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Veröffentlicht am 19.04.2020

Die Trossfrau

Die Trossfrau
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Magdalena wird als Tochter eines Hufschmiedes ungefähr anno 1600 geboren. Sie hat keinen leichten Stand in der Familie, nachdem ihre beiden Brüder früh sterben, und sie bekommt zusätzlich den Unmut zu ...

Magdalena wird als Tochter eines Hufschmiedes ungefähr anno 1600 geboren. Sie hat keinen leichten Stand in der Familie, nachdem ihre beiden Brüder früh sterben, und sie bekommt zusätzlich den Unmut zu spüren, dass sich kein Mann für sie finden lässt, der ihr zeigt, wo ihr Platz ist. Magdalena mag sich nicht mit der ihr zugedachten Frauenrolle arrangieren. Vielmehr beweist sie Geschick, allein durch die Beobachtung ihres Vaters bei der Arbeit kann sie selbst Pferde beschlagen. Als sie dies eines Tages beim Tier des durchreisenden Junkers Leonhart tut, eskaliert die Situation: Magdalena, die zuvor schon von allen misstrauisch beäugt wurde und selbst bei den Eltern auf Unverständnis und Ablehnung stößt, muss den Hof verlassen. Ein hartes Los für die junge Frau. Sie wird unmittelbar hineingezogen in das kriegerische Treiben, denn ab 1618 hält der Dreißigjährige Krieg ganz Europa in seinem Griff.

Magdalena hat Glück im Unglück. Sie wird von eben jenem Junker Leonhart, der sie die nächsten Jahre auf die eine oder andere Weise begleitet, mitgenommen in eine ungewisse Zukunft. Sie schließt sich als Marketenderin einem Soldatentrupp an und gerät in die unaufhaltsam schwelenden Konflikte der damaligen Zeit. Ihr Schicksal ist nun vom Krieg abhängig, und sie lernt neben Unheil und Verlust auch Freundschaft und Liebe kennen.


Carmen Mayers Heldin in „Die Trossfrau“ ist ein junges Mädchen aus dem einfachen Volk, das ihr Leben in die eigenen Händen nehmen und einiges ertragen muss, als sie vom Vater des Hauses verwiesen wird. Magdalena begreift früh, dass sie sich keinesfalls an die Vorgaben der Männer halten will, die ihr ein Dasein als unterwürfiges, gehorsames Weibsbild aufzwängen wollen. Weil sie viel mehr als das kann. Ob es realistisch ist, dass Magdalena sich Rechnen und Lesen heimlich beibringt, mag dahingestellt bleiben. Dass sie sich eine andere Existenz als die ihr zugedachte wünscht, ist verständlich. Magdalena sieht sich als eine junge Frau, die zur falschen Zeit am falschen Ort geboren wurde. Gleichwohl versucht sie, nicht nur den Kopf hoch zu halten und zu dem zu stehen, was sie denkt, sondern auch dem Leben ein paar Glücksmomente abzuringen. Dies ist wahrlich ein schwieriges Unterfangen.

Europa blutet. Die Katholische Liga und Protestantische Union stehen sich gegenüber, und die Menschen werden aufgerieben im Kampf der Mächtigen um den „wahren“ Glauben. Die Schilderung der Autorin ist schnörkellos, geradezu und überzeugend. Durch die Einbindung des historischen Hintergrundes vermittelt sie ein greifbares Bild von Gewalt, Gräuel und Schrecken, denen die Menschen ausgesetzt sind. Wesentliche Ursachen und Ereignisses des Dreißigjährigen Krieges werden angesprochen und gut in die Handlung eingebunden, muten allerdings vereinzelt etwas sachlich an. Trotzdem erlauben sie einen Einblick in das Geschehen, insbesondere durch die Kumulierung auf das Trossleben und damit diejenigen Menschen, die mit den Heeren ziehen und sich um die Verpflegung der Männer kümmern und die Verwundeten versorgen. Sie sind so etwas wie die friedliche Seite des Krieges. Obwohl dieses Dasein anstrengend, entbehrungsreich und roh ist, schafft es außerdem ein gewisses Maß an Sicherheit in einer aufeinander angewiesenen Gemeinschaft und sorgt für ein Auskommen. Ja, es bleibt auch Gelegenheit für Freundschaften und die Liebe. Indes wirken Gefühle oft ein wenig zurückhaltend und aus der Distanz betrachtet.

