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Veröffentlicht am 26.03.2020

Dieser Schreibstil. Dieses Ende. Ich brauche Band 2!

Gods of Ivy Hall, Band 1: Cursed Kiss
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Griechische Mythologie. Rachegöttinnen. Ein verbotener Kuss. Der Klappentext von »Cursed Kiss« hat mich auf Anhieb angesprochen, trotzdem habe ich versucht, meine Erwartungen angesichts einiger mittelmäßiger ...

Griechische Mythologie. Rachegöttinnen. Ein verbotener Kuss. Der Klappentext von »Cursed Kiss« hat mich auf Anhieb angesprochen, trotzdem habe ich versucht, meine Erwartungen angesichts einiger mittelmäßiger Bewertungen etwas zu drosseln. Was soll ich sagen? Das Buch hat mich in mehr als einer Hinsicht positiv überrascht, gleichzeitig kann ich aber auch die bescheideneren Bewertungen verstehen – oder zumindest leuchtet mir ein, warum gewisse Dinge manchen nicht so gefallen könnten.

Zunächst einmal zu meiner Überraschung Nummer 1. Ich hatte bisher noch nichts von Alana Falk gelesen und kannte ihren Schreibstil daher noch nicht. Ich habe mich schon innerhalb weniger Seiten in ihn verliebt. Sie schreibt unglaublich atmosphärisch, findet träumerische, fast poetische Beschreibungen für die simpelsten Dinge und zieht den Leser durch ihre bildhafte Sprache gnadenlos ins Geschehen. Vor allem die Gegenwart Hades‘, diese kalte, alles verschlingende Finsternis, kleidet sie so gekonnt in Worte, dass ich gebannt an den Seiten klebte. Ich habe mir auch die eine oder andere Textstelle markiert, weil sie so schön klang.

"Sie schweigt, ich auch. Ich weiß, dass der Moment vorbei ist. Was ich nicht weiß, ist, ob wir noch einmal die Gelegenheit bekommen werden, uns einen winzigen Splitter aus der Ewigkeit zu brechen." (S. 202)

Der Schreibstil hat es mir wirklich angetan – dazu kam die Tatsache, dass wir nicht nur aus Erins, sondern auch aus Ardens Sicht lesen und somit auch in seinen Kopf hineinschauen können. Er lässt uns zwar nicht so tief einblicken, wie es Erin tut, weil es schließlich auch noch ein paar Spannung schürende Geheimnisse geben muss, aber ich habe sehr gerne aus seiner Sicht gelesen, weil mich vor allem seine Gedanken über Erin nicht selten zum Lächeln gebracht haben. Mit ihm haben wir einen männlichen Gegenpart, wie wir ihn immer seltener in Büchern zu lesen bekommen, denn er ist ein Good Guy durch und durch. Das hat mich zu keinem Zeitpunkt gestört, im Gegenteil, ich mochte ihn sofort und habe seine hilfsbereite, verständnisvolle, aber auch frech-charmante Art sehr genossen.

Neben ihm hatte es Erin wirklich schwer, zu meinem Buchliebling zu werden, aber sie hat sich gut geschlagen. Es mag ein paar Momente geben, die sie egoistisch oder kindisch erscheinen lassen (das habe ich jedenfalls einigen Rezensionen entnommen), ich persönlich konnte ihr Handeln jedoch immer nachvollziehen. Ich habe ihre tiefe Liebe zu ihren Schwestern gefühlt, verstanden, dass sie alles für sie tun würde, und fand es klasse, wie oft sie ihr Handeln reflektiert und ihre Möglichkeiten durchdenkt. Es fiel mir nicht schwer, sie zu mögen.

Das Beste in diesem ersten Band war für mich tatsächlich die Liebesgeschichte zwischen Erin und Arden. Sie stand eindeutig im Mittelpunkt, aber ohne alles andere unwichtig werden zu lassen – sie fügt sich wahnsinnig gut in den Fantasy-Aspekt ein. Der Autorin gelingt es außerdem, die Gefühle zwischen den beiden, die tiefe Bindung, die sie nach und nach zueinander aufbauen, beim Leser glaubwürdig ankommen zu lassen. Und dann ist da noch diese knisternde Spannung zwischen ihnen, weil ihre Gefühle füreinander so offensichtlich sind, sie gleichzeitig aber keine wirkliche Zukunft haben, denn ein Kuss würde Arden zu einem Leben als seelenloser Zombie verurteilen. Diese Spannung ist so intensiv dargestellt, dass es mich teilweise echt frustriert hat – in einem durchweg positiven Sinne.

