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Veröffentlicht am 12.05.2019

Kein Thriller, Psychodrama voller Klischees mit Selbstjustiz-Moral und teils unappetitlich

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem. (Golden Cage 1)
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Ich kenne mindestens eine Frau, die bei der Scheidung auf einen finanziellen Ausgleich verzichtet hat, nur, um den Mann schnellstmöglich loszuwerden, obwohl sie nach gemeinsamer Absprache auf eine volle ...

Ich kenne mindestens eine Frau, die bei der Scheidung auf einen finanziellen Ausgleich verzichtet hat, nur, um den Mann schnellstmöglich loszuwerden, obwohl sie nach gemeinsamer Absprache auf eine volle Berufstätigkeit zu Gunsten der Kinder verzichtete. Vermutlich wird sie später in die Falle der Altersarmut fallen - dann werden genau diese Kinder für sie bezahlen müssen oder die Gesellschaft in Form von Aufstockung - viel wird es trotzdem nicht sein.
Ich kenne mindestens eine Frau, die keine Arbeit annehmen würde, die es erfordert, regelmäßig über Nacht weg zu sein - sie würden sich Sorgen darum machen, dass nächtliche Abwesenheit dazu führt, dass der Mann sie betrügt (ich klage hier NICHT die Alleinerziehende mit Kleinkindern an).
Ich kenne deutlich zu viele Frauen, die sich im Kampf um die Kilos oder das Makeup und die Kleidung hauptsächlich nach anderen Frauen richten - sie wollen ein bestimmtes Aussehen, damit andere Frauen sie als Konkurrenz empfinden und somit nicht als "leichte Beute", in deren "Revier" sie "wildern" können. Kennt jemand diesen speziellen musternden Blick von oben bis unten?
Ich habe oft erlebt, dass Frauen es nicht mögen, wenn sie sich von Frauen belehren lassen sollen, sei es als Chefin, als Trainerin, sogar als Kollegen. Wenn eine Frau einer anderen Frau widerspricht oder sie korrigiert, wird ihr das häufig nicht verziehen. Männer gehen hinterher trotzdem ein Bier trinken.
Ich kenne Frauen, die im Berufsleben stehen, kein eigenes Konto haben, nie eine Überweisung tätigen, nicht wissen, wo Verträge abgeschlossen sind.
Ich kenne Frauen, die bei einem Ehebruch des Mannes daheim ausgezogen sind und mit den Kindern in einer Mini-Wohnung wohnten, nur um ihn nicht mehr sehen zu müssen - statt den Platz für sich und die Kinder einzufordern.

Ich kenne viel zu viele Frauen, die sich in Bezug auf Finanzen und beruflichen Erfolg eher selbst im Wege stehen - oder die anderen Frauen im Wege stehen. Frauen sind untereinander oft sehr wenig solidarisch. "Sugar-Daddys" erscheinen erschreckend vielen jungen Mädchen als erstrebenswert - und "kleine Prinzessinnen" sollen rosa tragen, Spielzeug erfüllt Rollenbilder, die ich in den 70ern und 80ern nicht mehr so stark sah - MINT-Berufe werden wohl eher nicht angestrebt.
Um vollständig zu bleiben: Ich kenne auch die üblichen Witze von Männern, immer gegen Gruppen, die als schwächer empfunden werden - gerne auch gegen Frauen (wie auch in Form von Rassismus oder anderen Diskriminierungen). Ich kenne es aber nicht, dass Männer sich selbst kleinmachen, freiwillig verzichten, einander aufgrund von 5 Kilo zuviel oder einer bestimmten Krawatte missachten.

Ich habe kein Problem damit, wenn in einer Partnerschaft jemand bestimmte Aufgaben übernimmt, die ihm oder ihr einfach besser liegen - oder die er oder sie einfach nur weniger unangenehm findet. Man sollte nur sinnvoll darüber reden und finanzielle Absprachen zu Beginn treffen. Solange "er" Spagetti aus der Kombipackung mit Soße hinstellen kann, wenn sie spät nach Hause kommt, darf "sie" gerne sonst immer die Köchin sein. Und er darf gerne alle Finanzen übernehmen, wenn es einen gemeinsamen Notfallordner gibt und die Rechte und Pflichten beider vertraglich abgesichert sind. Ich brauche keinen Krampf zu Männer- und Frauenrollen, aber ich mag gerne erwachsene Menschen.

