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Veröffentlicht am 07.01.2020

Spannend, erschreckend realistisch und sehr intelligent erzählt!

Dry
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»Kennt ihr das, dass man manchmal gar nicht weiß, wie durstig man ist, bis man den ersten Schluck trinkt?« (2%)

»Dry« hatte ich seit seinem Erscheinen auf dem Schirm, weil ich erstens, seit ich Scythe ...

»Kennt ihr das, dass man manchmal gar nicht weiß, wie durstig man ist, bis man den ersten Schluck trinkt?« (2%)

»Dry« hatte ich seit seinem Erscheinen auf dem Schirm, weil ich erstens, seit ich Scythe gelesen habe, große Stücke auf Neal Shusterman halte, und zweitens die Thematik unglaublich wichtig und gar nicht mal so undenkbar ist. Meine Erwartungen waren dementsprechend hoch, konnten aber von Shusterman und seinem Sohn mehr als getroffen werden.

Schon auf den ersten Seiten schleicht sich das unterschwellige Gefühl von Bedrohung an, das sich auf den folgenden Seiten immer mehr in die Höhe schraubt. Gemeinsam mit Protagonistin Alyssa wird man in eine andere Wirklichkeit geworfen, eine, in der das Wasser von einem Tag auf den anderen urplötzlich und ohne Warnung abgestellt wird und von jetzt auf gleich bizarre Wasserknappheit herrscht. Mit ihrem flotten, jugendlichen und intelligenten Schreibstil kreieren Neal und Jarrod Shusterman eine bedrohliche, unheilvolle Atmosphäre, die dadurch noch verstärkt wird, dass sie so erschreckend realistisch und greifbar wirkt. Hier wird wahrlich eine Zukunftsvision entworfen, die von unserer Realität nicht allzu weit entfernt zu sein scheint.

»Irgendwas fühlt sich komisch an. Ich weiß nicht genau, was es ist, aber es hängt in der Luft wie ein Geruch. Es ist die Ungeduld der Menschen vor den Kassen. Fast wie mit einem Rammbock bahnen sich die Leute mit ihren Einkaufswagen einen Weg durch die Schlangen. Es herrscht eine Art primitive Ur-Feindlichkeit, nur verdeckt von einer dünnen Schicht aus vorstädtischer Höflichkeit, die langsam fadenscheinig wird.« (3%)

Wir lesen aus der Sicht mehrerer Personen: hauptsächlich einer Gruppe Jugendlicher, die unsere Protagonisten sind, hin und wieder finden sich aber auch Sequenzen von vermeintlich zufälligen Menschen, die sich ebenfalls in irgendeiner Weise dieser Krise ausgesetzt sehen. Irgendwie hängt aber doch alles zusammen, alles spielt irgendwo eine Rolle.

»Für eine Wasserkrise gibt es keine Radarbilder. Keine Sturmfluten, keine Trümmerfelder. Der Tap-Out ist so lautlos wie Krebs.« (6%)

Die Anfänge verfolgen wir vor allem aus Alyssas Sicht, einem Mädchen, das nicht weit vom Schulabschluss entfernt ist und gemeinsam mit ihren Eltern, ihrem Onkel und ihrem kleinen Bruder die ersten Probleme zu bewältigen versucht, die unmittelbar nach Abdrehen des Wassers nicht lange auf sich warten lassen. Wir starten also in einem Umfeld, das den meisten von uns bekannt vorkommen dürfte, und verfolgen schrittweise mit, wie sich die Lage immer mehr zuspitzt. Neben Alyssa lesen wir zu großen Teilen auch aus der Sicht von ihrem Nachbarn Kelton, der schon seit Ewigkeiten in Alyssa verliebt ist und dessen Familie sich als einzige in der Gegend wirklich auf die herannahende Katastrophe vorbereitet hat: sie haben Lebensmittel- und Wasservorräte und sind nach kurzer Zeit auch noch die einzigen mit Strom. Nicht schwer zu erraten, dass das bald einige Schwierigkeiten mit sich bringt, denn je durstiger die Menschen werden, desto mehr büßen sie auch von ihrer Menschlichkeit ein.

