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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2020

Mord in einer sehr speziellen Wohngegend

Das Gift deiner Lügen
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Die Bewohner von Severn Oaks bilden eine abgeschirmte Gemeinschaft in ihrem luxuriösen Villenviertel. Jeder kennt jeden, und Klatsch und Tratsch sind an der Tagesordnung, wobei es nicht gerade freundschaftlich ...

Die Bewohner von Severn Oaks bilden eine abgeschirmte Gemeinschaft in ihrem luxuriösen Villenviertel. Jeder kennt jeden, und Klatsch und Tratsch sind an der Tagesordnung, wobei es nicht gerade freundschaftlich zugeht. Den Umgang miteinander könnte man mit folgenden Adjektiven beschreiben: zänkisch, boshaft, gehässig, missgünstig und heuchlerisch. Lügen und Intrigen bestimmen den Umgang miteinander.
Der unspektakuläre Alltagstrott wird unterbrochen, als eine von ihnen im Rahmen einer Party von einem Baumhaus stürzt und stirbt. Noch ungemütlicher wird es, als ein Podcast auftaucht, in dem behauptet wird, dass es kein Unfall war, sondern Mord. Alle geraten in Aufruhr, und im Verlaufe der Podcast-Veröffentlichungen hat man fast das Gefühl, dass jeder der Mörder sein könnte.
Spannung ist schon vorhanden in diesem Buch, denn man ist ja auf die Auflösung gespannt und möchte unbedingt wissen, wer der Podcaster ist, aber die Einordnung als Psychothriller erscheint mir falsch. Des öfteren hatte ich das Gefühl, ein Buch vor mir zu haben, das sich in die Rubrik 'Comedy' einordnen ließe, denn vieles wirkt wie an den Haaren herbeigezogen und nicht überzeugend. Ein Klischée reicht dem nächsten die Hand, so dass man bisweilen ein Lächeln der Ungläubigkeit auf den Lippen hat. Mit zunehmender Tendenz!
Positiv ist außerdem, dass man mitgerätselt hat, wer und aus welchem Grunde der Mörder sein könnte. Hierzu konnte man viele Theorien entwickeln, die dann aber schnell von der Autorin wieder als Sackgasse gestoppt wurden. Gegen Ende hatte ich dann keine Lust mehr, Detektiv zu spielen, da mir alles zu unglaubwürdig war.
Gut gelungen fand ich den Perspektivwechsel, der so manche Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtete und beleuchtete. Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich und gut verständlich. Die Charaktere werden ausgiebig beleuchtet in all ihrer Heuchelei und Verlogenheit, ab und an auch etwas überzogen. Wirklich sympathisch war mir keiner der Protagonisten, ganz im Gegenteil, ich würde keinen von ihnen gern in meinem Bekanntenkreis haben.
Die Polizei kommt nur am Rande vor, man erhält beinahe den Eindruck, als wären sie nicht befugt, in dieser Severn Oaks-Gemeinschaft zu ermitteln, da sie ihre eigenen 'Gesetze' des Umgangs miteinander haben.
Alles in allem hat mich das Buch zwar unterhalten, aber es hat keine bleibenden Spuren hinterlassen, die mich noch nach der Lektüre beschäftigt hätten. Als leichte Lektüre für zwischendurch kann ich es empfehlen.

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Hart erkämpfter und teuer bezahlter Ruhm

Madame Curie und die Kraft zu träumen (Ikonen ihrer Zeit 1)
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Dieses Buch musste ich unbedingt lesen, da es mich an die Lektüre eines Buches über Mileva Marić, die erste Ehefrau Albert Einsteins, erinnert hat, die großen Anteil an seinen Studien hatte, aber als Frau ...

