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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2017

Gefühlschaos

Die Henry Frei-Thriller / Böses Kind
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Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden ...

Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden kann.

Dies ist das erste Buch von Martin Krist, das ich gelesen habe, und mir scheint, ich habe was verpasst, denn der Autor ist ein Meister im Spannungsaufbau. Bereits vom ersten Kapitel an baut sich die geheimnisvolle Situation auf. Mysteriöse Vorfälle, die zunächst unerklärlich scheinen, wechseln sich ab mit chaotischen Alltagsbeschreibungen der Hauptpersonen. Dazwischen immer wieder kurze Kapitel aus der Opferperspektive. Immer wenn ich eine Lesepause eingelegt habe, musste ich kurz ins nächste Kapitel reinlesen, um zu sehen, wie es weitergeht...und stets versucht man in Gedanken, den Täter aufzuspüren.

Dies ist die Aufgabe der beiden Kommissare, die hier die Ermittlungen leiten. Kommissar Frei ist mir trotz seiner Pedanterie sympathisch, da er zielstrebig und zuverlässig seine Aufgaben erfüllt. Kommissarin Albers hingegen, junge Mutter und stets übermüdet, würde in der Realität ihren Job nicht meistern. Ständig knabbert sie an Möhren und gähnt, selbst während der Vernehmungen, ihr Charakter ist vom Autor übertrieben dargestellt, einer der Minuspunkte dieses Buches.

Sehr gut dargestellt werden dagegen die sozialen Gegensätze Berlins, besonders am Beispiel der alleinerziehenden Mutter, die sich im Plattenbau unter ärmlichen Bedingungen durchschlägt.

Ein weiterer Minuspunkt ist für mich das plötzliche überraschende Ende, zwar nachvollziehbar, aber man wünscht sich mehr Hintergrunderklärungen. Auch über den ehemaligen Kommissar Marek und seine Geschichte möchte man mehr erfahren.

Des weiteren stören mich die ständigen 'Tut-Sätze' des kleinen Dennis. Kinder ahmen die Sprache ihrer engsten Bezugspersonen nach, jedoch spricht seine Mutter grammatikalisch richtiges Deutsch, woher also das 'tut'?

Alles in allem ist das Buch lesenswert für alle, die spannende Thriller mögen und die auch brutale Szenen verkraften können. Ich habe es bereits weiter empfohlen.

Veröffentlicht am 05.05.2024

Hunters Jagd auf die Sekte 'Church of Second Eden'

Tränenschwur
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Dies ist der dritte und letzte Band der Sacramento Trilogie, wobei ich die ersten beiden Bände nicht gelesen habe. Ich habe gut in das Geschehen hineingefunden, allerdings waren die vielen Namen ein Problem, ...

