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Veröffentlicht am 15.09.2016

Rosamunde Pilcher + Sex + Moderne = etwas zu vorhersehbar

Kein Sommer ohne Liebe
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Keine gute Ausgangslage für Greer Hennessy, die als Location Scout dafür sorgt, dass im Kino die Schauspieler immer an den passendsten Orten zu sehen sind. Ihre Mutter ist vor kurzem an Krebs gestorben, ...

Keine gute Ausgangslage für Greer Hennessy, die als Location Scout dafür sorgt, dass im Kino die Schauspieler immer an den passendsten Orten zu sehen sind. Ihre Mutter ist vor kurzem an Krebs gestorben, ihr On-und-Off-Freund ist nur noch „off“ und ihr letztes Projekt ging aber auch so etwas von schief. Dass ihre Freundin, Stylisten CeeJay (Claudia Jean ist nicht cool genug) mit dem Regisseur-Produzenten Bryce Levy zusammenlebt, soll hoffentlich ein Glücksfall sein, auch für Greer: Bryce sucht den perfekten Ort für seinen nächsten Film „Beach Town“ – so heißt „Kein Sommer ohne Liebe“ im Original, was zumindest wesentlich weniger nichtssagend und wesentlich weniger kitschig klingt, nur am Rande. Mit Cypress Key in Florida, einer Kleinstadt, die schon deutlich bessere Tage hatte, trifft sie genau Bryce‘ Vorstellungen – leider tritt sie auch von Anfang an in so einige Fettnäpfchen, vor allem beim wichtigsten Entscheidungsträger des Ortes, Eben „Eb“ Thibideaux, Bürgermeister, Hoteleigner, Immobilienverkäufer, Werftbesitzer und Inhaber des Lebensmittelladen des Ortes (ja, der Ort ist wirklich klein und hat wirklich Geldprobleme).


Positiv überrascht war ich vom sehr amüsanten Schreibstil von Mary Kay Andrews – die Szene, in der Eb klarstellt, was er von überkandideltem Verhalten hält, weil er eine Kakerlake unbedingt entfernen soll, aber auf GAR KEINEN Fall töten darf – herrlich. Ansonsten bot das Buch eher wenige Überraschungen – wie bei Rosamunde Pilcher – Filmen (ja, auch ich habe ältere Verwandte) weiß man von Anfang an, dass diejenigen zwingend zusammenkommen, die sich zu Beginn beharken (ich habe nicht einmal den Hauch des Gefühls, hier zu spoilern). So etwas war selbst meiner Oma zu vorhersehbar... Dazu kommt, dass ich irgendwann ab der Hälfte das Gefühl bekam, die Autorin Mary Kay Andrews wollte zuviel: Greer trifft unfreiwillig auf ihren seit ihrem fünften Lebensjahr entfremdeten Vater, erfährt eine andere Sicht der Familiengeschichte, CeeJay lernt einiges über Bryce, Eben zieht seine Nichte groß, weil deren Vater (noch) im Gefängnis sitzt, Greer hat eine schrullige Omi, Eben eine ähnliche Tante, es gibt eine Intrigantin vor Ort, für die Jugend verknallt sich Ebens 17jährige Nichte am Set in den falschen Mann,….

Das hat zwei Effekte: zum einen zieht sich die Geschichte in der Mitte deutlich, zum anderen ist es einfach „zu viel“, wovon dann einiges auch deutlich in der Schwebe bleibt, während anderes plötzlich furchtbar schnell geht – die für mich zu vielen Nebenhandlungen gegen etwas mehr Tiefe bei den Haupthandlungen zu tauschen hätte nach meiner Meinung der Geschichte besser getan. Bei der gemeinsamen Leserunde teilte sich entsprechend die Leserinnenschaft in zwei grob gleich große Hälften, die einen mochten das Buch, die anderen fanden es je nachdem zu viel (e Nebenhandlungen) oder zu wenig (Romantik, Überraschung).

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Leben endet zwingend mit dem Tod – aber davor haben wir noch die Chance auf jede Menge Leben

Romeo und Romy
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„Der Konjunktiv jedoch war das Glitzerpapier auf dem Geschenk namens Leben, und riss man es ab, um nachzusehen, was es für einen bereithielt, ahnte man, dass Gott den Wunschzettel mal wieder nicht hatte ...

