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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.09.2021

Mädchenhandel

Die letzte Tochter von Versailles
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Paris 1755: Veronique ist dreizehn und lebt mit der Mutter und drei Brüdern in ärmlichen Verhältnissen. Sie wird von der Mutter an einen vornehmen Herrn "in den Dienst" verschachert. Dass dieser Herr in ...

Paris 1755: Veronique ist dreizehn und lebt mit der Mutter und drei Brüdern in ärmlichen Verhältnissen. Sie wird von der Mutter an einen vornehmen Herrn "in den Dienst" verschachert. Dass dieser Herr in den Straßen von Paris nach jungen Mädchen für das Bett des Königs sucht, wird ihr verschwiegen. Für Veronique beginnt ein Leben voller Heimlichkeiten. Was dann passiert, ist vorhersehbar - sie wird schwanger, der König verliert das Interesse an ihr, das Kind wird ihr weg genommen.

Grundsätzlich ist das der Stoff für einen spannenden historischen Roman. Die langatmige Erzählweise lässt allerdings wenig Spannung aufkommen. Auch schildert die Autorin die Ereignisse so emotionslos, fast schon lapidar, dass ich keinen rechten Zugang zu den Personen bekommen konnte. Am sympathischsten ist mir da noch Köchin Hortense, sie zeigt wenigstens menschliche Regungen. Die Geschichte fühlt sich an wie eine chronologische Aneinanderreihung von Ereignissen die gekonnt mit historischem Bezug versehen wurden. Schade, aus diesem Stoff hätte man mehr machen können.

Das Cover hat mich sehr angesprochen, es passt auch perfekt zum Thema. Leider hält das Buch nicht, was das Cover verspricht. Ich liebe historische Romane sehr, sie dürfen aber gerne ein bisschen opulenter und emotionaler daher kommen. Dieser wirkt ein bisschen wie ein mit Handlung unterlegtes Sachbuch, denn die Fakten zur Revolution und die Schilderung des täglichen Lebens in dieser Zeit sind scheinbar sehr gründlich recherchiert und detailgenau geschildert.

Alles in allem kann ich nur eine eingeschränkte Leseempfehlung geben, denn wenn man seinem historischen Roman einen Bildungsauftrag zuordnet, ist man hier goldrichtig. Ich erwarte von einem Buch dieses Genres mehr Unterhaltung auf der emotionalen Ebene.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Authentisch und sehr bewegend

Der schwarze Winter
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Wir lesen die Geschichte der Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf, aus gutem Haus in Danzig stammend, die sich auf der Flucht bis nach Hamburg durchgeschlagen haben. Im Hungerwinter 1946/47 ...

Wir lesen die Geschichte der Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf, aus gutem Haus in Danzig stammend, die sich auf der Flucht bis nach Hamburg durchgeschlagen haben. Im Hungerwinter 1946/47 kämpfen sie ums Überleben. Dabei haben sie Unterstützung durch gute Freunde, müssen aber auch gegen Feinde und Neider kämpfen. Wie sie es schaffen, nicht nur zu überleben, sondern sich auch noch eine Existenz aufzubauen und anderen Menschen zu helfen, schildert Clara Lindemann sehr packend und emotional. Sie charakterisiert die Personen so einfühlsam, dass sie mir sofort nahe waren. So hat sie mich schon mit den ersten Sätzen in die Geschichte hinein geholt und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Ich habe dieses Buch in Rekordzeit verschlungen.
Besonders gefallen hat mir die Entwicklung von Silke, die sich sehr ausführlich mit ihren Fehlern in der Vergangenheit auseinandersetzt und daraus lernt. Ihre Schwester Rosemarie wird durch die sich fast überstürzenden Ereignisse erst richtig erwachsen.
Die Autorin vergisst auch nicht, das zerbombte Hamburg und die Not der Menschen eindringlich und sehr authentisch zu schildern. Da hat sie offenbar sehr gründlich recherchiert und diese Tatsachen sehr geschickt in den Roman eingebaut. Solche Geschichten lese ich immer wieder gern, denn obwohl fiktiv, sind sie gute "Augenöffner" was die Grausamkeit der Kriegsfolgen angeht.
Ich hatte bisher noch nichts von Clara Lindemann gelesen, mit diesem Werk hat sie sich jedoch in meinen Fokus gerückt. Definitiv werde ich mir kommende Werke auch gönnen.

