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Veröffentlicht am 15.02.2023

lesenswert

Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war
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Als jüngster Sohn eines Klinikleiters einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, ist der Autor auf dem Psychiatriegelände aufgewachsen. Da ich in einer Psychiatrie arbeite und einer meiner Kollegen auch der ...

Als jüngster Sohn eines Klinikleiters einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, ist der Autor auf dem Psychiatriegelände aufgewachsen. Da ich in einer Psychiatrie arbeite und einer meiner Kollegen auch der Sohn des Klinikleiters war, war ich natürlich sehr neugierig auf das Buch. Es ist nicht ganz, was ich erwartet hatte, aber das hat dem Lesevergnügen keinen Abbruch getan. Manchmal habe ich mich etwas an den abwertenden Bemerkungen (die "Verrückten") gestoßen, aber als Kinder redet man wohl so. Ansonsten erzählt Joachim Meyerhoff liebevoll und mit Humor von einer Familie und seiner Kindheit an einem ungewöhnlichen Ort. Die Eigenheiten des Vaters (die Welt durch nur Bücher zu entdecken) und seine eigenen (nicht steuerbare Wutanfälle) stehen im Vordergrund. Eine nette Familiengeschichte mit einigen Aufregungen und auch schweren Schicksalsschlägen.

Besonders gefallen haben mir die Patientengeschichten. z.B. von Ferdinand, der immer das gleiche Bild malte, eine Katze im Querschnitt, die bunte, aufgereihte Menschen frisst und diese neu zusammengesetzt wieder ausscheidet. Habe mir dieses Bild versucht vorzustellen. Zu meiner großen Freude habe ich es dann im Bucheinband entdeckt.

Flüssig geschrieben, mit Humor gespickt, wird es nie langweilig und auch ist der Autor schonungslos offen, was die Eigenarten seiner Familienmitglieder angeht. An manchen Stellen habe ich mich gefragt, ob es dem Vater oder den Brüdern oder auch der Mutter wohl recht ist, dass dies alles so publik wird. Aber es ist halt eine ganz normale Familie mit Höhen, Tiefen, Stärken und Schwächen und so erkennt man sich manchmal wieder, man lacht, man wird an einigen Stellen traurig (besonders wenn man über die Mutter liest) und man möchte unbedingt weiterlesen. Also ein gelungenes Buch mit dem der Autor seiner Familie ein Denkmal gesetzt hat, auch, wie er schreibt, um die Toten zu ehren.

Hier eine Kostprobe des Humors : S. 210 Der Autor hat einen Wutanfall und knallt die Kinderzimmertür immer wieder zu, bis der Putz von den Wänden fällt :

"Ich wollte nie, nie wieder damit aufhören. War wie eingespannt in eine Zorn-Apparatur aus Wut und Knall. Bis zu meinem Tode wollte ich diese Scheißkinderzimmertür zufeuern. Doch meine Erschöpfung machte auch diesem Lebensentwurf einen Strich durch die Rechnung."

Ich weiß mindestens 3 Leute, denen ich das Buch gerne schenken würde. Also klare Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 15.02.2023

aufwühlend und lange nachhallend

Sturmhöhe
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Was für ein Buch, was für menschliche Abgründe und was für eine Familiengeschichte ! Emily Brontë gelingt es, einen auch nach über 150 Jahren noch zu fesseln. Die Geschichte von Catherine, Tochter des ...

Was für ein Buch, was für menschliche Abgründe und was für eine Familiengeschichte ! Emily Brontë gelingt es, einen auch nach über 150 Jahren noch zu fesseln. Die Geschichte von Catherine, Tochter des Gutsherrn von Wuthering Heights und Heathcliff, ein Findelkind, das auf Wuthering Heights großgezogen wird, ist geprägt von einer großen, aber verzweifelten, zerstörerischen Liebe, viel Gewalt und blankem Hass, der über Generationen aufrechterhalten wird.

Lockwood, der neue Mieter von Thrushcross Grange, in der Nähe von Wuthering Heights (Sturmhöhe) im Yorkshire Moor, will sich seinem neuen Vermieter Heathcliff vorstellen und wird fast vom Hof gejagt, so ablehnend und feindselig zeigt sich dieser. Später erfährt er von Nelly, der damaligen Kinderfrau von Wuthering Heights die dramatische Geschichte und wieso Heathcliff von Rache, Wut und Hass so zerfressen ist, dass er alle um sich rum ins Unglück stürzt.

Auch den Leser gruselt es angesichts dieser geballten Emotionen und was Heathcliff anderen Menschen antut. Und dennoch, so verabscheuungswürdig, kalt, berechnend und böse sein Verhalten auch ist, so ist er selbst auch eine gequälte Seele.

Auf jeden Fall ein lesenswertes Buch, das zu Recht seinen Platz bei den Klassikern einnimmt. Man verschlingt es geradezu, auch wenn man immer wieder innehalten muß, um das Gelesene zu verdauen. Ein Buch, welches nicht nur unter die Haut geht, sondern auch lange nachhallt. Ich hatte es als Teenager schonmal gelesen und wußte jetzt zwar nicht mehr, worum es ging, aber wie aufgewühlt ich damals war, ist mir gut in Erinnerung geblieben. Und auch diesmal macht es einen sprachlos vor Entsetzen. Auch sprachlich ist es immer wieder beeindruckend und die Autorin bringt vieles genau auf den Punkt.

Ich empfehle unbedingt den vorn abgedruckten Stammbaum immer wieder zu Rate zu ziehen, da man sonst anfangs mit den Familien durcheinander kommt. Übrigens ist schon der Stammbaum eine Offenbarung an Schicksalen, wenn man sich Geburts- und Sterbedaten der menschen anschaut. Auch ohne den Roman zu lesen, ist dieser erschütternd und sagt soo viel aus.