Der Fantasy-Aspekt ist durchgehend präsent und wird von der Liebesgeschichte zu keinem Zeitpunkt verdrängt, trotzdem habe ich nach dem Ende – diesem wahnsinnigen Ende – das Gefühl, dass da noch so viel mehr auf uns zukommen könnte, weil wir in Band 1 einfach noch nicht so tief drin sind.

Nach einem sehr interessanten, spannenden Start gibt es in der Mitte ein paar Längen, aber ich habe mich trotzdem zu keinem Zeitpunkt gelangweilt. Manchmal kam es mir nur so vor, als würde Erin unnötige Umwege gehen, anstatt sich dem Problem direkt anzunehmen, aber mit dem Ende ergeben auch diese Umwege einen Sinn. Was man dem Buch auf keinen Fall vorwerfen kann, ist die Tatsache, dass es nicht viel Handlung gäbe, denn es passiert ständig etwas – und manche Ereignisse sind so spannend, dass man immerzu weiterlesen möchte.

Meine zweite große Überraschung war das Ende. Ich habe mir von Anfang an so meine Gedanken gemacht, was am Ende herauskommen und wie sich alles auflösen könnte, aber zu keinem Zeitpunkt bin ich der wirklichen Auflösung auch nur nahegekommen. Ich glaube, das kann man auch gar nicht vorhersehen, weil es einfach zu komplex ist – und noch dazu gut durchdacht. Aber das Beste: Es ist so vielversprechend für den zweiten Band, der noch viel viel besser werden könnte als der Auftakt. Das ist jedenfalls mein Gefühl nach diesen krassen Enthüllungen. Schon während des Lesens der letzten Seiten habe ich die Spannung und meine Vorfreude auf den zweiten Band gespürt und das, obwohl es nicht einmal einen richtigen Cliffhanger gibt. Klar, es bleibt einiges offen, aber man könnte es so auch enden lassen (zugegeben: wenn man fies wäre). Glücklicherweise geht es noch weiter, denn ich glaube, das kann richtig richtig gut werden. Ich bin jetzt so gespannt auf Band 2 und würde ihn am liebsten sofort lesen.

Fazit

Ein wirklich guter Auftakt, der für den zweiten Band so viel verspricht und eine riesige Vorfreude schürt. Gäbe es das Ende nicht, würde ich wegen der paar Längen zu vier Sternen tendieren, so aber muss ich diese geniale Idee mit einem weiteren halben Stern belohnen (der Schreibstil hat das auch verdient!). Für mich sind es also 4,5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.10.2019

Bisher mein Highlight und sicher nicht mein letztes Buch von Regina Mars.

Sexy Versager
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Das ist jetzt mein drittes Buch von Regina Mars, das ich in mich aufgesaugt habe. Obwohl alle drei Bücher von der Grundstruktur recht ähnlich sind (Protagonisten beginnen eine Art Affäre und verlieben ...

Das ist jetzt mein drittes Buch von Regina Mars, das ich in mich aufgesaugt habe. Obwohl alle drei Bücher von der Grundstruktur recht ähnlich sind (Protagonisten beginnen eine Art Affäre und verlieben sich ineinander), hat jede Geschichte ihren eigenen Charme. Es ist doch immer irgendwie anders und wird dank immer neuer Szenen nie langweilig. Ich hatte bei dem Klappentext zu »Sexy Versager« meine Zweifel, aber letztendlich hat mir die Geschichte von Ben und Marek bisher sogar am besten gefallen.