Ich finde die Grundidee dieses Buches genial. Die Umsetzung bereitet mir hochgeklappte Fingernägel.

Faye ist liebend gerne das "kleine Frauchen" für ihren großen starken tollen Jack. Der behandelt sie zwar wie Dreck, aber er hat schließlich Stress. Sie hat zwar mehr Hirn, aber er bringt das Geld ins Haus - weil sie verzichtet hat, das gemeinsame Firmenkonzept weiter mit umzusetzen. Klar, das Luxuskind kann ja nicht nur vom Kindermädchen erzogen werden, Faye muss gegenüber den anderen Luxusweibchen im Wettpink... äh, Wettbewerb um möglichst wenig Kilo, viel Blubberwasser und die richtige Markenkleidung antreten. Das erfüllt ja auch total.

Ich mochte keine der Personen, außer Chris und ein wenig Kerstin (bei älteren Frauen bin ich in Bezug auf bestimmte Rollenbilder verständnisvoller). Selbst die kleine Julienne nervte mich mit ihrem Gezicke. Auf den ersten Teil des Buches hätte ich fast komplett gerne verzichtet, höchstens Faye einige Packungen Kondome zuwerfen wollen. Ja, Sex, explizit, aber irgendwie bevorzugt unterwürfig, frustriert - und definitiv ungeschützt. Ernsthaft? Einzig die Rückblenden ließen mich auf irgendeinen Sinn hoffen,
Rückblenden auf die junge Faye, mit ganzen Zaunfeldern voller Andeutungen auf ihre Vergangenheit, mit irgendeinem tragischen Ereignis, das sich spät klärt, sonst liest ja keiner weiter.

Den zweiten Teil fand ich dann genial - Faye wacht auf und handelt. Aus der Sicht des Buchendes kippt das aber. Faye gibt es also nur als Opfer - oder sie nimmt Rache, übt Selbstjustiz, geht über Leichen.
Ja, Frauen mit bestimmten Kindheitserfahrungen, heißt es, werden leichte Opfer. Faye hatte aber gerade in der Kindheit gehandelt - wie logisch ist dann ihre Opferrolle später? Wie logisch ist, dass ihr Racheschema wirklich den Ermittlungsbehörden entgehen kann?
Wie wahrscheinlich ist es, dass sie genau in dem Moment, in dem sie Geld benötigt, DIE Geschäftsidee hat, die sie benötigt, die dann auch so schnell zu finanziellem Erfolg wird? Wie viel Mut macht das Beispiel von Faye anderen Frauen, jemanden einfach anzuzeigen? Welche Identifikation ist das für zum Beispiel eine Verkäuferin bei Aldi oder eine Krankenschwester oder selbst die Ärztin, als Idee, mit einem Partner gleichzuziehen, von dem man ausgebootet wurde? Hat jemand am Ende vergessen, was sie mit Viktor getan hat und weshalb? Wie konnte sie ihre erste Racheaktion aus der Jugend finanziell durchziehen, wie den Kontakt aufrechthalten? Wenn Jack doch so toll war, anfangs, warum war er nicht eingeweiht? Wenn klar war, aus welchem Ort Faye kam, warum hat da nie jemand nachgeforscht? Worin ergab sich die zwingende Logik, dass sowohl Henrik als auch Jack genau parallel "mutierten"? Wie wahrscheinlich war der langjährige Erfolg von Compare, wenn doch Faye als einzige den Durchblick hatte?
Und so weiter, und so fort.

Faye will Rache. Wenn Sex mit dem Gegner hilft, kein Problem. Und natürlich geht das nur schlank. Und selbstverständlich können sich fast alle anderen Frauen damit identifizieren, von einem Mann verladen worden zu sein (das geht in der Realität durchaus auch umgekehrt, also, Frau verlädt Mann, aber nun ja. Die "ich-weiß-dass-er-mich-betrügt-aber-ich-liebe-ihn-so" Version kenne ich tatsächlich nur von Frauen, aber auch die "du-willst-Papa-doch-gar-nicht-sehen-du-liebst-mich-doch" Option).

Gut geschrieben, aber irgendwie ein Klischee wie in den 80ern Joan Collins im Denver Clan. In den sexuellen Parts teils unappetitlich, es lief mir etwas zu oft Sperma an Fayes Beinen herunter (wie gesagt, Kondome?).

Warnung: Gewalt, auch sexuell. Ansonsten kein Thriller, eher ein Psychodrama mit Selbstjustiz-Moral.

