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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2020

Düster

Dunkler Raum
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Mit ihrem Lebensgefährten Lutz, seinem Sohn Raphael und ihrer Tochter Katharina verlässt die Lehrerin Marion den Hamburger Problemstadtteil Neuwarder und ritt ihre neue Stelle im Eliteinternat Vogelstein ...

Mit ihrem Lebensgefährten Lutz, seinem Sohn Raphael und ihrer Tochter Katharina verlässt die Lehrerin Marion den Hamburger Problemstadtteil Neuwarder und ritt ihre neue Stelle im Eliteinternat Vogelstein in der Lüneburger Heide an. Lutz' Nachbarin und beste Freundin Regina bleibt mit ihren Kindern Djib und Papaya in Neuwarder zurück. Zunächst scheint alles gut zu sein, beide Familien verbringen sogar den Urlaub zusammen, doch dann gibt es immer wieder überall auf der Welt brutale Ausschreitungen von völlig außer Kontrolle geratenen Jugendlichen. Auch Vogelstein und Neuwarder bleiben nicht verschont. Immer mehr Jugendliche müssen weggesperrt werden. Die Gesellschaft bricht auseinander, die Weltwirtschaft bricht zusammen, überall herrschen Zustände wie im Krieg. Was ist die Ursache für dieses Entarten der Kinder? Wird Lutz, der bald im Alleingang unterwegs ist, etwas dagegen tun können?

Wenig emotional, sachlich, fast schon nüchtern schildert der Autor das Leben im Hamburger Problem-Stadtteil Neuwarder und im Elite-Internat Vogelstein in der Lüneburger Heide. Diesem ersten Teil konnte ich trotz vieler Wechsel zwischen den Handlungssträngen und auch im zeitlichen Ablauf noch gut folgen. Trotzdem konnte ich mit keiner der Personen so richtig warm werden. Das liegt sicherlich daran, dass der Schreibstil doch sehr distanziert bleibt.
Am Ende lässt mich das Buch schockiert und ratlos zurück. Schockiert hat mich die ungerührte Schilderung unglaublicher Brutalität und Rohheit. Ich musste das Buch einige Male aus der Hand legen, weil mir die Bilder, die es in meinem Kopf erzeugt hat, viel zu heftig waren. Das gehört für mich ins Genre "Horror", mit dem ich eigentlich überhaupt nichts am Hut habe! Ratlos bin ich, weil ich immer noch nicht weiß, was mir der Autor überhaupt sagen will. Die Absicht, Gesellschaftskritik zu üben, ist erkennbar.Leider kratzt er aber so viele wichtige Themen an, dass ich keine Kernaussage finden konnte. Er schreibt über genmanipulierte Lebensmittel,die Gräuel des 3. Reiches, unsere Mehrklassengesellschaft, Drogenhandel, Bandenkriminalität, Atommüll, unglaublich unmenschliche Tierversuche, den Klimawandel, ja sogar die allgegenwärtige Corona-Krise hat ihren Platz gefunden. Was denn nun? Was am Ende im Gedächtnis bleibt, ist der unerträglich brutale, menschenverachtende Rachefeldzug von Lutz. Ich war wirklich froh, als ich das Buch endlich zuklappen konnte.

Mein Fazit: Dieses Buch ist wirklich nur etwas für hartgesottene Horror-Fans. Das Thema mit den außer Kontrolle geratenen Kindern ist eigentlich ein spannendes, die Bearbeitung lässt meiner Meinung nach jedoch sehr zu wünschen übrig. Deshalb nur 2 Sterne.

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Veröffentlicht am 14.09.2020

Liebe, Treue, Lügen, Verrat und Grausamkeit

Das Schicksal der Henkerin
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Das Buch ist der dritte Band einer Reihe, die die Geschichte des Henkers Melchior / der Karchersgattin Melisande erzählt. Die ersten beiden kenne ich leider nicht, so dass mir das entsprechende Hintergrundwissen ...

Das Buch ist der dritte Band einer Reihe, die die Geschichte des Henkers Melchior / der Karchersgattin Melisande erzählt. Die ersten beiden kenne ich leider nicht, so dass mir das entsprechende Hintergrundwissen fehlt.
Melisande, Rottweiler Familienmutter mit einer bewegten Vergangenheit, wird durch einen Brief nach Esslingen gerufen, um ihrem totgeglaubten Bruder zu helfen, der dort im Gefängnis sitzen soll. Obwohl auch ihr Mann auf Reisen ist, vertraut sie ihre Kinder dem Gesinde an und bricht sofort auf. Sie ahnt nicht, in welche Gefahren sie nicht nur sich, sondern ihre ganze Familie stürzt. Nach der abenteuerlichen Befreiung ihres Bruders geraten beide sehr schnell wieder in Gefangenschaft. Melisande bekommt einen unmenschlichen Auftrag, den sie erfüllen muss um ihren Bruder zu retten. Kann sie die Erfahrungen ihrer Vergangenheit nutzen, um die Aufgabe zu umgehen und ihren Bruder zu retten?