»Wenn es ums Überleben geht, hat man keine Nachbarn!« (22%)

Mit der Zeit gewinnen wir noch zwei weitere wichtige Charaktere dazu: Auf der einen Seite haben wir Jacqui, einer draufgängerischen jungen Frau, die sich schon seit Längerem alleine durchschlägt und in leerstehenden Häusern einnistet, und auf der anderen Seite haben wir den berechnenden Henry, der jede noch so ungünstige Situation zu seinem Vorteil zu nutzen versucht. Zu fünft ergeben sie ein bunt durchwürfeltes Grüppchen, in dem Vorsicht und Misstrauen an der Tagesordnung stehen. Auch wir als Leser wissen nie, was wir von den einzelnen Figuren zu erwarten haben.

Dazu trägt auch bei, dass hier unglaubliche Charakterentwicklungen gezeichnet werden. Entwicklungen, die manchmal eine Gänsehautwelle bei mir zur Folge hatten. Man kann sich bei manchen Charakteren zwei klare Situationen herauspicken und einander kontrastiv gegenüberstellen, so klar und unerbittlich führen die Shustermans uns hier vor Augen, wie sehr wir uns angesichts einer derartigen Katastrophe verändern können, wenn sie uns zum Überlebenskampf herausfordert. Und all das geschieht durchaus glaubwürdig und realistisch und bringt einen wirklich zum Nachdenken: Würde ich mich in der Situation genauso verhalten, wenn meine Werte von jetzt auf gleich verschoben wären? Wenn in meinem Kopf nichts anderes Platz hätte als der Wunsch nach Wasser? Unmöglich, diese Fragen zu beantworten, wenn man sich der Situation nicht selbst ausgesetzt sieht.

Das Leseerlebnis, das durch einige herausstechende Momente, die besonders berühren, erschrecken, Gänsehaut oder Tränen auslösen, sehr intensiv wird, ist auch deshalb so eindrucksvoll, weil die Autoren so viele intelligente, philosophische Gedankengänge und interessantes Wissen einstreuen, sodass man sich als Leser nebenbei auch noch weiterbilden kann. Was passiert, wenn der Ausnahmezustand ausgerufen wird? Wie lange kann man ohne Wasser überleben? Wie fühlt es sich an, zu verdursten?

»Wir kennen alle dieses Gefühl, wenn man nur für den Bruchteil einer Sekunde überlegt, sein Auto in den Gegenverkehr zu steuern. Oder von einem Balkon zu springen. […] Natürlich würde man keins dieser Dinge tatsächlich tun, doch das Gefühl ist da, wie ein Wind im Rücken, der einen sanft drängt, wenn man am Rand einer Klippe steht. […] Mein Psychiater […] nennt dieses Gefühl „den Ruf der Leere“. Es ist ein reales Phänomen […].« (32%)

»Dry« hat bei mir nicht selten einen Nerv getroffen, mich schockiert, überrascht und berührt, aber mich haben vor allem die vielen eingestreuten Informationen und philosophischen Gedanken beeindruckt.
Das einzige, an dem ich ein klein bisschen etwas auszusetzen habe, ist das Ende, das man fast schon als flott und schonend bezeichnen kann. Es geht am Ende alles sehr schnell und vergleichsweise positiv vonstatten, was ich mir bei dem Gesamtbild anders vorgestellt hätte. Man darf aber nicht vergessen, dass es sich hier um ein Jugendbuch handelt und dafür finde ich die erschreckenden Ausmaße einer derartigen Krise angemessen dargestellt. Nicht zu harmlos und beschönigend, aber auch nicht zu verstörend und trostlos. Mit Blick darauf kann ich darüber hinwegsehen und mein insgesamt begeisterter Eindruck wird davon nicht getrübt.

Fazit

Ich bin also wieder einmal völlig hin und weg. Wer nach einem Shusterman-Buch greift, kann sich sicher sein, dass er nicht nur zu seiner bloßen Unterhaltung liest, sondern auch noch mit spannendem, interessantem Wissen gefüttert und zum Nachdenken angeregt wird. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung an absolut jeden Leser über 14. Volle Punktzahl!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.12.2019

Schwankend. Von witzig über cringey zu nervig ist alles dabei. Für zwischendurch ok!

