fern und Bailey kennen. Die beide sind Cousins und seit der Geburt miteinander befreundet. Fern ist die Tochter des Pastors und seiner Frau, über die vor allem als eine Art hässliches Entlein geredet wird wegen ihrer Haarfarbe und ihrer Größe, während Bailey als Sohn des Ringerteam-Trainers mit einer Muskelschwäche auf die Welt kam, die dazu führt, dass er im Verlauf seines Lebens in den Rollstuhl kam und auch nur eine geringe Lebenserwartung hat. Doch Bailey lässt sich seinen Lebensmut hiervon nicht nehmen, während Fern versucht, unsichtbar zu sein. An der Schule gibt es zudem den großgewachsenen, starken Ambrose, der als Superstar verehrt wird und jeden auf die Matte legt. Es werden Einblicke in das Leben dieser jungen Leute gegeben, welches sich am 11.09.2001 schlagartig verenden wird. Denn Ambrose fällt nach den Anschlägen eine Entscheidung, die für viel Angst, Bewunderung und später viel Schmerz sorgen wird. Und als einige Jahre später ebendiese Entscheidung Ambroses Leben verändert, ist es ausgerechnet fern, die den gefallenen Helden liebevoll zurück ins Leben holen will…

Making Faces ist eines dieser Bücher, wo man beim Klappentext denkt, es wird eine traurig-schöne Liebesgeschichte. Doch hiermit würde man das Buch unfairerweise und unrichtigerweise reduzieren auf etwas, was es nicht ist und nicht sein sollte. Making Faces ist ein durchdachtes Drama, was verschiedene Facetten und Inhalte miteinander vereint, die jeder einzeln für sich viel Gefühl erfordert. Es geht um so viel mehr als die Liebe der einst hässlichen, jetzt hübschen Fern mit dem einst schönen, jetzt hässlichen Ambrose. Es geht um Vergebung, auch sich selbst gegenüber. Es geht um Traumata, um Nächstliebe, Freundschaft, Lebensmut und Hoffnung. Es geht um Verlust, Leid und Zusammenhalt. Es ist ein umfangreiches, facettenreiches Drama, was weit über die im Klappentext angedeutete Liebesgeschichte hinausgeht. Es sind Handlungsstränge, die miteinander verwoben sind und sich zu einer tragischen Gesamtheit verknüpfen. Als erster Handlungsstrange ist hier natürlich die Geschichte um den 11. September und Ambroses Entscheidung, die sein Leben, das seiner Freunde und das der Bewohner des Ortes für immer verändern wird. Hinzu kommt die zarte Liebesgeschichte zwischen Fern und Ambrose, die vor allem später sehr relevant ist. Und dann ist da noch die komplette Handlung um Baileys Schicksal, was einem wirklich das Herz bricht. Abgerundet wird alles von ein wenig Kleinstadtcharme, der mir aber leider vor allem auch durch seine etwas rückständisch wirkende Art in Erinnerung geblieben ist. Dennoch ist es wie ein Kleeblatt, wo alles nur zusammen Sinn macht und seine volle Wirkung entfalten kann.

Ich muss zugeben, dass das Buch einige Zeit gebraucht hat, um mich abzuholen. Ich schreibe dies vor allem dem Schreibstil zu, der wirklich phänomenal aber eben auch anders ist. Es war das erste Buch der Autorin für mich und ihr sehr poetischer, rührseliger, wortgewandter Schreibstil ist bewundernswert, aber zeitgleich auch eine Herausforderung. Denn oftmals wirken die poetischen Inhalte, die mythischen Anspielungen und die Bibelverse wie leere Worthülsen, die die Autorin nutzt, um fantastische Worte zu schreiben, die aber die Handlung wenig vorantreiben. Denn runterreduziert passiert im Buch ehrlich gesagt recht wenig. Dafür spielt sich viel zwischen den Zeilen ab, verschlüsselt durch ebendiese Worte und das Einbringen verschiedener Geschichten. Man muss vermutlich ein Fan hierfür sein und ich fand es zwar toll, aber gleichzeitig wahnsinnig schade, weil mir die Geschichte – und wirklich jeder Handlungsstrang – irgendwie zu kurz kam. Es entsteht eine gewisse Distanz, durch die ich weniger mitleiden konnte. Es ist einfach, als würde die geliebte Großmutter eine Geschichte erzählen und einige Anekdoten einbauen. Erst später ändert sich dies ein wenig und ich habe etwas mehr mitfühlen können, insbesondere was Bailey anging und die Zeit nach Ambroses Rückkehr.

Dabei gibt es inhaltlich so tolle Aspekte, wirklich. Nur ich konnte Ambrose, Fern und Bailey so wenig kennenlernen, ich konnte nicht in ihre Köpfe gucken und es wirkte schnell so, als würden immer wieder die gleichen Eigenschaften stakkatoartig runtergebetet werden. Der freche Bailey, der dem Tod lächelnd entgegenguckt. Die schüchterne Fern, die ihre mittlerweile gewonnene Schönheit nicht anerkennen kann und immer noch von den bösen Worten der Vergangenheit geprägt ist. Und Ambrose, der starke, unbesiegbare, wunderschöne Junge, der erkennen muss, dass er nicht so unbesiegbar ist und Schönheit vergänglich ist. Das Buch hätte so viel gehabt, um mein Herz zu zertrümmern. Und dennoch hat es das nicht geschafft. Natürlich habe ich mitgelitten und einen Kloß im Hals gehabt, aber es war so viel mehr möglich. Ich kann leider nur nicht sagen, woran genau es lag, dass das Buch es nicht geschafft hat. Lag es am Schreibstil? Lag es an der fehlenden Tiefe der Charaktere? Lag es an der stark reduzierten Handlung? Ich kann es wirklich nicht sagen. Vielleicht wurden für mich zu viele Punkte einfach nur angerissen und nicht komplett entfaltet, etwa Ambroses Entscheidung und die Folge hiervon.