Neben dieser Schilderung thematisiert Carmen Mayer Aberglauben und Hexenverfolgung. Magdalena wird auf Grund ihrer Andersartigkeit mit dem Vorwurf, eine Hexe zu sein, konfrontiert. Die Autorin zeigt jedoch auch am Beispiel des Junkers Leonhart, dem Magdalena im Laufe der Jahre immer wieder begegnet, dass es erbitterte Gegner solcher Anschuldigungen gibt.

„Die Trossfrau“ ist ein treffendes Beispiel für ein Frauenschicksal im Dreißigjährigen Krieg und belegt einmal mehr die Sinnlosigkeit von gewalttätigen Auseinandersetzungen, nicht nur in Bezug auf Glaubensfragen.

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Veröffentlicht am 12.04.2020

"Das Zeitalter der Frauen bricht an..."

Die Frauen vom Alexanderplatz
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Berlin kommt Ende 1918 nicht zur Ruhe. Gerade ist der erste Weltkrieg beendet worden, der unvorstellbares und schreckliches Leid über die Völker gebracht hat. Und noch hält die Novemberrevolution die Menschen ...

Berlin kommt Ende 1918 nicht zur Ruhe. Gerade ist der erste Weltkrieg beendet worden, der unvorstellbares und schreckliches Leid über die Völker gebracht hat. Und noch hält die Novemberrevolution die Menschen in Atem, in deren Folge das deutsche Reich zu einer Republik geworden ist. Die instabile Regierung hat die Lage nicht im Griff. Aufruhr, andauernde Scharmützel und Straßenschlachten, in denen quasi jeder gegen jeden kämpft, lösen weiteres Chaos aus.

In dieser Zeit trifft die junge Fritzi in der Großstadt ein. Die Tochter eines Müllers aus Rieseby in der Nähe von Eckernförde ist auf der Suche nach Benno, dem Vater ihrer Tochter Christel. Vier Jahre lang hatte sie darauf gehofft, dass ihre Jugendliebe wieder heimkehrt. Nun will sie nicht länger warten und ihm nach all der Zeit offenbaren, dass er Vater ist und sie heiraten soll.

Als sie Benno endlich findet, ist dieser gar nicht begeistert. Der Matrose hat auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg Unterschlupf bei Vera gefunden und sich in die Schneiderin verliebt. Vera trägt die Verantwortung für Familie und Haushalt, auf ihren Schultern lastet nach dem Tod des Vaters allein die Sorge für die Mutter, bis ihr Bruder Georg aus dem Krieg zurückkehrt und sie die Werkstatt erneut eröffnen können. Als Georg dann in der Tür steht, erschrickt Vera über die Veränderung des jungen Mannes.

Fabrikantentochter Hanna hat andere Pläne als ihre Familie. Nach vier Jahren, die sie als Hilfsschwester in Kriegslazaretten arbeitete, möchte sie jetzt Schwester "mit allem Drum und Dran" werden. Zwar entschädigt ihr gutes Verhältnis zum Vater, der bislang stets ihr einziger und mächtigster Verbündeter ist, sie für die fehlende Zuneigung ihrer Mutter Irene, aber ob er auch ihren Wunsch nach Selbstverwirklichung ohne einen Ehemann verstehen wird, ist fraglich. Und ob er gar die Liebe seiner Tochter zu einer Frau akzeptiert, mehr als unwahrscheinlich...