Die Geschichte beginnt mit dem Tag, an dem Melisande als junges Mädchen glaubt, ihren Bruder zusammen mit ihrer ganzen Familie verloren zu haben. Schon dieser erste Handlungsstrang ist sehr spannend aufgebaut. Drei weitere Handlungsstränge, die sich mit den Erlebnissen Melisandes, ihrer ausgerissenen Kinder und Ihres Mannes befassen und immer wieder miteinander verknüpft sind, erhöhen kontinuierlich die Spannung. Alle vier sind Kämpfernaturen, die sich trotz aller Widrigkeiten nicht vom einmal gewählten Weg abbringen lassen, solche Protagonisten sind mir immer sympathisch. Bei den Kindern allerdings haben die Autoren ein wenig zu dick aufgetragen. Kindern in diesem Alter solche umfassenden Fähigkeiten zuzuschreiben finde ich auch für einen Roman ein wenig übertrieben. Die Figur des Rudger war mir anfangs sehr sympathisch, das hat sich jedoch enttäuschend schnell geändert. Die Hassfigur ist natürlich Burckhart Wolff, der vor nichts zurückschreckt, außer vor Anstand und Moral.
Insgesamt fand ich die Geschichte weitgehend schlüssig und sehr spannend, nur im letzten Viertel war meiner Meinung nach zuerst ein bisschen viel Pech im Spiel. Auch das HappyEnd erschien mir ein wenig dick aufgetragen. Der sonst eher sachliche und sehr flüssige Schreibstil hat sich nicht mit zu ausführlichen Beschreibungen von Umgebung und Personen aufgehalten, so dass viel Platz war für Handlung und Dialoge. Daraus ergab sich ein sehr kurzweiliges Leseerlebnis, das mir die Familie Füger in ihren Abenteuern sehr nahe gebracht hat.

Mein Fazit:
Ein sehr kurzweiliger Roman, für Fans dieses Genres sehr zu empfehlen. An manchen Stellen wurde ein wenig zu dick aufgetragen, deshalb 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Der Abschluss der "Kinder der Erde"-Saga

Ayla und das Lied der Höhlen
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Ayla hat sich gut eingelebt bei Jondolars Volk, ihre Tochter wächst und gedeiht gut und sie selbst geht auf in ihrer Ausbildung zur geistlichen Betreuerin des Volkes. Dass dabei Jondolar zu kurz kommt, ...

Ayla hat sich gut eingelebt bei Jondolars Volk, ihre Tochter wächst und gedeiht gut und sie selbst geht auf in ihrer Ausbildung zur geistlichen Betreuerin des Volkes. Dass dabei Jondolar zu kurz kommt, bemerkt sie gar nicht. So kommt es beim Sommertreffen zu dramatischen Verwicklungen die sie fast ihre Liebe kosten. Erst als Ayla in große Gefahr gerät und Jondolar sie retten muss sind sie wieder in der Lage aufeinander zu zu gehen.

"Ayla und das Lied der Höhlen" ist der 6. und letzte Band der "Kinder der Erde"-Reihe von Jean M. Auel. Ich habe die vorhergehenden fünf Bände mehr als einmal gelesen, denn Aylas Geschichte hat mich sehr fasziniert. Die Autorin hat sehr gründlich recherchiert und die Menschen, ihre Lebensweise und ihre Umgebung wunderbar anschaulich beschrieben. Der 6. Band hat mich ein wenig enttäuscht, er besteht im wesentlichen aus Wiederholungen. Auf ihrer Initiationsreise sucht Ayla immer wieder heilige Höhlen auf, die immer wieder sehr ausführlich beschrieben werden. Auch wird seitenweise "Das Lied der Mutter" immer wieder in aller Ausführlichkeit zitiert. Kurz gesagt erzählt mir dieser Abschlussband leider nicht viel Neues. Spannend wird es erst im letzten Viertel, als die Beziehung zwischen Ayla und Jondolar auf dem Spiel steht.

Mein Fazit: Kein absoluter Page-Turner wie die fünf Vorgänger-Bände, aber für Fans der "Kinder der Erde"-Reihe trotzdem ein Muss, um die Geschichte rund zu machen.

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Veröffentlicht am 31.08.2020

Ein relativ unbekanntes Kapitel Berliner Geschichte

Das Lichtenstein - Modehaus der Träume
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Hedi beginnt ihr Berufsleben gegen den Willen ihrer verwitweten Mutter als Ladenmädchen im renommierten Modehaus Lichtenstein. Sie hat ein gutes Gespür für Mode und ein freundliches Wesen, deshalb ...