Für mich war Ambroses Entscheidung inhaltlich eigentlich der interessanteste Strang, der aber irgendwie sehr zu kurz kommt. Das ist vielleicht auch einer der Punkte, der mich am meisten gestört hat. Hier liegt so viel Potenzial und es ist ein besonderes, ungewöhnliches Thema. Aber ausgenutzt hat die Autorin dies einfach kaum. Einige Rückblicke in die Vergangenheit beleuchten, was vor Ort passiert ist, zu dem es Ambrose hinzog, doch zeitgleich beschränkt es sich eher auf das Zwischeneinander als das Erlebte. Auch nach der Rückkehr geht es immer mal wieder um Verlust in verschiedenen Formen und der Frage, wie man sich einem neuen, anderen Leben voller Schmerzen in verschiedenen Formen stellen kann und sollte. Doch zugleich werden diese Punkte für mich zu wenig eingebracht, was vor allem vermutlich an der Erzählperspektive mit dem Erzähler liegt, denn Ambroses Kopf wäre spannend gewesen, doch hier kommt man nicht rein. Auch erwartbare Themen wie PTBS, Traumata und so kamen eher wenig vor. Ehrlich gesagt hätte statt Ambroses Entscheidung auch etwa ein Verkehrsunfall zu dem Outcome führen können, wie es aktuell ist. Das finde ich so schade, weil die Thematik doch eher weniger in Büchern vorkommt und die stark romantisierte Vorstellung der Amerikaner über eine solche Entscheidung einen spannenden Aspekt einbringen würde, auch die Folgen des Verlusts und ein wenig Reflexion zur Entscheidung. Doch die Autorin hat sich gegen das Ganze entschieden.

Dafür baut sie in doppelter Hinsicht eine zarte Beziehung zwischen Ambrose und Fern auf. Es sind einige Punkte, die an den Klassiker wie die Schöne und das Biest und das hässliche Entlein erinnern, aber zugleich hat die Liebesgeschichte eine Eigenständigkeit, die sich mir teilweise leider nicht so erschlossen hat. Fern liebt Ambrose seit immer, Ambrose erkennt nach seiner Rückkehr die wahre Schönheit der mittlerweile auch äußerlich schön gewordenen Fern und fragt sich, ob sie ihn, den nicht mehr Schönen, nicht vielmehr als ihr Sozialprojekt ansieht. Doch statt sich solcher Probleme anzunehmen, verwendet die Autorin viele wortgewandte, schöne Aussagen, die alle Wogen glätten. Eine fast schon klischeehafte Entwicklung der Liebesgeschichte ohne große Tiefe, aber zugleich auch mit einigen Aw und Oh-Momenten kann aber trotzdem das Herz erweichen und mich ein wenig zum Schmunzeln bringen. Die Botschaft, die dem ganzen zugrundeliegt, ist klar: Wahre Schönheit ist keine Frage des Äußeren.

Mein absolutes Highlight war jedoch die Geschichte um Bailey, die sich für mich so unerwartet und beeindruckend entwickelt hat. Von Anfang an weiß der Leser, dass sich Bailey seinem Schicksal nicht einfach hingibt. Er hat Träume, Ziele und Wünsche, auch wenn er nicht alles machen kann und auf viel Hilfe angewiesen ist. Die Reise, auf der man ihn begleitet und miterlebt, wie sich sein Zustand verschlechtert, ist bewegend, regt einen aufgrund ihrer Unfairheit auf und zugleich bleibt man so hoffnungsvoll wie Bailey. Freche Sprüche, kluge Einwände – Bailey muss man einfach lieben. Er kümmert sich so gut um sein Umfeld, was sich auch in einer Nebenstory zeigt, die für die Geschichte zu einer zentralen, tragendende Handlung wird. Bailey ist liebenswert und vermutlich der Kleber, der die Geschichte final zusammenhält. Ich glaube sogar, dass sein Handlungsstrang der einzige ist, bei dem ich nicht sage „hier hätte ich mehr gebraucht“, denn er war wirklich toll gelungen und würdig abgeschlossen.

Mein Fazit

Insgesamt war Making Faces ein wirklich schönes Buch, was vor allem auch mit einem ungewöhnlichen und sehr poetischen Schreibstil begeistern kann. Allerdings wirkt es oft so, als würden die schönen Worte inhaltsleer sein. Die tiefen Gefühle, die die Geschichte in mir hätte auslösen können, wurden leider oft nicht erreicht. Es ist eine besondere Geschichte mit sehr tollen Botschaften, aber leider auch Potenzial für so viel mehr.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise in Rahmen einer Leserunde überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

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Veröffentlicht am 31.10.2020

eine komplizierte, mitreißende und zerstörerische Liebesgeschichte

Fuck you, Love
0

„Auch der Schimmel macht dich nicht zum Prinzen, Floyd. Und schon gar nicht zu meinem. Auch wenn du das gerne hättest.“
(Storm zu Floyd in F*ck you love)

Worum geht’s?

Seit Tagen wird Floyd von einem ...

„Auch der Schimmel macht dich nicht zum Prinzen, Floyd. Und schon gar nicht zu meinem. Auch wenn du das gerne hättest.“
(Storm zu Floyd in F*ck you love)

Worum geht’s?

Seit Tagen wird Floyd von einem Mädchen verfolgt. Die schöne Unbekannte hat noch eine Rechnung mit ihm offen, denn sie ist sich sicher: Floyd hat sie vor vier Wochen auf einer Party bei ihm vergewaltigt. Floyd kann sich jedoch nicht dran erinnern, auch wenn vereinzelte Flashbacks sein Gewissen quälen. Doch irgendwas an dem Mädchen fasziniert ihn und so sucht er den Kontakt zu ihr. Ihr Name ist Storm und Floyd kann noch nicht ahnen, dass sie wie ein Wirbelsturm durch sein Leben ziehen wird…

Dieses Buch ist Band 1 einer Trilogie. Das Buch ist nicht in sich geschlossen und wird in Band 2 fortgesetzt.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover des Buches ist in weiß mit verschiedenen Blumen in Rot und Rosa gehalten. Es wirkt verspielt und unschuldig, erregt Aufsehen und gibt den Eindruck einer romantischen Geschichte. Das Buch wird ausschließlich aus der Ich-Perspektive von Floyd erzählt. Zwischendurch gibt es vereinzelte Flashbacks auf die Party, diese sind jedoch ausgewiesen. Hiervon abgesehen verläuft das Buch linear. Der Schreibstil ist sehr locker, es wird häufig geflucht und es kommen zudem potenziell triggernde Inhalte vor. Es ist sprachlich für (junge) Erwachsene angemessen.