Veröffentlicht am 16.04.2019

Troubled Past

Der Väter Fluch
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Ich habe die Original-Version gelesen "The Forgotten". Einer der seltenen Fälle, in denen ich den Titel der deutschen Ausgabe passender finde...

"The call was from the police. Not from Rina's lieutenant ...

Ich habe die Original-Version gelesen "The Forgotten". Einer der seltenen Fälle, in denen ich den Titel der deutschen Ausgabe passender finde...

"The call was from the police. Not from Rina's lieutenant husband, but from the police police." p 1 The shul, the makeshift synagogue Rina and her family are members with, has been vandalized. Makeshift? Well, the orthodox congregation have rent a former storefront. The place has been broken in, the books have been torn, there are spray painted insults, swastikas, photography with concentration camp victims. A silver wine cup was stolen, a kiddush cup. Rina's husband Peter Decker is sent to investigate - he has his team search hate groups along with local schools, as the last similar cases had been committed by teenagers from private high schools. But even when a very probable suspect is found, this case has come by no means to a conclusion, because in the end, there will be murder, runaways, over eager parents and parents who could not care less, drugs, and fraud. And the case will hit close to home for the Deckers.

The series is strictly police procedural, with lots of footwork, and only at the beginning of using the internet. It kept me glued to the story, I like the dry irony of the writing (sort of Philip Marlowe - style), there was some action scene in it, and lots of pages with Rina involved. The case seemed logical enough, although I kind of wonder how probable it would have been that everything would end up linked together - how many separate crimes were there in the end? Like, 5 or 6??

There has been a long break from my side between the last book in this series and now this number 13 (there are 24 books as of 2019) - I admit that I liked the first ones best and thus lost speed. Decker's wife Rina is orthodox Jew and he adapted his life along. Longer story, read books 1+2, but you might as well hop in with this one, there are enough explanations without being overly spoilers. The Deckers are a real patchwork family, with his grown daugther from his divorced ex-wife, Rina's two sons from her husband, who died of cancer, and one daughter together.The first books were rich in explaining orthodox live mostly via Peter's questions, discuss an issue and often relate this to the topical case. Then Rina sort of faded to the background - same as I faded as a reader. Since the last book, author Faye Kellerman got me back. Now this is a lot with Rina and the family - mostly Jake - and lots about genocide in general, with Treblinka in particular, plus some discussion about couples with mixed background, which in this context might even mean orthodox Jew and not Jewish enough, aka, not orthodox; or Spanish-speaking, but Cuban and Mexican. They could have taken that further, but okay.

Complaints? Hm, Rina. I do like Rina, but I sometimes wonder. I mean, some readers complain about her being "holier than holy", which I would not sign, but then, come on. She is by twelve years younger than Peter, all men who see her tend to fall in love with her or feel lust about her, and she does not care much about how she looks like, other then look modest. And sexy as she is, and bright, and educated, she only ever sees Peter, despite a detective's income, working long hours, being grumpy and patronizing, and being a tad, hm, bulky. So she just wants what every girl would want...?!

Else, pretty good. 4 solid stars

Veröffentlicht am 16.04.2019

Wissen und Wahrheit

Im Traum kannst du nicht lügen
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„Ich aber weiß es. Ich weiß, dass alles mit Sebastian begann und alles mit ihm aufhörte.“ S. 60

Maja Norberg, achtzehn Jahre alt, steht vor Gericht, angeklagt nach einem Amoklauf an ihrer Schule. Ihr ...

„Ich aber weiß es. Ich weiß, dass alles mit Sebastian begann und alles mit ihm aufhörte.“ S. 60

Maja Norberg, achtzehn Jahre alt, steht vor Gericht, angeklagt nach einem Amoklauf an ihrer Schule. Ihr beste Freundin Amanda lag am Boden des Klassenzimmers, deren Freund, der Freund von Maja, Sebastian, der Lehrer, ein weiterer Freund von Maja. Sie beobachtet, analysiert, ist dabei über ihr Alter hinaus zynisch, abgeklärt. Sie redet so eigentlich über jeden, außer über Lina, die kleine Schwester, vielleicht noch über den Großvater. Maja ist hochintelligent, eine der besten in der Klasse, beliebt. Doch sie hat auch eine andere Seite.