Flirting with Fire (Saving Chicago 1)
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Ich muss gestehen, ich hatte recht bescheidene Erwartungen an das Buch. Im Grunde genommen war das ganz gut, da ich es dadurch etwas positiver wahrgenommen habe, als wenn ich mit hohen Erwartungen herangegangen ...

Ich muss gestehen, ich hatte recht bescheidene Erwartungen an das Buch. Im Grunde genommen war das ganz gut, da ich es dadurch etwas positiver wahrgenommen habe, als wenn ich mit hohen Erwartungen herangegangen wäre: So empfinde ich „Flirting with Fire“ als mittelmäßig gut – eine seichte Lektüre für zwischendurch, die mit ein paar Szenen aufwartet, bei denen ich eher peinliches Unbehagen empfunden habe, als sie zu genießen. Nun ja. Wer eine originelle Liebesgeschichte sucht, die sich von der Masse abhebt, wird hier leider nicht fündig.

Mich hat das Cover auf das Buch aufmerksam werden lassen, weil der Kontrast zwischen der orange-gelben Schrift und dem dunklen Shirt des Mannes, der vermutlich Mauro darstellen soll, einfach klasse aussieht. Das Cover ist ein totaler Eye-Catcher und ist gut darauf abgestimmt, dass Mauro Feuerwehrmann ist. Das Pseudonym der Autorinnen hat bei meiner Leseentscheidung keine Rolle gespielt, da mich die Klappentexte ihrer anderen Bücher bisher nicht so wirklich angesprochen haben. Der hier war diesmal eine Ausnahme, weil ich Geschichten, in denen die Protagonisten eine kleine Vorgeschichte haben, sehr gerne lese.

In der Leseprobe hatte ich den nervigen Eindruck, dass Maddie in der Vergangenheit etwas zu viel Mitleid mit sich selbst hat. In fast jedem zweiten Satz fällt die Äußerung, dass sie nicht dem Schönheitsideal entspricht, dass Mädchen wie sie nicht ins Rampenlicht gehören und dass sie ihre Freundin Lauren davon abhält, beliebt zu sein. Ich hatte so sehr darauf gehofft, dass sie in der Zukunft selbstbewusster auftritt, weil das meiner Meinung nach immer guter Stoff ist, um eine Geschichte zu füllen.

Haben sich meine Hoffnungen erfüllt? Geht so. Madisons Unsicherheit lauert immer noch dicht unter der Oberfläche und sorgt vor allem am Ende noch für (in meinen Augen) unnötiges, konstruiertes Drama. Das wäre natürlich überhaupt nicht schlimm (sondern sogar realistisch), wenn eine Charakterentwicklung zu beobachten wäre, aber das ist nicht der Fall. Am Ende gelangt sie auf einmal (!) doch noch zu weltbewegenden Erkenntnissen (nämlich, dass man sich von seinen Ängsten und Unsicherheiten nicht aufhalten lassen darf). Mauro scheint seine Versicherungen, dass er Maddies Inneres liebt und ihr Äußeres nur eine geringere Rolle spielt, ernst zu meinen, aber bei Maddie scheint diese Sache mit der inneren Schönheit auch am Ende noch nicht angekommen zu sein. Das finde ich irgendwie schade, denn wenn man das Thema schon anschneidet und die Protagonistin damit ein bisschen zu kämpfen hat, sollte da schon noch irgendeine Entwicklung stattfinden. Finde ich jedenfalls.

Abgesehen davon ist Maddie als Protagonistin … recht gewöhnlich. Hin und wieder ist sie ganz witzig, dann nervt sie ein-, zweimal (vor allem am Ende) und ja, im Großen und Ganzen: Ich werde sie wohl bald schon wieder vergessen, weil sie weder positiv noch negativ herausgestochen ist.

