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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2019

30 Jahre her - und nun aktuell

Bis ihr sie findet
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Aurora ist 14, als ihre Schwester sie mitnimmt zu einer Party ihrer Clique, die im Wald und mit einer anschließenden Übernachtung im Freien stattfindet. Alle sind etwas älter als Aurora und haben ihre ...

Aurora ist 14, als ihre Schwester sie mitnimmt zu einer Party ihrer Clique, die im Wald und mit einer anschließenden Übernachtung im Freien stattfindet. Alle sind etwas älter als Aurora und haben ihre festen Vorstellungen, was sie von einer solche Fete erwarten. Aurora fühlt sich schnell im Abseits, weil sie keinen Alkohol trinkt, keine Drogen nimmt und keinen Partner hat. Sie fühlt sich dort nicht wohl und möchte am liebsten nach Hause. Als die anderen am nächsten Morgen erwachen, ist Aurora verschwunden, und eine groß angelegte Suchaktion bleibt erfolglos.
Nach 30 Jahren wird dort eine Leiche durch Zufall entdeckt, und DCI Jonah Sheens weiß sofort, dass es sich um Aurora handelt, was sich dann auch bestätigt. Sofort wird der Cold Case wieder aufgerollt, und Sheens sieht sich vielen Fragen gegenüber.
Zunächst einmal muss ich sagen, dass die Spannung, die bereits im Prolog einsetzt durch den Fund eines Fingerknochens, bis zum Schluss aufrecht erhalten wird, man ist gefesselt vom Geschehen und süchtig nach weiteren Details jener Nacht, die durch die intensiven Ermittlungen sukzessiv ein Gesamtbild ergeben. Man kann wunderbar miträtseln, wer als Täter in Frage kommt, landet aber immer wieder auf einer falschen Spur und muss wieder umdenken.
Der Schreibstil ist flüssig und leicht. Erzählt wird auf zwei Ebenen, vor 30 Jahren und aktuell. Beide Ebenen sind interessant, in der aktuellen laufen die Ermittlungen ab, und in der anderen werden die Ereignisse damals aus Auroras Sicht präsentiert. Leider gibt es ein paar Szenen, die meiner Meinung nach überflüssig sind, da sie ohne Bedeutung für die Handlung sind.
Durch die andauernden Verhöre setzt bald eine interessante Gruppendynamik ein, wobei keiner wirklich Rücksicht auf andere nimmt, jeder möchte sich reinwaschen von Schuldzuweisungen. Wie im richtigen Leben!
Keiner ist mir wirklich sympathisch, da gelogen und intrigiert wird. Die Ermittler kommen unscheinbar rüber, haben mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen und sind ebenfalls keine Sympathieträger.
In der Mitte des Buches kommt es zu einigen Längen, da die Ermittlungen auf der Stelle treten und bisweilen schon Bekanntes wiederholt wird. Aber ansonsten hat mir das Buch gut gefallen und ich möchte es allen empfehlen, die gern miträtseln, Cozy Crime mögen und nicht auf blutgetränkte Action aus sind.

Veröffentlicht am 13.10.2019

Ein riesiger Escape Room

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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Wie in einem Escape Rätsel muss sich Aiden Bishop gefühlt haben, als er zu einem Maskenball auf dem alten Landgut Blackheath eingeladen wird, denn sehr schnell muss er feststellen, dass der Aufenthalt ...

Wie in einem Escape Rätsel muss sich Aiden Bishop gefühlt haben, als er zu einem Maskenball auf dem alten Landgut Blackheath eingeladen wird, denn sehr schnell muss er feststellen, dass der Aufenthalt dort eine Bedrohung für ihn darstellt, denn er kann diesem Ort nicht ohne Weiteres entkommen. Er hat nur eine Chance, wenn er ein bestimmtes Rätsel löst bzw. in diesem Fall einen Mord aufklärt. Evelyn Hardcastle, die Tochter des Hauses, wurde ermordet, und dieses Geschehen soll Aiden aufklären, ansonsten kann er Blackheath nicht verlassen.
Hinzu kommt noch, dass Aiden sich jeden Tag in einem anderen Körper der anwesenden Gäste wiederfindet, er also das Geschehen immer wieder aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Und jeden Tag spult sich das gleiche Geschehen wieder ab, hier grüßt täglich das Murmeltier! Durch die jeweils veränderte Perspektive erfährt er aber Schritt für Schritt mehr und das Rätsel wird langsam durchschaubar. Bis es aber soweit ist, muss man sich durch viele Wendungen schlängeln, die einen oft auch auf die falsche Fährte locken. Das Schlimmste ist, dass man wirklich nicht weiß, wer tatsächlich vertrauenswürdig ist. Und dann kommt das überraschende Ende mit der Auflösung, die man dann doch wieder nicht erwartet hat, die aber in sich logisch durchdacht ist.
Mich hat immer wieder verwundert, wie der Autor es geschafft hat, alle Fäden des Geschehens im Auge zu behalten, wo doch die Komplexität der verschiedenen Perspektiven so gewaltig ist. Aber Stuart Turton hat dies vollbracht, es bleiben keine Fragen offen und man bleibt erstaunt zurück.
Ich glaube, dass ich bislang keinen Kriminalroman gelesen habe, der meine Konzentration so stark gefordert hat. Dies ist kein Buch, das man mal eben so zur Entspannung liest, denn bei der kleinsten Unaufmerksamkeit verliert man den roten Faden und muss zurück. Am Ende hatte ich das Gefühl, etwas Anspruchsvolles erfolgreich beendet zu haben. Puh!
Ich möchte eine klare Leseempfehlung aussprechen, denn hier handelt es sich um ein gut durchdachtes fiktives Meisterwerk.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Ein unkonventioneller Ermittler