Meine Meinung

Schon seit längerer Zeit steht das Buch auf meiner Lesewunschliste und anlässlich der Neuauflage kam nun endlich die Chance, das Buch zu lesen. Es ist mein erstes Werk der Autorin und vor allem die kompliziert klingende Grundidee, dass die Protagonisten eventuell durch eine Vergewaltigung miteinander verbunden sind, hat mich sehr gereizt.

In das Buch habe ich sehr schnell reingefunden. Die Geschichte beginnt mit Floyd, der feststellt, dass seit einigen Wochen eine Unbekannte unten auf der Straße wartet und ihn beobachtet. Er kennt sie und er weiß, was sie will. Bei einer Partynacht vor 4 Wochen soll er sie vergewaltigt haben. Er weiß es allerdings nicht und trotz bruchstückenhafter Flashbacks kann er sich keinen Reim aus der Situation machen. Immer wieder laufen sich Floyd und die Unbekannte über den Weg und es entwickelt sich bald eine kurios anmutende Art der Verbindung. Floyd ist von dem untypischen Mädchen mit den langen schwarzen Haaren, die sich bald als Storm vorstellt, fasziniert. Und auch Storm sucht immer wieder seine Gegenwart, obwohl sie ihn zutiefst verabscheut. Bald fangen beide sogar an, Zeit miteinander zu verbringen, man könnte fast meinen, sie daten sich. Doch es ist weitaus komplizierter. Aber eine Sache weiß Floyd: In ihrer Gegenwart fühlt er sich besser, seine Alpträume und Flashbacks verschwinden. Die neugewonnene zarte Verbindung wird aber immer wieder auf die Probe gestellt: Von Vorurteilen Dritter, von Storms Dunkelheit – und der ewigen Fragen, was wirklich in der Partynacht passiert ist…

Kompliziert. Mitreißend. Ergreifend. Zerstörerisch. Verwirrend. Sprunghaft. Verletzlich. Hoffnungsvoll. Fesselnd. Ach, habe ich schon kompliziert erwähnt? Für dieses Buch fallen mir sehr viele Attribute ein, mit denen ich es labeln würde. Und zugleich scheint doch keines davon zu passen. Als ich anfing, das Buch zu lesen, habe ich keine Vorstellung gehabt, was mich erwarten wird. Ich wusste, dass es keine locker-seichte Liebesgeschichte wird. Aber eine derartige Achterbahnfahrt mit zahlreichen Gefühlsschleudertraumata war jetzt auch nicht gerade das, was ich in dem Buch zu suchen gewagt hätte. Dieses Buch ist keine Geschichte, die man mal eben so nebenbei liest. Es ist eine sehr komplexe, facettenreiche Geschichte zweier junger Leute, die durch eine schicksalsbehaftete Nacht miteinander verbunden sind und nicht wissen, ob sie einander vertrauen können oder was sie voneinander halten können. Und ähnlich geht’s auch dem Leser. Wer ist Storm, wieso sucht sie Floyds Gegenwart, was ist in der Nacht passiert und wieso entwickelt Floyd so ein Interesse für Storm? Doch schon bald geht es weiter über das Thema der Nacht hinaus. Floyd und Storm entwickeln eine komplizierte, vermutlich auch nicht ganz gesunde Beziehung zueinander, die teils von großem Vertrauen und teils von einigem Misstrauen geprägt wird. Beide haben in ihrem Leben schon viel erlebt, beide haben ihre ganz eigenen Päckchen zu tragen. In diesem Buch geht es um mehr als nur den reichen Snobtypen, der auf die komplett gegensätzliche Storm trifft. Es ist ein schmerzhaftes Buch, was sich von Seite zu Seite immer tiefer ins Herz schneidet. Immer wieder gibt es kleine Lichtblicke, Hoffnungsträger und schöne Momente, die von viel Zerstörung, Schmerz und Verzweiflung abgelöst werden. Nicht immer sind hierbei die Motive, die Gedanken und Gefühle der Beteiligten klar, offensichtlich und greifbar. Aber das müssen sie auch nicht immer sein. Storm und Floyd sind besonders. Das mag sich auch im Schreibstil widerspiegeln. Dieses Buch ist kein Jugendbuch und hat auch nicht den Anspruch, eines zu sein. Es wird geflucht, beleidigt und es kommen auch Inhalte vor, die mit Bedacht zu genießen sind. Aber alles zusammen ergibt ein rundes Bild von zwei außerordentlich speziellen Charakteren.

Auf der einen Seite steht Floyd, der auch als alleiniger Erzähler durch die Geschichte führt. Das bewirkt zudem, dass Storm ein großes Mysterium bleibt. Floyd kommt aus einer reichen Familie, bei der der Vater mit ständiger Abwesenheit glänzt und die Mutter mit ihrem Vornamen angesprochen werde möchte, damit sie sich nicht so alt fühlt. Floyd hat alles: das gute Aussehen, viel Geld, ein schnelles Auto. Nur an einer Zukunftsvision fehlt es ihm. Floyd zeichnet sich vor allem auch dadurch aus, dass er ständig gegen seinen Vater rebelliert, wobei recht schnell klar ist, dass es seine Art der Vergeltung und der Aufmerksamkeitssuche ist, denn zu tief sitzt die Zurückweisung. Floyd feiert viel, hat viele Mädchen, aber betrinkt sich so gut wie nie. Anfangs empfand ich ihn als anstrengend und unsympathisch, einen Typen zum Von-der-Bettkante-Stoßen. Doch schnell schlich er sich in mein Herz und zeigte, wie fürsorglich und beschützerisch er sein kann. Er ist manchmal impulsiv und das bringt ihn öfter in Schwierigkeiten. Aber er ist sehr bemüht und schon bald ist Storm für ihn so wichtig geworden, dass ihn die Angst, sie zu verlieren, zerstören könnte. Floyd macht im Laufe des Buches auch einige Entwicklungen durch, er beginnt über sich selbst und seine Lebensweise nachzudenken, über die Werte seine Erziehung und die Einstellung, die bedingt durch sein Umfeld und das Geld in seinem Kopf schlummert, in Frage zu stellen. Sein Umfeld ist nicht viel präsent, auch durch die viele Abwesenheit seiner Eltern. Dafür spielt sein bester Freund Ben in der Geschichte eine entscheidende Rolle. Er ist schwer einzuschätzen und sorgt immer wieder für Ärger, was oft auch die Grenzen verschwimmen lässt und zu Fragen beim Leser führt, wer hier gut und wer böse ist. Doch so wie man auch die Geschichte nicht labeln kann, kann man auch die Charaktere nicht labeln. Sie sind zu vielschichtig dafür. Allen voran Storm…

