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Tamagotchi

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.07.2018

Und jeder kämpft für sich allein

Kampfsterne
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Was für ein herrliches Buch....ich habe es schnell und gern gelesen und als jemand, der die 80er intensiv erlebt hat, so manche Parallele entdeckt. So waren sie weitgehend, diese 80er, kein wirklicher ...

Was für ein herrliches Buch....ich habe es schnell und gern gelesen und als jemand, der die 80er intensiv erlebt hat, so manche Parallele entdeckt. So waren sie weitgehend, diese 80er, kein wirklicher Befreiungsschlag, sondern ein Vortäuschen von Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung. Nebenbei enthält das Buch aber auch lustige Szenen bzw. Anmerkungen, ich hatte manches Mal ein Grinsen auf den Lippen.
Das Buch beschreibt Bewohner einer Siedlung, junge Familien mit Kindern, gut situiert, die ihren Kindern alle Türen öffnen möchten und dabei die Realität aus den Augen verlieren. Dabei lebt jeder einzelne auf seinem 'Stern' und bekämpft die anderen auf irgendeine Weise, schön dargestellt durch die kleinen Parzellen, die das Cover zieren.
Man wetteifert um die Begabung der Kinder, die Freundschaften der Kinder, das Ausschmücken des Eigenheims, die Gestaltung des Gartens und natürlich um den Grad der Emanzipation. Letztere zeigt sich meist aber nur darin, dass man z.B. Simone de Beauvoir oder Alice Schwarzer gelesen hat, dass man fantasiefördernde Kunstkurse besucht oder sich von den Kindern mit Vornamen anreden lässt, aber dies alles ziert nur das äußere Erscheinungsbild, denn in der Realität sieht es ganz anders aus. Denn da lässt sich die Architektin familiäre Gewalt gefallen, da wird über die Untreue des Ehemannes spekuliert, ohne ein klärendes Gespräch zu führen, da werden Kinder zu Prestigeobjekten, anstatt ihnen die ersehnte Nestwärme zu geben usw. Eine Pseudoemanzipation, die durch das äußere Erscheinungsbild der Familie über die innere Unzufriedenheit und Frustration hinwegtäuschen soll.
Ich denke aber, dass die Kinder peu à peu diese Missstände durchschauen und es in der folgenden Generation besser gemacht haben...(???)
Das Buch ist abwechslungsreich geschrieben, in ständigem Perspektivwechsel, was die Schnelllebigkeit der 80er symbolisiert. Außerdem kommt so nie Langeweile auf, obwohl nicht wirklich viel passiert. Aber selbst als etwas wirklich Schlimmes passiert, verharrt man in Schockstarre, um die äußerliche Harmonie nicht zu stören!
Ich möchte hier eine klare Lesempfehlung aussprechen, denn das Buch spiegelt diese Zeit vortrefflich wieder mit ihren Errungenschaften, aber auch mit ihrem Versagen. Ein schöner Rückblick auf diese Zeit!

Veröffentlicht am 09.07.2018

Spektakuläre Mordserie im Westerwald

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
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Diesen Thriller musste ich unbedingt lesen, da er lokal gesehen in unmittelbarer Nachbarschaft stattfindet und mir viele der genannten Örtlichkeiten durchaus bekannt sind. Zunächst habe ich einen soften ...

Diesen Thriller musste ich unbedingt lesen, da er lokal gesehen in unmittelbarer Nachbarschaft stattfindet und mir viele der genannten Örtlichkeiten durchaus bekannt sind. Zunächst habe ich einen soften Regionalkrimi vermutet, wurde dann aber bereits vom 1.Kapitel an eines besseren belehrt, denn dieser Thriller ist voll fesselnder Spannung.
Ein Mörder ist unterwegs und hinterlässt auf seinen grausam getöteten Opfern die einzelnen Buchstaben des Alphabets. Werden die Opfer zufällig ausgewählt? Oder besteht ein Zusammenhang zwischen ihnen, der auch mit den Buchstaben zu tun hat? Um mehr über den Mörder herauszufinden, schickt das LKA zwei junge Profiler als Unterstützung für das Ermittlungsteam, Jan Grall und Rabea Wyler.
Jan Grall stammt aus dem Westerwald, arbeitet aber ungern dort, weil sein Aufenthalt dort unbewältigte Erinnerungen an seine Jugendzeit wiederbelebt. Nach und nach erfahren wir mehr über dramatische Ereignisse in Jans Vergangenheit....
Der Autor versteht es, den Leser in Spannung zu versetzen und den Lesefluss zu garantieren. Es ist eins dieser Bücher, die man nicht weglegen möchte, dazu tragen auch die relativ kurzen Kapitel bei....Außerdem rätselt man von Anfang an mit, wer der Täter sein könnte und dem Leser wird auch manche falsche Spur gelegt, was das Lesen noch spannender macht. Diese überraschenden Wendungen und die insgesamt sehr düstere Atmosphäre garantieren Spannung bis zum Schluss. Auch der Perspektivwechsel hat mir gut gefallen, denn neben der Handlung kommen sowohl Opfer als auch Täter zu Wort.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Beschreibung der einzelnen Taten, man bekommt eine Ahnung der Brutalität, mit der der Täter vorgeht, aber der Autor verliert sich nicht im Blutrausch.
Was mir nicht so gut gefallen hat, sind die auffällig problembeladenen Protagonisten, allen voran Jan Grall. Jeder der Hauptakteure hat irgendeine schwere Belastung, die sein Leben beeinflusst, oder ist sonst irgendwie exzentrisch, wie z.B. die Deutschjapanerin. Da wäre ein bisschen weniger vielleicht realer gewesen.
Aber das schadet der Spannung nicht und mindert für mich auch nicht die Sterne. Ich würde das Buch jedem empfehlen, der einen spannenden und unterhaltsamen Thriller sucht. Mich hat das Buch überzeugt und ich bin gespannt auf weitere Bände......