Mit den Protagonisten hat die Autorin zwei sehr interessante Charaktere entworfen, deren Kombination zur Spannung des Buches beiträgt. Sie haben beide ein völlig falsches Bild von dem jeweils anderen, weil sie einander mit Personen assoziieren, die ihnen in der Vergangenheit ziemlich zugesetzt haben. Letztendlich zeigt sich jedoch, wie wenig sie mit den betreffenden Personen gemein haben, dass hinter Bens vermeintlich arroganter Fassade ein junger Mann steckt, der sich im Umgang mit anderen Menschen einfach nur etwas schwertut, und dass Marek nicht das eingebildete, verwöhnte Söhnchen ist, für das Ben ihn wiederum hält. Eigentlich haben die beiden sogar viel miteinander gemeinsam – auch über das Problem im Bett hinaus (in dem sie sich eigentlich sogar wieder etwas unterscheiden).

Ich mochte sowohl Ben als auch Marek sehr gerne. Bens schonungslose direkte Art (vor allem gegenüber den nervigen Kunden im Callcenter) hat mich total amüsiert, während mir Mareks Freundlichkeit und sein lockerer Umgang mit der Tatsache, dass er sich offenbar auch zu Ben hingezogen fühlt, imponiert hat. Irgendwie akzeptiert er das einfach, ist weder verwirrt noch ängstlich und geht damit schließlich auch offen um. Diese entspannte Haltung macht ihn ziemlich bemerkenswert.

Die Geschichte der beiden war voller Wohlfühlmomente. Auch wenn der Klappentext eher in Richtung oberflächliche Erotikgeschichte hindeutet, kommen hier auch die Gefühle nicht zu kurz, ja, eigentlich stehen sie sogar klar im Vordergrund. In vielen süßen Momenten, Dialogen und Gedankengängen der beiden wird sich dem Happy End der beiden genähert und ich habe bis zum Ende mit ihnen mitgefiebert.

Nach anfänglicher Skepsis ist Regina Mars für mich jetzt doch noch ein Garant für süße, amüsante und entspannende Wohlfühl-Unterhaltung geworden, bei der man einfach abschalten und sich genießend zurücklehnen kann. Schmetterlinge im Bauch und ein glücklich machendes Ende, das zum Schwärmen einlädt, sind jedes Mal vorprogrammiert. Ich werde dieses Urteil noch mit weiteren Büchern von ihr auf die Probe stellen.

Fazit

Von drei gelesenen Büchern ist Marek und Bens Geschichte für mich bisher mein persönliches Highlight von Regina Mars. Ich hatte sehr viel Spaß und freue mich auf weitere Bücher von ihr – diesmal sind es 4,5 Sterne!

Veröffentlicht am 06.09.2019

Herzklopfen bescherende Liebesgeschichte, die mit wichtigen Themen aufwartet. Schön!

Ramona Blue
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»Das Leben steht nicht immer in den Sternen festgeschrieben. Das Schicksal ist, was man selbst daraus macht.« (S. 273)

Nachdem mir Dumplin ʼ leider nur mittelmäßig gut gefallen hat, wollte ich mir bei ...

»Das Leben steht nicht immer in den Sternen festgeschrieben. Das Schicksal ist, was man selbst daraus macht.« (S. 273)

Nachdem mir Dumplin ʼ leider nur mittelmäßig gut gefallen hat, wollte ich mir bei Ramona Blue keine allzu großen Hoffnungen machen, obwohl mich der Klappentext auf Anhieb angesprochen hat. Aber diesmal muss ich wirklich sagen, dass das Buch jeden Hype verdient, denn es ist immer ein gutes Zeichen, wenn man ein Buch mit Gänsehaut und ein bisschen Nostalgie beendet.

Ramona ist über 1,90m groß, lässt sich ihre Haare von ihrer Schwester Hattie regelmäßig blau färben und wohnt mit ihrem Dad und Hattie in einem Trailer, der eigentlich viel zu klein für sie ist – vor allem, seit Hatties Freund und Vater ihres ungeborenen Kindes auch noch bei ihnen lebt. Ramona geht offen damit um, dass sie auf Mädchen steht, und zu Beginn des Buches verabschiedet sie sich von ihrem Sommerflirt Grace, die sich noch nicht geoutet hat. Die Trennung macht Ramona zu schaffen, aber von einer Fernbeziehung ist sie auch nicht wirklich überzeugt. Während sie ihren Liebeskummer wegen Grace aussitzt, zieht ihr Jugendfreund Freddie auf einmal wieder in den Ort und sie beginnen, genau dort weiterzumachen, wo sie vor acht Jahren aufgehört haben. In einem behaglichen Moment auf einer Hollywood-Schaukel stellt sich Ramonas Leben plötzlich auf den Kopf, denn, obwohl sie bisher überzeugt davon war, nur auf Mädchen zu stehen, fühlt sie sich unweigerlich zu Freddie hingezogen …