„Das Zeitalter der Frauen bricht an..“ (Seite 151)

Mit „Die Frauen vom Alexanderplatz“, wobei sich der Titel als unpassend gewählt entpuppt, beleuchtet Elke Schneefuss das Schicksal von drei jungen Frauen unterschiedlicher sozialer Herkunft, die im Angesicht des Endes des ersten Weltkriegs, der Novemberrevolution und der Auswirkungen dieser gesellschaftlichen Umbrüche ihr Leben mehr oder weniger selbst in die Hand nehmen und auf der Suche nach Erfüllung und eigenem Glück sind und dabei Hindernisse und Niederlagen Hindernisse überwinden müssen.

Die Einbindung des historischen Hintergrundes ist sicher und äußert sich in Momentaufnahmen, die dem Geschehen eine gewisse Würze geben und es möglich machen, die Menschen im Wandel der Zeit zu begleiten. Dabei gibt die Autorin bei der Schilderung in drei abwechselnden Erzählsträngen ihren Heldinnen Hanna, Vera und Fritzi, die sich bis auf eine Ausnahme niemals begegnen, den nötigen Raum der Entfaltung, wenngleich hierdurch bisweilen die Intensität, besonders bei der Darstellung von Emotionen verlorengeht. Wiederholungen in Gedankengängen und Dialogen wirken zudem gelegentlich angestrengt, seien allerdings verziehen, da die Autorin ansonsten mit ihrem lebendigen Schreibstil gut unterhält.

Alle Frauen vereint, dass sie sich nicht mehr an die überkommende Moralvorstellungen und Konventionen halten und die ihnen als weibliche Person gesetzten Grenzen sprengen oder überschreiten wollen.

Mit bewundernswerter Geduld und ebensolchem Geschick, vielleicht auch beschwerlicher Hartnäckigkeit verfolgt Hanna mutig und konsequent ihren Traum vom Ergreifen eines medizinischen Berufes und der Erfüllung ihrer Liebe zu Cora.

Vor allem ihre Vera lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen und ist nach anfänglichem Zögern sehr couragiert, nachdem ihr Bruder heimgekehrt. Georg ist im Krieg ein anderer geworden, der Wandel, den er durchgemacht hat, ist katastrophal. Mitten in einem Gebiet, in dem jede Menge Kommunisten und Sozialisten wohnen, agieren er und seine Männer von der Reichswehr und gefährden Hab und Gut und Leben der Menschen.

Fritzis Leben im Dorf als ledige Mutter ist kein Zuckerschlecken. Die Leute schneiden sie, es wird viel getratscht. Sie möchte dem Gerede ein Ende bereiten und eine „ehrbare“ Frau werden. Moralisch ist sie im Recht. Doch schmerzhaft begreift sie, dass Benno nicht mehr der Mann an ihrer Seite sein wird, weil man Liebe nicht erzwingen kann. Indes findet sich das Glück manchmal unerwartet an anderer Stelle…

Elke Schneefuss' „Die Frauen vom Alexanderplatz“ ist als beispielhafte Lektüre für den Aufbruch dreier Frauen in einer neuen Zeit durchaus zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 08.04.2020

Die Aschebringerin

Die Aschebringerin: Sprung zwischen den Welten
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In der Zukunft des Jahres 2450 ist die Erde nur noch traurige Vergangenheit, und die Menschheit hat sich vor zweihundert Jahren nach der Zerstörung der Erde durch einen Asteroidenschauer in einer weit ...