Dieses Buch musste ich unbedingt lesen, da es mich an die Lektüre eines Buches über Mileva Marić, die erste Ehefrau Albert Einsteins, erinnert hat, die großen Anteil an seinen Studien hatte, aber als Frau nicht als Wissenschaftlerin akzeptiert wurde. Da beide Frauen ungefähr zur selben Zeit gelebt haben, war für mich ein Vergleich interessant. Ich habe festgestellt, dass zwar einige Parallelen da sind, aber Marie durch ihren Ehemann Pierre nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil immer wieder ermutigt und inspiriert wurde.
Marie Curie hat sich einen Namen gemacht als Physikerin und Chemikerin, denn sie prägte den Begriff 'Radioaktivität' und erarbeitete sich zwei Nobelpreise. Ihr gelang die Entdeckung der chemischen Elemente Radium und Polonium, außerdem war sie die erste Frau, die einen Lehrstuhl an der Sorbonne inne hatte.
Ein großer Teil des Buches widmet sich ihrer Kindheit und Jugend, in meinen Augen ein wenig zu sehr, denn ich hätte gern mehr über ihr späteres Leben erfahren, z.B. über ihr Leben als alleinerziehende Mutter, nachdem ihr Mann Pierre bereits mit 46 Jahren verstorben war. Zwar denke ich, dass Maries frühe Phasen sie stark geprägt haben, denn sie hatte es nicht leicht als ehrgeiziges junges Mädchen im russisch besetzten Polen. Sie wollte unbedingt studieren, aber das war zu der Zeit nicht der Normalfall. Sie musste immer wieder kämpfen, und dies hat sie stark gemacht. Von daher kann ich die detaillierte Schilderung dieser frühen Jahre verstehen. Allerdings empfand ich einiges hier als langatmig, z.B. die Beschreibung der Festlichkeiten und Bräuche im ländlichen Polen.
Marie hatte zu kämpfen, um ihre Träume zu verwirklichen, immer wieder kämpfen, auch für die Rechte als Frau, für die gemeinhin keine wissenschaftliche Karriere in Frage kam, erst recht nicht in den Naturwissenschaften. Sie erlitt Demütigungen und Enttäuschungen, realisierte aber trotzdem ihre Träume. Dies allerdings zu einem hohen Preis, denn der ständige Umgang mit den Chemikalien machte die Curies krank, womit der frühe Tod Pierre Curies zu erklären ist. Ich denke, Marie hat dann einiges an ihrem Lebensstil geändert, um für ihre Töchter erhalten zu bleiben. Darüber hätte ich gern mehr erfahren, das fehlt mir in diesem Buch.
Ansonsten war das Buch sehr informativ und interessant, auch der historische Aspekt des besetzten Polens. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, gut verständlich und anschaulich. Die naturwissenschaftlichen Grundlagen sind einfach und klar beschrieben, so dass ich als Laie alles gut verstanden habe.
Alles in allem kann ich das Buch wirklich empfehlen, denn Marie hatte ein sehr bewegtes Leben, reich an Enttäuschungen, aber auch voller Liebe. Und irgendwie schwebt über allem die Botschaft, dass es sich lohnt zu kämpfen....

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Kurzweilig und informativ

Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis
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Hauptfigur in diesem Roman ist das Schankmädchen Colina, das schon einiges hinter sich hat. Sie ist verheiratet, hat einen kleinen Sohn, wurde aber in ihrer Ehe so stark misshandelt, dass sie nach München ...

Hauptfigur in diesem Roman ist das Schankmädchen Colina, das schon einiges hinter sich hat. Sie ist verheiratet, hat einen kleinen Sohn, wurde aber in ihrer Ehe so stark misshandelt, dass sie nach München geflohen ist. Hier hofft sie, sich verstecken zu können vor ihrem brutalen Ehemann. Ihren kleinen Sohn hat sie bei einer Freundin untergebracht und schickt regelmäßig Geld. Da sie als Schankmädchen nicht genug verdient, beschließt sie, ihr Glück als Gouvernante zu versuchen. Mit ein paar Tricks schafft sie es, eine Stelle zu bekommen, muss aber feststellen, dass ihre Aufgabe nicht einfach ist. Die Tochter des Hauses, Klara, soll verheiratet werden, weigert sich aber, und Colina bekommt größere Probleme.....
Historisch gesehen geht es um die Kämpfe der Wirte und Bierbrauer und ihre Stellung auf dem Oktoberfest. Einige Großbrauer wollen die kleineren Wirte vertreiben, die sich aber natürlich wehren. So geschieht auch bald ein Mord sehr skurriler Art, es wird der Kopf eines Wirtes gefunden, der abgenagt aussieht, die Polizei ermittelt....Natürlich sind die Methoden noch nicht so fortschrittlich wie heute, und es entstehen einige Probleme.
Der Roman zeigt auch, wie desaströs die Stellung der Frau in dieser Zeit war. Sie hatte sich unterzuordnen und keine gesetzlichen Rechte. Colina konnte gegen ihren gewalttätigen Mann nichts unternehmen, es nur aushalten. Wie furchtbar! Heutzutage unvorstellbar....Aber Colina ist mutig und intelligent, sie kämpft und findet Wege, sich zu befreien. Auch schafft sie es, die anderen Schankmädchen, die alle ohne feste Anstellung und ohne festen Lohn arbeiten, zu einer kleinen Rebellion zu bewegen. Sie ist sympathisch und ein wunderbares Beispiel dafür, dass es sich lohnt zu kämpfen. Ich denke, sie hätte gut in die Liga der Frauenrechtlerinnen gepasst. Ebenso wie Klara, die Colina aus voller Überzeugung unterstützt.
Auch Oberwachtmeister Aulehner hat mir gefallen, denn er ließ als Polizist nicht nur das Gesetz regieren, sondern zeigte auch sehr viel Menschlichkeit, eine Wohltat bei den rauen Sitten, die damals zutage traten.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen, er ist spannend geschrieben, in ansprechendem Schreibstil und sehr informativ. Die historischen Hintergründe und die vielen Details dazu haben mich beeindruckt und mir vor Augen geführt, wieviel sich doch in 120 Jahren ändern kann.
Ich kann diesen Roman wärmstens empfehlen: kurzweilig, unterhaltsam und informativ - einfach lesenswert!