Mein Fazit: Ein sehr spannender, bestens recherchierter Roman - uneingeschränkt lesenswert.

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Veröffentlicht am 10.09.2021

Von Anfang an spannend

Die andere Tochter
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Antonia räumt die Wohnungen von Verstorbenen in Berlin. Bei einem Arbeitsunfall verliert sie ihr Augenlicht und bekommt eine Hornhauttransplantation. Um sich bei den Angehörigen ihrer Spenderin ...

Antonia räumt die Wohnungen von Verstorbenen in Berlin. Bei einem Arbeitsunfall verliert sie ihr Augenlicht und bekommt eine Hornhauttransplantation. Um sich bei den Angehörigen ihrer Spenderin zu bedanken, reist sie nach Frankfurt. In der Familie der Verstorbenen gerät sie in einen Strudel von Ereignissen, der sie auch mit der Vergangenheit ihrer eigenen Familie konfrontiert.

Das Cover passt perfekt, denn wie bei einem Puzzle trägt Antonia Teil für Teil zusammen, um am Ende nicht nur das Geheimnis ihrer Spenderin, sondern auch ihr eigenes, traumatisches Familiengeheimnis aufzudecken. In einfühlsamem, präzisem Schreibstil gelingt es Dinah Marte Golch perfekt, mir Antonia von Anfang an nahe zu bringen, während sie die Eltern punktgenau so schildert, dass ich ihnen nicht "beigekommen" bin, ebenso bei der Familie der Hornhautspenderin in Frankfurt, die meiner Meinung nach sehr undurchsichtig ist.

Ein wesentlicher Faktor beim Spannungsaufbau ist die Erzählung auf zwei Zeitebenen. Die erste beginnt im April und gilt mehr der Suche nach dem Geheimnis der Spenderin, während die zweite, im Oktober beginnende dem Aufdecken des eigenen Familiengeheimnisses gilt.

Besonders beeindruckt hat mich, wie gründlich die Autorin zu den Themen Organtransplantation und Beutekunst recherchiert haben muss. Die in die Geschichte eingeflochtenen Fakten dazu klingen allesamt realistisch und fundiert.

Dieser Roman hat mich von Anfang bis Ende gefesselt und tief berührt. Dazu hat die ungewöhnliche, aber sehr gelungene Kombination der Themen sehr beigetragen. Es ist schon eine außergewöhnliche Idee, die Themen "Gewalt gegen Kinder", "Organtransplantation" und "Beutekunst" miteinander zu verknüpfen. In jedem Fall kann ich dieses Buch uneingeschränkt weiter empfehlen.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Zwei sehr unterschiedliche Frauen

Wellenflug
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Wir lesen die Geschichte von Aufstieg und Fall der jüdischstämmigen Familie Reichenbach vom Ende des 19. Jahrhunderts bis ins "Tausendjährige Reich" hinein. Im ersten Abschnitt geht es um die ...

Wir lesen die Geschichte von Aufstieg und Fall der jüdischstämmigen Familie Reichenbach vom Ende des 19. Jahrhunderts bis ins "Tausendjährige Reich" hinein. Im ersten Abschnitt geht es um die hochwohlgeborene Anna Reichenbach, behaftet mit anerzogenen Dünkeln und gefangen in den gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit. Im zweiten Abschnitt lesen wir die Geschichte der in kleinen Verhältnissen geborene Marie Reichenbach, die Annas missratenen Sohn Heinrich heiratet und ihm nach Amerika folgt und gerne von ihrer Schwiegermutter akzeptiert werden würde.

In flüssigem aber emotionslosem, fast schon kaltem Schreibstil erzählt uns Constanze Neumann die Geschichte ihrer eigenen Vorfahren. Ihr Schreibstil schafft eine gewisse Distanz, die es mir unmöglich gemacht hat, einen Zugang zu den Figuren zu finden. Bis zum Schluss sind sie mir fremd geblieben. Wahrscheinlich habe ich dadurch weniger aufmerksam gelesen, so dass mir der Überblick über die familiären Verknüpfungen schnell verloren gegangen ist. Hier wäre eine Auflistung der Personen oder ein Stammbaum hilfreich gewesen. Auch die zahlreichen Zeitsprünge haben nicht eben zum Lesefluss beigetragen.