Hier noch etwas Text, um zu verdeutlichen, wie gut die Autorin die Dinge beim Namen nennt :

S. 134 Heathcliff und Catherine sehen sich. Er macht ihr Vorwürfe, dass sie ihn verschmäht hat und nun mit "süßen Worten trösten" will. :

"Nachdem Du meinen Palast dem Boden gleichgemacht hast, darfst Du keine elende Hütte errichten und selbstgefällig Deine Barmherzigkeit bewundern, wenn du sie mir als Heim bietest."

Hier die Beschreibung eines ständig Kranken, der seine Krankheit ausnutzt, um von anderen Milde und Gefälligkeiten zu bekommen, als er weniger manipulierend und zunehmend teilnahmslos wird. S. 306 :

"Das war nicht mehr die verdrießliche Laune eines Kindes, das trotzt und schmollt, um getröstet zu werden, das war mehr das selbtisch mürrische Wesen eines ausgesprochen kranken Menschen, der alle Tröstungen zurückweist und bereit ist, die gut gemeinte Fröhlichkeit anderer als Beleidigung zu betrachten."

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Veröffentlicht am 26.01.2023

interessanter Einblick in das Zeitungswesen

Studio 6
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Sie junge Annika Bengtzon macht ein Praktikum bei einer Abendzeitung. Als auf einem Friedhof die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, darf sie die Reportage machen. Bei ihren Recherchen freundet sie ...

Sie junge Annika Bengtzon macht ein Praktikum bei einer Abendzeitung. Als auf einem Friedhof die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, darf sie die Reportage machen. Bei ihren Recherchen freundet sie sich mit der Mitbewohnerin des Opfers an. Sie macht ihre ersten Erfahrungen mit ethischen Aspekten des Journalismus und fragt sich, wo Grenzen überschritten werden.

Das ganze ist einigermaßen spannend und lässt sich gut lesen. Es gibt am Schluß eine überraschende Wendung. Ansonsten ist es ein interessanter Einblick darüber, wie es in einer Zeitung zugeht. Das Buch Olympisches Feuer ist zwar vor diesem erschienen, dieses Buch liegt inhaltlich aber zeitlich davor. Ich fand beide Bücher nicht schlecht, aber mein Bedarf ist damit gedeckt. Ganz interessant, aber richtige Krimis sind mir persönlich lieber. Für jemanden, den Zeitungsberufe interessieren ist es allerdings sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

interessanter Einblick in das Zeitungswesen

Olympisches Feuer
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Nach einem Bombenattentat auf das Olympia-Stadion in Stockholm, wenige Monate vor Eröffnung der Spiele, findet die Polizei zerfetzte Leichenteile. Die oberste Chefin des Olympia-Komitees, Christina Furhages, ...

Nach einem Bombenattentat auf das Olympia-Stadion in Stockholm, wenige Monate vor Eröffnung der Spiele, findet die Polizei zerfetzte Leichenteile. Die oberste Chefin des Olympia-Komitees, Christina Furhages, ist nicht erreichbar. Die neue Leiterin der Polizeiredaktion bei der 'Abendpresse', Annika Bengtzon, recherchiert die Hintergründe des Anschlags, muß sich aber mit einigen mißgünstigen Mitarbeitern rumschlagen und auch noch ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter gerecht werden, was angesichts der Ereignisse, durch die sie dauernd in der Zeitungsredaktion gebraucht wird, doppelt schwer ist. Im Rahmen ihrer Nachforschungen entdeckt sie, dass das Bild, das die Öffentlichkeit vom Opfer hat ein ganz anderes ist, als die Wahrheit, bei der sich Abgründe auftun.

Nach ca 90 Seiten habe ich beschlossen, nach 100 Seiten das Buch aufzugeben, da ich es nicht so richtig spannend fand. Ab S. 96 wurde es dann aber spannend und entwickelte sich zu einem wahren Pageturner. Annika wirkt - von einigen Dingen abgesehen - sympathisch und auch die anderen Figuren wirken authentisch und vor allem der Chefredakteur gefällt mir. (Was für ein toller Chef !). Auch wenn die Story anfangs nur langsam an Fahrt gewann, so fand ich doch den Einblick in die inneren Strukturen und den Arbeitsalltag einer Zeitungsredaktion ganz interessant. Ich werde gleich das nächste Buch der Autorin vom SuB lesen.

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Veröffentlicht am 15.01.2023

Krimi von 1917

Der Fall Deruga
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Hat der Arzt Dr. Deruga seine geschiedene Frau ermordet ? Viele Zeugen treten im Gerichtssaal auf. Können sie für Klarheit sorgen ?

Anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich an die Sprache und Ausdrucksweise ...

Hat der Arzt Dr. Deruga seine geschiedene Frau ermordet ? Viele Zeugen treten im Gerichtssaal auf. Können sie für Klarheit sorgen ?

Anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich an die Sprache und Ausdrucksweise zu gewöhnen. Das Buch ist immerhin über 100 Jahre alt. Aber dann hat es mich doch gepackt und war wirklich spannend. Auch hat es Spaß gemacht zu lesen, wie man damals so dachte und sprach. Manchmal waren die Ansichten aber auch gruselig. Nicht zuletzt, wie über Liebe und Heirat gedacht wurde, aber auch was alles an menschlichem Verhalten als Krank bezeichnet wurde und welche Abstrusen Theorien aufgestellt wurden über die menschliche Psyche. Es war spannend zu lesen, aber ich war auch froh, dass es nur 210 Seiten hatte, denn auf mich warten noch etliche temporeichere Krimis auf dem SuB.

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