„Der Konjunktiv jedoch war das Glitzerpapier auf dem Geschenk namens Leben, und riss man es ab, um nachzusehen, was es für einen bereithielt, ahnte man, dass Gott den Wunschzettel mal wieder nicht hatte richtig entziffern können.“ S. 399

Genau diese Chance auf die Einlösung ihres Wunschzettels ergreift die junge Romy, als sie in der Stadt gerade mit ihrem Traum, als Schauspielerin zu arbeiten, gescheitert ist, selbst in ihrem Job als Souffleuse. Sie kehrt zurück dahin, wo sie sich immer beschützt gefühlt hat, in ihr Dorf, das fast nur noch von den Alten bevölkert wird. Sie ist hier aufgewachsen, gerade ist hier ihre Großmutter gestorben. Gelegentlich ruft noch ihr ebenfalls gescheiterter Kollege Ben an.


Im Ort scheint die Zeit stehen geblieben zu sein und Romy deckt ein seltsames Verhalten auf, zu dem eine bestimmte Art der Platzknappheit ihre schrullige Wahlfamilie veranlasst. Als sie in Erwägung zieht, zu bleiben, stößt sie jedoch nicht nur auf Gegenliebe "Lass uns hier, behalt uns im Herzen, genau wie wir dich immer im Herzen behalten. Aber du musst fortgehen." ..."die Zeit verbraucht nicht nur den Körper. Sie verbraucht auch den Geist. Für dich gibt es noch viel zu erleben, für uns nicht mehr." S. 79 Das Dorf ist wie so viele wortwörtlich am Aussterben.


Dann hat sie sie, die Eingebung, die aller Leben umkrempeln soll:
„Bau es!“ S. 107 Heraus kommt der aberwitzige Plan, ein elisabethanisches Theater aufzubauen und Romeo und Julia aufzuführen, mitten in der Provinz. Und entgegen allen Widrigkeiten. Die Erzählung ist leicht und lustig, zum Nachdenken anregend und melancholisch, traurig und fröhlich – und in jedem Falle anders, als ich selbst während der Lektüre noch erwartet hatte.

Hier irgendetwas mehr zu schreiben, birgt die Gefahr, zu viel zu verraten. Zu wenig zu schreiben hingegen könnte bedeuten, dass man diese herrlich verrückte Geschichte übersieht über die Liebe und Freundschaft, Verrat und Vertrauen, Aufgeben und Mut und den Tod und das Leben – ja, das ist viel und das störte auch einige Leser. Ich finde, dieses Buch hier „darf“ das, weil schon die Grundidee, ein ganzes Dorf, das sich verantwortlich fühlt, ein früh mutterloses Kind heranzuziehen zu einer jungen Frau und immer für sie dazu sein, gerne sein darf, nämlich einfach zu schön und viel zu selten.

Und weil es ja schon etwas macht mit den Menschen, die so plötzlich so viel wagen und tun, fragt sich nicht nur Romy im Buch: „Wann wurde der eigene Traum zum Alptraum eines anderen?“ S.485 Ich war auch schon so weit, dem Autor dieses Gepäck, dass er ihr und uns da gelegentlich aufbürdet, übelzunehmen, wäre das nicht ganz einfach so leicht, so zart, so bittersüß geschrieben: „Vor Wochen noch war der Tod eine unumgängliche Gewissheit, traurig zwar, aber nicht tragisch. Jetzt jedoch hatten sie, ohne sich dessen gewahr zu werden, begonnen, sich gegen ihn zu wehren.“ S 226 Und man kann noch so sehr darüber nachdenken, was vielleicht mit der einen oder anderen Person im Buch bei einer anderen Ausgangslage passiert wäre, und hier zitiere ich meine wunderbare Oma, die Teil von meinem Dorf war – „wenn das Wörtchen wenn nicht wär….“.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Running from the past, running to have a past - and future

Im dunklen, dunklen Wald
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Bezieht sich auf die Original-Ausgabe, die ich hier leider nicht einstellen kann

“Surgeons don’t care about people, not in a touchy-feely way. They’re like mechanics: they just want to cut them up, see ...