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Veröffentlicht am 17.09.2020

Schroffer Abschied von einer wohlbehüteten Kindheit

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
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Im Alter von 13 Jahren ist Giovanna regelrecht schockiert, als sie ein Gespräch ihrer Eltern belauscht und ihren Vater sagen hört, dass sie hässlich sei. Er verweist darauf, dass sie immer mehr seiner ...

Im Alter von 13 Jahren ist Giovanna regelrecht schockiert, als sie ein Gespräch ihrer Eltern belauscht und ihren Vater sagen hört, dass sie hässlich sei. Er verweist darauf, dass sie immer mehr seiner Schwester Vittoria ähnelt, zu der die Familie jeden Kontakt meidet. Ausgelöst durch diese Beurteilung durch ihren Vater möchte Giovanna mehr erfahren über die Familie ihres Vaters und Tante Vittoria kennenlernen. Dort erfährt sie vieles, was ihren Vater, den sie immer als loyal und zuverlässig erlebt hat, im Ansehen sinken lässt. Für Giovanna bricht ihre heile Welt, in der sie bislang wohlbehütet gelebt hat, zusammen, denn nach und nach kommen immer mehr Ungereimtheiten und Lügen ans Licht. Sie erkennt, dass ihr Vater aus tiefen sozialen Schichten stammt und in einem verkommenen Haus in Neapels Problemviertel aufgewachsen ist, womit er nun nichts mehr zu tun haben will.
Giovanna ist regelrecht fasziniert von ihrer vulgären Tante und weitere Treffen folgen. Nachdem sie gemerkt hat, dass ihre Eltern nicht ehrlich zu ihr waren, hat sie keine Hemmungen mehr, ebenfalls zu lügen, vor allem ihre Eltern sind die Opfer. Die Tochter fängt an, ihre Eltern zu hinterfragen, und auf der Suche nach weiteren Unstimmigkeiten, spioniert sie ihnen nach und stellt fest, dass ihre Mutter mit einem Freund der Familie eine Affäre hat.
Wem kann sie denn noch trauen? Wer belügt sie nicht? Wer spielt ihr nichts vor? Eine sehr belastende Erfahrung im Leben eines Teenagers. Ganz spontan muss der Leser zurückdenken an seine eigenen Begegnungen mit Unwahrheiten und Manipulationen und wann diese Erkenntnis einsetzte. Ich bekam dadurch viele Impulse zur Reflektion über mein Leben.
Diese Coming-of-Age Geschichte zeigt uns die Zerrissenheit der heranwachsenden Giovanna in den so turbulenten Phasen der Pubertät. Sie ist hin- und hergerissen zwischen ihrem Elternhaus und dem neuen Bösen, das sie nun kennt. Die Autorin bleibt hier nicht an der Oberfläche, sondern beleuchtet bis in tiefste emotionale Schichten die Persönlichkeit Giovannas und auch anderer Charaktere im Buch. Mich hat dies sehr beeindruckt, denn so wurden die einzelnen Szenen sehr atmosphärisch und ergreifend.
Ebenso ist die menschliche Einsamkeit ein zentrales Thema. Nachdem das Mädchen ihren Eltern, die ihre Zuflucht, ihre Helfer, ihre Beschützer waren, nicht mehr traut, muss sie sich umorientieren. Aber ist ihre beste Freundin nicht auch eine Intrigantin? Das Misstrauen überwiegt. Giovanna flieht sogar in die Religion, obwohl sie an keinen Gott glaubt.
Auch die meisten anderen Charaktere sind sehr komplex und beachtenswert.
Sehr unrealistisch fand ich indes die Szene gegen Ende, als Giovanna nun endlich zur Frau werden will.
Insgesamt hat mich das Buch sehr beeindruckt, mich zum Nachdenken angeregt und bleibende Gefühle hinterlassen. Eine eindeutige Empfehlung für Leser mit Vorliebe für tiefgründige Literatur.

