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Veröffentlicht am 25.06.2018

Das Haus am Sunset Lake

Das Haus am Sunset Lake
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„Wer jemals einen Sommer in der Casa D'Dor verbracht hat, wird ihn nie vergessen, die Erinnerung bleibt für immer lebendig. Um sich den warmen Wind ins Gedächtnis zu rufen, den Duft der Azaleen und die ...

„Wer jemals einen Sommer in der Casa D'Dor verbracht hat, wird ihn nie vergessen, die Erinnerung bleibt für immer lebendig. Um sich den warmen Wind ins Gedächtnis zu rufen, den Duft der Azaleen und die feuchtwarme Luft, die auf der sonnenverwöhnten Haut haftet, braucht man noch nicht einmal die Augen schließen.“

Als Jim Johnson die Casa D'Or, eine Villa im Stile eines Plantagenhauses, gelegen am Sunset Lake in Savannah, dem tiefen Süden Amerikas, wiedersieht, ist von ihren glanzvolle Zeiten nichts mehr geblieben. Unbewohnt und heruntergekommen macht sie einen vernachlässigten Eindruck. Und doch verbinden Jim, der dieses Objekt für seinen Chef, den Besitzer einen weltweiten Hotelkette in Augenschein nimmt, viele Erinnerungen und extreme Gefühlszustände mit dem „Haus aus Gold“.

Zwanzig Jahre zuvor, 1994, ist es der Ort einer verheißungsvollen Liebe, überschäumender Freude und niederschmetternder Verzweiflung, ein Ort von Schmerz und Verlust.

Jim ist Student und nicht gerade begeistert darüber, dass er seine eigenen Pläne für einer unbeschwerten Zeit aufgeben und seine Eltern in ein Sommerhaus am Sunset Lake begleiten soll. Sein Vater Bryn, ein britischer Autor und nach seinem ersten Buch eher erfolglos, will und muss hier seine Inspiration wiederfinden und in der Abgeschiedenheit einen neuen Roman schreiben.

Erst als Jim die bezaubernde und wunderschöne Jennifer Wyatt, die gerade ihren Collegeabschluss gemacht hat und mit ihrer Familie in der Casa D'Or lebt, kennenlernt, ändert Jim seine Pläne. Denn die beiden verlieben sich ineinander. Und Jim ist bereit, alles für Jennifer aufzugeben: seine Familie, seine Freunde, sein Leben in England.

Doch dann geschieht etwas, das das gemeinsame Leben der beiden zerstört und auf ein getrennte Wege führt. Bis sie sich zwanzig Jahre später wiedersehen, die alten Erinnerungen wach werden und die Tür zur Vergangenheit geöffnet wird. Jim hat Jennifer nie vergessen. Sie ist die Frau, die sein Herz berührt und der immer noch seine Liebe gehört. Gibt es eine zweite Chance für das Paar?

Tasmina Perrys Roman "Das Haus am Sunset Lake" ist eine herzbewegende, romantische Liebesgeschichte voller dunkler Geheimnisse, die durch ihre Mischung aus Gefühl und Dramatik besticht und sich hauptsächlich vor der eindrucksvollen Kulisse, einer anschaulich beschriebenen prachtvollen Villa im heißen Süden, entfaltet.

Die Geschichte von Jim und Jennifer bietet an sich nichts Neues: Einfacher Junge trifft gutsituiertes Mädchen, und es funkt gewaltig zwischen den beiden. Jennifer ist zwar einerseits mit ihrem Jugendfreund Conor verbunden, andererseits ist eine arrangierte Verlobung kein Hindernis. Liebe überwindet schließlich alles, und deshalb will Jennifer Conor verlassen und mit Jim zusammen sein. Tragische Vorkommnisse reißen die beiden aber auseinander.

Der Roman wird in zwei Zeitsträngen erzählt. Obwohl der Zeitrahmen mit zwanzig Jahren relativ klein ist, funktionieren die Wechsel zwischen den Ereignissen in der Vergangenheit und in der Gegenwart gut. Es wird allerdings offensichtlich, dass zwar das Leben in der Gegenwart Bedeutung hat, indes das Verarbeiten und Abschließen mit der Vergangenheit im Mittelpunkt liegt.