Neben der Liebesgeschichte, auf die ich mich wegen ihrer Originalität sehr gefreut habe, werden auch wichtige Themen behandelt wie Sexualität (nicht nur Ramonas, denn das Buch wartet mit mehreren LGBT-Charakteren auf), Armut, Rassismus, eine frühe Schwangerschaft, Freundschaft, Zusammenhalt, Familie, Veränderungen und die Zukunft, die manchmal ganz schön angsteinflößend sein kann. Wegen des Zusammenspiels all dieser Aspekte wirkte Ramonas Geschichte echt und lebensnah. Man wurde beim Lesen ein Teil ihrer Welt und hat mit ihr mitgefühlt.

Das ist auch deshalb der Fall, weil Ramona eine wirklich bewundernswerte Protagonistin ist, die ich sehr sympathisch fand. Sie steht zu sich, lässt sich von niemandem kleinmachen (obwohl ihre Familie/Freunde das sowieso nicht tun und man als Leser eigentlich kaum mit ablehnenden Reaktionen konfrontiert wird), gleichzeitig steckt sie aber immer wieder zurück, um ihrem Dad und ihrer Schwester unter die Arme zu greifen. Sie handelt überlegt, ist sich bewusst, wenn sie sich falsch verhält, hat dafür aber auch jedes Mal ihre Gründe. Ihre Gedankengänge in Bezug auf Freddie, ihre Sexualität oder auch ihre Schwester und deren Schwangerschaft fand ich schlichtweg authentisch, man kann sich gut in sie hineinfühlen.

Freddie kann man nicht wirklich als Gegenpart oder zweiten Protagonisten bezeichnen, wie das oft in Liebesromanen der Fall ist – weil das hier eigentlich Ramonas Geschichte und Freddie „bloß“ ein Teil davon ist. Neben Ramona war er mir der liebste Charakter: Er ist ein richtig lieber Kerl, der mich immer wieder zum Lächeln gebracht hat. Er sagt sehr süße Sachen zu und über Ramona und man kann gar nicht anders, als bei ihrer Liebesgeschichte mitzufiebern, weil sie so bezaubernd zusammen sind: Es ist ein langsames Herantasten mit ein paar schüchternen Annäherungen und einer kleinen Portion Heimlichtuerei, was mich bis zum Ende sehr gut zu unterhalten wusste. Nicht selten gab es Dialoge zwischen den beiden, die bei mir Herzklopfen und/oder unkontrolliertes Grinsen ausgelöst haben – entweder weil einer der beiden einen witzigen Kommentar abgegeben hat oder weil es ein paar Annäherungen oder Geständnisse gab, die zum Schwärmen eingeladen haben.

Auch wenn für mich persönlich die Liebesgeschichte der schönste Teil des Buches war, hat mir auch Ramonas Entwicklung unglaublich gut gefallen. Sie ist ein Mensch, der für andere zurücksteckt (vor allem für ihre eigentlich ältere Schwester Hattie), aber sie lernt im Laufe des Buches, dass sie auch das Recht auf eine eigene Zukunft hat, die sie nach ihren eigenen Wünschen gestalten kann. Das Ende hat mir sehr gut gefallen, obwohl ich erst so meine Befürchtungen hatte, dass es mich enttäuschen könnte, aber das war glücklicherweise nicht der Fall. Es hat mich mit einem nostalgischen Lächeln, einer Spur Gänsehaut und dem Wunsch zurückgelassen, mehr von Ramona, Freddie und ihren wunderbaren Freunden zu lesen. Ich werde die Autorin definitiv weiter im Auge behalten.