Das Thema des Buches ist an sich hochinteressant, über das Leben jüdischer Familien in den Jahren vor dem Nationalsozialismus hatte ich noch nicht viel gelesen. Die Umsetzung ist jedoch ausbaufähig. Für mich liest sich das Buch wie eine Aufzählung von Ereignissen, eine rote Linie des Zusammenhangs war nicht wirklich zu erkennen. Historische Ereignisse werden zwar erwähnt, finden aber keine Beachtung im Leben der Familie Reichenbach. Aufgrund des Klappentextes hatte ich mehr historischen Bezug erwartet, mehr den gemeinsamen Kampf von Heinrich und Marie um Überleben und Anerkennung.

Die Familiengeschichte scheint zwar sehr akribisch recherchiert zu sein und mit fiktiven Ereignissen gewürzt, doch ist mir eindeutig zu wenig historischer Bezug vorhanden. Auch der distanzierte Schreibstil passt meiner Meinung nach überhaupt nicht. Deshalb kann ich leider keine uneingeschränkte Leseempfehlung geben.

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Veröffentlicht am 31.08.2021

Gute Ansätze - Ausbaufähig

Genussvoll gesund bleiben
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Christopher Crell ist wohl Koch aus Leidenschaft und gibt uns mit "Genussvoll gesund bleiben" eine Vier-Wochen-Challenge" zur gesunden Ernährung an die Hand. Zahlreiche schön bebilderte Rezepte und Schritt-für-Schritt-Anleitungen ...

Christopher Crell ist wohl Koch aus Leidenschaft und gibt uns mit "Genussvoll gesund bleiben" eine Vier-Wochen-Challenge" zur gesunden Ernährung an die Hand. Zahlreiche schön bebilderte Rezepte und Schritt-für-Schritt-Anleitungen sollen es auch für Kochanfänger einfach machen, sich an der Challenge zu versuchen. Zwischen den Rezepten gibt er Tipps aus der Praxis, begründet warum das eine oder andere Gericht einen gesundheitlichen Nutzen hat oder berichtet auch mal aus seiner beruflichen Praxis.

Der Aufbau der Challenge ist sehr strukturiert, sie soll auch für Berufstätige gut durchzuführen sein. So wird zum Anfang jeder Woche der Wochenbedarf an "Brot" gebacken, wobei es sich immer um Backpulver-Erzeugnisse handelt. Oft werden Gerichte für zwei Mahlzeiten vorbereitet. Die Auswahl der Gerichte ist manchmal ein bisschen schräg, ich würde beispielsweise nie auf die Idee kommen, mir zum Frühstück einen Kopfsalat mit Feta oder ein Omelette mit Gemüse zuzubereiten. Die Rezepte die ich ausprobiert habe, waren jedoch sehr anschaulich beschrieben und einfach umzusetzen. Mit Gewürzen geht Crell allerdings sehr sehr sparsam um!

Besonders gestört hat mich, dass zahlreiche sehr exklusive Zutaten wie Jakobsmuscheln, Perlhuhn, Entrecote etc. verarbeitet werden, die zum einen sehr teuer und zum anderen auf dem Land gar nicht oder nur schwer zu beschaffen sind. Damit ist dieses Buch weder für die Alltags- noch für die Anfängerküche geeignet.

Nachdem der Klappentext eine Ernährungsumstellung zur Stärkung des Immunsystems versprochen hatte, habe ich einen neuen Ansatz zur gesunden Ernährung erwartet. Dass dieses Buch sich nun einreiht in die lange Reihe der Low-Carb-Kochbücher hat mich doch ziemlich enttäuscht.

Mein Fazit: Leute, die auf der Low-Carb-Welle mitreiten, finden hier ein Buch mit gut umsetzbaren Rezepten und interessanten Hintergrund-Infos.

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