Die Autorin treibt die Handlung zunächst maßvoll, dennoch konsequent und im Verlauf immer temporeicher voran, lässt keine Langeweile entstehen und den Leser mit an der Aufklärung der Geheimnisse teilhaben, warum es zur Trennung von Jennifer und Jim gekommen ist. Sie baut so beständig die Dramatik auf und vermag es letzten Endes auch, mit einigen Wendungen zu überraschen und zu erschüttern.

Lediglich wenige Szenen, wie die auf der karibischen Insel Baruda, sind unnötig, weil sie nicht zum Fortgang beitragen, sie stören hingegen auch nicht.

Im Großen und Ganzen behält Tasmina Perry im Verlauf des Geschehens einen ansprechenden leichten und zwanglosen Erzählton bei, passt ihn jedoch in dramatischen Abschnitten der Situation und Stimmung angemessen an, wodurch er dann etwas unterkühlt wirkt.

Neben dem Setting sind es die Haupt- und Nebenfiguren, die die Geschichte mit Leben füllen. Die Autorin nimmt sich Zeit, jede Figur zu entwickeln und zu charakterisieren, damit der Leser mit ihren Stärken und Schwächen, Beweggründen und Ängsten vertraut wird. So lernt er nicht nur die Protagonisten kennen, sondern kann ebenfalls daran teilhaben, wie sich Jim und Jennifer neu wahrnehmen. Denn Jennifer ist in den zwanzig Jahren zu einer atemberaubenden Frau gereift und mit Conor verheiratet. Jim hat eine florierende Karriere mit finanzieller Sicherheit aufgebaut, zögert aber, sich zu binden.

Ob die beiden es schaffen, alle Geheimnisse aufzudecken, sich über die Vergangenheit hinwegzusetzen und zueinander zu finden? Erhalten sie ihre zweite Chance? Die kurzweilige Lektüre von Tasmina Perrys "Das Haus am Sunset Lake" wird die Fragen beantworten. Vielleicht an einem wunderbaren Sommertag...

Veröffentlicht am 20.06.2018

Wenn wir es zulassen...

Das Finkenmädchen
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Wer „Das Finkenmädchen“ von Nicole Trope zur Hand nimmt, darf sich von dem verträumten Cover nicht täuschen lassen. Denn inhaltlich geht es keinesfalls idyllisch zu. Vielmehr greift die Autorin ein schwieriges ...

Wer „Das Finkenmädchen“ von Nicole Trope zur Hand nimmt, darf sich von dem verträumten Cover nicht täuschen lassen. Denn inhaltlich geht es keinesfalls idyllisch zu. Vielmehr greift die Autorin ein schwieriges Thema auf und erzählt eine kraftvolle und herausfordernde Geschichte, die für einige Menschen schwer zu lesen sein wird.

Da sind Birdy und Rose, zwei Frauen, die nicht unterschiedlicher sein können und doch mehr als eine Gemeinsamkeit haben. Beide sind sie Insassinnen eines Gefängnisses mit geringerer Sicherheitsstufe. Während Birdy, die nur noch wenige Monate ihrer Strafe wegen Körperverletzung verbüßt, genau weiß, wer Rose ist, hat diese keine Ahnung. Die Vierundfünfzigjährige ist eine nationale Berühmtheit, soll sie immerhin ihren Mann, den landesweit bekannten Fernsehmoderator Simon Winslow getötet haben. Aber die Bekanntschaft der beiden reicht viel weiter zurück.

Fünfundzwanzig Jahren zuvor lebt die siebenjährige Felicity mit Mutter und Schwester in direkten Nachbarschaft der Familie Winslow. Felicity ist besonders, eher ruhig und in sich gekehrt, zudem ein wenig langsam. Das Lernen fällt ihr schwer, so dass sie ständig Dinge wiederholen muss. Nach der Trennung der Eltern ist die Mutter mit den zwei Kindern überfordert. So findet Felicity des Öfteren Aufnahme bei den Nachbarn: Rose und Simon Winslow. Unter anderem züchtet Simon Finken und bringt Felicity alles darüber bei.