»Das Leben ist eine Abfolge von Konflikten, und vielleicht ist es die einzige Art, damit umzugehen, wenn man akzeptiert, dass nicht alle Probleme dazu da sind, gelöst zu werden.« (S. 350)

Fazit

Ein schönes Buch über das Meistern, aber auch Akzeptieren von Hindernissen, das mit einer originellen und Herzklopfen bescherenden Liebesgeschichte und starken Freundschaften aufwartet. Ich habe mir einige Textstellen markiert, gelacht, gegrinst und geschmunzelt und das Buch mit Nostalgiegefühlen beendet. Für mich um Welten besser als Dumplinʼ. Ich vergebe 4,5 Sterne und spreche eine klare Leseempfehlung aus.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Ein sehr guter Thriller mit ruhiger Handlung, bedrohlicher Atmosphäre und riskantem Ende. Wow!

Einer wird sterben
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Ich hatte durch den Prolog befürchtet, dass die Handlung zu schnell vorauszuahnen ist und der große Twist bereits im Prolog offengelegt wird, aber … diese Befürchtung war absolut unbegründet. Ich bin wirklich ...

Ich hatte durch den Prolog befürchtet, dass die Handlung zu schnell vorauszuahnen ist und der große Twist bereits im Prolog offengelegt wird, aber … diese Befürchtung war absolut unbegründet. Ich bin wirklich positiv überrascht und weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie ich meinen Eindruck schildern soll, ohne zu viel zu verraten. Ich versuche es trotzdem, weil das Buch eine Rezension definitiv verdient.

Die Autorin hat einen sehr angenehmen, flüssigen Schreibstil, der eine stetig bedrohliche Atmosphäre kreiert, obwohl die Handlung hauptsächlich ruhig und unaufgeregt bleibt. Ich habe mich diesbezüglich ein wenig an „The Woman in the Window“ erinnert gefühlt (was definitiv ein Kompliment ist, denn das Buch gehört zu meinen Lieblingsbüchern): Die Spannung wird nämlich vor allem durch die Angst der Protagonistin erzeugt, die auf den Leser abfärbt. Zwar ist die Handlung für kleine (und am Ende auch für große) Überraschungen gut und die Kapitel enden stets mit einem kleinen Cliffhanger, letztendlich werden die meisten Geschehnisse aber erst beunruhigend durch Stellas Reaktion auf sie. Vor allem die zwei in dem Auto sitzenden Personen sind an sich ja kaum der Rede wert – nachdem sie aber ein paar Tage dort stehen und sich nicht von der Stelle rühren, wird Stella nervös und mit ihr auch der Leser.

Dabei würde ich nicht einmal wirklich sagen, dass Stella eine sehr sympathische Protagonistin ist, mit der man aus purer Sympathie mitfühlt und bangt. Gelegentlich gab es doch ein paar Momente, da bin ich mit ihr nicht ganz einer Meinung gewesen, aber letztendlich hat die Autorin es dennoch geschafft, dass man ihre Gefühle teilt – vor allem ihre Wut auf Paul konnte ich so unglaublich gut nachvollziehen: Da durchleidet sie Todesängste und ihr Mann hält es nicht für nötig, früher nach Hause zu kommen. Das hat mich ganz schön aufgeregt.

Woraus sich Stellas Angst speist, ergibt sich durch kleine Einblicke in die Geschehnisse aus der Vergangenheit, die Umstände um das Kennenlernen von Paul und Stella und den mysteriösen Unfall. Dabei werden dem Leser nach und nach immer nur kleine Schnipsel hingeworfen, sodass man erst ganz am Ende den vollen Durchblick hat und sämtliche Zusammenhänge begreift. Die Autorin versteht es hierbei, den Leser zum Miträtseln zu animieren und auf falsche Fährten zu locken, weshalb ich am Ende wirklich ganz schön überrascht war. Mit diesem Ausgang hätte ich so überhaupt nicht gerechnet.

Es passiert selten, dass mich ein Buch dazu bringt, auf einmal alles infrage zu stellen, aber diesem ist es gelungen. Als sich der Schleier am Ende gelüftet hat, war ich zunächst etwas skeptisch, wie ich zu den Enthüllungen stehen soll. Erst hat sich Unzufriedenheit in mir ausgebreitet, was ich leider nicht näher erläutern kann, weil ich nicht spoilern möchte. Nur so viel: Die Autorin ist da einen recht riskanten Weg gegangen, der bei manchen Lesern auch definitiv nach hinten losgehen könnte. Das war bei mir erst der Fall – dann habe ich aber weitergelesen und auf einmal fand ich die Auflösung ziemlich genial. Sie ist innovativ, gut durchdacht und wirklich überraschend. Vor allem aber ist sie riskant, was auf den letzten Seiten und mit erneutem Lesen des Prologs schließlich doch noch mächtig Eindruck auf mich gemacht hat. Wegen dieses Endes werde ich mir definitiv noch weitere Bücher der Autorin vorknöpfen.