Das ist gleichzeitig einer der ruhigsten und packendsten Romane in diesem Genre, ich bin sehr begeistert. Genre? Nun, nicht ganz Krimi, dazu ist zu vieles eindeutig, auch wenn sich die Handlung erst langsam entpackt. Etwas Psychothriller, mehr Psychodrama, Gerichtsdrama, Beziehungsdrama. Das direkte Umfeld von Maja bleibt fern, die reichen Vorstadtkinder, die schon ihre Konfirmation in Designerkleidchen gefeiert hatten, die Drogen, der unverbindliche Sex. Auf der anderen Seite stehen die Eltern, die nichts verstehen, es bequem haben wollen, die unterschiedlichen Milieus der Mitschüler, der Bedarf nach einem Ziel, einer Richtung, die Oberflächlichkeit, das verlogene Wegsehen. An letztere Themen erinnere ich mich gut.

Autorin Malin Persson Giolito lässt ihre Ich-Erzählerin in ganz eigenem Tonfall berichten, oft schnoddrig, aber immer echt wirkend. Und am Ende des Buches bleiben die Fragen an den Leser, was hätte ich selbst getan, wann beginnt Schuld, wann ist es vorbei.

„Ich weiß die Antwort! Nein, das tust du nicht. Du weißt nichts." S. 321


Sehr beeindruckend. 5 Sterne.

Ich hatte das Buch hier durch Punkte erworben - jeden einzelnen war es wert; ich liebe Bücher, die nicht "einfach nur" ein Genre erfüllen.

Veröffentlicht am 16.04.2019

Kein Thriller, eher ein ruhiger Krimi mit psychologischem Nachbrenn-Effekt. Grandios vorgelesen

Der Mann im Park
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Ein kleines Mädchen wird tot in einer stillgelegten Fabrik gefunden, es ist 1928, Stockholm. John Sterner (sprich: Scherna; zumindest laut Hörbuch) ermittelt. Er ist routiniert, beginnt mit den üblichen ...

Ein kleines Mädchen wird tot in einer stillgelegten Fabrik gefunden, es ist 1928, Stockholm. John Sterner (sprich: Scherna; zumindest laut Hörbuch) ermittelt. Er ist routiniert, beginnt mit den üblichen Untersuchungen. Fingerabdrücke, Spurensicherung, die DNS kann man noch nicht nutzen und auch niemanden kurz mit dem Handy anrufen – ansonsten unterschied sich für mich überraschend wenig von heutigen Ermittlungen. Wer hat sie gefunden und warum, ist seine Aussage glaubwürdig, gab es Zeugen, wie kam das Mädchen dorthin, Ingrid heißt sie, mit wem hat sie sich vor ihrem Tod getroffen und wo, die Verzweiflung der Mutter, hätte der Vater, der kein Kind wollte, ein Motiv.

Sterner verspricht der Mutter, den Mord an ihrer Tochter aufzuklären, verbeißt sich immer mehr in den Fall, ermittelt erfolglos bei „den üblichen Verdächtigen“. Ein Mann im Park hat sich mit der Kleinen getroffen, ihr Geld gegeben, um Glanzbilder zu kaufen (ich nehme an, das, was ich als „Lackbilder“ kenne?). Nach Sterners vorzeitigem Ruhestand spürt ein Journalist ihn im Urlaub auf, es ist inzwischen 1953. Er möchte über ungeklärte Fälle schreiben und hat auch diesen einen, den, der Sterner nie losließ, ausgewählt. Und Sterner erinnert sich, hat Kopien der Akten, Tagebuchnotizen, taucht noch einmal tief in das Geschehen ein, erzählt. Der Mord ist kurz davor, nach nun fast 25 Jahren zu verjähren (Anmerkung: was in Deutschland bei Mord nie der Fall ist).

Der Ton ist ruhig, Sterner hat schon alles gesehen. Oft lässt der Autor den Leser am inneren Monolog des Ermittlers teilhaben, der sonst eher wortkarg ist. Eigentlich ist er emotional, hängt sehr an seiner Frau, das scheint aber mehr in seinem Inneren stattzufinden. Ich habe erstaunlich wenig das Gefühl gehabt, im „Früher“ zu sein, bis auf Hut und Anzug und die noch nicht entwickelte Technik lassen sich kaum Unterschiede wahrnehmen. Selbst die beschriebene Form des Zusammenlebens, die „Stockholmer Ehe“, bevor Sterner geheiratet hatte, die unverheiratete Mutter des Mädchens, wecken kein Naserümpfen.

