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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2020

Liebe, Treue, Lügen, Verrat und Grausamkeit

Das Schicksal der Henkerin
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Das Buch ist der dritte Band einer Reihe, die die Geschichte des Henkers Melchior / der Karchersgattin Melisande erzählt. Die ersten beiden kenne ich leider nicht, so dass mir das entsprechende Hintergrundwissen ...

Das Buch ist der dritte Band einer Reihe, die die Geschichte des Henkers Melchior / der Karchersgattin Melisande erzählt. Die ersten beiden kenne ich leider nicht, so dass mir das entsprechende Hintergrundwissen fehlt.
Melisande, Rottweiler Familienmutter mit einer bewegten Vergangenheit, wird durch einen Brief nach Esslingen gerufen, um ihrem totgeglaubten Bruder zu helfen, der dort im Gefängnis sitzen soll. Obwohl auch ihr Mann auf Reisen ist, vertraut sie ihre Kinder dem Gesinde an und bricht sofort auf. Sie ahnt nicht, in welche Gefahren sie nicht nur sich, sondern ihre ganze Familie stürzt. Nach der abenteuerlichen Befreiung ihres Bruders geraten beide sehr schnell wieder in Gefangenschaft. Melisande bekommt einen unmenschlichen Auftrag, den sie erfüllen muss um ihren Bruder zu retten. Kann sie die Erfahrungen ihrer Vergangenheit nutzen, um die Aufgabe zu umgehen und ihren Bruder zu retten?

Die Geschichte beginnt mit dem Tag, an dem Melisande als junges Mädchen glaubt, ihren Bruder zusammen mit ihrer ganzen Familie verloren zu haben. Schon dieser erste Handlungsstrang ist sehr spannend aufgebaut. Drei weitere Handlungsstränge, die sich mit den Erlebnissen Melisandes, ihrer ausgerissenen Kinder und Ihres Mannes befassen und immer wieder miteinander verknüpft sind, erhöhen kontinuierlich die Spannung. Alle vier sind Kämpfernaturen, die sich trotz aller Widrigkeiten nicht vom einmal gewählten Weg abbringen lassen, solche Protagonisten sind mir immer sympathisch. Bei den Kindern allerdings haben die Autoren ein wenig zu dick aufgetragen. Kindern in diesem Alter solche umfassenden Fähigkeiten zuzuschreiben finde ich auch für einen Roman ein wenig übertrieben. Die Figur des Rudger war mir anfangs sehr sympathisch, das hat sich jedoch enttäuschend schnell geändert. Die Hassfigur ist natürlich Burckhart Wolff, der vor nichts zurückschreckt, außer vor Anstand und Moral.
Insgesamt fand ich die Geschichte weitgehend schlüssig und sehr spannend, nur im letzten Viertel war meiner Meinung nach zuerst ein bisschen viel Pech im Spiel. Auch das HappyEnd erschien mir ein wenig dick aufgetragen. Der sonst eher sachliche und sehr flüssige Schreibstil hat sich nicht mit zu ausführlichen Beschreibungen von Umgebung und Personen aufgehalten, so dass viel Platz war für Handlung und Dialoge. Daraus ergab sich ein sehr kurzweiliges Leseerlebnis, das mir die Familie Füger in ihren Abenteuern sehr nahe gebracht hat.

Mein Fazit:
Ein sehr kurzweiliger Roman, für Fans dieses Genres sehr zu empfehlen. An manchen Stellen wurde ein wenig zu dick aufgetragen, deshalb 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Der Abschluss der "Kinder der Erde"-Saga

Ayla und das Lied der Höhlen
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Ayla hat sich gut eingelebt bei Jondolars Volk, ihre Tochter wächst und gedeiht gut und sie selbst geht auf in ihrer Ausbildung zur geistlichen Betreuerin des Volkes. Dass dabei Jondolar zu kurz kommt, ...

Ayla hat sich gut eingelebt bei Jondolars Volk, ihre Tochter wächst und gedeiht gut und sie selbst geht auf in ihrer Ausbildung zur geistlichen Betreuerin des Volkes. Dass dabei Jondolar zu kurz kommt, bemerkt sie gar nicht. So kommt es beim Sommertreffen zu dramatischen Verwicklungen die sie fast ihre Liebe kosten. Erst als Ayla in große Gefahr gerät und Jondolar sie retten muss sind sie wieder in der Lage aufeinander zu zu gehen.

