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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2019

Die etwas andere Alzheimer Geschichte

Unter uns nur Wolken
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Tom ist verzweifelt. Seit sein Großvater Florian an Alzheimer erkrankt ist, kümmert er sich um ihn. Aber der alte Herr möchte keine Hilfe und vergrault jede Pflegerin, die Tom anheuert. Bis eines Tages ...

Tom ist verzweifelt. Seit sein Großvater Florian an Alzheimer erkrankt ist, kümmert er sich um ihn. Aber der alte Herr möchte keine Hilfe und vergrault jede Pflegerin, die Tom anheuert. Bis eines Tages Ani vor der Tür steht, die genauso verzweifelt ist. Nach der Trennung von ihrem Freund steht sie mit wenig Habseligkeiten und ohne Dach über den Kopf da. Hartnäckig stellt sie sich den Allüren des alten Mannes. Und immer wieder gibt es Lichtblicke: Florian erzählt von seiner großen Liebe Greta und lässt sie das eine oder andere Mal in sein Herz schauen.

Das Buch ist sehr gefühlvoll, aber auch dunkel, humorvoll, und manchmal voll dunklem Humor. Es beschreibt das Leben mit Alzheimer, wie sich Erkrankte verändern und Angehörige mitgerissen werden. Wie sich das Leben aller verändert, wie man dem begegnen muss. Und dass, trotz allem, das Herz noch am rechten Fleck und die Erinnerung lebendig ist.

An einigen Stellen übertreibt das Buch, oder bleibt an der Oberfläche. Aber trotzdem konnte es mich berühren, mich zum Schmunzeln und zum Nachdenken bringen. Eine empfehlenswerte Lektüreüber die Liebe und das Leben.

Veröffentlicht am 19.02.2019

Eine berührende Familiengeschichte

Als die Tage nach Zimt schmeckten
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Ich lese gern Geschichten über fremde Länder und Kulturen. Mit dem Iran, vor allem seiner jüngsten Geschichte, hatte ich mich bisher kaum auseinander gesetzt. Dieses Buch konnte mir neben der berührenden ...

Ich lese gern Geschichten über fremde Länder und Kulturen. Mit dem Iran, vor allem seiner jüngsten Geschichte, hatte ich mich bisher kaum auseinander gesetzt. Dieses Buch konnte mir neben der berührenden Geschichte einer Frau, die ihre Wurzeln sucht, so einiges über das Land, deren Menschen und deren Kultur näher bringen.

Noor ist im Iran geboren und aufgewachsen. Mit 17 Jahren wurden sie und ihr in sehr unsicheren Zeiten von ihrem Vater nach Amerika geschickt. Hier sollten sie studieren und sich ein besseres Leben aufbauen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist Noor dies auch gelungen. Nun, 30 Jahre später, zieht es sie zurück in ihre Heimat. Sie will ihrer Tochter Lily zeigen, wo sie herkommt. Doch Lily tut sich schwer in diesem ihr unbekannten Land. Und auch Noor hat mit der Suche nach ihren Wurzeln zu kämpfen. So vieles ist so anders als damals.

Das Buch erzählt viel über Noors Leben heute, in Amerika als Iranerin, über ihren Weg, sich in dem fremden Land zurecht zu finden, über ihre Rückkehr in ihre Heimat und ganz ganz viel über die Geschichte ihrer Familie, von der Vergangenheit, der Liebe ihrer Eltern, von einer herzlichen Familie, vom kleinen, liebevoll geführten Café Leila, aber natürlich auch vom Wandel, von der Revolution und dem Leben heute, das von Unterdrückung und Angst geprägt ist.

Ich kann dieses Buch jedem, der mehr über den Iran, seine Kultur, seine Leute, seine Geschichte und vor allem auch seine Küche erfahren will, nur ans Herz legen. Der alte Iran hatte mit dem Bild, das man heute über das Land hat, kaum etwas gemein. Ich habe vorher allerdings noch kein Buch gelesen, dass diese Thematik aufgreift, und so konnte ich viel lernen.

Veröffentlicht am 19.02.2019

Der Blick hinter das Klischee

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
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Ich habe schon viel von Petra Hülsmann gehört, bisher aber noch nichts von ihr gelesen. „Wenn’s einfach wär, würd’s jeder machen“ ist mein erstes Buch der Autorin und ich bin durchaus positiv angetan.