Veröffentlicht am 02.07.2018

Keine Empathie

Der Flüstermann: Thriller
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Zunächst fällt einem das typische Shepherd-Cover ins Auge, in den Farben weiß-schwarz-blutrot gehalten, und nicht überladen. Das macht neugierig!
Nachdem ich bereits die 'Krähenmutter' sehr aufregend und ...

Zunächst fällt einem das typische Shepherd-Cover ins Auge, in den Farben weiß-schwarz-blutrot gehalten, und nicht überladen. Das macht neugierig!
Nachdem ich bereits die 'Krähenmutter' sehr aufregend und fesselnd fand, kann ich nur sagen, dass dieser Thriller kein bisschen hinterherhinkt. Ich habe das Buch nicht weglegen gemocht, und wenn ich unterbrechen musste, habe ich immer kurz in das nächste Kapitel hineingelesen.
Auch hier geht es wieder um Morde, die nur ein Psychopath begangen haben kann, denn er mordet ohne jegliche Empathie für die Opfer. Ein Gewissen scheint er nicht zu haben, denn Mitleid ist ihm fremd, auch wenn die Opfer ihn anflehen...
Die Art der Morde zeigt uns die große Kreativität der Autorin. Der Täter bringt die Opfer in seine Gewalt und quält sie grauenvoll zu Tode. Wo ist das Verbindungsglied zwischen den einzelnen Opfern? Zunächst zeigt sich kein offensichtlicher Zusammenhang. Und hier zeigt sich, wie gut Catherine Shepherd die Kunst des Krimi-Schreibens beherrscht, denn sie legt ganz geschickt immer wieder falsche Spuren, die den Leser zum Miträtseln anregen.
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich mühelos lesen. Die Spannung setzt direkt beim Prolog ein und hält bis zum Epilog an.
Was mir ein wenig missfällt ist, dass sich hier auch wieder eine Liaison zwischen zwei Ermittlern anbahnt, das ist in vielen Krimis bereits zum Klischee geworden. Das muss doch nicht sein, können Mann und Frau nicht zusammen arbeiten, ohne dass eine Beziehung entsteht? Aber ich kann darüber hinweglesen
Ich kann diesen Thriller wärmstens jedem empfehlen, der Spannung und die Möglichkeit zum Miträtseln sucht, denn hier findet man beides, und man kommt nicht eher zur Ruhe, bis der Fall gelöst ist.

Veröffentlicht am 12.06.2018

Provenzalischer Genuss

Das Grab unter Zedern (Ein-Leon-Ritter-Krimi 4)
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Krimigenuss pur - so gefällt es mir!
- Ein Krimi mit einigen Verdächtigen, der zum Miträtseln einlädt
- Ein logisch konstruierter Fall mit glaubwürdigen Charakteren
- Ein Schauplatz, der viel Provenz-Atmosphäre ...