Storm ist eine Wucht. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir jemals eine Protagonistin wie sie untergekommen ist. Sie ist für mich ein absolutes Chamäleon und zugleich eine Wunderkiste. Bis zur letzten Seite bleibt sie für mich ein unlösbares Rätsel und verdammt, das hat mir gut gefallen. Storm ist ein wahnsinnig starker Charakter, der manchmal auch sehr eigenwillig handelt. Sie ist laut, sie ist rücksichtslos und energiegeladen. Doch zugleich ist sie empathisch, ehrlich und bringt ein beeindruckendes Feingefühl mit. Ihr Leben ist ein regelrechter Trümmerhaufen, aus dem sie das Beste macht. Die Mutter verstarb früh, der Vater ist dem Alkohol verfallen und nicht selten muss Storm hier drunter leiden. Dann versucht sie zu fliehen, zu vergessen und auch sich zu betäuben. Schnell wird klar, dass hier mehr verborgen liegt und auch, wenn es nicht genau definiert wird, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie mindestens depressiv, wenn nicht sogar bipolar ist. Ihre sehr schwankende Stimmung, ihre Sprunghaftigkeit aber auch die über ihr schwebende Dunkelheit tun beim Lesen teilweise wirklich weh, denn unter dem rauen Charakter steckt eine zerbrechliche Person, die es verdient, geliebt zu werden. Storm ist sehr anpassungsfähig, was sich im Buch mehrfach zeigt, sie ist gut dadrin, ihre wahren Motive und Gedanken zu überspielen. Aber Floyd gelingt es teilweise, hinter die Fassade zu schauen. Storm überrascht häufig mit ihren Taten, etwa wenn sie Floyd öffentlich vorführt oder sich sozial engagiert und dabei ihre herzliche Seite zeigt. Ich würde sie als unberechenbar betiteln, was zu vielen Überraschungen führt. Da Storm in der Geschichte nur durch Floyds Augen gezeigt wird, bleibt sie so geheimnisvoll und man möchte mehr über sie und ihre Gedanken erfahren. Ein wahnsinnig starker, eindrucksvoller Charakter, der aber auch viele kaputte Aspekte vereint und für den man sich Hilfe wünscht.

Die Liebesgeschichte ist eine sehr komplizierte und auf wackligen Beinen stehende Geschichte. Sie zeichnet sich vor allem durch ein stets Auf und Ab, ein Hin und Her, ein Heranziehen und Abstoßen aus. Treibende Kraft der Zurückweisung ist hierbei vor allem Storm, die gelegentlich an Floyds Absichten zweifelt und von ihren eigenen Gefühlen überfordert zu sein scheint. Aber auch ihre psychische Verfassung macht es ihn nicht immer leicht und so scheint es ihr einfacher, Floyd zu vertreiben als ihm ihre verletzliche Seite zu zeigen. Bedenkt man, dass Auslöser der ganzen Konstellation eine im Raum stehende Vergewaltigung ist, so merkt man, wie fragil die Beziehung ist. Immer wieder gibt es Szenen, bei denen man sich fragt, ob es gut ist, dass beide miteinander Zeit verbringen. Vor allem Storm ist geübt darin, mit ihrer sprunghaften Art gelegentlich einen Keil zwischen sich und Floyd zu treiben. Floyd und Storm sind ein Liebespaar, was den Leser an die Grenzen bringen wird, nicht nur mit ihren sprunghaften, überraschenden und nicht immer nachvollziehbaren Entscheidungen. Aber zugleich sind es auch diese Aspekte, die die Geschichte so mitreißend, undurchsichtig und unvorhersehbar machen. Stets hängt die Nacht, an die sich beide nicht wirklich erinnern, wie ein Damoklesschwert über ihnen. Hierbei hat mir aber auch gut gefallen, dass die Vergewaltigung kein Dauerthema war. Immer wieder wird sie zwar angesprochen und vor allem Storm lockt Floyd immer wieder aus der Reserve, indem sie das Thema anspricht, dennoch ist sie nicht das Hauptthema.

Wirklich überrascht hat mich das Ende. Nachdem das Buch auch zwischendurch immer wieder mit Wendungen, Ereignissen, ruhigen Phasen und einigen Konflikten überzeugen kann, ist es das Finale, mit dem ich nicht gerechnet hätte und dass einen ratlos und rastlos zurücklässt. Es ist kein klassischer Cliffhanger und zugleich ein wahnsinnig machender Aufhänger, der unglaublich viele Fragezeichen offenlässt. Es zeigt aber auch, dass dieses Buch eben kein typisches Buch mit einem standardmäßigen Verlauf voller Friede, Freude, Eierkuchen ist. Nein, das ist dieses Buch – vermutlich die ganze Reihe – auf keinen Fall. Vielleicht konnte mich das Buch daher vielleicht auch so begeistern.

Ich hatte bereits erwähnt, dass in dem Buch viele triggernde Elemente vereint werden. So spielt neben der Vergewaltigung vor allem auch Storms psychische Verfassung eine sehr große Rolle, ebenso wie häusliche Gewalt und suizidale Gedanken. Es ist ein sehr intensiver Mix, bei dem jeder Leser von Anfang an sicher sein sollte, dass er sich auf diese Reise begeben möchte. Dieses Buch ist kein wunderschönes Märchen vom edlen Prinzen, der die gefallene Prinzessin retten möchte. Das hat Storm auch gar nicht nötig. Aber dennoch können sich Floyd und Storm gegenseitig viel Halt geben – aber eben auch viel verletzen.

Mein Fazit

Dieses Buch ist eine kraftvolle Geschichte voller Überraschungen, die mit den typischen Elementen des Genres spielt und auch einige Grenzen ausreizt und gern auch mal überschreitet. Floyd und Storm haben eine komplizierte, mitreißende Geschichte, in der man sich verlieren kann. Ungewöhnliche Charaktere, unvorhersehbare Entscheidungen und jede Menge Tiefe. Ein Buch, was ich so schnell sicher nicht vergessen werde. Band 2, ich komme!