Fazit

Ich bin sehr positiv überrascht. Trotz recht unaufgeregter, aber durchgehend interessanter Handlung wird eine bedrohliche und beunruhigende Atmosphäre aufgebaut, die einen mit Stella bis zum Ende mitfiebern lässt. Durch kleine Cliffhanger am Ende der Kapitel wird die Spannung stetig hochgehalten, um schließlich mit einem sehr riskanten, überraschenden und genialen Ende aufzuwarten. Wer gerne Thriller liest, die ruhig und ohne Action eine unterschwellige Bedrohung spüren lassen, der ist hier definitiv richtig. Von mir gibt es 4,5 Sterne.

Veröffentlicht am 07.08.2019

Drachen gibt es. Anders kann ich mir die detailgetreue, authentische Darstellung nicht erklären.

Der Sommerdrache
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Klappentext

Maia ist von klein auf vertraut mit Drachen, schließlich wächst sie als Tochter des Brutmeisters in einem wolkenverhangenen Drachenhorst auf. Sie fiebert dem Tag entgegen, an dem sie ihren ...

Klappentext

Maia ist von klein auf vertraut mit Drachen, schließlich wächst sie als Tochter des Brutmeisters in einem wolkenverhangenen Drachenhorst auf. Sie fiebert dem Tag entgegen, an dem sie ihren eigenen Drachen bekommen soll. Doch kurz bevor es so weit ist, beansprucht das Militär sämtliche Jungtiere, weil an den Grenzen des Reiches ein Krieg droht. Maia weiß sich zu helfen: Als sie in den Wäldern einen von Wilderern getöteten weiblichen Drachen findet, vermutet sie, dass dort draußen ein Junges auf seine Mutter wartet. Kurzerhand macht sie sich auf die gefahrvolle Suche danach – und stößt auf ein Geheimnis, das das Schicksal des ganzen Reiches verändern könnte.

Meine Meinung

Ich bin eigentlich mehr durch Zufall auf dieses Buch gestoßen. Weil mich der Titel, das eisigkalte Cover mit der Abbildung zweier Drachen und der Klappentext angesprochen haben, ist das Buch in mein Regal gewandert und verharrte dort etwa ein Jahr. Zu Unrecht, denn es ist schlichtweg fantastisch.

Auf dem Cover befindet sich (bei mir) ein Sticker mit dem folgenden Zitat von Terry Brooks über den Autor:
„Ein Meister, wenn es um die Darstellung von Drachen geht.“
Diese Worte bringen für mich perfekt auf den Punkt, was den Leser in „Der Sommerdrache“ erwartet. Todd Lockwood erzählt uns von Drachen, als hätte er sie jahrelang beobachtet und erforscht, mit unglaublich viel Liebe zum Detail und in reiner Authentizität. Ich habe mich in die kleine Kirr und ihren beschützerischen Vater Malik sowie den kleinen Aru alias Bak-Bak verliebt und hätte selbst gerne einen kleinen Drachen, der auf meinen Schoß hüpft und mich wegen Essen anmaupt. Ungeachtet all der Gefahren, die in Maias Welt lauern, wäre ich allein wegen dieser wunderbaren Drachen gerne ein Teil von ihr.

Lockwoods Beschreibungen der Drachen, der Ungeheuer, der Menschen und der Umgebung sind sehr bildhaft und stupsen ständig die Vorstellungskraft des Lesers an. Ich hatte immer ein klares Bild der einzelnen Szenen vor Augen – abgesehen von dem großen Showdown am Ende. Da wurde es mir fast ein bisschen zu viel und ich hatte Schwierigkeiten, die ganzen Informationen zu der Umgebung zu verarbeiten. Das war aber die Ausnahme, vor allem die vielen Momente in den Höhlen sind einfach nur fantastisch beschrieben und regen das Kopfkino an.