Das Gleiche gilt leider auch für Mauro, denn das Einzige, was mir bei ihm wohl im Gedächtnis bleiben wird, ist die Tatsache, dass er seine zuvorkommende Gentleman-Einstellung etwas zu ernst nimmt und mit der Romantik gerne übertreibt. Da bittet er Maddie doch jedes Mal im Wagen sitzen zu bleiben, bis er ihr die Beifahrertür öffnet – wie bizarr ist das denn? Und dann gibt er ein paar Bemerkungen von sich, die so schmalzig und in der jeweiligen Situation teilweise sogar recht deplatziert sind, dass es mich in diesen Momenten ein bisschen geschüttelt hat. Ich bin echt kein Romantik-Allergiker, aber manches ist halt einfach drüber und stört den Lesefluss. So hätte ich diese Aktion am Ende – Stichwort „Wir bereinigen die Vergangenheit“ – auch nicht gebraucht, denn das war für mich der reinste Cringe-Moment.

Die Nebencharaktere sind noch eine Erwähnung wert, denn: Sie sind grausig. Ganz vorne mit dabei sind Lauren und Luca, bei denen ich echt den Eindruck bekommen habe, dass sie sich in ihrer Unausstehlichkeit immer wieder zu überbieten versucht haben. Lauren ist unglaublich nervig und handelt auf dem Niveau eines Kleinkinds und Luca benimmt sich mit seinen 27 Jahren (!!!) wie ein maximal 15-jähriger pubertärer Teenager. Ich werde mich so weit wie möglich von deren Geschichte fernhalten. Der einzige Charakter (von Mauros Eltern mal abgesehen), der mir wirklich positiv aufgefallen ist, ist Cristian. Er kommt sogar noch besser weg als Maddie und Mauro, weshalb seine Geschichte ganz interessant sein könnte.

Aber zurück zu Mauro und Maddies Geschichte: Wenn man über die kleinen, erwähnten „Aussetzer“ hinwegsehen kann, dann bekommt man hier eine ganz unterhaltsame Liebesgeschichte, die sich schnell weglesen lässt, wenig Tiefe aufweist und keine Überraschungen bietet. Man weiß recht früh, was (oder wer) den beiden Steine in den Weg legen wird, und ja, es ist schon fast enttäuschend, wie sehr sich hier an bekannte Muster geklammert wird. Die Gefühle zwischen Mauro und Maddie wachsen recht schnell, ich fand sie aber überraschenderweise doch recht glaubwürdig, auch wenn man hier nicht erwarten darf, dass man emotional weggefegt wird. Außerdem war es irgendwie merkwürdig, wie oft sie sich beiläufig (wenn auch indirekt) sagen, dass sie sich lieben, und Mauro immer noch „Angst“ vor einem Liebesgeständnis hat. Besagte Liebesgeständnisse gehen am Ende dann auch so nebensächlich von der Hand, sodass man sich eigentlich nicht wundern muss, warum man als Leser emotional nicht wirklich mitgerissen wird. Das Knistern und die Schmetterlinge haben mir komplett gefehlt, sodass ich die Sexszene sogar eher in die Cringe-Kategorie einordnen würde. Ich konnte mich leider überhaupt nicht darauf einlassen.

„Durchschnitt“ trifft es eigentlich recht gut. Man kann über alle erwähnten Kritikpunkte hinwegsehen, wenn man seine Erwartungen herunterschraubt und sich einfach berieseln lässt. Ich kam trotz Leseflaute gut durch die Seiten und habe mich nie gelangweilt, auch wenn beim Weglegen des Buches wegen der fehlenden Spannung kein richtiger Drang da war, unbedingt weiterlesen zu wollen.

Fazit

Wenn man sich oft in dem Genre bewegt, dann hat man so eine Liebesgeschichte garantiert schon mal gelesen. Das Rad wird hier nicht neu erfunden und es wird sich fast schon akribisch an altbewährte Muster geklammert, sodass man keine Überraschungen erwarten sollte. Ein bisschen enttäuschend fand ich die fehlende Charakterentwicklung der Protagonistin, Mauros romantische Ader war etwas too much und Lauren und Luca waren als Nebencharaktere zum Weglaufen schrecklich. Aber: Wenn man über all das hinwegsieht, ist die Geschichte trotzdem unterhaltsam und gelegentlich sogar wirklich ganz witzig, sodass sie sich als Lückenfüller für zwischendurch anbietet. Von mir gibt es durchschnittliche 3 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.11.2019

Einfühlsam, authentisch und inspirierend, mit leider vor sich hin plätscherndem Mittelteil.