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.10.2020

tolle Idee mit einigen Mängeln in der Umsetzung

Unvergesslich
0

„Ich weiß, dass du keinen Beschützer brauchst. Doch wenn du bei mir bist, dann hast du einen.“

(Finn zu Liv in Unvergesslich)


Worum geht’s?

Finn und Liv haben Schreckliches erleben müssen. Bei ihrem ...

„Ich weiß, dass du keinen Beschützer brauchst. Doch wenn du bei mir bist, dann hast du einen.“

(Finn zu Liv in Unvergesslich)


Worum geht’s?

Finn und Liv haben Schreckliches erleben müssen. Bei ihrem Abschlussball haben zwei Mitschüler in Rahmen eines Amoklaufes zahlreiche Leute getötet und auch die beiden waren betroffen. Als sie jetzt, 12 Jahre später, anlässlich des Jahrestages der Katastrophe zurückkehren, hat sich viel verändert. Liv hat sich ein sicheres Leben voller Routinen aufgebaut, während Finn als FBI-Agent gerade zwei Jahre undercover gelebt hat. Als beide nun aufeinandertreffen, flammen alte Gefühle, aber auch grausame Erinnerungen wieder auf.



Unvergesslich ist Band 1 der Long Acre-Trilogie. Das Buch ist handlungstechnisch in sich geschlossen, es kommen jedoch Charaktere der Folgebände vor und der Amoklauf verbindet die drei Bücher, weshalb sie zusammenhängend gelesen werden sollten.



Schreibstil / Gestaltung

Das Cover zeigt zwei sich küssende Leute im Regen, was sehr stimmig ist und etwas zum Buch passt. Die Covergestaltung ist interessant und auffällig, gibt zudem auch ein Gefühl für die Art des Buches und kann mich überzeugen. Die Geschichte verläuft linear und wird aus der Erzähler-Perspektive berichtet. Der Schreibstil ist sehr angenehm und gut lesbar, das Buch bewegt sich sprachlich auf einem guten Niveau für Unterhaltungsliteratur. Das Buch beinhaltet einige erotische Szenen, die etwas explizit, aber sehr niveauvoll sind. Das Buch beinhaltet zudem Themen wie Panikattacken.

Mein Meinung

Als ich zu Unvergesslich griff, war es vor allem der Hinweis, dass Finn Undercovercop ist, der mich reizte. Ich hatte mir auch die Klappentexte der Folgebände angeschaut und dachte daher, dass nur in Band 3 ein Amoklauf Thema ist. Entsprechend groß war meine Begeisterung, dass der Amoklauf das verbindende Element der drei Bücher ist. Es ist ein Thema, was in der Literatur selten vorkommt und ich war gespannt, wie die Autorin es umsetzt.



Das Buch startet an der Schule, an der damals alles passiert ist. Für eine Dokumentation zum 12. Jahrestag der Tragödie kehren einige der Überlebenden und Angehörige zurück, unter ihnen auch Liv und Finn, aber auch Rebecca, Kincaid und Taryn. Sie alle haben damals in der schicksalshaften Nacht überlebt oder jemanden geliebten verloren. Jahre sind vergangen und alle sind erwachsen geworden, doch die Schatten von damals liegen teilweise noch über ihnen. Liv trifft beim Dreh auf Finn, mit dem sie ein Geheimnis aus der Schicksalsnacht verbindet, von dem niemand weiß. Doch dieses Geheimnis ist es auch, was beide nie wirklich voneinander loskommen lassen hat. Doch beide sind nicht mehr die Schüler von damals, Liv ist eine selbstbewusste Frau geworden, die für ihren Designjob all ihre Zeit (und auch ihr Fotografiehobby) geopfert hat. Finn hingegen ist FBI-Agent und war zuletzt undercover im Kampf gegen den Waffenhandel unterwegs. Die Rückkehr an die Long Acre Schule ist für ihn nur eine Durchreise, denn sein Ziel ist ein verlassenes Haus, wo er nach seinem Einsatz ausspannen soll. Nachdem er Liv wiedergesehen hat, kann er sie nicht vergessen. Und so treffen beide kurzerhand eine Übereinkunft: Liv soll mit Finn die Wochenenden im Haus am See verbringen. Werden alte Wunden wieder aufreißen oder die beiden die Erlösung finden, die sie nach so vielen Jahren verdienen?


Schon nach wenigen Seiten kam das erste große Oho: Der Amoklauf wird thematisiert. Überrascht davon, dass es in dem Buch überhaupt Thema ist, zugleich aber auch überrascht, dass das Geheimnis und tragische Ereignis so früh gelüftet wird, war ich voller Begeisterung und Vorfreude. Amokläufe sind ein Thema, was sehr emotional und vielschichtig sein kann und auch lange Zeit später für viele Probleme Sorgen können. Ich hatte hohe Erwartungen an die Geschichte, denn wir hatten hier einige Überlebende einer tragischen Nacht, die versucht haben, sich ein neues Leben aufzubauen. Während dies bei Liv anfangs vor allem aus viel Alkohol und Zerstreuung bestand, ist sie mittlerweile ein Workaholic und steht auf Sicherheit. Zurück an der Long Acre kriegt sie aber Panikattacken und Alpträume. Finn, mittlerweile FBI-Agent, hat direkt wieder das Bedürfnis, Liv zu schützen. Doch es ist schwierig, weil er sich selbst als rücksichtslos und gefährlich einstuft. Dennoch kommen beide nicht voneinander los und beginnen im Rahmen einer Sommerliebelei, sich gegenseitig zu helfen: Liv möchte mutiger werden, Finn muss den Weg ins soziale Leben zurückfinden. Alles klingt so unglaublich vielversprechend und emotional. Doch leider, leider konnte das Buch für mich eben diese Erwartungen nicht erfüllen. Während anfangs der Amoklauf und die Folgen knapp thematisiert wird, wird es bald zu einem Randthema. Es wird immer wieder als Motivation für bestimmte Handlungen herangezogen, verliert mit der Zeit aber immer mehr an Bedeutung. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, da natürlich auch Heilung eintreten soll, zeitgleich wirkte es aber so, als hätte sich die Autorin einen gigantische Aufhänger gesucht, der schockt, dann aber nicht konsequent mit den Problematiken mitgezogen.