Dies ist der dritte und letzte Band der Sacramento Trilogie, wobei ich die ersten beiden Bände nicht gelesen habe. Ich habe gut in das Geschehen hineingefunden, allerdings waren die vielen Namen ein Problem, so dass ich mir einen Hilfszettel dafür angelegt habe. Schön wäre es gewesen, wenn ein Namensregister im Buch vorhanden gewesen wäre.
Inhaltlich geht es darum, den Aufenthaltsort der Sekte ausfindig zu machen, um sie endlich bekämpfen zu können und die kürzlich verschleppten Teenager zu befreien. Außerdem ist ein Killer unterwegs, der ehemalige Sektenmitglieder, denen die Flucht gelang, töten möchte. Auch deren Umfeld ist in Gefahr, und so gibt es für die Ermittler einiges zu tun, wobei die Zeit drängt, denn Hayley, einer der verschleppten Teenager, ist hochschwanger. Der Killer ist DJ Belmont, der sich zum Chef der Sekte machen möchte, um deren Vermögen an sich zu bringen. Er ist rücksichtslos und äußerst brutal.
Die Story fängt mit dem Prolog sehr spannend an, aber leider verliert sich die Spannung im Laufe des Buches immer wieder. Das liegt großenteils daran, dass die sehr enge Beziehung zwischen Special Agent Hunter und der ehemaligen Soldatin Liza Barkley großflächig die Jagd auf die Sekte überlagert. Das ständige Auf und Ab nervt zusehends, und man möchte diese Kapitel am liebsten ausblenden, um mehr über das eigentliche Thema zu erfahren. Mit der Zeit wurden mir die beiden weniger sympathisch wegen des dramatischen Verhaltens miteinander.
Der Schreibstil der Autorin ist leicht und angenehm zu lesen, besonders gefällt mir, dass sie die Gedanken der einzelnen Charaktere in Kursivdruck von dem Gesagten abhebt. So erfährt man mehr und kann 'hinter den Vorhang schauen'. Karen Rose ist eine Meisterin der Charakterstudien. Das trifft in meinen Augen auch in diesem Buch zu, da die Hauptprotagonisten sehr detailliert und umfassend beschrieben werden. Man hat regelrecht ein Bild vor Augen, das mit jeder neuen Information erweitert wird.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Love Story deutlich weniger Platz einnimmt, da sie die Spannung torpediert und dem Thriller zeitweise die Luft abdreht. Gern hätte ich dafür auf einige der 800 Seiten verzichtet. Ansonsten hatte ich unterhaltsame Lesestunden und kann das Buch trotz der Kritik empfehlen.

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Veröffentlicht am 03.06.2020

Cosy Crime - Partnervermittlung mit Hindernissen

Hamish Macbeth hat ein Date mit dem Tod
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Im schottischen Hotel Tommel Castle trifft sich Maria, die Leiterin einer Partnervermittlungsagentur, mit acht betuchten Kunden, um sie einander näher zu bringen, abseits vom Alltag und in Urlaubsatmosphäre. ...

Im schottischen Hotel Tommel Castle trifft sich Maria, die Leiterin einer Partnervermittlungsagentur, mit acht betuchten Kunden, um sie einander näher zu bringen, abseits vom Alltag und in Urlaubsatmosphäre. Alles ist von Maria bis ins Detail geplant, aber dann läuft alles schief, und schließlich passiert auch noch ein Mord, weit außerhalb im Steinbruch. Da die getötete Person nicht gerade beliebt war, sind intensive Ermittlungen notwendig, und es gibt viele Verdächtige. Eine knifflige Aufgabe für Constable Hamish Macbeth!
Dieses war mein erster Krimi aus der Hamish-Macbeth-Reihe, man kann ihn lesen, ohne die vorherigen Bände zu kennen.
Allein schon die Beschreibung der Partnersuchenden ist so amüsant, dass man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen kann. Wirklich köstlich! Auf gekonnt englische Art werden uns die skurrilen Personen vorgestellt, natürlich vollkommen überzeichnet, aber das gehört dazu und macht die englischen Krimis so eigenwillig. Ich liebe diese bizarren Typen! Einer von diesen außergewöhnlichen Charakteren ist Hamish Macbeth, der lokale Polizeibeamte, bekannt für seine ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden. Auch hier wird er wieder aktiv, und wir können mit ihm gemeinsam auf die Suche nach dem Mörder gehen.
Der Schreibstil ist bildhaft und fließend, so dass es eine Freude ist, das Buch zu lesen. Nebenbei wird die schottische Landschaft beschrieben, auch ein Genuss! Diese finden wir auch auszugsweise auf dem Cover, das ein lustiges Erscheinungsbild hat und die Blicke anzieht.
So weit - so gut! Das hatte ich erwartet, und das ist auch alles das, was einen englischen Cosy Crime Roman ausmacht. Aber dann kommt das Ende, bzw. die Lösung des Kriminalfalls, und dieses ist so haarsträubend schlecht konstruiert, dass ich regelrecht enttäuscht war. Die Überführung des Täters mit abstrusen Methoden ist nicht nachvollziehbar und geht am realen Leben vorbei. Schade! Da hatte ich mehr erwartet....Und selbst als der Täter bereits gefunden ist, werden noch ca. 30 Seiten mit Nichtigkeiten gefüllt.
Alles in allem fand ich das Buch mit Abstrichen lesenswert, und diese Abstriche beziehen sich auf das schwache Ende und die unergründlichen Ermittlungsmethoden.