Auch im Gefängnis kümmert sich Felicity, die sich inzwischen Birdy nennt, um die Finken. Sie ist eine vorbildliche Gefangene und hält sich von Schwierigkeiten fern, weil sie immer daran denkt, nach Hause zu ihrer Tochter zu kommen. Zwar ist sie äußerst geschickt daran, gegenüber den sie behandelnden Therapeuten nur das zu sagen, was diese hören wollen, jedoch brodeln Wut und Hass in ihr. Diese Gefühle versteckt sie. Genauso gut wie die Erinnerungen an ihre Vergangenheit.

Als Rose auftaucht, treten diese versteckten Gefühle und vergrabenen Erinnerungen mit Macht an die Oberfläche...


Nicole Trope wagt sich mit „Das Finkenmädchen“ an ein schwieriges, gleichwohl wichtiges und aktuelles Thema: Belästigung und Missbrauch. Ihr gelingt es mit sensibler Ernsthaftigkeit, nicht nur die Verletzlichkeit der stillen Opfer darzustellen, ihnen eine Stimme zu geben, sondern sie zeigt ebenso auf, welche weitreichenden Auswirkungen und irreparablen Schäden die Handlungen eines Einzelnen für alle Beteiligten, einschließlich der Angehörigen haben.

Sie vermag es, nicht nur die Hilflosigkeit und den Schmerz der Opfer deutlich zu machen. Vielmehr schildert sie genauso eindrucksvoll, dass es selbst Menschen, die unter einem Dach wohnen, nicht immer möglich ist, zu erkennen, was vor ihren Augen geschieht.

Die Autorin lässt Birdy und Rose in abwechselnden Kapiteln in der Gegenwart und mit Rückblenden zu Wort kommen, wobei sich das Geschehen zwangsläufig kreuzt und Wiederholungen auftreten.

Die realistische und feinsinnig ausgeführte Charakterisierung ihrer Figuren, einschließlich der Nebenfiguren, gibt der Geschichte Tiefe und ermöglicht eine Anteilnahme an deren Leben und Empfinden. Das Ringen und Wachsen der Beteiligten im Verlauf der Handlung ist glaubwürdig und einprägsam und zeugt von der Stärke, die Opferrolle hinter sich zu lassen und für die eigene Zukunft zu sorgen.

Birdy hat es nicht leicht gehabt, ihr ist bewusst, dass sie nicht so intelligent wie andere ist. Allerdings gleicht sie dieses Manko mit Entschlossenheit aus. Sie möchte lernen und nutzt das ihr gegebene Potential, ist stolz auf das Erreichte. Und vor allem möchte sie eins: Eine gute Mutter sein, die das Beste für ihre Tochter zu tut, damit sie immer zusammen sind.

Rose lernt Simon mit fünfzehn kennen und heiratet sehr jung und ohne Unterstützung ihrer Eltern wird – noch keine Zwanzig - Mutter. Während der ersten Jahre der Ehe arbeitet sie. Später muss sie das nicht mehr, weil Simon genug Geld verdient. Ihr Ehemann ist eine australische Fernsehgröße, als Missbrauchsvorwürfe gegen ihn erhoben werden. Rose ist fassungslos. An der Seite ihres charismatischen, selbstbesessenen Mannes hatte sie zwar ein traumhaftes Leben, doch ebenso ein fremdbestimmtes. Denn erst jetzt wird Rose wirklich bewusst, dass sie in der Ehe mit Simon keine Chance hatte, sich zu einer Persönlichkeit zu entwickeln, sich selbst ebenfalls wichtig zu nehmen, emotional zu wachsen und Entscheidungen zu treffen.

Bis zu dem Tag, an dem sie es getan hat...

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Veröffentlicht am 10.06.2018

Das Geheimnis der Muse

Das Geheimnis der Muse
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„Nicht jeder erhält am Ende, was er verdient.“ Mit diesem Satz beginnt Jessie Burton ihren Roman „Das Geheimnis der Muse“ und führt den Leser an zwei Schauplätze in zwei Zeiträumen, zum einen nach Spanien ...