Das ist vielleicht auch einer der Punkte, der mich am meisten gestört hat. Hier liegt so viel Potenzial und es ist ein besonderes, ungewöhnliches Thema. Aber ausgenutzt hat die Autorin dies einfach kaum. Nach anfänglichen Panikattacken geht’s Liv gut, Finn beschwört anfangs seine Undercoverfolgen, spricht aber eigentlich nie über seine Polizeizeit, wenig über das Leben undercover und schon gar nicht über seinen psychischen Zustand. Da stellt sich die Frage, wieso er dann überhaupt undercover sein musste, fast wirkt es wie eine kleine Blendgranate. Schon nach kurzer Zeit geht es nur um die Liebschaft der beiden, einige kleine Bettmomente und die schöne gemeinsame Zeit zusammen. Langsam plätschert die Story dahin, es gibt wenige emotionale Highlights, wenig Drama, kaum Probleme. Nach der Hälfte des Buches hatte ich leider das Gefühl, hier in einem absolut standardmäßigen Liebesroman zu stecken. Vielleicht wollte ich zu viel, aber das Thema Undercoverleben und Amoklauf kam mir ehrlich gesagt einfach zu kurz. Zwar wird in Band 2 und 3 der Amoklauf noch weiter thematisiert und hier wurden auch schon die ersten Handlungsstränge gelegt, aber irgendwie war Unvergesslich nach einem starken, emotionalen Anfang schnell platt und konnte auch mit dem schnellen, etwas überrumpelnden Ende nicht so überzeugen.


Die Liebesgeschichte lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück. Liv und Finn haben Vorgeschichte, die hier auch thematisiert wird. Hier steht vor allem eine Frage hinsichtlich einer bestimmten Handlung von Finn im Raum, bei der ich aber das Gefühl habe, dass die Protagonisten hier etwas drumherum eiern. Zwar wird es hin und wieder angesprochen, aber so eine richtige – abschließende – Aussprache fehlt. Auch sind bezüglich der Zeit nach dem Amoklauf viele Fragen offengeblieben. Die beiden treffen sich jetzt 12 Jahre später wieder und gehen recht schnell zurück in die Highschoolzeit, mit einer kleinen, harmlosen Sommerromanze. So ist zumindest der Plan. Natürlich ist dies von Anfang an zum Scheitern verurteilt und trotz aller Warnzeichen versuchen die beiden es. Jetzt wird’s aber schwierig, weil die beiden von 0 auf 100 im Liebesmodus sind, sich aber immer wieder auf „nur eine lose Sache“ berufen. Entsprechend überrumpelnd wirken einige der letzten Szenen im Buch, die mit etwas Drama vor allem Finn vor eine schwere Entscheidung stellen. Leider ist es so, dass die Liebesgeschichte zwar schön, aber irgendwie auch fast schon wenig tiefgründig ist. Beide tun sich gut, keine Frage. Aber diese Spannung, das Prickeln und die Gefühle konnte ich nicht nachvollziehen. Es wirkt manchmal so, als würden beide krampfhaft nach vorn schauen, aber zeitgleich schwebt die Vergangenheit über ihnen. Ich weiß nicht, wieso. Aber es fehlte mir eine gewisse Klärung zwischen den beiden, damit ich ihre Beziehung gutheißen kann.


Zu den Charakteren muss ich sagen, dass es mir leider so vorkommt, als hätte ich sie nicht so sehr kennenlernen dürfen. Vielleicht liegt es an der Erzählperspektive, aber Liv und Finn blieben für mich immer etwas unnahbar, vor allem Finn. Man erfährt für meinen Geschmack zu wenig über ihn und kann sich entsprechend weniger in ihn hineinversetzen. Er ist zwar sehr sympathisch und sehr bemüht um Liv, aber gerade seine Vergangenheit undercover wird sehr wenig thematisiert, was ich sehr schade fand. Er hätte letztendlich fast jeden Beruf machen können, von dem er sich eine Auszeit nimmt. Die wenigen Momente, etwa wo er ausflippt, sind eher auf den Amoklauf als seine Tätigkeit zurückzuführen. Hier hätte man deutlich mehr machen können. Liv hingegen wird etwas mehr beleuchtet und es geht hier vor allem auch darum, wie sie aus ihrem starren, sicheren Leben ausbricht. Dies wurde auch gut beleuchtet, aber dennoch wirkten beide eher blass. Die anderen Charaktere, vor allem die anderen Mädels, werden hin und wieder erwähnt, haben selbst aber wenig Auftritte, vermutlich auch, weil sie eigene Bücher kriegen.


Im Buch sind einige Intimszenen enthalten, die auch etwas expliziter und umfangreicher sind. Sie stehen vor allem für die Entwicklung der Beziehung von Finn und Liv, aber auch für die Heilung und Hoffnung, die beide benötigen. Sie runden das Buch daher trotz der schweren Thematik in einer stimmigen Weise ab.

Mein Fazit

Schlussendlich ist Unvergesslich ein tolles Buch, was eine wirklich bewegende Thematik aufgreift. Der Amoklauf schwebt über den Charakteren und es geht darum, wie sie ihren Weg zurück ins Leben finden. Leider fehlt oftmals die Tiefe und auch etwas das Gefühl, was die Entwicklung der Liebesgeschichte etwas blass wirken lässt. Die Charaktere blieben für mich etwas zu oberflächlich und zwischendurch hat das Buch immer wieder Längen. Dennoch mochte ich die Geschichte und kann sie für einen angenehmen Lesemoment durchaus empfehlen, auch wenn vermutlich mehr möglich gewesen wäre.


[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 25.10.2020

vorhersehbar, fragwürdig und teilweise anstrengend

Very First Time
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„Wir bekommen alles, was wir wollen, genau zum richtigen Zeitpunkt, wie am Ende von so einem Teenie-Film. Aber wenn alles so perfekt ist, warum fühlt es sich so verkehrt an?“
(Keely in Very first time) ...

„Wir bekommen alles, was wir wollen, genau zum richtigen Zeitpunkt, wie am Ende von so einem Teenie-Film. Aber wenn alles so perfekt ist, warum fühlt es sich so verkehrt an?“
(Keely in Very first time)

Worum geht’s?