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Veröffentlicht am 02.03.2020

Mord auf der Nordseeinsel Neuwerk

Tod im Leuchtturm
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Julia Lange hütet über Winter den Neuwerker Leuchtturm, die Einsamkeit ist ihr Recht, da sie seit 30 Jahren ein zurückgezogenes Leben führt, denn damals wurde sie Zeugin eines bis heute ungelösten Verbrechens. ...

Julia Lange hütet über Winter den Neuwerker Leuchtturm, die Einsamkeit ist ihr Recht, da sie seit 30 Jahren ein zurückgezogenes Leben führt, denn damals wurde sie Zeugin eines bis heute ungelösten Verbrechens. Als sie dort tot in der Badewanne gefunden wird, sieht zunächst alles nach Selbstmord aus, was aber eine Freundin von ihr nicht glauben kann, da Julia gerade neue Pläne für die Zukunft geschmiedet hatte. Diese Freundin lässt nicht locker, bis die Polizei Ermittlungen aufnimmt und sich der vermeintliche Selbstmord wirklich als Mord entpuppt....Hat der Fall von damals damit zu tun? Wer hat ein Interesse daran, Julia aus dem Weg zu räumen?
Der Krimi weckte sofort mein Interesse, da er viel Lokalcolorit über Cuxhaven und die vor Cuxhaven liegende Insel Neuwerk versprach. Und das hat er auch! Es geht zu vielen bekannten Plätzen dort, und man bekommt auch viele Hintergrundinformationen, die mir als oftmalige Cuxhavenurlauberin nicht bekannt waren. Besonders die Wattwagenfahrten zwischen Cuxhaven und Neuwerk spielen eine große Rolle, was Sehnsucht nach dem nächsten Urlaub dort entstehen lässt.
Der Schreibstil ist flüssig und leicht lesbar, es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so dass die Geschichte aus mehreren Blickwinkeln heraus beleuchtet wird und man miträtseln kann, was und wer wohl hinter dem Ganzen steckt. Das hat mir gut gefallen.
Der Krimi fängt zunächst spannend an, als Julia im Leuchtturm über ihr bisheriges Leben sinniert und plötzlich Geräusche hört, die sie sich nicht erklären kann. Danach sinkt die Spannungskurve aber ab, und die langsam vorangehenden Ermittlungen dümpeln vor sich hin, was durch die vielen Szenen, die nicht zum eigentlichen Thema gehören, noch langatmiger wird. Erst in der zweiten Hälfte steigt die Spannung wieder an, so dass das Buch schließlich noch zum Pageturner wurd, da man unbedingt erfahren möchte, was damals passiert ist und was heute so brisant ist, dass gemordet wird.
Mit den Personen bin ich nicht so richtig warm geworden, besonders die Malerin Margo fand ich total überzeichnet. Aber auch die Kommissarin Rike hatte nicht sofort meine Sympathie, denn ich empfand sie als spröde und unfreundlich. Erst allmählich habe ich mich mit ihr angefreundet, da sie ausdauernd und ehrgeizig ermittelt und dann endlich auch mal menschliche Züge zeigt. Auch den neuen Polizeichef fand ich unglaubwürdig, denn so parteiisch wird sich keiner in einer leitenden Position präsentieren, zumondest nicht beim Neueinstieg.
Gefallen hat mir das Buch schon, besonders die vielen lokalen Einflechtungen, die einem Gedanken durch den Kopf jagen wie 'das kenn ich' oder 'da war ich schon mal'. Bei unserem nächsten Cuxhavenurlaub werde ich mich sicher wieder an dieses Buch erinnern. Sternemäßig lege ich mich zwischen drei und vier fest, da mich nicht alles überzeugt hat.