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Veröffentlicht am 25.08.2020

Leben ohne Tiefgang

Das Leben ist ein wilder Garten
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Carlo Weiß ist Landschaftsgärtner und verhilft seinen Kunden zu der Gartengestaltung ihrer Träume. Sein eigenes Leben ist jedoch alles andere als traumhaft. Seine Frau Ana hat ihn verlassen, ihre gemeinsame ...

Carlo Weiß ist Landschaftsgärtner und verhilft seinen Kunden zu der Gartengestaltung ihrer Träume. Sein eigenes Leben ist jedoch alles andere als traumhaft. Seine Frau Ana hat ihn verlassen, ihre gemeinsame Tochter Mina macht ein Praktikum in London und meldet sich sehr selten. Auf den ersten Seiten des Buches wirkt Carlos Leben desolat: eine spartanisch eingerichtete Wohnung in einem öden Mietshaus, ein einsames Frühstück in einem ungemütlichen Café, überall nur alte oder kranke Leute. Ein Gesamteindruck von Einsamkeit!
Aber Carlo ist nicht einsam, ihn verbindet eine vertrauensvolle Freundschaft mit seinem Assistenten Agon, einem Kosovo-Albaner, der früher Französischlehrer war. Er ist ein Mensch, der sich von seinen Gefühlen leiten lässt und seinen Mitmenschen tiefgehende Empathie schenkt. In gewisser Weise ist es das,was Carlo fehlt, und auf was er durch Agon oftmals aufmerksam wird.
Ana ist gegangen, weil Carlo kein Einfühlungsvermögen für ihren Beruf als Krankenschwester hatte und ihr nicht wirklich zuhört. Und genau so verfährt er auch mit seiner Mutter, die aus einem Altersheim in ein altes Hotel gezogen ist, wo sie früher ihre große Liebe traf. Seine Mutter möchte ihm ihr Leben offenbaren, aber es interessiert ihn nicht wirklich....
Das Buch enthält verschiedene Handlungsstränge, aber diese werden leider nicht zu einem sinnvollen Ganzen verknüpft, es fehlt der Tiefgang, der auch in Carlos Leben fehlt. Irgendwie habe ich eine gewisse Spannung vermisst, die mich antreibt, weiter zu lesen. Ich fand den Roman bisweilen langatmig und uninteressant, da einige Fragen offen blieben, z.B. möchte man gern wissen, wieso Agon brutal zusammengeschlagen wird oder warum Ana sich immer wieder auf Carlo einlässt. Was ist in Minas Erziehung so falsch gelaufen, dass sie ihr Meerschweinchen aussetzt, weil es sie nervt?
Was mir jedoch sehr gut gefallen hat, ist der atmosphärische Schreibstil. Buti beschreibt Situationen, Charaktere und Vorfälle sehr detailliert und realistisch, wobei er jeweils Gefühle einfließen lässt, die noch mehr Tiefgang verleihen. Man sieht das schäbige Café regelrecht vor sich, oder meint Carlos gebrechlicher Mutter gegenüber zu sitzen....
Dieser Erzählstil ist das große Plus dieses Romans, inhaltlich hatte ich gemäß Klappentext und Leseprobe deutlich mehr erwartet, vor allem Tiefgang. Schade!

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