Und dann kamst du
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»Und dann kamst du« hat mich sowohl vom Cover als auch vom Klappentext her auf Anhieb angesprochen, weil beides eine vielversprechende, süße und berührende Liebesgeschichte andeutet. Claires Geschichte ...

»Und dann kamst du« hat mich sowohl vom Cover als auch vom Klappentext her auf Anhieb angesprochen, weil beides eine vielversprechende, süße und berührende Liebesgeschichte andeutet. Claires Geschichte als Liebesgeschichte abzufertigen, ist aber der falsche Ansatz, denn eigentlich nimmt besagte Liebesgeschichte nur einen winzigen Teil des Buches ein. Vielmehr geht es um die Suche nach sich selbst, wie man es bewerkstelligt, den Tod eines geliebten Menschen zu verarbeiten, und wie man den Mut aufbringt, Neues zu wagen. Die Charakterentwicklung von Claire steht klar im Vorderpunkt und wird auf einfühlsame, authentische und inspirierende Weise behandelt.

Den Titel »Und dann kamst du« halte ich für perfekt gewählt, denn er fängt schön ein, worum es geht: Die schicksalhafte Begegnung mit einem Fremden, die so viel Eindruck bei unserer Protagonistin hinterlässt, dass sie sich vornimmt, ihn zu finden, entpuppt sich als der Anstoß, der sie nach dem tragischen Tod ihres Bruders aus ihrem Schneckenhaus herausholt. Die Suche nach Sam vermischt sich schließlich mit der Suche nach sich selbst, denn nachdem sie sich zuvor immer nur als Hälfte eines Zwillingspaares definiert hat, ist es nun an der Zeit, herauszufinden, wer sie als Individuum ist.

Der Schreibstil des Buches liest sich sehr angenehm und ist vor allem am Anfang und am Ende sehr berührend. Claires Trauer angesichts des Todes ihres Bruders ist beim Lesen auf mich übergegangen, weil Heike Abidi sie eindringlich und glaubwürdig beschreibt. Allgemein behandelt sie die Thematik der Trauerbewältigung feinfühlig und authentisch, sodass man sich als Leser nicht nur gut in Claire hineinversetzen kann, sondern gleichzeitig auch Mut und Hoffnung schöpft. Claires Persönlichkeit leistet dazu ihr Übriges, denn sie ist nicht nur sympathisch, sondern auch sehr selbstreflektiert, was für ihren Entwicklungsprozess enorm wichtig ist.

Ihre ständige Selbstreflexion lässt mich darum auch verzeihen, dass ich gelegentlich einen etwas grenzwertigen Eindruck von ihrem Verhalten bekommen habe. In Bezug auf Sam verhält sie sich leicht „stalkerhaft“, was bei mir immer wieder etwas Unbehaglichkeit ausgelöst hat. Deshalb graute es mir ein wenig vor Sams Reaktion, denn ich persönlich hätte Claires Verhalten wohl reichlich merkwürdig gefunden. Das wurde dadurch wett gemacht, dass sich Claire dessen bewusst ist und ihr Handeln stets reflektiert. Unzurechnungsfähig ist sie also definitiv nicht, ihr Verhalten ist Ausdruck ihrer Trauer und das macht ihre leichte „Besessenheit“ von Sam zumindest verständlich.

Sowohl der Anfang als auch das Ende des Buches haben mir sehr gut gefallen, denn beide Abschnitte bieten sowohl traurige als auch schöne Momente, die mich berühren konnten. Im Mittelteil (und damit leider auch im größten Teil des Buches) konnte der Funke aber leider nicht auf mich überspringen. Die Handlung ist realistisch, aber vielleicht sogar zu realistisch, denn sie plätschert recht ruhig vor sich hin. In diesem Abschnitt fehlten mir eindeutig Spannung und große Emotionen, es war alles zu „gewöhnlich“. Gelangweilt habe ich mich beim Lesen zwar nicht, aber es war leider auch nicht der Drang da, unbedingt weiterlesen zu wollen.