In der Zukunft des Jahres 2450 ist die Erde nur noch traurige Vergangenheit, und die Menschheit hat sich vor zweihundert Jahren nach der Zerstörung der Erde durch einen Asteroidenschauer in einer weit entfernten Galaxie eine neue Heimat suchen müssen. Aber das Leben auf dem künstlich erschaffenen Planeten Alpha bedarf einiger Anstrengungen. Um die Bevölkerung versorgen zu können, muss die zum Überleben wichtige Energie von den benachbarten 23 Monden geholt werden, die dort in Generatoren gespeichert wird. Der „Transport“ geschieht durch das Öffnen von Portalen, und die sogenannten Portalläufer kommen ins Spiel. Eine von ihnen, die zu den besten ihres Faches gehört – ist Yashira Willow. Sie besitzt das Portalsprung-Gen, und wenn sie im Wettkampf startet, ist der Erfolg vorprogrammiert.

Doch während des Portal-Running-Championships Finale, das über die Top Ten des Jahres entscheiden soll, geht alles schief. Yashira, die nie auf dem Mond Epsilon hätte „landen“ sollen, rettet sich und dem (wie sich später herausstellt) seit drei Jahren verschollenen Portalläufer Riley Chase gerade noch so das Leben, bevor der Mond in einem Feuer verglüht. Was folgt erscheint wie ein böser Traum, ist indes bittere Realität: Yashira wird von der umjubelten Sportlerin zur gesperrten Außenseiterin. Die Begründung: Sie hätte Riley nicht mit durch das Portal ziehen dürfen. Allein ihr neuer Name „Aschebringerin“, der Tatsache geschuldet ist, dass sie bei ihrer Rückkehr von Epsilon allein mit Ascheflocken des zerstörten Mondes in den Händen durch das Portal zurückkehrte, bleibt ihr.

Als wäre das nicht schon schlimm genug, steckt Yashira bald in ernsten Schwierigkeiten. Nach ihr wird gefahndet, weil sie erschütternden und furchtbaren Wahrheiten auf der Spur ist. Sie muss fliehen und ihre Heimat verlassen. Zusätzlich verunsichern sie ihre Gefühle für Riley und die Frage, ob sie ihm trauen kann.


„Der Pfeil bin ich, Yashira Willow, die Aschebringerin. Einst Weltenspringerin, Goldbringerin, beste Portalläuferin seit der zweiten erdgeschichtlichen Stunde null. Früher gefeiert, geliebt, bejubelt – heute gehasst, gejagt, verstoßen.“

Mit „Die Aschebringerin. Sprung zwischen den Welten“ legt P. J. Ried ein ambitioniertes Debüt vor, das mit einem kühnen und abenteuerlichen Geschehen punktet. Die Menschen, durch eigenes Verhalten gezwungen, die Erde zu verlassen, haben sich in einer anderen fernen Galaxie die Möglichkeit gesucht, weiter zu existieren. Geschaffen haben sie Alpha, umgeben von 23 Monden.

An sich ist die Idee der Kolonialisierung fremder Planeten nicht neu. P. J. Ried offeriert einen in den Grundzügen durchdachten Hintergrund und eine individuelle, außergewöhnliche Handlung bei sich steigender Erzähldynamik. Dabei greift die Autorin unterschiedliche Thematiken auf und bringt zum Beispiel Ablehnung und Konfrontation mit Andersartigen und Andersdenkenden, Radikalität und Manipulation zur Sprache und zieht hieraus eine imposante Dramatik, wenngleich die Gewichtung schwankend ist: Teilweise beschäftigt sich die Autorin damit sehr intensiv, andererseits wird bei vielerlei Dingen nur an der Oberfläche gekratzt. An dieser Stelle zeigen sich dann auch die Schwächen der Geschichte. Leider ist nämlich die Anzahl der Monde, die zusammen mit dem Planeten Alpha ihre Bezeichnung den Buchstaben des griechischen Alphabet verdanken, mit 23 zu hoch. Weniger hätten gut getan, zumal sich die Beschreibungen verständlicherweise lediglich auf einige Monde konzentrieren. Die Chance, in die Tiefe zu gehen, wurde so bedauerlicherweise etwas verschenkt.