Keely steht kurz vor ihrem Highschoolabschluss und freut sich, bald das College zu besuchen. Doch nachdem alle um sie herum bereits ihr erstes Mal hatten, fühlt sich die schüchterne Keely unsicher. Wieso flirtet niemand mit ihr, wieso ist sie noch Jungfrau? Als sie an ihrem neuen Arbeitsplatz den Collegestudenten Dean kennenlernt und sich in ihn verliebt, wird es plötzlich furchtbar kompliziert. Denn natürlich ist Dean bereits sexuell erfahren und Keely kann ihm auf keinen Fall sagen, dass sie noch Jungfrau ist. Also muss sie vorher üben. Und damit keine Gefühle oder verletztes Vertrauen im Spiel sind, fällt ihr hierfür nur eine Person ein: Ihr bester Freund Andrews. Ein bombensicherer Plan, oder?

Very first time ist ein Einzelband und in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover des Buches ist in weiß mit einem orange-pinken Kreis gehalten, der wie ein Sonnenuntergang aussieht. Zudem gibt es viele kleine Herzen, die wild verteilt sind. Es ist ein süßes, schlichtes Cover, was ansprechend gestaltet wurde. Das Buch verläuft linear und wird ausschließlich durch Keely in der Ich-Perspektive erzählt. Gelegentlich gibt es Chatnachrichten zwischen Keely und anderen Charakteren. Der Schreibstil ist locker und auch sprachlich für ein Jugendbuch angemessen. Das Buch enthält gelegentlich leichte Kraftausdrücke, jedoch keinen erotischen Inhalt.

Meine Meinung

Very first time ist eines dieser Bücher, bei denen man weiß, dass man eigentlich zu alt dafür ist. Mit fast dem doppelten Alter der vermeintlichen Zielgruppe bin ich von den Problemen wie Highschool-Abschluss und das erste Mal schon etwas entfernt. Dennoch greife ich gern zu solchen Büchern, auch als Abwechslung zum New Adult-Genre, wo es immer um tiefgründige, hochdramatische Geheimnisse geht. Das ist im Young Adult-Bereich anders und darum habe ich mich sehr auf diese Friends to Lovers-Geschichte gefreut. Aber wer zu hohe Erwartungen hat, der kann enttäuscht werden.

Das Buch startet mit Keely, die auf einer Party mitten in das erste Mal von ihrer Freundin Danielle und ihrem Mitschüler Chase stolpert. Peinlich berührt zieht Keely sich zurück, nur um wenig später miterleben zu dürfen, wie die Partymeute die Entjungferung feiert und wie schnell sich die Botschaft wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Erkenntnis, dass alle ihr erstes Mal schon hatten und Keely nicht einmal einen Freund hatte, trifft sie wie ein Schlag. Denn schon bald geht’s ans College und sie ist komplett unerfahren. Sie kann doch mit 18 nicht mehr Jungfrau sein! Als Keely kurz danach einen Job in einem Videoladen annimmt und dort auf den Collegestudenten Dean trifft, der Interesse an ihr zeigt, kriegt sie Panik. Denn Dean ist natürlich erfahren, so wie alle andere auch. Guter Rat ist teuer, bis Keelys Freundin Hannah auf die Idee kommt, dass Keely einfach üben soll – mit Andrew, Keelys bestem Freund seit Kindstagen und einer der größten Aufreißer an der Schule. Und Keely findet die Idee gut, denn sie vertraut Andrew und weiß, dass er sie nie vorführen würde. Außerdem sind ja keine Gefühle im Spiel, denn die beiden sind Freunde, auch wenn alle um sie herum schon seit Ewigkeiten behaupten, dass sie zueinander gehören…

Dieses Buch lässt mich etwas ratlos zurück und entsprechend ratlos fühle ich mich auch, etwas über das Buch zu erzählen. Fangen wir einfach vorne an: Der Einstieg fiel mir echt leicht und ich war schnell in der Geschichte drin. Leider habe ich mir aber so schnell auch gewünscht, wieder aus der Geschichte draußen zu sein. Denn bereits nach wenigen Seiten, wo das Thema „mit 18 NOCH!!! Jungfrau“ aufkommt, musste ich die Augen verdrehen. Keely und ihre Freundinnen unterhalten sich und immer wieder geht es darum, dass Keely mehr und mehr denkt, wie unglaublich peinlich es ist, noch Jungfrau zu sein. Sie hatte ja nichtmal einen Freund, weil niemand sie mal anflirtet. Natürlich sind alle um sie herum total sexuell aktiv, wechseln die Partner laufend (vor allem Andrew, der laut Keely quasi alle zwei Wochen eine andere hat) und gleichzeitig wird aber laufend darüber gelästert, wer es mit wem treibt. So kommt es auch, dass Danielle in der Schule öffentlich vorgeführt wird, nachdem sie Sex mit Chase hatte. Beleidigende Botschaften, Gerede auf den Fluren – die Botschaft wird zunehmend klar: Hast du keinen Sex, bist du peinlich. Hast du Sex, wirst du als Mädchen öffentlich gemobbt. Zwar war mir von Anfang an klar, wer hinter den Botschaften steckt und auch der Hintergrund hier ist eigentlich dazu geeignet, zum Nachdenken anzuregen, doch leider hat das Buch ein großes Problem: Jegliche wichtigen und kritischen Themen werden angeschnitten und dann begraben. Zwar versucht die Autorin zum Ende hin fleißig zu retten, was noch zu retten ist, aber es kommt nicht an. Nach über 250 Seiten mit wirklich fragwürdigen Botschaften für Jugendliche, die vielleicht noch Jungfrau sind und vielleicht sogar Angst vor ihrem ersten Mal haben, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen.