Todesmal
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Maarten S. Sneijder ist ein genialer und spitzfindiger Ermittler, der sich oft mit unkonventionellen Methoden der Lösung eines Falles nähert. So auch in diesem Fall, als plötzlich eine Nonne im BKA erscheint ...

Maarten S. Sneijder ist ein genialer und spitzfindiger Ermittler, der sich oft mit unkonventionellen Methoden der Lösung eines Falles nähert. So auch in diesem Fall, als plötzlich eine Nonne im BKA erscheint und sieben Morde ankündigt, die in der kommenden Woche erfolgen werden. Ermitteln unter Hochdruck setzt ein, allen voran Sneijder, der eigentlich dem BKA adieu gesagt hatte, sich nun aber bereit erklärt, wieder durchzustarten, aber mit einer Reihe von Sonderkonditionen für ihn und sein Team.
Das Buch mit seinen rund 600 Seiten versetzt den Leser schnell in einen hochgradigen Spannungszustand, man sieht sich unentwegt neuen Hinweisen, Wendungen und Aktionen gegenüber, die den Spannungsbogen bis zum Ende aufrecht erhalten, denn selbst im Finale passieren noch überraschende Ereignisse. Der Schreibstil des Autors lässt den Leser schnell in die Story hineingleiten, denn er schreibt flüssig und einprägsam. Seine Beschreibungen sind konkret und vermitteln im Kopf ein gut vorstellbares Szenenbild.
Sneijder ist für mich ein Antiheld, er ermittelt genial und mit akribischer Ausdauer, zusammen mit einem unkonventionellen Team und vor allem mit unkonventionellen Methoden. Und bei letzteren setzt meine Kritik an, denn teilweise sind diese Aktionen wirklich im roten Bereich und man fragt sich, wieso das BKA davor die Augen verschließt. Auch die persönlichen Marotten Sneijders gehen mir zu weit, denn ein Ermittler, der sich ständig, auch in seinem Büro, mit Marihuana umnebelt, wäre für mich als Vorgesetzter nicht tragbar, aber hier hat er stille Duldung. Daher ist der Thriller für mich des öfteren zu konstruiert und unauthentisch. Das Geschehen gleitet bisweilen in reine Fiktion ab, ohne Wirklichkeitsbezug.
Trotzdem würde ich das Buch Thrillerfans empfehlen, denn es ist wirklich spannungsreich und fesselnd. Allerdings darf man keinen Auftritt einer Schlange erwarten, denn dieses wirklich attraktive haptische Cover steht wohl nur sinnbildlich vor unseren Augen als Verkörperung des Bösen bzw. der Verführung zum Bösen, wie es schon in der Bibel seinen Platz hat.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Hinter der Fassade

Zimmer 19
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Der spannende Thriller beginnt gleich mit einem spektakulären Ereignis: die Berlinale startet, und zum Eröffnungsfilm sind viele Menschen erschienen. Doch ihre Erwartungen werden nicht erfüllt, da der ...