Vereinzelt gilt das auch für die Figuren, obwohl positiv hervorgehoben werden soll, dass die Autorin für die Nebenrollen ihre Fantasie spielen lassen und unterschiedliche Charaktere kreiert hat.

Im Mittelpunkt steht vor allem Yashira. Das Geschehen bekommt durch die Schilderung aus ihrer Sicht eine sehr persönliche Note. Die engagierte und strebsame Sportlerin verliert von einem Tag auf den anderen ihr Ziel. Außerdem wird sie komplett aus ihrem bisherigen Leben gerissen und gezwungen, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. P. J. Ried findet einen gelungenen Weg der Darstellung und zeichnet ein umfassendes Bild ihrer Protagonistin. Daneben werden die romantischen Empfindungen, die Yashira für Riley zu entwickeln beginnt, nachvollziehbar und in einer zurückhaltenden, nicht in den Vordergrund drängenden Art vermittelt. Wobei die Autorin Yashira und damit auch den Leser im Unklaren lässt, ob Riley die Gefühle erwidert.

Überhaupt wirkt Riley durch die spärlichen Informationen, die die Autorin präsentiert, sehr geheimnisvoll und mysteriös, was einen besonderen Reiz ausmacht.

„Die Aschebringerin. Sprung zwischen den Welten“ entpuppt sich als motiviert geschriebenes Zukunftsabenteuer mit einer energischen Heldin, die sich selbst treu bleibt.

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Veröffentlicht am 31.03.2020

Blüte der Ewigkeit

Die Jahresprinzessin 1: Blüte der Ewigkeit
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„Ich habe meine Wahl getroffen. Marlowe, Mensch des Sommerlandes seit neun Jahren und Ziehtochter einer Ewigen, ist die Jahresprinzessin.“ Als die Königin des Sommerlandes diese Worte ausspricht, erfüllt ...

„Ich habe meine Wahl getroffen. Marlowe, Mensch des Sommerlandes seit neun Jahren und Ziehtochter einer Ewigen, ist die Jahresprinzessin.“ Als die Königin des Sommerlandes diese Worte ausspricht, erfüllt sich für Marlowe, einen sogenannten Wechselbalg, die mit acht Jahren aus der Welt der Menschen gerettet wurde und bei ihrer Ziehmutter Anrile in einem kleinen Weiler zu Hause ist, ein Traum. Alle zehn Jahre wird ein Menschenmädchen zur Jahresprinzessin gekrönt, opfert für dieses eine Jahr ihre Zeit und erhält damit den Frieden und die Schönheit des Sommerlandes aufrecht. Denn das Sommerland ist ein Paradies, in dem die Zeit mehr oder weniger still steht und deren Bewohner, die Ewigen, nicht altern.

Für ein Jahr lebt Marlowe in der Hauptstadt im für sie eindrucksvollen Palast in purem Luxus. Doch so glänzend und prächtig wie die Gewänder, in die das junge Mädchen von nun an gekleidet wird, ist das Dasein tatsächlich nicht. Vielmehr vergehen die Monate im Fluge, ohne dass Marlowe sich erinnern kann, was mit ihr geschieht. Verwirrung und Gedächtnislücken beschäftigen sie. Verschiedene Ereignisse, unter anderem Übergriffe des Prinzen, lassen sie zweifeln. Sie gerät mitten hinein in einen Strudel von Verschwörungen, Geheimnissen, trügerischem Schein, einen gefährlichen Kampf um Leben und Tod. Sie lernt die Liebe kennen und weiß indes nicht, ob sie am Ende all das überdauert...