„Nicht jeder erhält am Ende, was er verdient.“ Mit diesem Satz beginnt Jessie Burton ihren Roman „Das Geheimnis der Muse“ und führt den Leser an zwei Schauplätze in zwei Zeiträumen, zum einen nach Spanien ins Jahr 1936 und zum anderen ins London der späten 60er Jahre.

1967 bewirbt sich Odelle, eine junge Frau aus Trinidad, als Schreibkraft am Skelton Institut, einer kleinen Galerie. Odelle selbst ist eine talentierte Schriftstellerin, hat aber ihre diesbezüglichen Träume auf Eis gelegt. Erst ihre Chefin Marjorie Quick, die sie unter ihre Fittiche nimmt und eine gewisse Zuneigung zu ihr zu hegen scheint, animiert sie, Vertrauen in ihre Fähigkeiten als Schriftstellerin zu haben, und ermutigt sie, eigene Arbeiten zu veröffentlichen.

Auf einer Party trifft Odelle Lawrie, einen jungen Mann, der Gemälde geerbt hat, dessen Wert im Skelton Institut geprüft wird. Das auffällige Bild hat augenscheinlich eine seltsame Wirkung auf Quick. Es entpuppt sich als Werk von Isaac Robles und führt ins Spanien des Jahres 1936.

Hier hat sich Olive Schloss, neunzehnjährige Tochter eines einflussreichen jüdisch-österreichischen Kunsthändlers und seiner britischen Frau, hinter dem Rücken ihrer Eltern um die Aufnahme an einer angesehene Londoner Kunstakademie beworben und von dort eine Zusage erhalten. Da treten Isaac Robles – ein Maler und Revolutionär – und dessen Schwester Teresa in ihr Leben. Olive verliebt sich in Isaac und gerät mit ihrer Familie in einen Strudel der Ereignisse angesichts des beginnenden spanischen Bürgerkrieges...

Jessie Burtons Roman "Das Geheimnis der Muse" zeugt von einer deutlichen Auseinandersetzung mit der Materie. Er ist vielschichtig und komplex und beschäftigt sich in beiden Zeitebenen neben der Liebe und Leidenschaft mit Fragen nach der Herkunft und künstlerischen Authentizität, der Wertstellung von Frauen im Bereich schöpferischen Künste. Daneben spielen Faschismus, Antisemitismus und Krieg in Spanien in den dreißiger Jahren sowie der Rassismus in London in den sechziger Jahren eine Rolle. Der Autorin gelingt es, diese breit gefächerten Themen sorgfältig darzustellen, ohne sie eindimensional und stereotyp zu betrachten. Durch den Wechsel zwischen den eng miteinander verschlungenen Zeitrahmen setzt die Autorin geschickt bemerkenswerte Hinweise und baut ein kompliziertes, wenngleich schlüssiges Gefüge um das „Geheimnis der Muse“ auf.

Dabei werden beide Geschichten von unverwechselbaren Persönlichkeiten getragen und weisen signifikante Parallelen auf. Sowohl Olive als auch Odelle sind Frauen mit kreativen Fähigkeiten, und beiden fehlt aus unterschiedlichen Gründen das Selbstbewusstsein, zu ihren Gaben zu stehen. Die Autorin beschreibt nachvollziehbar die äußeren Hindernisse und Reaktionen sowie die inneren Zweifel und Ängste, denen ihre Heldinnen auf dem Weg zur Künstlerin ausgesetzt sind.

In der Einzelbetrachtung überzeugen Olive und Odelle und insbesondere auch Quick als ausgeprägte Charaktere, wohingegen Lawrie blass bleibt. Zudem mutet der Part in den sechziger Jahre insgesamt verhaltener und nachdenklich an. Im Gegensatz hierzu ist die Szenerie in Spanien wesentlich lebendiger, emotionaler und (farb)intensiver, nicht nur in der Beschreibung der Landschaft. Hier wird Jessie Burton vor allem der Visualität der Malerei gerecht. Trotzdem wirken beide Zeitebenen hervorragend in ihrer Verknüpfung.