Einen Thriller sehe ich hier nicht, viel „police procedural“, Mitlesen bei der Fußarbeit, mit psychologischen Ansätzen. Pontus Ljunghill lässt in seinem Debüt viel Zeit und Raum für Details, für den langsamen Fortschritt. Früh liest man aber auch aus der Sicht des Täters – nur in dessen Kopf findet zwischen ihm und Sterner eine Art Wettbewerb statt, während Sterner mir eher gegen sich zu kämpfen scheint, gegen das „Nicht-Aufklären“. Wenn einer nicht weiß, dass der andere auch ihn als Gegner wahrnimmt, ist es dann ein Wettkampf, kann es dann ein psycholgischer Spannungsroman sein?

Gelesen ist das genial von Bodo Primus, der sogar das, was als verschiedene schwedische Dialekte angekündigt wird, darstellen kann. Gehört konnte ich das haben, die Langsamkeit, dieses ruhige Voranschreiten, auch das häufige „sagte“ – was tat er, sagte er. Dieses und jenes, sagte sie. Mein alter Deutschlehrer hätte mir das um die Ohren gehauen, hier passte es. Trotzdem, gerade vom Schluss her, hat mich das .. ja was? Überrascht, umgehauen, geschockt, enttäuscht, verwundert? Irgendwie alles und nichts davon. Das ist schon definitiv ein Coup, ganz anders, aber auch irgendwie nicht alles „ganz“. Sterners Ehefrau Carolina ging mir mit ihrer Anspruchshaltung auf die Nerven, beim Täter nervte mich die Innensicht – und dieser Hass soll dann eventuell später zur Ruhe gekommen sein?

Für ruhige Stunden, gerne gehört, definitiv nicht für die klassischen Thriller-Leser. Für mich fing die eigentliche Geschichte in der Nacht nach dem Buch an, als ich über die Geschichte nach der Geschichte nachdachte. Für diesen „Nachbrenner“ 4 Sterne.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Solider Krimi, fesselt mit vielen Facetten

Justice - Alex Cross 22
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Weil einem Mitglied aus seiner Familie ein Mord und zwei Vergewaltigungen vorgeworfen werden, fährt Ermittler Alex Cross mit Großmutter, Ehefrau und zwei seiner Kinder in seinen Herkunftsort, den er aufgrund ...

Weil einem Mitglied aus seiner Familie ein Mord und zwei Vergewaltigungen vorgeworfen werden, fährt Ermittler Alex Cross mit Großmutter, Ehefrau und zwei seiner Kinder in seinen Herkunftsort, den er aufgrund der Erinnerungen aus seiner Kindheit an die Drogenvergangenheit und tragischen Tode seiner Eltern lange Jahre gemieden hatte.


Was wie ein harmloser Familienausflug beginnt, hat mich dann das ganze Buch über komplett in den Bann gezogen, inklusive einer Auflösung, mit der ich nicht im Ansatz gerechnet hatte. Ein echter „page turner“, bei der Cross‘ Familie zwischen die Fronten gerät und er selbst sich mit den Geistern seiner verdrängten Vergangenheit auseinandersetzen muss.


Patterson hat hier einen facettenreichen Krimi abgeliefert:
Rassismus in den Südstaaten der USA früher und heute, familiäre Hintergründe über den Ermittler, ein nicht unwichtiger Nebenplot und ein spannender Plot, der seinen Beginn in der Vergangenheit auch des Ermittlers hat. Mit anderen Worten: Wer einen soliden Krimi lesen möchte, der neben einer fesselnden Handlung nicht nur an der Oberfläche bleibt, sondern auch glaubhafte Einblicke bietet in sowohl bedingende gesellschaftliche Hintergründe als auch die Persönlichkeit der Ermittler, ist mit „Cross Justice“ gut bedient. Dabei schafft es James Patterson, die zu ermittelnden Gewalttaten sachlich darzustellen, ohne jedoch in ein Schwelgen in Brutalität zu verfallen. Einzig die Art und Weise des finalen Showdowns (nicht der Inhalt, der ist aufs feinste ausgetüftelt!) hätte für mich etwas weniger in Wildwestmanier ausfallen dürfen.


Das Buch ist bei weitem nicht das erste mit dem namengebenden Ermittler Alex Cross, jedoch ist es ohne Probleme auch ohne Vorkenntnisse aus den vorangegangenen Bänden zu lesen und zu verstehen – was jetzt definitiv nicht heißt, dass ich nicht in den einen oder anderen weiteren Cross-Roman zu schauen gedenke…