Mein eigentlich rundum positiver Eindruck vom Ende wurde dann zwar nochmal durch eine winzige Kleinigkeit getrübt, weil sie für mich etwas zu viel und diesmal vielleicht sogar unrealistisch war, aber das Buch hinterlässt ein schönes Gefühl und spendet im Rückblick sowohl Hoffnung als auch Mut. Vor allem Schülern, die kurz vor dem Abschluss stehen und vielleicht noch nicht wissen, was sie werden möchten, vermittelt das Buch sehr schön, dass man sich deshalb nicht stressen sollte und man seinen Weg schon finden wird.

Fazit

»Und dann kamst du« bietet wirklich schöne, Mut und Hoffnung spendende, inspirierende und authentische Momente auf, weil Heike Abidi sehr einfühlsam von Claires Trauerbewältigung und ihrer Suche nach sich selbst erzählt. Aufgrund des ruhigen, eher vor sich hin plätschernden Mittelteils ist mein Gesamteindruck aber leider etwas getrübt, sodass es für mich nur 3,5 Sterne mit leichter Tendenz nach oben sind.

Veröffentlicht am 04.11.2019

Spannende Ausgangssituation, aber leider zu viel Sex und wenig Story!

KEEP
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Vor »KEEP« habe ich bereits »STAY« und »HOLD« gelesen, wobei ich von »STAY« ungemein positiv überrascht war, während mir »HOLD« leider überhaupt nicht gefallen hat. »KEEP« nimmt jetzt, wie es auch der ...

Vor »KEEP« habe ich bereits »STAY« und »HOLD« gelesen, wobei ich von »STAY« ungemein positiv überrascht war, während mir »HOLD« leider überhaupt nicht gefallen hat. »KEEP« nimmt jetzt, wie es auch der Reihenfolge entspricht, die Rolle dazwischen ein, denn für mich bleibt »STAY« in dieser Reihe immer noch ungeschlagen. Nichtsdestotrotz ist »KEEP« ein solider Nachfolger.

Die Bände lassen sich unabhängig voneinander lesen, aber das Eintauchen in die Geschichten macht doch mehr Spaß, wenn man die einzelnen Charaktere schon ein bisschen kennt. »KEEP« dreht sich diesmal um Rubys beste Freundin Amalie und Banes Bruder Lexington. Nachdem mich der Klappentext von »HOLD« am meisten angesprochen hatte, musste ich hier jetzt aber feststellen, dass ich die Ausgangssituation in »KEEP« noch um einiges interessanter finde: Amalie und Lexington lernen sich auf einer Veranstaltung kennen und sind gleich voneinander angetan. Als er sie jedoch kurz alleine lässt, um ihr einen Drink zu holen, steht auf einmal Armstrong, sein Cousin, vor ihr, der Amalie kurzerhand vor Lex warnt und sie um ein Date bittet. Lexington gibt sich daraufhin geschlagen, in der Annahme, dass diese Beziehung wahrscheinlich eh nicht lange halten wird, muss jedoch nach einigen Monaten von der Verlobung der beiden erfahren. Auf der Hochzeit stellt sich aber heraus, dass Lex mit seiner Einschätzung gar nicht so falschlag, denn Armstrong betrügt sie noch vor den Hochzeitsansprachen. Die zutiefst gedemütigte Amalie beschließt daraufhin, die Flitterwochen auf Bora Bora alleine anzutreten, nur um festzustellen, dass auch Lex dort anzutreffen ist…

Wegen dieser wirklich sehr vielversprechenden Ausgangssituation macht die erste Hälfte des Buches ungeheuer viel Spaß. Der Schreibstil liest sich gut und flüssig und der Ton des Buches ist überwiegend leicht. Hinsichtlich des Humors ist das Buch jetzt kein Brüller, aber es ist in jedem Fall unterhaltsam.