Hinzu kommt auch, dass zwischendurch eigentlich permanent darüber gesprochen wird, dass Jungs sowieso nicht anderes als Sex im Kopf haben, untereinander nur über ihre Eroberungen reden und auch hier gibt’s einige mehr als kritische Sätze, die in meinen Augen ein vollkommen falsches Bild auf Sex und sexuelle Handlungen für Leute vermitteln, die selbst ihre Sexualität gerade erst entdecken (oder wie soll man die Aussage, dass ein Mädchen gar nicht erst mit der Hand anfangen soll, das könne der Typ ja selbst, sie muss schon den Mund aufmachen ernsthaft gut finden?) So entstand zunehmend ein Auf und Ab. Immer wieder gab es Phasen, wo die Geschichte eigentlich ganz nett war und man etwas mitgefiebert hat – vor allem, da die Geschichte wirklich in jedem Punkt so vorhersehbar ist, dass einen nichts mehr überrascht, man aber endlich will, dass das Offensichtliche bei Keely ankommt. Dann kommen aber wieder solche Phasen, wo man nur die Augen verdrehen will, wahlweise Keely schütteln und einen anderen Beteiligten schlagen möchte oder das Buch vor Wut an die Wand donnern mag. Ich bin ganz ehrlich: Hätte mein 14-Jähriges Ich dieses Buch gelesen, wäre es wohl verunsichert und verängstigt gewesen. Die Charaktere sind teilweise für ihre 18 Jahre extrem kindisch, dann wieder extrem sexistisch. Auf der einen Seite wird sexuelle Selbstbestimmung gepredigt (Keely soll warten, bis es sich richtig anfühlt), gleichzeitig wird gepredigt, dass Jungfrausein schlimm ist (Keely soll Dean bloß nicht sagen, dass sie Jungfrau ist).

Dean. Ein sehr gutes Thema. Dean ist ein plötzlich auftauchender Love Interest, der anders als alle anderen Typen von der Highschool sofort Interesse an Keely bekundet. Wieso? Weiß man nicht. Dean ist so eindimensional, dass es wehtut. Es ist von Anfang an unsympathisch und man hat das Gefühl, Keely findet ihn nur toll, weil er so anders ist als die Highschooler. Dabei zeigt Dean unglaublich unangenehme Tendenzen, mehrfach macht er sich an Keely ran, obwohl sie nicht will. Er drängt Keely dazu, ihm das Versprechen zu geben, beim Abschlussball mit ihm zu schlafen. Gleichzeitig weiß er natürlich nicht, dass sie Jungfrau ist. Aber es wirkt so, als hätte Dean eben auch nur eine Agenda: Sex. Das Problem? Ich habe von Anfang an nicht verstanden, wieso er Keely so toll findet. Er ist komplett anders als sie, er interessiert sich kaum für die gleichen Sachen, er will eigentlich nur mit ihr rummachen, was sie aber ja zurückweist. Es war für mich einfach das Gefühl, dass hier unbedingt Drama generiert werden sollte, denn vor allem bringt Dean natürlich Andrew auf die Palme. Gleichzeitig wird Keely aber von den Mädels gefeiert, einen Collegeguy abgeschleppt zu haben. Es ist wirr und so wenig nachvollziehbar. Vielleicht war Dean nötig, um Keelys Plan zu begründen. Denn weil sie Dean auf keinen Fall ihre Jungfräulichkeit gestehen will, möchte sie vorher „üben“ und sich Dean dann als Profi präsentieren. Diese Entscheidung führt aber nur zu Problemen und belastet die Beziehung zu Andrew sehr, einfach weil Keely das mehr als offensichtliche nicht sieht. Selbst ein Holzhammer bringt da nichts und so hatte ich irgendwann nur noch Mitleid mit Andrew und war extrem genervt von Keely.

Das Ende des Buches konnte mich nach so vielen Seiten, wo irgendwie nichts passiert ist und alles so dahinplätscherte, überhaupt nicht begeistern. Es war wo drastisch überzogen. Es passiert zu viel auf einmal, was gleichzeitig auch dazu führt, dass die Sachen teilweise nicht angemessen ausdiskutiert und ausgearbeitet werden können. So verkommen einige doch eigentlich wichtige Botschaften zu Nebensächlichkeiten. Es ist ein Ende, was irgendwie zu dieser wirren Geschichte passt und vermutlich jedem Highschoolfilm Konkurrenz machen kann. Es war nicht stimmig und enthielt zu viele spontane Wendungen, dass ich mir deutlich mehr Tiefe gewünscht hätte. Vielleicht liegt es aber auch daran, weil für mich von Anfang an klar war, wie sich die Geschichte entwickelt und ich gehofft hatte, dass sie dann zumindest nicht so lachhaft theatralisch endet.


Abschließend muss ich zu den Charakteren sagen, dass mir diese bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht zugesagt haben. Allen voran ist Keely eine anstrengende Protagonistin, die mit ihrer naiven, unbeholfenen Art sehr schnell von niedlich zu unangenehm wechselt. Ihre Gedanken haben mich irgendwann wahnsinnig gemacht, auch wenn sie vielleicht den inneren Konflikt einer Person in diesem Alter ganz gut widerspiegeln könnten. Keelys Freundinnen verdienen – mit Ausnahme von Hannah – das Wort nicht. Sie ist alles abziehbildchenhafte Highschoolmädels wie aus Girls Club, die primär damit beschäftigt sind, sich gegenseitig fertig zu machen. Hannah ist die einzig Normale, die auch offen und ehrlich zu Keely ist, zugleich aber viel zu wenig vorkommt. Die Jungs im Buch – mit Ausnahme von Andrew und Dean – sind auch so richtig schön stereotypische Prolls, wie man sie aus Highschoolfilmen kennt. Nur Bier und Sex im Kopf, feuern sich permanent gegenseitig an und sind einfach nur unsympathisch. Andrew mochte ich anfangs leider auch nicht, dies entwickelte sich im Laufe der Story aber sehr. Denn je mehr man von ihm erfährt, desto toller findet man ihn – und desto mehr Mitleid hat man, dass er die anstrengende, betriebsblinde Keely ertragen muss. Zu Dean habe ich ja eigentlich schon alles gesagt, was zu sagen ist. Er war für mich aber vermutlich das Schlimmste am ganzen Buch.

Mein Fazit

Insgesamt muss ich sagen, dass Very first time wirklich viel Potenzial hatte, aber in meinen Augen nicht abliefern konnte. Mit für ein Jugendbuch doch schwierigen Aussagen, einer gewissen Drucksituation und seinen sehr stereotypischen Charakteren konnte diese sehr vorhersehbare Story leider auf wenigen Ebenen punkten. Das Buch lässt sich schnell lesen und ist zwischendurch auch immer wieder unterhaltsam und süß, aber im Großen und Ganzen stieß mir zu viel sauer auf, als dass ich das Buch genießen konnte.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]