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Veröffentlicht am 01.09.2018

Fremdbestimmung vs. Selbstbestimmung

Die Hochhausspringerin
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In dieser Dystopie geht es um die existentiellen Probleme, die ein extrem fremdbestimmtes Leben mit sich bringen kann.
Julia von Lucadou macht uns bekannt mit Riva Karnovsky, einer Hochhausspringerin, ...

In dieser Dystopie geht es um die existentiellen Probleme, die ein extrem fremdbestimmtes Leben mit sich bringen kann.
Julia von Lucadou macht uns bekannt mit Riva Karnovsky, einer Hochhausspringerin, sehr beliebt und perfekt in ihrer attraktiven Rolle, die sich aber plötzlich aus diesem glamourösen Leben zurückzieht und in Lethargie verfällt. Dann ist da noch Hitomi Yoshida, die für Psy-Solutions arbeitet und durch geeignete Maßnahmen Riva reanimieren soll, damit sie sich wieder dem Highrise Diving zuwendet. Diese Maßnahmen bestehen in erster Linie aus minutiöser Überwachung, die Gründe für den Rückzug herausfinden und geeignete Therapiemöglichkeiten bieten soll.
Schnell wird deutlich, dass in dieser neuen Welt jeder permanent überwacht wird, bis in die Intimsphäre hinein, um die bestmögliche Optimierung der einzelnen Individuen zu gewährleisten, denn nur dann kann die Gesellschaft funktionieren. So wird auch Hitomi immer mehr bewußt, dass auch ihr Leben komplett fremdbestimmt ist, und wenn sie nicht funktioniert wie gewünscht, erfolgt der gesellschaftliche Abstieg, bis hinaus in die Peripherien, wo die Menschen bei ihren Biofamilien selbstbestimmt leben, aber eben nicht vollkommen sind.
Mir scheint es, als gehe es darum, sich zu entscheiden. Was möchte ich, Ruhm und Anerkennung, wobei ich mich dann aber in totale Fremdbestimmung begebe und mich anpasse, quasi meine eigene Persönlichkeit aufgebe. Oder möchte ich ein Individuum bleiben, selbstbestimmt, aber ohne Rückendeckung durch die Gesellschaft?
Offensichtlich ist Riva es leid, vom System vermarktet zu werden und im goldenen Käfig zu leben. Hitomi hingegen schätzt ein solches Leben, merkt aber sehr schnell, wie schwierig es ist, den gesellschaftlichen Ansprüchen dieser neuen Welt zu genügen.
Ein Sympathieträger ist keiner der Protagonisten, denn Hitomi missfällt mir durch ihren Ja-Sager Status, während ich über Rivas Beweggründe wenig erfahre, da der Roman aus Hitomis Sicht geschrieben ist. Ich denke aber, dass Rivas Aufbegehren ihr Wesen aufwertet.
Die Grundidee der Autorin ist lobenswert und in der heutigen Zeit keine reine Utopie mehr. Allerdings muss ich sagen, dass sich in der Umsetzung eine gewisse Langatmigkeit deutlich macht, denn es passiert einfach seitenweise nichts wirklich Neues, auf der einen Seite ständige Lethargie und auf der anderen permanente Überwachung. Besonders im Mittelteil war die Motivation zum Weiterlesen sehr niedrig. Zum Ende hin kam dann wieder deutlich mehr Spannung auf, denn Rivas und Hitomis weiterer Lebensweg wurde aufgezeigt.
Auf jeden Fall bringt einen die Geschichte um Riva und Hitomi zum Nachdenken. Wie ist unsere Rolle in der Gesellschaft und möchten wir daran etwas ändern?

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