Zur ...

Ich habe schon viel von Petra Hülsmann gehört, bisher aber noch nichts von ihr gelesen. „Wenn’s einfach wär, würd’s jeder machen“ ist mein erstes Buch der Autorin und ich bin durchaus positiv angetan.

Zur Story: Die junge Lehrerin Annika hat es sich in ihrer Komfortzone gemütlich gemacht. Sie unterrichtet Musik und Erdkunde an einem Hamburger Gymnasium, macht das auch gut, aber nur so gut es eben sein muss. Bis ihr Idyll ein jähes Ende findet: Gegen ihren Willen wird sie an eine Hamburger Brennpunktschule versetzt. Hier sieht sie sich plötzlich den typischen Klischeeschülern gegenüber: Kein Bock auf Schule, kein Bock auf Hausaufgaben, und richtiges Deutsch können sie auch nicht. Schnell schmiedet Annika einen Plan, wie sie schnellstmöglich an ihre gemütliche Schule zurück kehren kann. Eine Musical AG soll’s richten. Hilfesuchend wendet sie sich an ihre Jugendliebe Tristan. Und muss feststellen: So einfach ist das gar nicht. Aber wenn’s einfach wär, würd’s ja auch jeder machen.

Das Buch spielt natürlich mit den Klischees. Und das eine oder andere Mal kommt beim Lesen das Gefühl auf, dass die Autorin großer „Fack ju Göhte“ Fan ist. Aber von den Klischees lebt das Buch, sie lassen einen schmunzeln, und nach und nach kommt der Leser hinter die Fassaden der Schüler, mit denen Annika konfrontiert wird. Da gibt es Perspektivlosigkeit, Schreie nach Aufmerksamkeit und Liebe, unerfüllte Träume, aber auch Hoffnung, Zusammenhalt und Erfolg. Der Leser begleitet Annika auf ihrem Weg zur Selbsterkenntnis: Das man auch mal aus seiner Komfortzone muss, um wirklich was zu erreichen. Dass die Schwärmerei von damals heute ganz anders aussieht. Und dass das Glück manchmal so nah liegt.

Ich habe das Buch gern gelesen, es unterhält und zieht einen in seinen Bann. Sicher nicht mein letztes Buch von Petra Hülsmann.

Veröffentlicht am 17.11.2018

Zerstörerisches Begehren

Alles Begehren
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Callum ist glücklich verheiratet, seine Frau Belinda erwartet das dritte Kind. Er führt das perfekte Familienleben und ist wunschlos glücklich. Bis die 17 Jahre jüngere Kate auftaucht und sein Leben von ...

Callum ist glücklich verheiratet, seine Frau Belinda erwartet das dritte Kind. Er führt das perfekte Familienleben und ist wunschlos glücklich. Bis die 17 Jahre jüngere Kate auftaucht und sein Leben von Jetzt auf Gleich auf den Kopf stellt. Angezogen von der wunderschönen, jungen Frau wirft Callum sein Leben über den Haufen und stürzt sich in eine Affäre mit Kate, die fast sein Leben zerstört. Fast. 17 Jahre später treffen Kate und Callum erneut aufeinander. Beide haben zwischenzeitlich ihr Leben weiter gelebt, auch Kate ist nun verheiratet. Doch das Begehren ist so stark wie zuvor...

Wie der Titel schon sagt, handelt das Buch vom Begehren. Einem alles zerstörenden Begehren, das Kate und Callum fast in den Abgrund stürzt. Das stärker ist als jede Vernunft, jedes verantwortungsbewusste Handeln. Und das eine zerstörerische Wirkung besitzt. Das ist es auch, was mich beim Lesen in den Bann gezogen hat. Kate und Callum sind keine sympathischen Charaktere. Während Kate berechnend, egoistisch und skrupellos ist, ist Callum Opfer seines Begehrens, zu schwach, um zu widerstehen. Ich weiß nicht, was mich beim Lesen wütender gemacht hat. Dieses Zusammenspiel macht den Reiz des Buches aus. Als Leser fühlt man sich vielmehr zu den Nebencharakteren Matt (Kates Ehemann), seine beste Freundin Hetty und Callums Frau Belinda hingezogen, die ihre eigene Geschichte bekommen. Diese Geschichten lockern das Buch auf, lenken auch mal ab vom bedrückenden Hauptplot und machen das Buch am Ende rund. Das Buch wechselt mehrfach die Zeit, beginnt bei der ersten Begegnung 1985, springt ins Jahr 2002, wieder zurück in die Vergangenheit, wieder in die Zukunft. Eine interessante Erzählweise, die die Spannung aufrecht erhält. Auch die Perspektiven werden regelmäßig gewechselt zwischen den Charakteren.