Bezieht sich auf die Original-Ausgabe, die ich hier leider nicht einstellen kann

“Surgeons don’t care about people, not in a touchy-feely way. They’re like mechanics: they just want to cut them up, see how they work, dismantle them. Your average surgeon’s like a little boy who takes apart his dad’s watch to see how it works and then can’t get it back together. The more skilled you get, the better you get at re-assembling the parts. But we always leave a scar.” P 275
There is certainly someone in this story who does not care about people either, because that someone does not care if people get scared or worse.
And there was somebody who did not care about Nora ten years back either, when she was sixteen and was texted from her first love to tell her good-bye. She had opted to say good-bye likewise, to her old life, her then-friends, even her then nickname “Lee” – only to return now, ten years later, to meet up for the hen-night for her then best friend Claire. But Nora was left with a scar, emotionally.
“In a dark, dark wood there was a dark, dark house;
An in the dark, dark house there was a dark, dark room;
And in the dark, dark room there was a dark, dark cupboard;
And in the dark, dark cupboard there was … a skeleton.”
Those traditional words are printed right ahead of the first chapter of this debut novel, followed but a somewhat dream-/nightmare- like short scene with someone running – for escape, for fun, to get help?

Leonora “Nora” Shaw is in a hospital.
“What has happened?
What have I done?” (p 3)

I did enjy the style of writing in this debut novel and could often solidarise with Nora, although I found some of her decisions rather hard to understand, especially her dwelling on the past. I would rather not rate it a “creepy thriller” – “tense, claustrophobic”, yes, I will take that. I did feel entertained, I liked some of the other characters such a laconic Nina. Although I consider some turns a bit foreseeable, found too many citations right from the genre, at least all of the trails were resolved. A solid ‘whodunnit’ where for a long time it’s not even clear what has really happened, but without many new ideas.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ich habe erst ein wenig gefremdelt mit diesem wundervollen Buch…

Baba Dunjas letzte Liebe
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"Auf kleinem Raum gelingt ihr [der Autorin Alina Bronsky] eine märchenhafte und zugleich fesselnd gegenwärtige Geschichte." so heißt es auf dem Klappentext des Schutzumschlages zu diesem ganz besonderen ...

"Auf kleinem Raum gelingt ihr [der Autorin Alina Bronsky] eine märchenhafte und zugleich fesselnd gegenwärtige Geschichte." so heißt es auf dem Klappentext des Schutzumschlages zu diesem ganz besonderen Büchlein. Man kann es eigentlich nicht besser zusammenfassen, es passiert gleichzeitig wenig und sehr viel im Leben der Baba Dunja. Im Alter ist die frühere medizinische Hilfsschwester in ihr Dorf zurückgekehrt, das in der sogenannten Todeszone nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl liegt. Außer ihr leben dort noch weitere Alte, manchmal nebeneinander, manchmal mit- oder sogar füreinander. In Ichform berichtet sie über dieses Leben unter mehr oder weniger skurrilen Persönlichkeiten.
So erscheint eines Tages ein Nachbar bei ihr:
„‘Ich werde dir was sagen‘, warnte er mich.
‚Ich bin ganz Ohr.‘
‚Du bist eine Frau.‘
‚Stimmt.‘
‚Und ich ein Mann.‘
‚Wenn du es sagst.‘
‚Lass uns heiraten, Dunja.‘

Ich kann mir genau vorstellen, was ihn auf Hochzeitsgedanken bringt. Er ist ein Mann und wäscht seine Sachen, wenn sie vor Schmutz steif sind, in einer Schüssel mit Haushaltsseife, um sie dann unausgespült im Garten zum Trocknen aufzuhängen. Zum Essen weicht er sich zweimal am Tag Haferflocken ein, mit verdünnter H-Milch, wenn er welche hat, und mit Brunnenwasser, wenn die Milch alle ist. …“ S. 37ff


Baba Dunja verfügt über Lebens- und Altersweisheit, viele Errungenschaften der Neuzeit hingegen interessieren sie nicht („tragbares Telefon mit Bildschirm“) – sie nützen nichts in diesem Dorf ohne fließendes Wasser, in dem alles angebaut oder umständlich herangeholt werden muss.