Krimigenuss pur - so gefällt es mir!
- Ein Krimi mit einigen Verdächtigen, der zum Miträtseln einlädt
- Ein logisch konstruierter Fall mit glaubwürdigen Charakteren
- Ein Schauplatz, der viel Provenz-Atmosphäre vermittelt
Paul Simon wird verdächtigt, seine Tochter ermordet zu haben, wird inhaftiert, aber nach 5 Jahren mangels Beweisen aus der Haft entlassen. Er kehrt in seinen Heimatort zurück, wo er weiter als Kindermörder angesehen und entsprechend behandelt wird. Der Fall muss nun neu aufgerollt werden und führt zu weiteren Morden, neuen Erkenntnissen und neuen Gefahren. Der Rechtsmediziner Leon Ritter gewinnt durch seine präzise Arbeit neue Einsichten und beginnt privat zu ermitteln, was ihn in große Bedrängnis bringt, aber schließlich den komplexen Fall aufklärt.
Nach dem dramatischen Prolog beginnt die eigentliche Handlung zunächst recht unspektakulär, entwickelt sich aber schnell zu einem spannenden Kriminalfall, in dem man mitfiebert, um den Täter endlich zu ermitteln. Mir ging es so, dass ich das Buch ungern aus der Hand gelegt habe, was natürlich auch am lebendigen Schreibstil des Autors liegt, auf der einen Seite das provenzalische Lebensgefühl vermittelt, auf der anderen Seite aber auch einen verzwickten, aber durchaus nachvollziehbaren Kriminalfall aufbaut.
Der Hauptprotagonist Dr. Leon Ritter ist mir sehr sympathisch, da er ein aufrechter Charakter ist, der auch bereit ist, gegen den Strom zu schwimmen, aber nicht radikal, sondern in liebenswürdiger Art und Weise. Er verfügt über einen feinen Humor, der sich in vielen Situationen zeigt, teilweise als Ironie. Er hat den Tod seiner früheren Frau Sarah weitgehend überwunden und genießt wieder das Leben, gemeinsam mit der Kommissarin Isabelle Morell und deren Tochter. Leon und Isabell bilden ein gutes Ermittler-Duo, wobei jeder auch mal Alleingänge unternimmt.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der bodenständige Krimikost mag, ohne derbe Brutalität oder sensationsträchtige Aktionen. Es macht Spaß, das Buch zu lesen, und ich muss gestehen, dass dies mein erster Leon-Ritter-Krimi war, es aber sicher nicht mein einziger bleiben wird.

Veröffentlicht am 28.05.2018

Was geschah mit Billy?

Sommernachtstod
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Ein kleiner Junge, Billy, verschwindet spurlos und wird trotz intensiver Suche und intensiven Recherchen seitens der Polizei nicht gefunden. Seine Mutter verzweifelt in dieser schlimmen Situation und begeht ...

Ein kleiner Junge, Billy, verschwindet spurlos und wird trotz intensiver Suche und intensiven Recherchen seitens der Polizei nicht gefunden. Seine Mutter verzweifelt in dieser schlimmen Situation und begeht schließlich Selbstmord. 20 Jahre später versucht seine Schwester Vera Lindh, eine Gesprächstherapeutin, erneut, Licht in die Sache zu bringen, nachdem in einer Trauergruppe ein junger Mann, Isak, auftaucht, der anscheinend mehr über den Fall Billy weiß. Sie beginnt ihre Recherchearbeit und stößt auf so manche Merkwürdigkeit, aber auch auf Ablehnung seitens ihrer Familie......
Das Cover präsentiert den Giebel eines typischen Schwedenhauses, aber irgendwie ist keine Bewegung im Bild, alles erscheint erstarrt und bedrohlich, ein guter Einstieg in diesen famosen Krimi mit seiner unheilvollen Atmosphäre.
Die Handlung läuft in 2 Erzählsträngen ab: im Sommer 1983, als Billy verschwand, und 20 Jahre später, als Vera den Fall wieder aufrollt. Beide Handlungsebenen wechseln sich ab, sind Zeugen der verzweifelten Situation, wobei die aktuelle Ebene mehr Informationen und Details liefert, wodurch sich der Fall hochspannend und außerdem mysteriös darstellt.
Der Schreibstil ist flüssig, abwechslungsreich und konnte mich bis zum Ende fesseln, denn der Autor Anders de la Motte versteht es, Spannung aufzubauen und diese auch logisch zu steigern bis zu der überraschenden Auflösung. Immer wieder schiebt er neue Spannungselemente ein, so dass man das Buch nicht weglegen möchte. Immer wenn ich eine Pause einlegen wollte, habe ich zunächst in das neue Kapitel hineingelesen.... Endlich nochmal ein Krimi, der mich zum Miträtseln motiviert und mir immer wieder neue Anhaltspunkte geliefert hat. Bis zum Ende hält die Ungewissheit an, denn erst dann erfährt man die genaueren Umstände des Falles und ob Billy noch lebt.....
Sympathisch ist mir die Figur des leitenden Kommissars Mansson, der trotz ständiger Kritik die Ruhe behält , stets freundlich ist und engagiert ermittelt. Allerdings kommt er nicht gegen die eingeschworene Dorfgemeinschaft an und zieht sich deshalb zurück. Die anderen Protagonisten finden nicht meine uneingeschränkte Symathie, da sie alle irgendetwas verheimlichen oder vertuschen wollen.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und möchte es jedem empfehlen, der bodenständige Krimikost mag, ohne reißerische Stunteinlagen oder nicht nachvollziehbare Elemente. Hier ist jeder Schritt folgerichtig und transportiert den Leser in die Handlung, so dass er an den Ermittlungen teilhat. Wirklich gelungen!!!