Besonders gefallen haben mir die Protagonisten, die beide schlichtweg sympathisch sind. Amalie war eine Überraschung, denn sie ist ein richtiger Wildfang und hat sich nicht umsonst den Spitznamen »Anarchy-Amie« verdient. Sie ist tough und selbstbewusst, schlagfertig und sexuell aufgeschlossen. Wegen ihrer Vorliebe für Bad Boys hat sie sich in der Vergangenheit schon in einige Schwierigkeiten gebracht, weshalb Armstrong, der außerhalb dieses Beuteschemas liegt, auch eine sichere Wahl für sie zu sein schien, um ihre Familie nicht länger zu enttäuschen. Mir hat ihre selbstbewusste Art unglaublich gut gefallen, vor allem dann, wenn sie Armstrong die Meinung gegeigt hat, denn gegen den Typen kann man echt nur Hassgefühle entwickeln. Bei der Dreistigkeit seiner Äußerungen hätte ich ihm manchmal selbst gerne ein paar Worte vor den Latz geknallt.

Männern wie Lexington begegnet man in Liebesromanen dagegen etwas öfter, aber ich habe ihn trotzdem sehr gemocht. Er ist nach außen hin etwas »glatt«, aber Amie fällt schon beim ersten Treffen auf, dass der Schein trügt und er eigentlich genau in ihr Bad-Boy-Beuteschema fällt. Nichtsdestotrotz war ich hier sehr angenehm davon überrascht, dass Lex sofort ehrliches Interesse an Amie bekundet und dies das ganze Buch über beibehält. Ihm wird keine Bindungsphobie oder ähnliches angedichtet. Seine kecke, flirtende Art hat ihn zu einem spannenden, angenehmen Gegenpart gemacht.

Helena Hunting ist es außerdem gut gelungen, das Knistern zwischen den beiden beim Leser ankommen zu lassen. Schon von Anfang an spürt man die Chemie und die Anziehungskraft zwischen den beiden, dementsprechend fällt es überhaupt nicht schwer, mit ihnen mitzufiebern. Die Liebesszenen sind gut und knisternd geschrieben, kommen für meinen Geschmack aber zu häufig vor, was mich auch schon an »HOLD« gestört hatte. Hier ist es nicht ganz so schlimm wie im dritten Band, bei dem die Szenen irgendwann in Langeweile gipfelten, aber die emotionale Ebene der Beziehung muss leider trotzdem zurückstecken. Sehr viele, tiefgründige Gespräche haben die beiden nicht miteinander geführt oder zumindest darf der Leser ihnen nicht beiwohnen. Das fand ich etwas schade, aber man konnte als Leser immerhin trotzdem spüren, dass die beiden eine besondere Verbindung zueinander haben.

Ab der Hälfte konnte mich das Geschehen dennoch nicht mehr ganz so stark fesseln wie noch zu Beginn. Auch Amies Drama und ihre manchmal recht ausschweifenden Gedanken zu der Situation mit Armstrong und Lex waren für mich leicht grenzwertig – noch ein bisschen mehr und ich wäre wahrscheinlich bald genervt gewesen. Daran ist Helena Hunting nochmal haarscharf vorbeigeschrammt.

Sehr gut gefallen hat mir jedoch die Tatsache, dass es am Ende zwar das berühmt-berüchtigte Missverständnis gibt, von dem in Liebesromanen so gerne Gebrauch gemacht wird, das Problem jedoch reif und erwachsen gelöst und nicht zu unnötigem Drama aufgebauscht wird. Insofern ist das Ende nicht nur süß und romantisch, sondern auch erfrischend realistisch.

Fazit

Für mich kein Highlight in dem Genre, aber es ist trotzdem ein unterhaltsamer, knisternder Liebesroman mit spannender Ausgangssituation, in dem etwas mehr Wert auf Sex als auf tiefgründige Gespräche gelegt wird. Nichtsdestotrotz spürt man als Leser trotzdem, dass die beiden eine besondere Verbindung zueinander haben. »KEEP« ist um Welten besser als »HOLD«, kommt aber nicht an »STAY« heran. Von mir gibt es 3,5 Sterne mit leichter Tendenz nach oben.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Die Rückblenden lassen auf das erste Gegenwartstreffen hinfiebern - süße Lovestory!