Hedi beginnt ihr Berufsleben gegen den Willen ihrer verwitweten Mutter als Ladenmädchen im renommierten Modehaus Lichtenstein. Sie hat ein gutes Gespür für Mode und ein freundliches Wesen, deshalb kommt sie sehr gut in dieser besonderen Welt zurecht und schließt schnell Freundschaften. Die Näherin Thea, der Konfektionär Hallmann und der Zwischenmeister Meuser sind nur ein paar davon. Als das Haus in Flammen aufgeht, fürchtet nicht nur die Eigentümerfamilie Lichtenstein um ihre Existenz, sondern auch die Mitarbeiter. Das schweißt zusammen, alle gemeinsam nehmen den Kampf um das Lichtenstein auf, obwohl die Aussichten durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges alles andere als rosig sind.

In sehr flüssigem, bildhaftem Schreibstil erzählt uns Marlene Averbeck ein interessantes Stück Berliner Geschichte, die den Kampf um Frauenrechte im beginnenden 20. Jahrhundert, die Ereignisse um den Beginn des Ersten Weltkrieges und die Lebensgeschichten von Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten mit der Geschichte eines renommierten Warenhauses verknüpft. Ich habe hier einen recht umfassenden Eindruck von den Sorgen aller Menschen, ob arm oder reich, im Berlin dieser Zeit bekommen.

Die Personen sind mir fast alle sehr sympathisch, besonders die zupackende Hedi und die Schauspielerin Ella, die so gar keine Allüren hat. Nur der "Junior" Ludwig Lichtenstein, ein Egozentriker vor dem Herrn und der Versicherungsmensch Dillinger, der ein Schmierlappen ist, tanzen aus der Reihe. Insgesamt sind sie aber alle so gut charakterisiert, dass ich sie förmlich vor mir sehen konnte.

Mein Fazit: Eine klare Leseempfehlung für alle Liebhaber historischer Romane, die im vergangenen Jahrhundert spielen und absolut verdiente fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 25.08.2020

Authentisch und berührend

Jahresringe
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Als junges Mädchen kommt Leonore auf der Flucht vor den Russen nach Lich-Steinstraß auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen. Der Bäcker Hannes gibt ihr Arbeit und ein Zuhause. Als evangelischer Flüchtling ...

Als junges Mädchen kommt Leonore auf der Flucht vor den Russen nach Lich-Steinstraß auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen. Der Bäcker Hannes gibt ihr Arbeit und ein Zuhause. Als evangelischer Flüchtling wird sie von den erzkatholischen Dorfbewohnern jedoch nur geduldet und findet keinen Anschluss, deshalb sucht sie ihre Zuflucht im Wald. Nach der Geburt ihres Sohnes Paul und der Übernahme von Hannes`Bäckerei empfindet sie das Dorf trotzdem als Heimat. Als Paul zwölf Jahre alt ist, sollen Wald und Dorf dem Tagebau weichen. Leonore stemmt sich gegen die Umsiedlung in eine seelenlose Neubausiedlung, muss aber nach sechs Jahren den Widerstand aufgeben. Paul zieht dort seine beiden Kinder Jan und Sarah groß, die später im Kampf um die Reste des Waldes - inzwischen Hambacher Forst genannt - als erbitterte Gegner gegenüber stehen.

Andreas Wagner ist ein überzeugendes Debüt gelungen. Sehr sachlich, authentisch und trotzdem berührend erzählt er nicht nur die Geschichte der Leonore Klimkeit und ihrer Familie, sondern auch von Flucht und Vertreibung nach dem zweiten Weltkrieg und vom Kampf um den Hambacher Forst. Sehr kritisch beleuchtet er die Machenschaften der Firma Rheinbraun, dem Betreiber des Tagebaus, der die Bewohner des Dorfs zur Umsiedlung nötigt. Auch mit der Zwangsevakuierung der "Baumbesetzer" die um die Reste des Waldgebiets kämpfen, setzt er sich sehr detailliert und kritisch auseinander. Hier kann man deutlich spüren, dass er sich mit diesem Thema sehr intensiv befasst hat.

Ganz besonders beeindruckt hat mich Leonore, die ganz allein auf sich gestellt nicht nur die Flucht bewältigt hat, sondern auch für Hannes und seine Mutter da war und später nicht nur ihren Sohn, sondern auch ihre Enkel großgezogen hat. Eine starke Persönlichkeit, die trotz aller Anfeindungen ihren Weg gegangen ist. Ihre Geschichte, verknüpft mit der Geschichte des Hambacher Forsts, hat mich so gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte.

Fazit: Sehr empfehlenswert für jeden, der Interesse an der neueren deutschen Geschichte hat.

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