"Ayla und das Lied der Höhlen" ist der 6. und letzte Band der "Kinder der Erde"-Reihe von Jean M. Auel. Ich habe die vorhergehenden fünf Bände mehr als einmal gelesen, denn Aylas Geschichte hat mich sehr fasziniert. Die Autorin hat sehr gründlich recherchiert und die Menschen, ihre Lebensweise und ihre Umgebung wunderbar anschaulich beschrieben. Der 6. Band hat mich ein wenig enttäuscht, er besteht im wesentlichen aus Wiederholungen. Auf ihrer Initiationsreise sucht Ayla immer wieder heilige Höhlen auf, die immer wieder sehr ausführlich beschrieben werden. Auch wird seitenweise "Das Lied der Mutter" immer wieder in aller Ausführlichkeit zitiert. Kurz gesagt erzählt mir dieser Abschlussband leider nicht viel Neues. Spannend wird es erst im letzten Viertel, als die Beziehung zwischen Ayla und Jondolar auf dem Spiel steht.

Mein Fazit: Kein absoluter Page-Turner wie die fünf Vorgänger-Bände, aber für Fans der "Kinder der Erde"-Reihe trotzdem ein Muss, um die Geschichte rund zu machen.

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Veröffentlicht am 31.08.2020

Ein relativ unbekanntes Kapitel Berliner Geschichte

Das Lichtenstein - Modehaus der Träume
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Hedi beginnt ihr Berufsleben gegen den Willen ihrer verwitweten Mutter als Ladenmädchen im renommierten Modehaus Lichtenstein. Sie hat ein gutes Gespür für Mode und ein freundliches Wesen, deshalb ...

Hedi beginnt ihr Berufsleben gegen den Willen ihrer verwitweten Mutter als Ladenmädchen im renommierten Modehaus Lichtenstein. Sie hat ein gutes Gespür für Mode und ein freundliches Wesen, deshalb kommt sie sehr gut in dieser besonderen Welt zurecht und schließt schnell Freundschaften. Die Näherin Thea, der Konfektionär Hallmann und der Zwischenmeister Meuser sind nur ein paar davon. Als das Haus in Flammen aufgeht, fürchtet nicht nur die Eigentümerfamilie Lichtenstein um ihre Existenz, sondern auch die Mitarbeiter. Das schweißt zusammen, alle gemeinsam nehmen den Kampf um das Lichtenstein auf, obwohl die Aussichten durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges alles andere als rosig sind.

In sehr flüssigem, bildhaftem Schreibstil erzählt uns Marlene Averbeck ein interessantes Stück Berliner Geschichte, die den Kampf um Frauenrechte im beginnenden 20. Jahrhundert, die Ereignisse um den Beginn des Ersten Weltkrieges und die Lebensgeschichten von Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten mit der Geschichte eines renommierten Warenhauses verknüpft. Ich habe hier einen recht umfassenden Eindruck von den Sorgen aller Menschen, ob arm oder reich, im Berlin dieser Zeit bekommen.

Die Personen sind mir fast alle sehr sympathisch, besonders die zupackende Hedi und die Schauspielerin Ella, die so gar keine Allüren hat. Nur der "Junior" Ludwig Lichtenstein, ein Egozentriker vor dem Herrn und der Versicherungsmensch Dillinger, der ein Schmierlappen ist, tanzen aus der Reihe. Insgesamt sind sie aber alle so gut charakterisiert, dass ich sie förmlich vor mir sehen konnte.

Mein Fazit: Eine klare Leseempfehlung für alle Liebhaber historischer Romane, die im vergangenen Jahrhundert spielen und absolut verdiente fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 25.08.2020

Authentisch und berührend

Jahresringe
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Als junges Mädchen kommt Leonore auf der Flucht vor den Russen nach Lich-Steinstraß auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen. Der Bäcker Hannes gibt ihr Arbeit und ein Zuhause. Als evangelischer Flüchtling ...

Als junges Mädchen kommt Leonore auf der Flucht vor den Russen nach Lich-Steinstraß auf halbem Weg zwischen Köln und Aachen. Der Bäcker Hannes gibt ihr Arbeit und ein Zuhause. Als evangelischer Flüchtling wird sie von den erzkatholischen Dorfbewohnern jedoch nur geduldet und findet keinen Anschluss, deshalb sucht sie ihre Zuflucht im Wald. Nach der Geburt ihres Sohnes Paul und der Übernahme von Hannes`Bäckerei empfindet sie das Dorf trotzdem als Heimat. Als Paul zwölf Jahre alt ist, sollen Wald und Dorf dem Tagebau weichen. Leonore stemmt sich gegen die Umsiedlung in eine seelenlose Neubausiedlung, muss aber nach sechs Jahren den Widerstand aufgeben. Paul zieht dort seine beiden Kinder Jan und Sarah groß, die später im Kampf um die Reste des Waldes - inzwischen Hambacher Forst genannt - als erbitterte Gegner gegenüber stehen.