„Am Ende gelingt ein Kunstwerk nur dann, wenn… sein Schöpfer den unverrückbaren Glauben daran besitzt, der es ins Dasein bringt.“ (Seite 455)

Veröffentlicht am 08.05.2018

Die Königin von Lankwitz

Die Königin von Lankwitz
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Mit Mitte Fünfzig ist es schwer, einen Job zu finden. Vor allem, wenn in der Biografie ein Aufenthalt im Gefängnis vermerkt ist. So geht es Irene und Bea. Doch die beiden Damen lassen sich davon nicht ...

Mit Mitte Fünfzig ist es schwer, einen Job zu finden. Vor allem, wenn in der Biografie ein Aufenthalt im Gefängnis vermerkt ist. So geht es Irene und Bea. Doch die beiden Damen lassen sich davon nicht beirren und gründen kurzerhand eine Ich-AG. Denn etwas haben sie mitbekommen: Andere Frauen werden ebenfalls von ihren Männern oder Chefs drangsaliert oder betrogen und wollen ihre Rachegelüste ausleben. Was liegt näher, als all denen zu helfen, sich von solchen „Unannehmlichkeiten“ zu befreien? Und wer hätte das gedacht. Sie sind tatsächlich erfolgreich. Solange bis Konkurrenz auftaucht, und die scheint mit allen Wassern gewaschen zu sein…


Max Urlacher ist in seinem Hauptberuf unter anderem Schauspieler und entwickelt Drehbücher und Hörspiele. Das ist sofort zu spüren. Und in „Die Königin von Lankwitz“ geht er gleich in die Vollen. Eine kurze Vorstellung seiner Figuren, ein überschaubarer Hintergrund:

Da ist Irene, die feinnervige, dezente, im Wesen und Auftreten zurückhaltende Person. Sie drängt nicht nach vorn, das Derbe und Grobe sind ihr fremd. Einst hat sie im KaDeWe Unterwäsche an die Frau gebracht. Dagegen fällt Bea sofort auf. Sie kleidet sich gern bunt und funkelnd, mit Strass und Nieten, kreischenden Farben, Plüsch, Samt und Mustern. Und Bea gibt nie auf, an ein Happy End zu glauben.

Von Anfang an sind mitten drin im Geschehen. Wie im Film. Es gibt schnelle Bilder und Szenenwechsel, spritzige Dialoge und humorvolle Einlagen. Obwohl das Ganze manchmal makaber und rücksichtslos wirkt, erzeugt es nicht unbedingt Unwohlsein, was auch der Verdienst des lebhaften und schwungvollen Schreibstils ist, der keine Zeit zum Nachdenken bietet. Bis Irenes und Beas Konkurrenz auf den Plan tritt und die Sache „kippt“. Jetzt verliert die Handlung doch etwas von ihrer Leichtigkeit.

Leider bleiben insgesamt auch die Empfindungen ein wenig auf der Strecke, sie werden zwar angerissen, aber ermöglichen keine tiefere Kontaktaufnahme.

Trotzdem unterhält die Geschichte. Von Vorteil ist dabei, dass „Die Königin von Lankwitz“ in Berlin spielt. Eine Stadt, die ein bisschen verrückt und abgedreht ist. Wie ihre Bewohner. Skurril, ungehobelt und schroff, jedoch immer mit Herz. Das hat Max Urlacher wirklich gut eingefangen.

Veröffentlicht am 04.05.2018

Die amerikanische Prinzessin

Die amerikanische Prinzessin
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Ein Haus am Meer. Eine Frau, die zurück auf ihr Leben blickt. Auf ein faszinierendes, ja abenteuerliches Leben, das in einer sehr intensiven Zeit zwischen Wirtschaftsboom und Wirtschaftskrise, Revolutionen ...

Ein Haus am Meer. Eine Frau, die zurück auf ihr Leben blickt. Auf ein faszinierendes, ja abenteuerliches Leben, das in einer sehr intensiven Zeit zwischen Wirtschaftsboom und Wirtschaftskrise, Revolutionen und Kriegen stattgefunden hat...