Beim Lesen spürt man deutlich die Emotionen, die die Affäre hervorruft, bei allen beteiligten. Es ist kein schönes Buch, kein klassischer Liebesroman mit Happy End, dafür aber deutlich nachwirkend, nachdenklich machend. Eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 05.11.2018

Ein aufwühlender Roman mit wichtigen Botschaften

Vox
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Jean lebt in einer Welt, in denen es Frauen verboten ist, mehr als 100 Wörter am Tag zu sprechen. Zur Kontrolle müssen sie einen Wortzähler am Arm tragen, der ihnen Stromschläge verpasst, wenn sie ihr ...

Jean lebt in einer Welt, in denen es Frauen verboten ist, mehr als 100 Wörter am Tag zu sprechen. Zur Kontrolle müssen sie einen Wortzähler am Arm tragen, der ihnen Stromschläge verpasst, wenn sie ihr Kontingent überziehen. Die Welt wird von Männern regiert, Frauen haben sich unterzuordnen, sie dürfen nicht mehr arbeiten, keine Meinung haben. Am Herd stehen dürfen sie und Kinder gebären. Schon den Kleinen wird das neue System eingebläut, Mädchen lernen in der Schule nur noch das Nötigste: Zählen (bis 100), Kochen, Nähen, Gartenarbeit. Den Jungs wird von klein auf das neue Rollensystem eingeimpft. Jean, die „davor“ eine angesehene Wissenschaftlerin war, kann diese neue Welt noch nicht fassen, rebelliert stumm und weiß doch nicht, was sie tun soll. Bis sie ein Angebot bekommt, das ihre große Chance sein kann.

Ich muss sagen, dies war seit langer Zeit mal wieder ein Buch, das mich voll in seinen Bann ziehen konnte. Die schreckliche Vorstellung, in einer Welt leben zu müssen, in der die Frauen nichts (mehr) zu sagen haben, in der sie sich dem Mann unterzuordnen haben, der ihnen zeigt, wo ihr Platz ist, hat mich anfangs wütend gemacht. Ich konnte es nicht glauben – und doch ist es eigentlich gar nicht so lange her, und eigentlich ist es auch gar nicht so weit hergeholt. Schnell baut sich die Handlung auf, schnell gibt es erste Überraschungen, und schnell ist man mitten drin im Geschehen. Und genauso schnell kommt leider auch das Ende – es wirkte auf mich ziemlich überhastet, nicht richtig durchdacht. Es wird nicht richtig erklärt und man muss sich seinen eigenen Reim auf die Geschehnisse machen.

Mit dem Schreibstil von Christina Dalcher bin ich gut zurechtgekommen, auch wenn er manchmal etwas undurchsichtig war. Ohne Vorwarnung springt man plötzlich in die Vergangenheit, manchmal passiert die Handlung gar nicht, sondern die Protagonistin stellt sie sich nur vor – der Leser muss das selbst merken, was mitunter anstrengend sein kann. Trotzdem ist das auch ein interessantes Stilmittel.

Das Buch beleuchtet so einige Themen und soll auch eine Warnung sein. Fängt es damit an, der Presse den Mund verbieten zu wollen? Was kommt als nächstes? Das Thema ist hockaktuell. Am meisten bedrückt hat mich dabei tatsächlich die Vorstellung, nicht mehr reden, sich nicht mehr ausdrücken und mitteilen zu dürfen.

Das hastige, schwache Ende hat mich ein wenig enttäuscht. Trotzdem ist das Buch absolut empfehlenswert, es ist fesselnd, bedrückend, warnend, kritisch.