Leni Wambach hat in "Blüte der Ewigkeit", dem ersten Band ihrer Dilogie "Die Jahresprinzessin unter Verwendung zahlreicher detailsicherer Bilder die vielfältige Welt Avalun geschaffen, in der neben den Ewigen und den menschlichen Wechselbälgern auch noch weitere Völker wie die Fae und die Eddelin, die die Edla, die rätselhafte Magie Avaluns beherrschen, existieren. Auf den ersten Blick scheint insbesondere das Sommerland der Ewigen ein wundervolles Paradies zu sein. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart jedoch eine Düsternis, die das nahezu perfekte Sommerland in Frage stellt und nicht nur für die Protagonisten der Geschichte zur Falle wird...

Die angenehme Art des Erzählens, die zeitgemäß und jugendlich ist und bei der die Fantasie angeregt wird, dürfte Ältere gleichermaßen ansprechen. Deshalb ist es zu verzeihen, dass sich ab und an ein paar Längen eingeschlichen haben. Davon einmal abgesehen, gelingt es der Autorin sehr gut, wichtige Themen wie Gewalt, Krieg, Fremdenhass und sexuelle Übergriffe kritisch anzusprechen.

Ihre Charakterzeichnung der verschiedenen Figuren ist ebenfalls bemerkenswert.

Leni Wambachs Heldin Marlowe, ein Menschenkind, ist von sympathischer Wesensart. Im Gegensatz zu ihr ahnte ich von Anfang an, dass im vermeintlichen Paradies einiges im Argen liegt. Die Erfahrung muss die Jahresprinzessin erst noch machen, und wie sie dies tut, ist stimmig beschrieben. Anfänglich verträumt, naiv-unkompliziert und schüchtern entwickelt Marlowe sich zu einer verständnisreichen, hinterfragenden, immer sicher werdenden Persönlichkeit, die versucht, sich in einem Gewirr aus Geheimnissen zurechtzufinden und zu begreifen, dass diese nicht nur für ihre Feinde, sondern ebenso für Freunde bedeutungsvoll sind.

Besonders gefallen hat mir, dass sich Leni Wambach für eine romantische Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen entschieden hat, es ihrem gleichgeschlechtlichen Liebespaar aber auch nicht einfacher macht. Marlowe trifft auf Charis, eine Eddelin-Kriegerin, die neun Jahre in einen komaähnlichen Schlaf fällt und die dann für ein Jahr erwacht, wenn die Königin des Sommerlands sich auf die Suche nach ihrer Jahresprinzessin begibt. Sie ist enorm willensstark und fähig, sich im Kampf zu behaupten, allerdings hinsichtlich der Offenlegung ihrer Empfindungen und dem Eingehen emotionaler Bindungen sehr zurückhaltend. Vielleicht schrammt die Autorin hier angesichts der Eigenschaften am Rande des Klischees vorbei. Im Verlauf der Handlung verschwimmen hingegen die Konturen, und es ist wunderbar zu sehen, wie sich Marlowe und Charis einander annähern, an- und zugleich abstoßen. Die Darstellung der Gefühlswelt beider Protagonistinnen, die glaubhaft agieren in ihrem Verlangen, ihrer Unsicherheit und ihrer Hingabe wird mit Empfindsamkeit vermittelt.

Leni Wambach überrascht am Ende mit einem ergreifenden Finale, das mich betroffen und bange zurücklässt, so dass ich auf die Fortsetzung unbedingt hoffe.

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Veröffentlicht am 31.03.2020

Das Glück ist zum Greifen da

Das Glück ist zum Greifen da
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Die Serbin Ana Abovicz lebt seit zwölf Jahre in Deutschland, hat mit Anfang zwanzig ihre Zwillinge Vally und Olly bekommen, Produktdesign studiert und den Alltag mit all den großen und kleinen Sorgen allein ...

Die Serbin Ana Abovicz lebt seit zwölf Jahre in Deutschland, hat mit Anfang zwanzig ihre Zwillinge Vally und Olly bekommen, Produktdesign studiert und den Alltag mit all den großen und kleinen Sorgen allein bewältigt, als eines Tages die Aufforderung des Ausländeramtes ins Haus flattert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 28 Tagen zu verlassen. Bei nicht fristgerechter Ausreise droht die Abschiebung nach Serbien.