Allene Tew wird 1872 in der Nähe des Eriesee im Osten des Bundesstaates New York geboren. Sie ist eine Schönheit, gescheit, ehrgeizig und verspürt eine wilde Unruhe, will ihr Leben nicht in der Anonymität der kleinen Stadt verbringen. Denn in Allene zeigt sich bereits früh der Geist der Zeit, der nach vorn strebt

Fünfmal wird sie heiraten, reich werden und wie viele andere 1929 einen Teil ihres Vermögens verlieren, Villen und Häuser in New York, Paris, Rom, London besitzen, durch die Welt reisen und einen festen Platz in der High Society erlangen. Zwei ihrer Ehemänner sind Millionäre, einer ein russischer Graf. Der aus verarmten deutschen Adel stammende Heinrich Reuss macht sie zur Prinzessin. Nur ihre dritte Ehe mit dem erfolgreichen Geschäftsmann Anson Burchard wird aus Liebe geschlossen und ist wirklich glücklich. Bis ein Herzinfarkt das Glück beendet. Doch damit nicht genug. Drei Kinder bringt sie zur Welt, alle drei verliert sie.

Getreu ihrem Motto „Courage all the time“ – vergräbt sich Allene nicht in ihrer Trauer, sondern blickt stets nach vorne. Sie steckt Rückschläge weg, bewahrt Haltung und versucht, auch aus misslichen Situationen mit der ihr eigenen Courage abnötigenden Energie das Beste zu machen. Immer und jederzeit, bis zu ihrem Tod...


Mit der Biografie „Die amerikanische Prinzessin“ setzt Annejet van der Zijl nicht nur das Leben der Allene Tew in Szene, sondern lässt einen Teil des Weltgeschehens zwischen 1872 und 1955 auferstehen. Und das macht die Geschichte zu etwas Besonderen. Denn historisch gesehen ist Allene Tew eine unbekannte und zugleich uninteressante Figur. Vielleicht abgesehen von der Tatsache, dass durch ihr Zutun möglicherweise die niederländische Monarchie gerettet wurde. Dank ihr lernte nämlich die Kronprinzessin Juliana, für die ihre Mutter Königin Wilhelmina verzweifelt einen geeigneten Heiratskandidaten suchte, ihren zukünftigen Mann, den deutschen Bernhard von Lippe-Biesterfeld, kennen.

In ihrer Erzählweise ist die Autorin detailverliebt und wortgewandt, und sie beweist, dass sie die umfangreichen sachlichen Fakten routiniert mit einem persönlichen Schicksal verknüpfen kann, was Anerkennung verdient. Sie beruft sich auf viele Fakten, Bilder und Dokumente, die zur Bereicherung der Lektüre beitragen. Nur die zahlreichen englischen, nicht alle im Einzelnen übersetzten Zitate erschließen sich oft nicht in ihrer Notwendigkeit und sind hinderlich beim Lesen.

Annejet van der Zijl stellt Allene als Teil eines Amerikas dar, das auch bei Verlusten immer vorwärts strebt.

"Und vielleicht war das ja Allenes größte Leistung – mehr als ihr Reichtum, ihre Titel, ihre vielen Häuser und ihr imponierendes Gästebuch: dass sie sich, was immer sie auch erlebt und durchgemacht hatte, nie die Fähigkeit nehmen ließ, das Leben zu genießen und dankbar dafür zu sein." (Seite 197)

An sich ein lobenswerter Charakterzug. Trotzdem bleibt Allene einem seltsam fremd. Sie ist vermögend, kauft ständig irgendwelche Häuser, stattet sie aus, reist durch die Welt, ist freundlich, hilfreich, beweist Nächstenliebe. Weil sie es kann, auf Grund ihres Wohlstand ist sie unabhängig. Die Autorin beschreibt gut, wie Allene mit Schicksalsschlägen umgeht. Jedoch gerade in diesen Momenten fehlt es an Emotionalität, die den Leser einer Biografie berühren sollten.

Ungeachtet dessen ist „Die amerikanische Prinzessin“ als ausführliches geschichtliches Dokument einer aufregenden Zeit wertvoll und Unterhaltung auf hohem Niveau.