Zu ihm
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Innerhalb von fünf Tagen habe ich vier Bücher der Autorin gelesen, weil ich von ihrem Stil total angetan bin. Ausgehend von den Büchern, die ich bisher von ihr gelesen habe (Seine Narben, Sonnengeküsst, ...

Innerhalb von fünf Tagen habe ich vier Bücher der Autorin gelesen, weil ich von ihrem Stil total angetan bin. Ausgehend von den Büchern, die ich bisher von ihr gelesen habe (Seine Narben, Sonnengeküsst, Sexy Versager) lässt sich ein gewisses Schema feststellen, nach dem die Autorin ihre Liebesromane gerne aufbaut: Basierend auf leichter Abneigung und sexueller Anziehungskraft beginnen die Protagonisten eine Affäre, die dann bei beiden in Verliebtheit gipfelt. Hier ist das aber nicht so. Überhaupt findet sich hier ein eher ungewöhnlicher Ablauf einer Liebesgeschichte, der vielleicht auch nicht jedem gefällt. Mir schon.

Der Großteil der Geschichte besteht aus dem Mini-Road-Trip von Noel und seiner besten Freundin Sarah: Die beiden erleben ein paar echt stressige Tage, an denen nahezu alles schiefgeht, und Noel erinnert sich derweil an einige Begegnungen mit Victor, mit dem er in Bezug auf Fußball in Konkurrenz steht und den er nicht leiden kann. In diesen Rückblenden kann man als Leser schon mutmaßen, was wirklich in Victors Kopf vor sich geht, während Noel sich nicht erklären kann, warum Victor so abweisend zu ihm ist. Es braucht den Mini-Road-Trip, damit ihm so manches dämmert und er endlich weiß, wie er Victor nach einem bestimmten Ereignis gegenübertreten soll.

Aufgrund dessen kommt es erst gegen Ende zu einem Treffen zwischen Noel und Victor in der Gegenwart. Ich fand das zur Abwechslung mal ziemlich interessant, da die Autorin es trotzdem nicht langweilig werden lässt, sondern dadurch sogar Spannung aufbaut. Man fiebert auf dieses Treffen hin und wird währenddessen mit ein paar Erinnerungen gefüttert, die die Vorfreude immer weiter steigern.

Was die Figuren betrifft: Sie sind typische Regina Mars-Figuren. Noel ist eine Frohnatur, die extrem von sich überzeugt, ja fast schon eingebildet ist, dadurch aber trotzdem nicht unsympathisch wird. Victor ist der grüblerische, schwer durchschaubare Part, der abweisend auftritt, damit aber nur seine schüchterne Seite verbergen möchte. Insofern stößt man hier nicht wirklich auf etwas Neues, aber sympathisch und in ihrer Kombination interessant sind sie allemal.

Woran ich diesmal etwas auszusetzen habe, ist die Glaubwürdigkeit der tiefen Gefühle, die sich die Protagonisten am Ende gestehen. Ich denke, das ist unvermeidbar angesichts der Tatsache, dass wir nur Rückblenden zu lesen bekommen, in denen die beiden sich nicht wirklich wohlgesonnen sind (zumindest nach außen hin). Natürlich fehlen dann die Szenen, in denen sie sich einander annähern und tiefgründige Gespräche führen, um sich richtig kennenzulernen. Deshalb ist die Liebe zwischen ihnen nicht wirklich nachvollziehbar und etwas überstürzt, weil einfach die Grundlage fehlt.

Das Happy End genießt man aber trotzdem, denn auch das ist in Regina Mars-Manier schlichtweg süß. Mit der dazugehörigen Kurzgeschichte „Mit ihm“ wird man dann auch noch komplett zufriedengestellt.

Fazit

Mal ein etwas anderer Handlungsablauf, als man ihn von Liebesgeschichten (vor allem von denen der Autorin) gewohnt ist – er baut Spannung für die letzten Seiten auf, hat aber auch zur Folge, dass die Glaubwürdigkeit der Gefühle etwas zurückstecken muss. Nichtsdestotrotz wieder ein süßer Liebesroman aus der Feder von Regina Mars – 3,999 Sterne, weil er etwas schwächer ist als die anderen Bücher, die ich schon von ihr gelesen habe.