Da ist guter Rat teuer. Ana braucht dringend einen Job, mit dem sie den Lebensunterhalt für sich und die Söhne bestreiten kann. Nach 77 Bewerbungen ein schier unlösbares Unterfangen. Die Alternative wäre ein Mann zum Heiraten, doch der ist leider nicht in Sicht. Und der Vater der Jungen, Hornist Udo, hat den fast Elfjährigen zwar das musikalische Talent vererbt, allerdings die Vaterschaft offiziell nicht anerkannt, was hinsichtlich des Aufenthaltes helfen würde. Er glänzt durch Abwesenheit oder spontane Geschenke wie das Klavier, das mitten in der Wohnung steht, und reist ansonsten in der Welt umher.

Aber Ana wäre nicht sie selbst, wenn sie kampflos aufgeben würde. So mobilisiert sie alles, um mit ihrer kleinen Familie in ihrer Wahlheimat Köln bleiben zu können. Und kann auf die tatkräftige Unterstützung von Freundin Ella und auf die ihrer Nachbarn zurückgreifen, um dem karrieresüchtigen Herrn Schmidtke von der Ausländerbehörde ein Schnippchen zu schlagen...


Um es vorweg zu nehmen: „Das Glück ist zum Greifen da“ von Sylvia Deloy bringt einfach Freude. Zwar hält die Geschichte keine weltbewegenden Überraschungen bereit und ist hinsichtlich des Endes vorhersehbar. Angesichts der stetigen positiven Grundstimmung und vieler Emotionen ist dies jedoch absolut verzeihlich. Die Autorin schafft eine beschauliche Atmosphäre, in dem sie das Geschehen in ihrer Wahlheimatstadt Köln ansiedelt, und versprüht viel Lokalkolorit, das besonders Einheimischen Wiedererkennung bescheren dürfte. Dann gehören ebenso die Menschen dazu, die die Gemeinschaft hoch halten. Außerdem wird eine Liebesgeschichte erzählt und Heldin Ana wird neben all den Ereignissen auch noch in ein Wechselbad der Gefühle getaucht.

Sylvia Deloy schreibt trotz durchaus realitätsnaher, ernster Themen wie Abschiebung, Integration, Arbeitslosigkeit und Jobsuche, Existenzangst, Helikoptereltern und Einsamkeit der Menschen erfrischend unbeschwert, mit einem Augenzwinkern und einer gewissen Situationskomik.

„Das Glück ist zum Greifen da“ zieht seine Leichtigkeit indes vor allem aus der Figur der Ana. Die blitzgescheite Serbin ist an sich ein positiv denkender Mensch, aufgeschlossen, hilfsbereit, herzenswarm. Sie versucht die Steine, die ihr in den Weg „geworfen“ werden, wegzuräumen, wenngleich sie manchmal zu Schwarzmalerei neigt. Als liebevolle Mutter ihrer aufgeweckten Zwillinge organisiert sie mit Hilfe von Freunden und Nachbarn, die sie wegen ihrer Lebensfreude und ihres Engagements schätzen, ihren Alltag. Auch für den etwas "verpeilten" Klavierlehrer ihrer Söhne ist sie unentbehrliche Stütze bei der Aufforderung eines Kindermusicals. Dieser Peter ist ganz anders als sie. Nimmt alles auf die leichte Schulter, kommt ständig zu spät, kann aber Kochen. Das gelingt Ana nicht immer, dafür ist sie im Backen ihrer Vasa-Torte nach Oma Liljanas Rezept unschlagbar.

Und ziehen sich Gegensätze nicht an? Ist es manchmal nicht verkehrt, seinen Kopf auszuschalten und einfach nur auf sein Herz zu hören? Wer erfahren will, ob Ana das Glück findet, sollte zum Buch greifen…

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