Andreas Wagner ist ein überzeugendes Debüt gelungen. Sehr sachlich, authentisch und trotzdem berührend erzählt er nicht nur die Geschichte der Leonore Klimkeit und ihrer Familie, sondern auch von Flucht und Vertreibung nach dem zweiten Weltkrieg und vom Kampf um den Hambacher Forst. Sehr kritisch beleuchtet er die Machenschaften der Firma Rheinbraun, dem Betreiber des Tagebaus, der die Bewohner des Dorfs zur Umsiedlung nötigt. Auch mit der Zwangsevakuierung der "Baumbesetzer" die um die Reste des Waldgebiets kämpfen, setzt er sich sehr detailliert und kritisch auseinander. Hier kann man deutlich spüren, dass er sich mit diesem Thema sehr intensiv befasst hat.

Ganz besonders beeindruckt hat mich Leonore, die ganz allein auf sich gestellt nicht nur die Flucht bewältigt hat, sondern auch für Hannes und seine Mutter da war und später nicht nur ihren Sohn, sondern auch ihre Enkel großgezogen hat. Eine starke Persönlichkeit, die trotz aller Anfeindungen ihren Weg gegangen ist. Ihre Geschichte, verknüpft mit der Geschichte des Hambacher Forsts, hat mich so gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte.

Fazit: Sehr empfehlenswert für jeden, der Interesse an der neueren deutschen Geschichte hat.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Mut. Entschlossenheit. Nächstenliebe.

Das Mädchen, das ein Stück Welt rettete
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Fusia, die eigentlich Stefania heißt, muss miterleben wie in ihrer Heimatstadt alle Juden in ein Ghetto eingesperrt werden. Auch Familie Diamant, bei der sie arbeitet und deren Sohn Izio, den ...

Fusia, die eigentlich Stefania heißt, muss miterleben wie in ihrer Heimatstadt alle Juden in ein Ghetto eingesperrt werden. Auch Familie Diamant, bei der sie arbeitet und deren Sohn Izio, den sie liebt, sind Juden und werden umgesiedelt. So bleibt sie ganz alleine in der Wohnung zurück und nimmt ihre kleine Schwester Helena auf, weil ihre eigene Familie in alle Winde verstreut ist. Den Kontakt zu Izio und seiner Familie lässt Fusia nicht abreißen, sie versorgt sie über den Stacheldraht hinweg mit dem Nötigsten. Als immer mehr Juden deportiert und umgebracht werden greift Fusia die Idee von Izios Bruder Max auf und beschafft eine größere Wohnung um so viele Juden wie möglich zu verstecken. Dank ihres Muts und ihrer Entschlossenheit und der Klugheit ihrer kleinen Schwester haben diese Menschen eine Chance, diese unmenschliche Zeit zu überleben.

Das Niederschreiben von Stefanias wahrer Geschichte war der Autorin eine Herzensangelegenheit, das konnte ich aus jedem Satz herauslesen. Auch ich bewundere die mutige junge Frau, noch mehr aber die kleine Schwester, die trotz ihrer großen Angst immer so geistesgegenwärtig und klug war. Es wäre nicht überraschend gewesen, wenn ein Kind in diesem Alter aus Versehen die Sache verraten hätte. Ich habe sehr mit diesen eingepferchten Menschen gelitten, sie mussten so viel aushalten. Ohne die permanente Angst vor Entdeckung wäre es sicher nicht möglich gewesen so lange so still und so zusammengepfercht auf dem Dachboden auszuharren. Der Autorin gelingt es so perfekt, diese beklemmende Atmosphäre zu vermitteln, dass ich manchmal das ungute Gefühl hatte, mittendrin zu sein.

Besonders gefallen hat mir, dass Stefania immer einen Ausweg gefunden hat, so bedrohlich die Situation auch war. Und immer wieder hat sie wider Erwarten jemanden gefunden, der ihr weiter geholfen hat. Es ist trotz aller furchtbaren Geschehnisse in dieser Zeit doch tröstlich, dass es auch gute, mitfühlende Menschen gegeben hat.
Nach dem Lesen dieses Buches ist es mir noch schleierhafter, wie es kommt, dass in der heutigen Zeit rechte Ideologien wieder mehr und mehr Anhänger gewinnen. Es kann doch nicht erstrebenswert sein, diese Gräuel zu wiederholen?

Mein Fazit: Eigentlich müsste dieses Buch Pflichtlektüre an allen Schulen sein. Wenn ich 10 Sterne vergeben könnte, würde ich es tun.



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