Der spannende Thriller beginnt gleich mit einem spektakulären Ereignis: die Berlinale startet, und zum Eröffnungsfilm sind viele Menschen erschienen. Doch ihre Erwartungen werden nicht erfüllt, da der Film zum Entsetzen aller die brutale Ermordung einer jungen Frau zeigt. Und diese Frau ist vielen bekannt, handelt es sich doch um die Tochter des regierenden Bürgermeisters Keller. Tom Babylon vom LKA ermittelt, und er bezieht auch wieder die Psychologin Sita Johanns in den Fall ein. Schon bald wird eine weitere junge Frau entführt, und die Ermittlungen laufen unter Hochdruck, wobei viele Fragen zunächst unbeantwortet bleiben, denn besonders der Bürgermeister möchte keine Negativschlagzeilen......
Dieser 2. Band der Tom Babylon Reihe lässt an Spannung nichts zu wünschen übrig, ein sogenannter Pageturner, denn man möchte immer weiterlesen. Bei jeder Lesepause habe ich noch kurz in das nächste Kapitel hineingelesen, manchmal wurde es dann auch noch angehängt. Der flüssige und gut verständliche Schreibstil lässt den Leser schnell in die Geschichte eintauchen, und man fühlt sich durch die exakten Beschreibungen am Ort des Geschehens. Des weiteren erzeugt Marc Raabe in gewohnter Weise noch mehr Spannung durch ständigen Perspektivwechsel. Durch wohlgesetzte Cliffhanger am Ende eines Abschnitts kann man es kaum erwarten, bis exakt diese Perspektive wieder aufgenommen wird. Und meisterhaft werden am Ende alle Handlungsstränge zusammengeführt, so dass keine wichtige Frage offen bleibt.
Man muss den ersten Band nicht gelesen haben, um der Handlung des zweiten folgen zu können, obwohl hin und wieder ein kurzer Blick zurück geworfen wird. Ich kann den ersten Band aber sehr empfehlen.
Tom Babylon als LKA Ermittler ist mir sympathisch, er ist hart im Nehmen, hat ein ausgeprägtes Verantwortungsbewußtsein und schreckt auch nicht davor zurück, sich über Anordnungen seines Chefs hinwegzusetzen. Neuerdings hat er auch einen kleinen Sohn, der sofort den Schlüssel zu seinem Herzen gefunden hat. Was mich allerdings zunehmend stört, ist das ständige imaginäre Auftauchen seiner Schwester Vi. Sie ist jetzt schon so lange verschwunden, dass Tom diese Psychose allmählich mal bekämpfen müsste, da gibt es bestimmt professionelle Möglichkeiten. Überall sieht er Hinweise auf sie, sie sitzt im Auto neben ihm, er spricht mit ihr und bespricht sogar sein taktisches Vorgehen als Polizist mit ihr. Das ist schon fast mystisch und passt irgendwie nicht zu diesem Mann, der ansonsten mit beiden Beinen im Leben steht. Ich hoffe, dass Tom im nächsten Fall seine Erinnerung an die Schwester mehr im Griff hat.
Alles in allem kann ich diesen Thriller wärmstens empfehlen, ein Meisterwerk, das für viele spannende Lesestunden sorgt.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Schutzlügen - wie weit dürfen sie gehen?

Gestern ist ein ferner Ort
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Celia, eine Journalistin, wird nach einem Schlaganfall aus dem Krankenhaus entlassen, ist aber nicht völlig geheilt, sondern leidet an partieller Amnesie. Da sie in einen normalen Alltag zurückkehren möchte, ...

Celia, eine Journalistin, wird nach einem Schlaganfall aus dem Krankenhaus entlassen, ist aber nicht völlig geheilt, sondern leidet an partieller Amnesie. Da sie in einen normalen Alltag zurückkehren möchte, versucht sie auf unterschiedliche Weise, ihre Erinnerungen wieder lebendig werden zu lassen. Sie fährt z.B. an Orte, die in ihrem früheren Leben eine Rolle gespielt haben, um Anstöße für die Reaktivierung ihres Gedächtnisses zu bekommen.
Noch naheliegender sind natürlich die Befragungen der Menschen, die zu ihrem sozialen Umfeld gehört haben, Familie, Freunde, Bekannte und Nachbarn. Hier jedoch fällt Celia bald auf, dass diese Personen auf manche Fragen merkwürdig reagieren, so als ob sie fremdbestimmt antworten. Wer hat da seine Finger im Spiel und versucht, Celia etwas zu verheimlichen? Schon bald findet sie heraus, dass ihre Tochter Paula bestimmt, was sie wissen darf und was nicht. Wie weit darf eine solche Bevormundung der eigenen Mutter gehen? Dies ist die zentrale Frage in diesem Buch, und der Leser kann sich selbst eine Meinung bilden, indem er Celias Leben in der Rekonvaleszenz verfolgt.
Das Buch ist sehr emotionsgeladen und entführt den Leser in eine Situation, die für die meisten von uns unbekannt ist. Ich habe mich mit Celia über jeden kleinen Fortschritt gefreut und habe mit ihr gelitten, wenn sie wieder enttäuscht wurde. Der Autor schafft es, uns Celias Gefühlsleben nahezubringen, und ich habe mich oft gefragt, wie ich in einer solchen Situation reagieren würde.
Der Schreibstil ist einfach und klar. Er passt damit hervorragend zu Celias momentanem Zustand, denn durch Fragen nach einfachen Alltagsgegebenheiten möchte sie ihren Horizont immer mehr erweitern. Es passiert nichts Spektakuläres, manchmal hat man sogar das Gefühl, dass sich Längen einschleichen, aber trotzdem ist eine gewisse Spannung da, die einen gern weiterlesen lässt.
Die Protagonistin ist wunderbar einfühlsam beschrieben, wir erleben sie mit all ihrer Unsicherheit, aber auch mit all ihrer Freude über Fortschritte. Wir sehen sie in ihrem innigen Verhältnis zu ihrem Hund Charlie, ihrer Enkelin Alba und ihrer Haushälterin Rosario.
Am Ende bleibt allerdings einiges offen. Man wüßte gern, wie sich das weitere Mutter/Tochter Verhältnis gestaltet oder wie Celia ihren Lebensherbst zu gestalten gedenkt. Trotzdem kann ich das Buch empfehlen, es entführt uns in eine ganz andere Welt, erlaubt uns ungewohnte Einblicke und stimmt nachdenklich.

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