Die Geschichte verfolgen wir – abgesehen von den zwei Prologen (das Buch ist in zwei Teile unterteilt) – aus der Sicht von Maia, die die Tochter eines Zuchtmeisters und mit Drachen daher schon seit ihrer Kindheit vertraut ist. Ich könnte mir keine bessere Protagonistin vorstellen als sie, denn sie ist nicht nur sympathisch und authentisch, sie wusste mich auch regelmäßig zu beeindrucken. Mit Maia bekommt der Leser eine sture und mutige Heldin vorgesetzt, die vor keinem Abenteuer davonläuft und ihren Widersachern erhobenen Hauptes trotzt. Gleichzeitig ist sie aber auch kein perfekter, unverletzlicher Alleskönner, sie hat auch Schwächen und macht Fehler, besitzt aber die Größe, sich diese einzugestehen.
Die anderen Figuren sind sehr facettenreich gestaltet: Figuren, die man eben noch zum Teufel gewünscht hat, erweisen sich auf einmal als überraschende Highlights, und andere, die man ins Herz geschlossen hat, lassen das aufgebaute Vertrauen durch ihr unerwartetes Handeln bröckeln. Kein Charakter ist nur schwarz oder weiß, das macht den Reiz und die Authentizität der Geschichte aus.

Die Spannung des Buches besteht in seiner rätselhaften Unvorhersehbarkeit. Wie schon erwähnt, ist Maia nicht unverletzlich, es laufen Dinge schief und kein Weg geht reibungslos vonstatten. Aufgrund dessen wird eine spannungsgeladene Atmosphäre aufgebaut, die zum Mitfiebern anregt, denn im Grunde kann alles passieren und auch Figurenlieblinge sind nicht vor einem plötzlichen Tod gefeit. Von manchen muss man sich leider auch verabschieden. Zudem ist die Welt unglaublich komplex und vielschichtig gestaltet, dass sich das Ende, das in diesem ersten Band noch nicht ansatzweise in Sicht ist, nicht vorausahnen lässt. Dafür ist die Weltkenntnis des Lesers und von Protagonistin Maia noch viel zu verschwommen. Wir müssen mit ihr herumrätseln und ihre Welt erst noch entdecken.

Neben einigen intensiven und aufregenden Kampfszenen – vor allem der ersten, aufgrund derer ich mich ein bisschen in das Buch verliebt habe – gibt es auch viele ruhige Phasen, in denen der Leser näher mit den Drachen, den Figuren und der Welt vertraut gemacht wird. Auch wenn diese nicht so (positiv) nervenaufreibend sind wie die Szenen, in denen Maia mit Ungeheuern und anderen Feinden konfrontiert wird, habe ich auch diese sehr genossen. Sie bieten eine entspannende Abwechslung und haben mich vor allem Maia und ihren Drachen Kirr, aber auch noch andere Figuren stärker ins Herz schließen lassen.

Die beiden Prologe, die nicht aus Maias Sicht, sondern aus der von Graeden, dem Sohn eines anderen Zuchtmeisters, geschrieben sind, zeigen, dass Lockwood noch viel mehr zu erzählen hat: Wir erfahren nur wenig über Grae und begegnen ihm außer in den Prologen kein einziges Mal. Aufgrund dessen kann ich mit diesen Prologen bisher nicht viel anfangen, bin aber überaus gespannt, was diesbezüglich in den nächsten beiden Bänden noch auf uns zukommt. Möglicherweise gibt es dann ja sogar eine Liebesgeschichte? Aber selbst, wenn nicht: Diese Trilogie darf man sich einfach nicht entgehen lassen!

Fazit

Das beste Buch über Drachen, das ich je gelesen habe. Lockwood ist der ultimative Drachenexperte – womöglich züchtet er sie ja im Geheimen? Ich bin wirklich begeistert. Die handlungsreichen Szenen sind spannend und nervenaufreibend, die ruhigen sind interessant und überaus unterhaltsam. Der Autor hat hier eine ganz neue Welt geschaffen, die vor genialen Ideen nur so strotzt. Ich freue mich sehr auf die nächsten Bände und vergebe 4,5 Sterne!