Der Schreibstil von Alina Bronsky ist wunderbar leicht zu lesen, oft mit leiser Ironie, liebevoll und stets voller Würde für ihre Figuren.
Ich war traurig, als die Geschichte, eher eine Novelle, zu Ende war; ungeachtet dessen habe ich doch ein klein wenig gefremdelt mit der Geschichte, weil mir nach der Lektüre noch etwas fehlte, mehr so ein Gefühl als etwas großartig greifbares: Letztendlich stellte ich fest, dass ich den Entschluss einer so klugen und zutiefst lebensbejahenden Frau, in diese Todeszone zu ziehen, nie ganz nachvollziehen kann – ich muss mich da wirklich zwingen, an ihr hohes Alter zu denken und mit zu bedenken, wie entsetzt sie auf junge, gesunde Neuzugänge im Dorf reagiert: Baba Dunjas Tschernowo ist ein Ort derer, denen die Strahlung keinen Schaden mehr zufügen kann, weil sie so alt sind oder bereits vorher krank waren, und es ist auch der Ort derer, denen die Stadt zu laut ist, zu teuer, zu eng, zu schnell und zu wenig selbstbestimmt. Baba Dunja benötigt keinen Aufbruch mehr. Sie ist angekommen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Rather A Must-Read-Book Than An Explicable Story

Etta und Otto und Russell und James
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bezieht sich auf die Original-Ausgabe, die ich leider hier nicht einstellen kann

In a nutshell: Please please please DO READ this wonderful story about Etta, her husband Otto, and Otto’s best friend and ...

bezieht sich auf die Original-Ausgabe, die ich leider hier nicht einstellen kann

In a nutshell: Please please please DO READ this wonderful story about Etta, her husband Otto, and Otto’s best friend and brother-of choice Russell, and, yes and, James – about whom only those who read the book should be allowed to learn more.

And more, trying to avoid spoiling:
Actually, it proved hard for me to write enough about this gem to lure potential readers into reading it – but to not spoil too much about its content, best, nothing at all beyond what is obvious from its title or the very first pages.

With this book, its charm is very much also just how the author manages to reveal more and more about the common history of its protagonists: how Russell came to more or less live with Otto’s numerous family despite of being the neighbors’ nephew, how many of the farmers’ children take turns at attending school, how Etta gets to that school, how the war cuts into their lives.

“I will try to remember to come back.” P. 1
If other husbands received that line they would be well aware their wife was very very angry and it would be just sarcastically. Etta means it – she loses her memory and all of their memories together. She is now 83, first thing in the morning she looks at a piece of paper with her age, name/dates for parents, sister, nephew, and husband on it – to not forget while she is walking on.

Author Emma Hooper miraculously manages to make the story evolve around the starting point in the present, when Etta embarks on her journey, at the age of 83, to finally go to the sea for the first time in her life.

The progress within the book is steady, calm, patient – you may be present while Otto, on his own, learns how to bake from Etta’s recipe cards, or follow Etta gaining experience in fishing. Some of the events are tragical, although born with stoicism; many funny, and born with just the very same attitude. The story is about love and friendship and loss and imagination and old age and dreams, it is as much a lovestory as it is a story about the war. It celebrates endurance as it does the idea to start again, fulfil your dreams. As much as the story realistically describes the hardship of farm living in pre-WWII Saskatchewan, Canada, it also has tendencies of a modern fairy tale: Some of it is mythical, magical – and leaves a lot of space for imagination and interpretation.

The author’s style is specific:
She does not use quotation marks for direct speech - to make sure the reader knows that the speaker changed, the author uses a new line – so it is easy to read this after having gotten used to it.
“Before they left, the woman whispered to Etta, while the man was looking away, scribbling, I wish I could come with you.
You can, said Etta.
I can’t, said the woman.” P. 94

The books consists of rather unusually small chapters, sometimes less than a page, even just one sentence at times, maybe three pages, with changing timeline and subject. They change in between now, with Etta and Otto and Russell old and Etta leaving; and their past, starting onward from childhood.

Some of the paragraphs kind of vary a topic like the different way any encounter Etta has on her trip might end up for her or how the content of a letter written might be – this does have an impact while you are reading it because it quite forces you into dwelling into these and many more options.

You will find pretty short sentences – and some that seemingly never end at all. You will…
Well, you will anyway only find out if you read it for yourself. Please do so.